Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 20.09.2023, Az.: 4 K 20/23

außerhalb des Dienstverhältnisses; Bildungseinrichtung; Entfernungspauschale; Keine Berücksichtigung von tatsächlichen Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen beim Besuch einer Bildungsstätte "außerhalb der Dienstverhältnisses"

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
20.09.2023
Aktenzeichen
4 K 20/23
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2023, 37331
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE::2023:0920.4K20.23.00

Fundstellen

  • DB 2023, 2792
  • FA 2024, 27
  • StX 2024, 86

Amtlicher Leitsatz

Eine Bildungsstätte wird "außerhalb des Dienstverhältnisses" aufgesucht, wenn der Besuch nicht auf einer Weisung des Arbeitsgebers als Ausfluss dessen Direktionsrechts beruht und der Arbeitgeber sich auch ansonsten nicht wesentlich organisatorisch oder finanziell an der Bildungsmaßnahme beteiligt. Ein steuerfreier Zuschuss zu der Bildungsmaßnahme ist werbungskostenmindernd nach dessen wirtschaftlichen Zusammenhang zu berücksichtigen. Das Zu- und Abflussprinzip gilt insoweit nicht.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten vor dem Hintergrund der Höhe der Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit des Klägers über die Frage, ob der Besuch eines Meistervorbereitungskurses innerhalb oder außerhalb des bestehenden Arbeitsverhältnisses des Klägers stattfand.

Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Beide erzielten in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, der Kläger aus seiner Tätigkeit als ... für die ... (im Folgenden: Arbeitgeber).

In den Jahren ... und ... absolvierte der Kläger einen sog. Meistervorbereitungskurs und legte im Anschluss die Meisterprüfung erfolgreich ab. Die Aufwendungen für den in mehrere Module aufgeteilten Kurs trug der Kläger selbst. Die - zeitlich nach den Teilen 3 und 4 absolvierten - Teile 1 und 2 des Kurses fanden in Vollzeit werktäglich im Zeitraum vom ... bis zum ... - mit Unterbrechung zwischen dem ... und dem ... - statt. Die Gesamtstundenanzahl betrug .... Stunden. Zuvor absolvierte der Kläger bereits Teil 4 vom ... bis zum ... und Teil 3 im Zeitraum vom ... bis zum ... Die Prüfungen fanden an ... Tagen in der Zeit vom ... bis zum ... statt.

Da Arbeitsverhältnis des Klägers bestand während der Lehrgänge fort. Die Teilnahme an den Lehrgängen war dem Kläger ausweislich der im Veranlagungsverfahren eingereichten Unterlagen aufgrund folgender Umstände möglich:

Zur Teilnahme am Lehrgang Teil 4 nahm der Kläger Urlaub oder hatte unbezahlten Urlaub.

Zur Teilnahme am Lehrgang Teil 3 nahm der Kläger wiederum Urlaub oder hatte unbezahlten Urlaub.

Zur Teilnahme am Lehrgang Teil 1 und 2 im Jahr ... war der Kläger zunächst arbeitsunfähig erkrankt bis zum ... Sodann nahm er Urlaub bzw. hatte unbezahlten Urlaub.

Im ... erhielt der Kläger von seinem Arbeitgeber zunächst zehn Tage Bildungsurlaub und hatte für den Rest des ... Urlaub. Im ... baute der Kläger Überstunden ab; daneben war er einige Tage bei seinem Arbeitgeber eingesetzt, ebenso war es im ..., wobei noch wenige Tage unbezahlter Urlaub hinzukamen. Im ... nahm der Kläger wenige Tage bezahlten und im Übrigen unbezahlten Urlaub. Der Arbeitgeber zahlte in diesem Zusammenhang bereits das Weihnachtsgeld ...aus. Im ... nahm der Kläger Urlaub oder unbezahlten Urlaub.

