Finanzgericht Niedersachsen
v. 17.08.2023, Az.: 9 K 10136/21

Zinshöhe von 6 % als Grundlage bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
17.08.2023
Aktenzeichen
9 K 10136/21
Entscheidungsform
Gerichtsbescheid
Referenz
WKRS 2023, 55704
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE::2023:0817.9K10136.21.00

Verfahrensgang

nachfolgend
BFH - AZ: VIII R 27/23

Amtlicher Leitsatz

Auch vor dem Hintergrund von BVerfGE 158, 282 bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die von § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen typisierend zugrunde gelegte Zinshöhe von 6 %.

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: GbR), die seit dem 2. Januar 2014 eine [...] betreibt. Gesellschafter mit einer Beteiligung von je 50% waren seit der Gründung und damit auch im Streitjahr 2018 [...] (im Folgenden: A) und der Beigeladene. Bei der Gründung der Klägerin hatte A sein damaliges [Einzelunternehmen] in die GbR eingebracht.

In dem für die Gesamthand ermittelten Steuerbilanzgewinn (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz - EStG -) auf den 31. Dezember 2018 waren Schuldzinsen in Höhe von 7.721,11 € berücksichtigt worden. In Höhe von 6.971,44 € standen diese - zwischen den Beteiligten unstreitig - im Zusammenhang mit der Fremdfinanzierung von Umlaufvermögen ("working capital"); die übrigen 749,67 € standen im Zusammenhang mit der Finanzierung von Anlagevermögen. Ferner hatten Schuldzinsen im Zusammenhang mit der Fremdfinanzierung von Anlagevermögen in Höhe von 39,67 € den Sonderbilanzgewinn des A gemindert. Von den Schuldzinsen in Höhe von 4.737,48 €, die den Sonderbilanzgewinn des Beigeladenen gemindert hatten, standen 4.521,61 € im Zusammenhang mit der Finanzierung der Anschaffungskosten von in dessen Sonderbetriebsvermögen befindlichem Anlagevermögen.

Im Rahmen des Feststellungsverfahrens machte die Klägerin Angaben zur Kapitalkontenentwicklung der beiden Gesellschafter der Klägerin für die Jahre 2014 bis 2018. Zusammen mit den von der Klägerin an den Beklagten für die Jahre seit Betriebseröffnung übermittelten Gesamthands- bzw. Sonderbilanzen ließen sich daraus für den Beigeladenen die folgenden Werte entnehmen bzw. ermitteln:

Gesamthandsvermögen

JahrEntnahmenEinlagenGewinnKumulierte ÜberentnahmenKumulierter Entnahmeüberschuss
2014108.000,00 €0,00 €91.497,82 €16.502,18 €108.000,00 €
2015108.225,00 €5.266,30 €126.986,36 €./. 7.525,48 €210.958,70 €
2016108.175,00 €0,00 €108.402,68 €./. 7.753,16 €319.133,70 €
2017136.900,00 €0,00 €134.099,27 €./. 4.952,43 €456.033,70 €
2018107.492,50 €0,00 €123.433,80 €./. 20.893,73 €563.526,20 €

Sonderbetriebsvermögen

JahrEntnahmen SBVEinlagen SBVSonderbetriebsgewinnKumulierte ÜberentnahmenKumulierter Entnahmeüberschuss
2014122.882,76 €153.414,75 €./. 54.033,88 €23.501,89 €./. 30.531,99 €
201593.569,96 €116.762,90 €./. 51.983,59 €52.292,54 €./. 53.724,93 €
201676.529,52 €120.071,93 €./. 51.608,89 €60.359,02 €./. 97.267,34 €
2017109.587,55 €141.100,96 €./. 51.113,11 €79.958,72 €./. 128.780,75 €
201884.342,87 €110.883,20 €./. 51.562,04 €104.980,43 €./. 155.321,08 €

Unter Zusammenbetrachtung des (anteiligen) Gesamthands- und des Sonderbetriebsvermögens ermittelte der Beklagte daraus folgende kumulierte Überentnahmen bzw. den folgenden kumulierten Entnahmenüberschuss für den Beigeladenen:

Jahr(kumulierte) Überentnahmen(kumulierter) Entnahmenüberschuss
201440.004,07 €77.468,01 €
201544.767,06 €157.233,77 €
201652.605,86 €221.866,36 €
201775.006,29 €327.252,95 €
201884.197,78 €408.205,12 €
rechnerisch richtig: 84.086,70 €)

Mit Bescheid für 2018 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom [...]. Juli 2020 rechnete der Beklagte den auf den Beigeladenen entfallenden Einkünften aus selbständiger Tätigkeit nicht abziehbare Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG in Höhe von 2.460,72 € hinzu.

Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg.

Nachdem der Beklagte bereits mit Schreiben vom [...]. November 2020 auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung hingewiesen hatte, wies er den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom [...]. Juni 2021 als unbegründet zurück und stellte die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nunmehr in Höhe von 201.153,43 € (statt vorher 200.968,34 €) fest. Diese Änderung resultierte aus dem geänderten Hinzurechnungsbetrag nach § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG in Höhe von nunmehr 2.645,81 €.