Bereits mit Bescheid vom ... hatte die N-Bank dem Kläger einen Zuschuss nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) für die Teile 1 und 2 in Höhe von ... € zugesagt, der im ... fällig sein sollte. Bemessungsgrundlage waren insofern Lehrgangs- und Prüfungsgebühren in Höhe von ... €. Tatsächlich wurde der Betrag von ... € erst im Jahr ... gezahlt. Auch für die Teile 3 und 4 wurde jeweils ein Zuschuss bereits im Jahr ... geleistet, welche der Kläger im Rahmen der von ihm ermittelten Werbungskosten, anders als den Betrag von ... €, bereits berücksichtigt hatte. Im Rahmen einer Rückfrage zur Einkommensteuer ... erklärte der Kläger, der Zuschuss für die Lehrgangsteile 3 und 4 entfalle vollständig auf das Jahr ....

In der Einkommensteuererklärung ... machten die Kläger bei den Werbungskosten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers neben der Entfernungspauschale für ... Tage für Fahrten zum Betrieb insbesondere Fortbildungskosten in Höhe von ... € geltend. Diese teilten sich wie folgt auf:

...

Die angegebenen Aufwendungen für die Teile 1 & 2 des Lehrgangs setzten sich wie folgt zusammen:

Kursgebühren und Material

Fahrtkosten: ...

Verpflegungsmehraufwendungen: ...

Der Kläger teilte aufgrund einer Rückfrage mit, er habe die Wegstrecken mit einer einfachen Entfernung von ... km mit dem eigenen Pkw zurückgelegt.

Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - veranlagte die Kläger zunächst mit Bescheid vom ... zur Einkommensteuer ... Darin berücksichtigte es die Aufwendungen für die Teile 1 und 2 des Lehrgangs nur in Höhe von ... € wie folgt:

...

In den Erläuterungen des Bescheids führte das FA aus, die Fahrtkosten seien im Rahmen der Entfernungspauschale ohne Verpflegungsmehraufwendungen berücksichtigt worden.

Die Kläger legten gegen diesen Bescheid Einspruch ein und begründeten ihn im Wesentlichen damit, dass es sich bei der Fortbildungsstätte nicht um eine erste Tätigkeitsstätte handele, da das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber fortbestanden habe und der Kläger auch seinen Lohn erhalten habe.

Unter dem ... erließ das FA einen unter Berufung auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheid und ermäßigte die festgesetzte Steuer auf ... € unter Berücksichtigung weiterer Werbungskosten in Höhe von ... €. In den Erläuterungen führte es aus, die Entfernungspauschale sei für die Zeiten der Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses (unbezahlter Urlaub) zu berücksichtigen. Im Übrigen seien die Aufwendungen für Fahrten als Reisekosten zu berücksichtigen und es seien Verpflegungsmehraufwendungen anzusetzen.

Der Prozessbevollmächtigte der Kläger teilte mit, der Einspruch werde aufrechterhalten mit dem Ziel, die Aufwendungen insgesamt nach Reisekostengrundsätzen zu berücksichtigen. Daraufhin erließ FA einen weiteren Einkommensteuerbescheid vom ... unter Hinweis auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO und setzte die Steuer - wie im Bescheid vom ... - auf ... € herauf. In den Erläuterungen führte es aus: "Bitte entschuldigen Sie das Versehen. Der Inhalt des ursprünglichen strittigen Bescheides ist wieder hergestellt worden." Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hielt den Einspruch weiterhin aufrecht.

Auch im Rahmen der Einkommensteuererklärung ... machten die Kläger Werbungkosten für den Meistervorbereitungslehrgang Teile 1 und 2 in Höhe von ... € wie folgt geltend:

Kursgebühren, Material, weitere Aufwendungen ...

Fahrtkosten: ...

Verpflegungsmehraufwendungen: ...

Das FA veranlagte die Kläger mit Bescheid vom ... zur Einkommensteuer ..., worin es die Fortbildungskosten lediglich in Höhe von ... € als Werbungskosten berücksichtigte. Konkret kürzte es die Aufwendungen für ein iPad um 50 % (... €), da die ausschließlich berufliche Nutzung nicht nachgewiesen worden sei. Ferner setze es die Fahrtkosten nur zur Hälfte - entsprechend 0,30 € pro Entfernungskilometer - an und berücksichtigte keine Verpflegungsmehraufwendungen.