Der geänderte Hinzurechnungsbetrag errechnete sich ausweislich der Anlage zur Einspruchsentscheidung folgendermaßen:

Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags nach § 4 Abs. 4a Satz 3 und 4 EStG: Vorläufiger Hinzurechnungsbetrag § 4 Abs. 4a EStG (6 % des niedrigeren Betrags aus der kumulierten Überentnahme und dem kumulierten Entnahmenüberschuss) 5.051,86 €
(rechnerisch korrekt:5.045,20 €)
Höchstbetragsrechnung
auf den Beigeladenen entfallende Schuldzinsen (Gesamthand)3.860,56 €
abzgl. auf den Beigeladenen entfallende Schuldzinsen für Investitionsdarlehen i.S.d. § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG (Gesamthand) ./. 374,84 €
zzgl. Schuldzinsen (Sonderbilanz)4.737,48 €
abzgl. auf den Beigeladenen entfallende Schuldzinsen für Investitionsdarlehen i.S.d. § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG (Sonderbilanz) ./. 4.521,61 €
abzgl. auf den Beigeladenen entfallender Kürzungsbetrag nach § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG nach Maßgabe des Anteils an den Schuldzinsen der Mitunternehmerschaft 1.055,78 €
Höchstbetrag der nichtabziehbaren Schuldzinsen2.645,81 €
Hinzurechnungsbetrag § 4 Abs. 4a EStG2.645,81 €

Dieser Hinzurechnungsbetrag wurde in den Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen in hinzuzurechnende Schuldzinsen aus der Gesamthand in Höhe von 2.491,51 € einerseits und aus der Sondergewinnermittlung in Höhe von 154,30 € andererseits aufgeteilt.

Gegen diese Hinzurechnung der Schuldzinsen wandte sich die Klägerin mit ihrer am [...]. Juli 2021 erhobenen Klage.

Die Regelung des § 4 Abs. 4a EStG solle vermeiden, dass privat veranlasste Finanzierungszinsen als Betriebsausgaben abgesetzt werden könnten. Denn Schuldzinsen seien nur dann als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn die zugrundeliegende Finanzierung (hier: Kontokorrent) betrieblich veranlasst sei. Dies sei im Streitfall eindeutig gegeben, da die in der Gesamthandsbilanz angefallenen Zinsen ausschließlich der Finanzierung von "Kundenforderungen" zuzuordnen seien. Ebenfalls lägen keine Finanzierungen von Überentnahmen vor, da Überentnahmen aus dem Gesamthandsvermögen gemäß § 4 und § 13 des Gesellschaftsvertrags nicht vorgesehen seien. Auch würde der jeweils andere Gesellschafter eine Überentnahme seines Mitgesellschafters nicht akzeptieren. Die im Gesamthandsvermögen angefallenen Zinsaufwendungen dienten somit lediglich der reinen Vorfinanzierung von betrieblichen Forderungen. Eine private Veranlassung sei ausgeschlossen.

Die im Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen angefallenen Zinsen würden - mit Ausnahme von kurzfristigen Zinsen in Höhe von 215,87 € - ausschließlich die Finanzierung des Kaufpreises der [...]beteiligung betreffen und seien ebenfalls nicht bei der Beschränkung des Schuldzinsenabzugs zu berücksichtigen. Die im Sonderbetriebsvermögen entstandenen Überentnahmen würden auf Verlusten beruhen, die aufgrund der Abschreibung des [...]wertes zustande gekommen seien. Verluste seien bei der Beschränkung des Schuldzinsenabzugs indes nicht zu berücksichtigen. Lediglich die im Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen entstandenen Schuldzinsen wären als nichtabzugsfähige Schuldzinsen zu berücksichtigen, jedoch blieben diese unter dem "Freibetrag von 1.250 €".

Soweit der Beklagte geltend mache, bei der Einzelbetrachtung von Gesamthandsvermögen und Sonderbetriebsvermögen würde sich ein Gesellschafter besserstellen, sei zu entgegnen, dass auch bei einer Betriebsaufspaltung eine getrennte Betrachtung erfolge und dies nicht als Übervorteilung gegenüber einem Einzelunternehmer gelte.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid für 2018 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom [...]. Juni 2021 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus selbständiger Arbeit ohne Hinzurechnung gemäß § 4 Abs. 4a EStG, d.h. in Höhe von 198.507,62 €, festgestellt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zwar führe die Klägerin zutreffend aus, dass die (im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigenden) Zinsen in Höhe von 6.971,44 € im Gesamthandsvermögen angefallen seien und dass es dort keine Überentnahmen gebe. Die (auf Verlusten aufgrund von Abschreibungen auf den [...]wert beruhenden) Überentnahmen gebe es indes im Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen, wo zudem kurzfristige Zinsen in Höhe von 215,87 € zu verzeichnen seien.