Auch hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. In Ergänzung der Begründung zum Einspruch für das Jahr ... seien die Verpflegungsmehraufwendungen für ... Tage zu berücksichtigen bis der Drei-Monats-Zeitraum ende.

Nach weiterem Schriftverkehr wies das FA die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom ... unter Hinweis auf § 9 Abs. 4 Satz 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als unbegründet zurück. Der Arbeitgeber sei nicht in die Bildungsmaßnahme eingebunden gewesen. Das Dienstverhältnis bestehe unabhängig von der Bildungsmaßnahme. Die bloße Duldung durch den Arbeitgeber reiche nicht aus; dieser sei weder vertraglich noch finanziell in die Bildungsmaßnahme einbezogen worden.

Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kläger vertreten weiterhin die Auffassung, die Module 1 und 2 des Meistervorbereitungslehrgangs seien nicht außerhalb eines Dienstverhältnisses absolviert worden. Durch die Unterbrechungszeiten (unbezahlter Urlaub) sei nicht etwa das Dienstverhältnis beendet worden, sondern es sei nur die Lohnzahlung eingestellt worden. Der Kläger sei nicht von seiner Arbeitsleistung freigestellt worden, zumal der Kläger auf seinen Arbeitslohn angewiesen gewesen sei. Vielmehr sei die Fortbildung mit dem Arbeitgeber abgestimmt worden. Der Kläger habe jahrelang auf Urlaub verzichtet und habe während der Fortbildung sein Arbeitszeitkonto abgebaut.

Während des Klageverfahrens stellte der Arbeitgeber eine Bescheinigung unter dem ... folgenden Inhalts aus:

"Die Firma ... [Arbeitgeber] hat Herrn ... [Kläger] vorgeschlagen, sich durch eine Weiterbildung zum ...meister fortzubilden.

Die Projekte an denen Herr ... als ...mitwirkte, haben über die letzten Jahre stetig Größe an zugenommen. Um seinen Tätigkeitsbereich qualifizierend und rechtlich sicher weiter ausüben zu können war die Weiterbildung zum ...meister unumgänglich.

Die Firma unterstützte Herrn ... dahingehend indem er sich Überstunden und Jahresurlaub ansparen konnte. Auch Bildungsurlaub wurde großzügig gewährt und Weihnachtsgeld wurde vorausgezahlt. Wir haben Herrn ... für die Zeit der Weiterbildung freigestellt, wobei Arbeitslohn weiter voll bezahlt worden ist.

Herr ... hat seine Weiterbildungsmaßnahme erfolgreich abgeschlossen und arbeitet nun als ...meister weiter bei der Firma ..."

In einer weiteren Bescheinigung, eingereicht mit der Stellungnahme vom ..., heißt es:

"Die Firma ... hat Herrn ... für seinen Meisterlehrgang die Büroräume sowie einen PC inkl. ...programm zur Verfügung gestellt.

Er konnte die Büroräumlichkeiten am Wochenende kostenfrei nutzen.

Ebenso haben wir Herrn ... unsere ... zur Arbeitsvorbereitung gestellt. Als Material haben wir ca. ... bereitgehalten.

Herrn ... wurden die o. g. Dinge kostenfrei zur Verfügung gestellt."

Der Berichterstatter hat im vorbereitenden Verfahren auf eine möglicherweise eingetretene Verböserung im Jahr .... sowie auf eine möglicherweise unzutreffende Behandlung des Zuschusses der N-Bank hingewiesen (Richterbriefe vom ... und ..., auf welche Bezug genommen wird).

Die Kläger beantragen,

...

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA ist der Auffassung, die Bildungsmaßnahme sei nicht im Rahmen des Dienstverhältnisses absolviert worden. In Anlehnung an das BMF-Schreiben vom 25. November 2020 finde eine Bildungsmaßnahme insbesondere dann außerhalb eines Dienstverhältnisses statt, wenn diese nicht Gegenstand des Dienstverhältnisses sei, auch wenn sie seitens des Arbeitgebers durch Hingabe von Mitteln, wie z. B. eines Stipendiums, gefördert werde oder diese ohne arbeitsvertragliche Verpflichtung absolviert werde und die Beschäftigung lediglich das Studium oder die Bildungsmaßnahme ermögliche. Im Streitfall sei die Bildungsmaßnahme nicht Gegenstand des Dienstverhältnisses; es habe keine verpflichtende Weisung des Arbeitgebers gegeben. Hieran ändere es nichts, dass der Arbeitgeber ein eigenes Interesse an der Fortbildung gehabt habe. Überdies habe der Kläger die Fortbildungsmaßnahme letztlich in seiner Freizeit besucht.

Entscheidungsgründe

I. Der Senat konnte nach Hinweis gemäß § 91 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) trotz Ausbleibens des beklagten Finanzamts in der mündlichen Verhandlung in der Sache entscheiden.

II. Die Klage ist nur teilweise begründet. Der Einkommensteuerbescheid ... ist rechtswidrig, weil der Zuschuss der N-Bank fälschlicherweise in voller Höhe von den Werbungskosten in Abzug gebracht wurde. Insoweit sind die Kläger in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Im Übrigen sind die Bescheide hingegen rechtmäßig.

1. Der Antrag der Kläger beinhaltet die Korrektur der geltend gemachten Werbungskosten aufgrund einer Verteilung des gezahlten Zuschusses gemäß dem Richterbrief vom ... sowie aufgrund des Umstands, dass die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen über einen Zeitraum von drei Monaten hinaus nicht möglich ist. Die Kläger machen somit folgende Werbungskosten geltend:

...

2. Ein über die Entfernungspauschale hinausgehender Ansatz von Fahrtkosten und die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers kommt indessen nicht in Betracht.

a) Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind Werbungskosten auch Aufwendungen des Arbeitnehmers für beruflich veranlasste Fahrten, die nicht Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sind. Die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen ist daran gebunden, dass der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte tätig wird (§ 9 Abs. 4a Satz 2 EStG). Demgegenüber können die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 4 EStG im Ergebnis nur mit der - regelmäßig gegenüber den tatsächlichen Fahrtkosten niedrigeren - Entfernungspauschale berücksichtigt werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG), ohne dass ein Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen in Betracht kommt.

b) Die für den Lehrgang Teile 1 und 2 aufgesuchte Bildungseinrichtung ist erste Tätigkeitsstätte des Klägers, so dass die weitergehende Berücksichtigung von Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen ausscheidet.

Unter einer ersten Tätigkeitsstätte werden im Grundsatz ortsfeste betriebliche Einrichtungen des Arbeitgebers verstanden (§ 9 Abs. 4 Sätze 1ff. EStG). Im Streitfall ist - dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit - die vom Kläger besuchte Einrichtung für den Meistervorbereitungskurs keine erste Tätigkeitsstätte im Sinne von § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG, da diese nicht dem Arbeitgeber des Klägers zuzurechnen ist.

Als erste Tätigkeitsstätte gilt jedoch auch eine Bildungseinrichtung, die außerhalb eines Dienstverhältnisses zum Zwecke eines Vollzeitstudiums oder einer Vollzeitbildungsmaßnahme aufgesucht wird (§ 9 Abs. 4 Satz 8 EStG). Hierunter ist die zum Zwecke des Meisterkurses besuchte Einrichtung zu fassen.

aa) Die Teile 1 und 2 des Meistervorbereitungslehrgangs waren eine vollzeitige Bildungsmaßnahme.