Der Begriff der Überentnahme sowie die ihn bestimmenden Merkmale seien gesellschafterbezogen auszulegen, die Rechtsfolgen des § 4 Abs. 4a EStG somit für jeden einzelnen Gesellschafter getrennt zu ziehen.

Die Anmerkung, ein Gesellschafter würde bei einer getrennten Betrachtung von Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen bessergestellt werden als ein Einzelunternehmer, habe sich nicht auf ein Besitzunternehmen und eine Betriebsgesellschaft, sondern auf ein Einzelunternehmen bezogen, in dem auch alles zusammen betrachtet werde.

Mit Beschluss vom 10. Juli 2023 hat das Gericht den Beigeladenen gemäß § 60 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung - FGO - notwendig beigeladen. Der Beigeladene hat keine eigenen Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

I.

Der Senat entscheidet durch Gerichtsbescheid (§ 90a FGO).

Eine mündliche Verhandlung erscheint entbehrlich, da der Sachverhalt aufgeklärt ist und die Beteiligten nur über Rechtsfragen streiten. Ferner haben sie im Klageverfahren im Wesentlichen ihre bereits im Einspruchsverfahren ausgetauschten Argumente wiederholt. Der Zulässigkeit der Entscheidung durch Gerichtsbescheid steht dabei insbesondere nicht entgegen, dass die Klägerin nicht auf mündliche Verhandlung verzichtet hat (vgl. BFH, Urteil vom 28. Juni 2000 V R 55/98, BFHE 192, 228, BStBl II 2001, 31). Denn gemäß § 90a Abs. 2 Satz 1 FGO haben die Beteiligten stets die Möglichkeit, mündliche Verhandlung zu beantragen, und somit hinreichend Gelegenheit, rechtlich gehört zu werden (vgl. BFH, Urteil vom 2. April 2014 V R 62/10, juris).

II.

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, da er rechtmäßig ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

Der Beklagte hat den Schuldzinsenabzug zu Recht gemäß § 4 Abs. 4a EStG in der für das Streitjahr 2018 geltenden Fassung des Steueränderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3794) begrenzt.

1. Gemäß § 4 Abs. 4a EStG sind Schuldzinsen nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt wurden. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen) ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieser Regelung nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen. Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2.050 € verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen (sog. Sockelbetrag oder Mindestabzug), ist dem Gewinn hinzuzurechnen (§ 4 Abs. 4a Sätze 1 bis 4 EStG). Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt nach Satz 5 der Vorschrift unberührt (BFH, Urteil vom 9. Mai 2012 X R 30/06, BFHE 237, 484, BStBl II 2012, 667).

a) Nach der Rechtsprechung des BFH baut § 4 Abs. 4a EStG auf dem Veranlassungsprinzip des § 4 Abs. 4 EStG und dessen Konkretisierung durch die Qualifikation von Schuldzinsen nach der tatsächlichen Verwendung der Darlehensvaluta auf. Demgemäß ist die Einschränkung des Abzugs von Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG in zwei Stufen zu prüfen. In einem ersten Schritt ist zu klären, ob und inwieweit Schuldzinsen überhaupt zu den betrieblich veranlassten Aufwendungen gehören. Ergibt die Prüfung, dass Schuldzinsen privat veranlasst sind, so sind sie nicht bei der Ermittlung der Entnahmen nach § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigen. Danach ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der Betriebsausgabenabzug im Hinblick auf Überentnahmen durch § 4 Abs. 4a EStG eingeschränkt ist (BFH, Urteile vom 21. September 2005 X R 47/03, BFHE 211, 227, BStBl II 2006, 504; vom 29. März 2007 IV R 72/02, BFHE 217, 514, BStBl II 2008, 420; vom 3. März 2011 IV R 53/07, BFHE 233, 127, BStBl II 2011, 688; und vom 22. März 2022 IV R 19/19, juris).

b) aa) Aus dieser gesetzgeberischen Konzeption hat der BFH ferner abgeleitet, dass der Schuldzinsenkürzung gemäß § 4 Abs. 4a EStG der nach § 4 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG ermittelte Gewinn zugrunde zu legen ist (BFH, Urteile vom 7. März 2006 X R 44/04, BFHE 212, 501, BStBl II 2006, 588; vom 18. Oktober 2006 XI R 41/02, BFH/NV 2007, 416; und vom 29. März 2007 IV R 72/02, BFHE 217, 514, BStBl II 2008, 420). "Gewinn" im Sinne des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG ist dabei auch ein Verlust (vgl. BFH, Urteile vom 3. März 2011 IV R 53/07, BFHE 233, 127, BStBl II 2011, 688; und vom 22. Februar 2012 X R 12/09 BFH/NV 2012, 1418 [BFH 22.02.2012 - X R 12/09]). Nichts anderes gilt bei der Berechnung der in § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG legal definierten Unterentnahme. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, den Gewinnbegriff in den verschiedenen Tatbeständen des § 4 EStG unterschiedlich auszulegen (BFH, Urteil vom 14. März 2018 X R 17/16, BFHE 261, 273, BStBl II 2018, 744).