Eine vollzeitige Bildungsmaßnahme in diesem Sinne liegt vor, wenn die berufliche Fort- oder Ausbildung typischerweise darauf ausgerichtet ist, dass sich der Steuerpflichtige ihr zeitlich vollumfänglich widmen muss und die Lerninhalte vermittelnden Veranstaltungen jederzeit besuchen kann. Dies gilt auch dann, wenn die Bildungseinrichtung vom Steuerpflichtigen im Rahmen einer nur kurzzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht wird. Davon ist auszugehen, wenn der Steuerpflichtige die Bildungseinrichtung anlässlich der regelmäßig zeitlich befristet Bildungsmaßnahme nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d. h. fortdauernd und immer wieder (dauerhaft) aufsucht. Eine zeitliche Mindestdauer der Bildungsmaßnahme ist nicht erforderlich (BFH-Urteil vom 14. Mai 2020 VI R 24/18, BStBl. II 2020, 770).

Dies steht hier zurecht zwischen den Beteiligten nicht in Streit; die Lehrveranstaltungen hatten arbeitstäglich einen Umfang von acht oder neun Stunden ohne Vor- und Nachbereitungszeiten, welche nach den nachvollziehbaren Angaben des Klägers hinzutraten. Es ist daher von einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme auszugehen. Dies zeigt sich auch an dem Umstand, dass der Kläger seiner eigentlichen Arbeit während der Teile 1 und 2 des Kurses nur noch an einzelnen Tagen nachging bzw. nachgehen konnte.

bb) Die Bildungsmaßnahme fand auch außerhalb eines Dienstverhältnisses statt.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich - soweit ersichtlich - noch nicht dazu geäußert, unter welchen Voraussetzungen eine Bildungsstätte außerhalb bzw. innerhalb eines Dienstverhältnisses aufgesucht wird. Unproblematisch wird die Bildungseinrichtung jedenfalls dann außerhalb eines Dienstverhältnisses besucht, wenn der Steuerpflichtige tatsächlich in keinem Dienstverhältnis steht (BFH-Urteil vom 14. Mai 2020 VI R 24/18, BStBl. II 2020, 770).

Nach Auffassung des Senats ist jedoch allein das Bestehen eines Dienstverhältnisses neben der Bildungsmaßnahme - wie im Streitfall - nicht ausreichend, um von einem Aufsuchen "innerhalb" des Dienstverhältnisses auszugehen. Nach der Gesetzesbegründung ist Voraussetzung für ein Aufsuchen "außerhalb" des Dienstverhältnisses vielmehr, "dass die Maßnahme nicht durch ein bestehendes Dienstverhältnis veranlasst ist. Da der Steuerpflichtige in diesen Fällen keinem Direktionsrecht unterliegt, sondern selbst die Entscheidung für die jeweilige Bildungseinrichtung trifft, hat er - vergleichbar dem Arbeitnehmer, der einer betrieblichen Einrichtung dauerhaft zugeordnet ist - die Möglichkeit, sich auf die ihm entstehenden Wegekosten einzurichten und deren Höhe zu beeinflussen" (BT-Drs. 17/10774, S. 15; dem folgend etwa Frotscher/Geurts/Lochte § 9 Rn. 252f; Brandis/Heuermann/Thürmer § 9 Rn. 560). Wenngleich sich dies dem Gesetz nicht unmittelbar entnehmen lässt, hält der Senat die in der Gesetzesbegründung aufgestellten Voraussetzungen für zutreffend. Denn wie sich der Definition der ersten Tätigkeitsstätte aus den vorhergehenden Sätzen des § 9 Abs. 4 EStG ergibt, kommt es dort nicht zuletzt auf das Direktions- bzw. Weisungsrecht des Arbeitgebers an (vgl. etwa BFH-Urteil vom 22. November 2022 VI R 6/21, HFR 2023, 536), so dass auch im Rahmen von § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG das ggf. insofern fehlende bzw. nicht ausgeübte Direktionsrecht herangezogen werden kann.

Im Streitfall war der Besuch des Vorbereitungskurses nicht von der Direktionsbefugnis des Arbeitgebers umfasst oder anderweitig durch das Dienstverhältnis veranlasst, da es an einer als erheblich anzusehenden Beteiligung des Arbeitgebers fehlt.

Zwar geht der Senat dem Vortrag des Klägers folgend davon aus, dass der Besuch des Kurses maßgebend auf dem Willen des Arbeitgebers beruhte und folglich dessen Interessen entsprach. Dies ergibt sich sowohl aus den eingereichten Bestätigungen als auch aus den Schilderungen des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Es ist auch kein Grund ersichtlich, hieran zu zweifeln. Eine konkrete Anweisung aus dem Arbeitsverhältnis heraus kann der Senat dem allerdings nicht entnehmen. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass der Kläger vom Arbeitgeber für die Bildungsmaßnahme nicht freigestellt worden ist (dazu sogleich). Es lag in der alleinigen Entscheidungskompetenz des Klägers, ob und unter welchen Umständen er den Kurs besucht. Der Kläger hatte bereits ein Wahlrecht, ob er an dem Kurs überhaupt teilnehmen werde. Zwar wäre nach den Schilderungen des Klägers die bisher ausgeübte Tätigkeit ohne einen Meistertitel nicht fortführbar gewesen mit der Folge einer erheblichen Gehaltseinbuße. Es bestehen jedoch Zweifel, ob sich dies arbeitsrechtlich hätte durchsetzen lassen.

Der Kläger erhielt von seinem Arbeitgeber tatsächlich keine Freistellung von seiner Verpflichtung, arbeitstäglich seine Arbeitsleistung zu erbringen. Vielmehr ist der Besuch ausschließlich durch den Abbau von Überstunden, Urlaub, unbezahlten Urlaub, Bildungsurlaub und aufgrund einer Erkrankung möglich gewesen. Damit ist die Bildungsmaßnahme vollständig zu Zeiten erbracht worden, in denen der Kläger seiner gewöhnlichen Arbeit nicht hätte nachgehen müssen. Zwar beruhte dies auf Absprachen mit dem Arbeitgeber. Allerdings war der Kläger in dieser Zeit dem Direktionsrecht seines Arbeitgebers entzogen. Anders wäre es nur gewesen, wenn dieser den Besuch des Vorbereitungslehrgangs zumindest anteilig als erbrachte Arbeitsstunden berücksichtigt hätte, woraus sich zugleich ein entsprechender Lohnanspruch ergeben hätte. Zudem wurde der in Anspruch genommene Bildungsurlaub entgegen dem klägerischen Vortrag nicht "großzügig gewährt". Vielmehr besteht in Niedersachsen ein Anspruch des Arbeitnehmers auf fünf Tage jährlichen Bildungsurlaub, wobei im laufenden Jahr noch der Anspruch des vorangegangenen Jahres geltend gemacht werden kann (§ 2 Abs. 4 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 des Niedersächsischen Bildungsurlaubsgesetzes). So lässt sich im Streitfall die Inanspruchnahme von insgesamt zehn Tagen im Jahr ... erklären. Ohnehin könnten allein aus diesem Umstand aufgrund der relativ geringen Zeitraums keine für die Kläger günstigen Schlüsse gezogen werden, selbst wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Bildungsurlaub im Übrigen nicht vorgelegen hätten. Es ist auch unzutreffend, dass der Kläger weiter voll bezahlt worden ist. Dies ergibt sich schon aus dem in Anspruch genommenen Zeiten des unbezahlten Urlaubs. Dass Weihnachtsgeld vorausgezahlt wurde ändert daran nichts.

Die finanzielle und sonstige Beteiligung des Arbeitgebers an der Bildungsmaßnahme war ebenfalls nicht wesentlich. Zwar mag das ... mit einem angegebenen Wert von ... € zur Verfügung gestellt worden sein. Dies fällt aber allein aufgrund der insgesamt dem Kläger (glaubhaft) entstandenen Aufwendungen nicht derart ins Gewicht, als dass von einem erheblichen Beitrag die Rede sein könnte. Gleiches gilt für die Nutzung von Büroräumlichkeiten an Wochenenden oder der ..., zumal dem Arbeitgeber hierdurch faktisch allenfalls ganz geringfügige zusätzliche Aufwendungen entstanden sind. Zu beachten ist hingegen, dass der Arbeitgeber organisatorisch soweit ersichtlich in keiner Weise in die Fortbildung eingebunden war.