Unter Verweis auf das der Regelung des § 4 Abs. 4a EStG zugrunde liegende Eigenkapitalmodell, wonach der Betriebsinhaber dem Betrieb bei negativem Eigenkapital nicht mehr Mittel entziehen darf, als er erwirtschaftet und eingelegt hat (vgl. BFH, Urteil vom 17. August 2010 VIII R 42/07, BFHE 230, 424, BStBl II 2010, 1041), nimmt der BFH jedoch in Verlustsituationen eine teleologische Reduktion des Begriffs der Überentnahme vor. So darf die Überentnahme in einem Verlustjahr bei isolierter Betrachtung dieses Jahres nicht höher sein als die Entnahme und auch nicht höher als die Differenz zwischen Entnahme und Einlage (vgl. BFH, Urteile vom 3. März 2011 IV R 53/07, BFHE 233, 127, BStBl II 2011, 688; und vom 22. Februar 2012 X R 12/09 BFH/NV 2012, 1418). Die Überentnahme des aktuellen Wirtschaftsjahres ist auf den Entnahmenüberschuss begrenzt (vgl. auch BMF-Schreiben in BStBl I 2005, 1019, Rn. 11 Satz 2). Übersteigen umgekehrt die Einlagen die Entnahmen, wird der Einlagenüberschuss mit dem Verlust verrechnet, so dass der Verlust die Unterentnahme dieses Jahres ggf. bis auf Null mindert (vgl. BFH, Urteile vom 22. Februar 2012 X R 12/09 BFH/NV 2012, 1418 [BFH 22.02.2012 - X R 12/09]; und vom 14. März 2018 X R 17/16, BFHE 261, 273, BStBl II 2018, 744).

Diese Grundsätze gelten auch bei der periodenübergreifenden Berechnung der Überentnahme nach § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG (Addition aller Überentnahmen und Unterentnahmen der Totalperiode). So wird auch hier die Bemessungsgrundlage der nicht abziehbaren Schuldzinsen des aktuellen Jahres auf den kumulierten Entnahmenüberschuss der Totalperiode (= Entnahmen der Totalperiode abzüglich der Einlagen der Totalperiode) begrenzt (BFH, Urteil vom 14. März 2018 X R 17/16, BFHE 261, 273, BStBl II 2018, 744).

bb) Ferner entnimmt der BFH den Regelungszusammenhängen des § 4 Abs. 4a EStG, dass die Vorschrift die Abziehbarkeit der dem einzelnen Betrieb - als sachlichem Bezugspunkt der Gewinnermittlung - zuzuordnenden Schuldzinsen beschränkt (betriebsbezogene Korrektur, vgl. BFH, Urteil vom 29. März 2007 IV R 72/02, BFHE 217, 514, BStBl II 2008, 420).

cc) Im Fall eines von einer Personalgesellschaft betriebenen Unternehmens hat dies zur Konsequenz, dass bei der Bestimmung der Überentnahme gemäß § 4 Abs. 4a EStG neben Veränderungen der Ergänzungsbilanzen auch die im Sonderbetriebsvermögen erzielten Gewinne sowie die diesen Vermögensbereich betreffenden Einlagen und Entnahmen zu berücksichtigen sind (vgl. BFH, Urteil vom 29. März 2007 IV R 72/02, BFHE 217, 514, BStBl II 2008, 420 unter Verweis auf BFH, Beschluss vom 3. Mai 1993 GrS 3/92, BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616).

dd) Der Begriff der Überentnahme ist dabei jeweils nach den individuellen Verhältnissen des einzelnen Gesellschafters zu bestimmen (sog. gesellschafterbezogene Betrachtungsweise). Dabei ist zu beachten, dass die individuelle Hinzurechnung nicht den Betrag der Schuldzinsen überschreiten darf, der auf den einzelnen Mitunternehmer entfällt und damit seinen Gewinnanteil belastet (BFH, Urteil vom 29. März 2007 IV R 72/02, BFHE 217, 514, BStBl II 2008, 420).

ee) Aus dem Grundsatz der gesellschafterbezogenen Bestimmung der Gewinnhinzurechnung ist indes nicht abzuleiten, dass auch der Sockelbetrag des § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG von 2.050 € jedem Mitunternehmer in voller Höhe zustünde. Er ist vielmehr entsprechend den Schuldzinsenanteilen der einzelnen Mitunternehmer aufzuteilen. In diese Aufteilung sind allerdings nicht nur die sich aus dem Gewinnverteilungsschlüssel ergebenden Anteile des Mitunternehmers an den betrieblichen Schuldzinsen der Gesamthand, sondern darüber hinaus auch die auf die Passiva im Sonderbetriebsvermögen entfallenden Finanzierungsaufwendungen einzubeziehen (BFH, Urteil vom 29. März 2007 IV R 72/02, BFHE 217, 514, BStBl II 2008, 420).

2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze begegnen der vom Beklagten im Streitfall gemäß § 4 Abs. 4a EStG vorgenommenen Hinzurechnung keine rechtlichen Bedenken.

a) Die hier streitigen Schuldzinsen sind nicht bereits wegen Zweifeln an ihrer betrieblichen Veranlassung von einer steuerlichen Berücksichtigung (vgl. § 4 Abs. 4 EStG) ausgenommen. Vielmehr wird auch vom Beklagten nicht bestritten, dass die streitgegenständlichen Schuldzinsen betrieblich veranlasste Aufwendungen darstellen. Die betriebliche Veranlassung der zugrundeliegenden Finanzierungen ist - anders, als es der Vortrag der Klägerin vermuten lassen könnte, - unstreitig.

Entgegen der Auffassung der Klägerin führt die betriebliche Veranlassung der in Rede stehenden Schuldzinsen indes nicht zu einem Ausschluss einer Hinzurechnung gemäß § 4 Abs. 4a EStG. Wie die Zweistufigkeit der Prüfung des § 4 Abs. 4a EStG (vgl. oben II.1.a) verdeutlicht ist die betriebliche Veranlassung nämlich nicht ein Ausschlusskriterium, sondern vielmehr Voraussetzung für die Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG.

b) Auch die Berechnung des konkreten Hinzurechnungsbetrags lässt keine Rechtsfehler erkennen.

aa) Dabei besteht kein Streit über die der Anwendung zugrunde gelegten Ausgangswerte (Gewinn/Verlust, Entnahmen, Einlagen), da diese unverändert aus den der Steuererklärung der Klägerin beigefügten Unterlagen (Bilanzen, Kapitalkontenentwicklungen) übernommen worden sind. Der dem Beklagten unterlaufene geringfügige Rechenfehler bei der Ermittlung des vorläufigen Hinzurechnungsbetrags ist Folge eines Fehlers bei der Übertragung des auf den Beigeladenen entfallenden erklärten Gesamthandsgewinns für 2018 und nicht Ausdruck von Zweifeln an der Richtigkeit dieses erklärten Wertes. Gleichsam rügt die Klägerin auch nicht, dass der Beklagte der Ermittlung der Überentnahmen in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH eine gesellschafterbezogene Betrachtungsweise zugrunde gelegt hat.

Insbesondere bedarf es im hiesigen Verfahren auch keiner Aufklärung durch den Senat, ob der Beklagte bei der gesellschafterbezogenen Ermittlung der Überentnahmen des A auch die durch Einbringung von dessen Einzelbetrieb bei der Begründung der Klägerin möglicherweise fortzuführenden Vorjahreswerte aus den Jahren vor 2014 in rechtsfehlerfreier Weise unberücksichtigt gelassen hat. Denn insoweit stünde einer zulasten des A von den angegriffenen Bescheiden abweichenden Beurteilung durch das Finanzgericht jedenfalls das im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Verböserungsverbot entgegen. Insbesondere bliebe hiervon auch die Aufteilung des Sockelbetrags des § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG unbeeinflusst, da dieser nur die Schuldzinsen des Streitjahres (und nicht auch der Vorjahre) berücksichtigt.

bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin steht der konkreten Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG durch den Beklagten im Streitfall aber nicht entgegen, dass es bei isolierter Betrachtung weder im Gesamthands- noch im Sonderbetriebsvermögen zu Überentnahmen im Sinne des § 4a Abs. 4a Satz 2 EStG gekommen ist. Denn der Beklagte hat ohne Rechtsfehler und in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des BFH die Überentnahmen unter gemeinsamer Betrachtung von Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen ermittelt.

Dabei ist es für die Ermittlung der Überentnahmen des Beigeladenen unschädlich, dass es im Sonderbetriebsvermögen, in dem der Beigeladene infolge der Abschreibung des [...]wertes seit 2014 Verluste zu verzeichnen hatte, im Streitjahr nicht zu einem Überschuss der Entnahmen über die Einlagen gekommen ist.

Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass Verluste für sich genommen nicht zu einer Kürzung des Schuldenabzugs führen dürfen (vgl. BFH, Urteil vom 14. März 2018 X R 17/16, BFHE 261, 273, BStBl II 2018, 744). Gleichwohl geht die Forderung der Klägerin, die Verluste bei der Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG unberücksichtigt zu lassen, zu weit.

Nach der Rechtsprechung des BFH umfasst der der Ermittlung der Überentnahmen zugrunde zu legende Gewinnbegriff - wie auch sonst im Rahmen des gesamten § 4 EStG - auch Verluste. Zwar nimmt die Rechtsprechung eine teleologische Reduktion des Überentnahmebegriffs vor, die die Bemessungsgrundlage der nichtabziehbaren Schuldzinsen auf den (kumulierten) Entnahmenüberschuss begrenzt (siehe oben unter II.1.b.aa). Aber auch im Rahmen dieser teleologischen Reduktion ist zu berücksichtigen, dass der Betriebsinhaber dem Betrieb bei negativem Eigenkapital nicht mehr Mittel entziehen darf, als er erwirtschaftet und eingelegt hat. Sie verlangt im Verlustfall, dass eine etwaige Unterentnahme (= Einlagenüberschuss) zunächst mit dem Verlust des Verlustjahres verrechnet wird, bevor es zur Verrechnung mit den Überentnahmen der Vorjahre kommen kann.

Im Streitfall reicht der Einlagenüberschuss im Sonderbetriebsvermögen nicht aus, um den Sonderbetriebsverlust vollständig auszugleichen. Im Ergebnis werden dem Sonderbetriebsbereich des Beigeladenen somit mehr Mittel entzogen als er erwirtschaftet und (im Saldo) eingelegt hat. Der im Streitfall nach Verrechnung mit der Unterentnahme aus dem Sonderbetriebsvermögen verbleibende Sonderbetriebsverlust übersteigt ferner die (kumulierte) Unterentnahme aus dem Gesamthandsvermögen, so dass auch insoweit ein Ausgleich unterbleibt. In Anbetracht dieser Unterentnahme aus dem Gesamthandsvermögen kam es daher auch nicht darauf an, dass der Gesellschaftsvertrag der Klägerin Überentnahmen aus dem Gesamthandsvermögen untersagt.

cc) Die auf diese Weise für den Beigeladenen zu ermittelnden (kumulierten) Überentnahmen in Höhe von 84.086,70 € sind dem typisierten Zinssatz von 6 % zu unterwerfen, sodass sich ein vorläufiger Hinzurechnungsbetrag von 5.045,20 € ergibt. Da der so errechnete Hinzurechnungsbetrag den Höchsthinzurechnungsbetrag gemäß § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG in Höhe von 2.645,21 € übersteigt (zur Berechnung siehe unten unter II.2.b.dd), hat der Beklagte die Hinzurechnung der Zinsen rechtsfehlerfrei auf diesen Höchsthinzurechnungsbetrag begrenzt. Der ihm bei der Berechnung des vorläufigen Hinzurechnungsbetrags unterlaufene geringfügige Rechenfehler (5.051,86 € statt 5.045,20 €) ist damit folgenlos geblieben.

(1) Zwar kann der Senat die vom BFH bislang offen gelassene Frage, ob dieser Zinssatz eine verfassungskonforme Typisierung darstellt (vgl. BFH, Urteil vom 22. März 2022 IV R 19/19, juris), im Streitfall nicht bereits deswegen dahinstehen lassen, weil sie in der konkreten Anwendung auf den hiesigen Fall in Anbetracht der Deckelungsregelung des § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG nicht entscheidungserheblich wäre. Denn die Frage, ob es durch den Höchsthinzurechnungsbetrag nach § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG zu einer Deckelung kommt, hängt maßgeblich von dem im Typisierungswege zugrunde gelegten Zinssatz ab.

(2) Das Gericht ist gleichwohl nicht von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift überzeugt und sieht deswegen von einer eigenen Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz - GG - ab.

(a) Verfassungsrechtliche Zweifel an der Zinssatzhöhe scheiden dabei nicht bereits deswegen aus, weil das BVerfG in seinem Beschluss in BVerfGE 158, 282 für den Zeitraum 2014 bis 2018 trotz Unvereinbarkeit der Regelung über die Nachzahlungszinsen gemäß § 233a i.V.m. § 238 Abgabenordnung - AO - mit Art. 3 Abs. 1 GG dessen Fortgeltung bis zum 31. Dezember 2018 angeordnet hat und auch der Streitzeitraum im hiesigen Fall in den Zeitraum der Fortgeltungsanordnung fällt. Denn es erscheint nicht gesichert, dass die Hinzurechnungsbeträge nach § 4 Abs. 4a EStG eine ähnliche haushaltswirtschaftliche Relevanz wie die Nachzahlungszinsen aufweisen (vgl. auch zu den Säumniszuschlägen BFH, Urteil vom 15. November 2022 VII R 55/20, BFHE 278, 403, BStBl II 2023, 621).

(b) Dennoch lässt sich der Beschluss in BVerfGE 158, 282 nicht unmittelbar auf die ebenfalls mit 6 % typisierte Zinssatzhöhe der Schuldzinsenhinzurechnung gemäß § 4 Abs. 4a EStG übertragen. Bereits in dem Rechtsfolgenausspruch des genannten Beschlusses hatte das BVerfG die Erstreckung der Unvereinbarkeitserklärung auch nur auf die übrigen auf § 238 AO verweisenden (Teil-)Verzinsungstatbestände unter Verweis u.a. darauf verneint, dass die Verwirklichung des Zinstatbestands in diesen Fällen (§§ 234, 235 und 237 AO) grundsätzlich auf einen Antrag der Steuerpflichtigen zurückzuführen ist oder jedenfalls von ihnen bewusst in Kauf genommen wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 2021 1 BvR 2237/14, BVerfGE 158, 282 <380 Rn. 243>). Entsprechendes gilt erst Recht in den Fällen des § 4 Abs. 4a EStG, in denen die Entscheidung, dem Betrieb mehr Liquidität zu entziehen, als er erwirtschaftet oder eingelegt hat (vgl. BFH, Urteil vom 17. August 2010 VIII R 42/07, BFHE 230, 424, BStBl II 2010, 1041) ebenso zur Disposition des Steuerpflichtigen steht wie die alternative Entscheidung, diesen Hinzurechnungstatbestand in Höhe der fiktiven Zinsen von 6 % nicht zu verwirklichen.

Hinzu kommt, dass § 4 Abs. 4a EStG auch bereits keine mit § 233a i.V.m. § 238 AO vergleichbaren Sachverhalte regelt. Zunächst ist § 4 Abs. 4a EStG anders als die auf § 238 AO verweisenden Zinstatbestände nicht - bzw. zumindest nicht vordergründig - auf den Ausgleich eines konkreten Liquiditätsvorteils gerichtet, sondern soll die Rechtsprechung (BFH, Beschluss vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7 [BFH 08.12.1997 - GrS. 1/95], BStBl II 1998, 193) zum steuerlichen Abzug von Schuldzinsen, die einzig auf die tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel abstellte und damit gewisse Gestaltungsspielräume eröffnete (vgl. BT-Drucks 14/2070, S. 16), korrigieren. Ferner sieht § 4 Abs. 4a EStG in seinem Satz 4 abweichend von § 238 AO eine die tatsächlichen Verhältnisse berücksichtigende Deckelung der auf dem typisierenden Zinssatz basierenden Hinzurechnung vor. Insoweit ist der Vorschrift bereits eine gewisse eigene Typisierungskorrektur regelungsimmanent.

(3) Auch sonst begegnen der Regelung (unter Zugrundelegung der Maßstäbe aus BVerfGE 158, 282) keine durchgreifenden gleichheitsrechtlichen Bedenken. Es erscheint bereits fraglich, ob von der streitgegenständlichen Regelung überhaupt eine gleichheitsrelevante Ungleichbehandlung ausgeht. Denn, soweit der Schuldzinsenabzug für Steuerpflichtige, die keine Überentnahmen vorgenommen haben, weiterhin uneingeschränkt möglich ist, ist bereits die an dem gesetzgeberischen Ziel zu messende Vergleichbarkeit der beiden (Vergleichs-)Gruppen zu verneinen. Es war das erklärte Ziel des Gesetzgebers, mit der Begrenzung des Schuldzinsenabzugs die Rechtsprechung des BFH zum Schuldzinsenabzug beim Zweikontenmodell (vgl. BFH, Beschluss vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7 [BFH 08.12.1997 - GrS. 1/95], BStBl II 1998, 193) und die damit einhergehenden Gestaltungsmöglichkeiten dahingehend zu korrigieren, dass Entnahmen nur bei Liquiditätsüberschüssen des Betriebs ohne steuerliche Auswirkungen auf den Schuldzinsenabzug bleiben sollten (vgl. BT-Drucks 14/2070, S. 16). Nach der Auffassung des Gesetzgebers war die Überentnahmesituation damit das Differenzierungsmerkmal, was die Vergleichsgruppen des Schuldzinsenabzugs "wesentlich ungleich" gemacht hat.

Jedenfalls sieht der Senat eine etwaige Ungleichbehandlung durch die Norm vor diesem Hintergrund aber als gerechtfertigt an. Denn sie hält sogar einer Überprüfung am strengeren Maßstab der Verhältnismäßigkeit stand.

Der erklärte - legitime - Lenkungszweck (Verhinderung von Gestaltungsmöglichkeiten beim Schuldzinsenabzug) war durch die Anknüpfung an die Voraussetzung der Überentnahme tatbestandlich hinreichend vorgezeichnet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2021 2 BvL 1/13, BVerfGE 160, 41 <67 Rn. 63>) und damit grundsätzlich geeignet, die von § 4 Abs. 4a EStG ausgehende steuerliche Belastung zu rechtfertigen.

Darüber hinaus weicht der Gesetzgeber von seiner einmal getroffenen Belastungsentscheidung (hier: in Gestalt des lediglich veranlassungsbasierten Betriebsausgabenabzugs) auch nicht grundsätzlich ab, sondern konkretisiert diese lediglich. So erfährt der vom BFH in seiner Rechtsprechung als nach den tatsächlichen Verhältnissen zu interpretierende Veranlassungszusammenhang des § 4 Abs. 4 EStG für den Fall des Schuldzinsenabzugs bei einer Überentnahme lediglich die zusätzliche normative Einschränkung, dass der Abgrenzung von betrieblicher und privater Sphäre vielmehr eine liquiditätsbezogene und damit wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde zu legen ist (ähnlich zur unproblematischen "Durchbrechung" des objektiven Nettoprinzips BFH, Urteil vom 7. März 2006 X R 44/04, BFHE 212, 501, BStBl II 2006, 588). Eine Lesart des objektiven Nettoprinzips, wonach der Bestimmung der zu berücksichtigenden Erwerbsaufwendungen keine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde gelegt werden dürfe, erscheint indes verfassungsrechtlich nicht vorgegeben zu sein.

(4) Der Vollständigkeit halber soll hierbei nicht unerwähnt bleiben, dass auch die von Seiten der Klägerin im Klageverfahren angedeuteten (aus dem Vergleich mit der getrennten Betrachtung bei der Betriebsaufspaltung abgeleiteten) gleichheitsrechtlichen Bedenken schon nicht im Ansatz zu verfangen vermögen. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH, Beschluss vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63), wonach auch im Rahmen der Betriebsaufspaltung das Besitz- und das Betriebsunternehmen zwei unterschiedliche Unternehmen bleiben, ist die Betriebsaufspaltung schon nicht mit der Konstellation des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 2. Hs. EStG und der daraus abgeleiteten Zusammenbetrachtung von Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen vergleichbar.

dd) Schließlich begegnen auch der im Streitfall vorgenommenen Berechnung des auf den Beigeladenen entfallenden Höchstbetrags nach § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG in Höhe von 1.055,78 € keine Bedenken. Hiernach ist die Hinzurechnung (insgesamt) auf den um 2.050 € (sog. Sockelbetrag) verminderten Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen beschränkt. Auch der im Fall der Personenmehrheit anteilig zu bestimmende Sockelbetrag (§ 4 Abs. 4a Satz 4 EStG) von 1.055,78 € (= 51,5% von 2.050 €) wurde im Streitfall korrekt ermittelt. Dem Anteil von 51,5 % liegt dabei die folgende Berechnung zugrunde:

InsgesamtDavon auf den Beigeladenen entfallend
Schuldzinsen (Gesamthand)7.721,11 €3.860,56 €
davon Schuldzinsen für Investitionsdarlehen i.S.d. § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG (Gesamthand) ./. 749,67 €./. 374,84 €
Schuldzinsen (Sonderbilanz A)39,67 €--
davon Schuldzinsen für Investitionsdarlehen i.S.d. § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG (Sonderbilanz A) ./. 39,67 €--
Schuldzinsen (Sonderbilanz Beigeladener)4.737,48 €4.737,48 €
Schuldzinsen für Investitionsdarlehen i.S.d. § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG (Sonderbilanz Beigeladener) ./. 4.521,61 €./. 4.521,61 €
SUMME7.187,31 €3.701,59 €
100%51,5%

Hierbei ist es unschädlich, dass der anteilig auf A entfallende Sockelbetrag (i.H.v. 944,22 €) mangels Beschränkung des Abzugs der ihm zuzurechnenden Schuldzinsen nicht "sichtbar" berücksichtigt wird. Denn der betriebsbezogen zu gewährende Sockelbetrag soll sicherstellen, dass die dem Betrieb der Mitunternehmerschaft zuzuordnenden Finanzierungsaufwendungen jedenfalls in Höhe des Mindestbetrags von 2.050 € aufwandswirksam bleiben (vgl. BFH, Urteil vom 29. März 2007 IV R 72/02, BFHE 217, 514, BStBl II 2008, 420). Das ist im Streitfall geschehen. Denn die auf A entfallenden Schuldzinsen, die dessen anteiligen Sockelbetrag übersteigen, sind mangels für A festgestellter Überentnahmen ungeschmälert gewinnmindernd berücksichtigt worden.

ee) Der Beklagte hat bei der Feststellung des Gewinns der Klägerin (bzw. des Gewinnanteils des Beigeladenen) nach alldem zu Recht nicht abzugsfähige Schuldzinsen in Höhe von 2.645,81 € (= 3.701,59 € ./. 1.055,78 €) berücksichtigt. Die Aufteilung in "im Gesamthandsgewinn enthaltenen Schuldzinsen" in Höhe von 2.491,51 € und "als Sonderbetriebsausgaben berücksichtigten Schuldzinsen" in Höhe von 154,30 € ergibt sich aus dem Verhältnis der anteilig auf den Beigeladenen entfallenden zu berücksichtigenden Schuldzinsen aus der Gesamthand in Höhe von 3.485,72 € zu den zu berücksichtigenden Zinsen aus dessen Sondergewinnermittlung in Höhe von 215,87 €.

III.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, weil er keine Sachanträge gestellt und damit auch kein Kostenrisiko getragen hat (§ 139 Abs. 4 FGO, Stapperfend, in: Gräber, FGO, 9. Aufl. 2019, § 139 Rn. 158 ff.).

2. Die Revision war in Anbetracht der vom BFH für "etwa erforderlich" gehaltenen Vorlage an das BVerfG (vgl. BFH, Urteil vom 22. März 2022 IV R 19/19, juris) gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO zuzulassen.