Weiter spricht nach Ansicht des Senats gegen einen Besuch innerhalb des Dienstverhältnisses, dass allein dem Kläger die erworbene zusätzliche Qualifikation zugutekam und er die erworbenen Kenntnisse ohne Weiteres bei einem anderen Arbeitgeber oder als Selbständiger hätte verwerten können. Eine mit dem Vorbereitungskurs einhergehende stärkere Bindung an den Arbeitgeber liegt im Streitfall daher nicht vor. Letztlich war es dem Kläger auch möglich, sich wie von der Gesetzesbegründung herangezogen, auf die arbeitstäglichen gleichen Wege zur Bildungseinrichtung einzustellen.

c) Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dem Werbungskostenabzug die Regelung des § 9 Abs. 6 EStG nicht entgegenstünde. Der Kläger hatte zuvor eine Berufsausbildung zum ... absolviert.

2. Allerdings hat das FA den im Jahr ... gezahlten Zuschuss zu Unrecht vollständig im Jahr ... werbungskostenmindernd in Abzug gebracht. Die Klage ist für das Jahr ... daher teilweise begründet.

Dies folgt aus § 3c Abs. 1 EStG, wonach Ausgaben wie Werbungskosten nicht abgezogen werden dürfen, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.

Bei dem Zuschuss handelt es sich um eine gemäß § 3 Nr. 11 EStG steuerfreie Einnahme ("Bezüge aus öffentlichen Mitteln [...], die als Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, [...] die [...] Ausbildung [...] unmittelbar zu fördern"). Es handelt sich um Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die vom Bund und von den Ländern getragen werden (§ 28 Abs. 1 AFBG). Der Zweck, die Ausbildung zu fördern, ergibt sich dabei aus § 1 Satz 1 AFBG: "Ziel der individuellen Förderung nach diesem Gesetz ist es, Teilnehmerinnen und Teilnehmern an Maßnahmen der beruflichen Aufstiegsfortbildung durch Beiträge zu den Kosten der Maßnahme und zum Lebensunterhalt finanziell zu unterstützen." Maßgebend ist insofern, dass keine Gegenleistung geschuldet wird, wobei die Bezuschussung zur Sicherung des Lebensunterhalts unschädlich ist (Schmidt/Levedag § 3 Rn. 44).

Es ist, da der Zuschuss in Höhe von 40 % der Lehrgangsgebühren bewilligt und gezahlt wurde, ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit den unstreitig als Werbungskosten zu berücksichtigenden Lehrgangsgebühren gegeben. Dabei ist es unerheblich, dass die Werbungskosten teilweise in einem anderen Veranlagungszeitraum abgeflossen sind als der Zuschuss zugeflossen ist, da § 3c Abs. 1 EStG seinem Zweck nach § 11 EStG vorgeht (vgl. etwa BeckOK EStG/Paetsch § 3c Rn. 67).

Demzufolge wäre folgende Aufteilung des Zuschusses geboten gewesen:

...

Im Ergebnis sind damit im Jahr ... weitergehende Werbungskosten in Höhe von ... € zu berücksichtigen, da das FA in Höhe dieses Betrags über die in § 3c Abs. 1 EStG vorgesehene Rechtsfolge hinausgegangen ist. Nur insoweit ist die Klage begründet.

3. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen zu 2. wären die Werbungskosten des Klägers im Jahr ... um ... € zu mindern gewesen, was bisher nicht geschehen ist. Infolgedessen bedarf es keiner Entscheidung zur Frage, ob wegen des angeschafften iPad oder in Zusammenhang mit Fahrtkosten oder Verpflegungsmehraufwendungen zu den Prüfungen weitergehende Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Die zu berücksichtigenden Beträge würden nicht die kompensierend in Abzug zu bringenden Betrag von ... € übersteigen.

III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 136 Abs. 1 FGO hinsichtlich der Kosten und auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen.