Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 20.06.1988, Az.: 7 WLw 20/88
Ergänzung eines Hoffolgezeugnisses; Neuausstellung eines Hoffolgezeugnisses; Recht zur Salzgewinnung als Bestandteil eines Hofgrundstückes
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 20.06.1988
- Aktenzeichen
- 7 WLw 20/88
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1988, 15927
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1988:0620.7WLW20.88.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Neustadt am Rübenberg - 11.07.1986 - AZ: 6 LwH 5/86
- AG Neustadt am Rübenberg - 30.12.1987 - AZ: 6 LwH 15/87
Rechtsgrundlagen
- § 2 HöfeO
- § 7 HöfeVfO
- § 2 HöfeO
- § 94 BGB
- § 96 BGB
Verfahrensgegenstand
Vormals für den Bauern ... eingetragenen Hof in ... als weichende Erben
In der Landwirtschaftssache
hat der Senat für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
den Richter am Oberlandesgericht,
und den Richter am Amtsgericht ... als Berufsrichter
sowie die Landwirte ... und ... als ehrenamtliche Richter
am 20. Juni 1988
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird unter deren Zurückweisung im übrigen der Beschluß des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Neustadt/-Rbge. vom 30. Dezember 1987 aufgehoben.
I.
Das Landwirtschaftsgericht Neustadt/Rbge. wird angewiesen zu verfügen:
Das Hoffolgezeugnis des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Neustadt/Rbge. vom 11. Juli 1986 - 6 LwH 5/86 - wird eingezogen und stattdessen ein Hoffolgezeugnis nachstehenden Inhalts erteilt:
Die Hoferbfolge nach dem am 9. Juli 1934 geborenen und am 9. März 1986 verstorbenen Landwirt ... hinsichtlich dessen Hof in ...
- a.
eingetragen im Grundbuch ... sowie
- b.
mit der Waldfläche ... eingetragen im Grundbuch von ...
ist wie folgt eingetreten:
- 1.
Hoferbe ist der am 19. Mai 1965 geborene Landmaschinenmechaniker ...
- 2.
Der Witwe ... geboren am 25. September 1941, ebenda, steht nach § 14 Abs. 1 HöfeO die Verwaltung und Nutznießung des Hofes bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des Hoferbens zu.
II.
Die Anträge bezüglich der Salzabbaugerechtigkeit, eingetragen im Grundbuch ... werden zurückgewiesen.
III.
Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten, soweit seine Beschwerde zurückgewiesen wird; im übrigen ist das Beschwerdeverfahren gerichtsgebührenfrei.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
IV.
Der Wert der Beschwerdezurückweisung beträgt 5.000,- DM, der Wert der Beschwerde insgesamt 23.000,- DM.
Gründe
I.
Der Beteiligte zu 1) (im folgenden: Hoferbe) erwirkte nach dem Tode seines Vaters ... ein Hoffolgezeugnis, das ihn als Hoferben und seine Mutter ... als Verwaltungs- und Nutznießungsberechtigte aufführt. Der Bestand des Hofes wurde dabei als im Grundbuch von ... eingetragen bezeichnet. Übersehen hatten die Beteiligten, daß für ... weiterhin als Grundstücke eingetragen waren: die Waldfläche ... (damals Grundbuch von ... und inzwischen ... und die Salzabbaugerechtigkeit auf dieser Fläche (damals Grundbuch von ... und inzwischen ...). Das letztgenannte Recht zur Gewinnung von Stein- und Kalisalzen war als selbständige Salzabbaugerechtigkeit im Sinne des Preußischen Gesetzes vom 4. August 1904 am 1. November 1909 von Band ...Blatt ... nach Band ... Blatt ... des Grundbuchs von ... abgeschrieben und über ... nach ... übertragen worden.
Der Hoferbe hat im vorliegenden Verfahren eine Ergänzung des Hoffolgezeugnisses durch Aufnahme auch der Waldfläche und der Salzabbaugerechtigkeit begehrt und daneben auf dem Wege des § 7 HöfeverfahrensO angestrebt, den Bestand des Grundbuchblattes ... auf das Blatt ... übertragen zu lassen. Während letzterer Vorgang noch lief, hat das Landwirtschaftsgericht mit dem angefochtenen Beschluß die Ergänzung des Hoffolgezeugnisses hinsichtlich der Salzabbaugerechtigkeit abgelehnt. Es hat zur Begründung ausgeführt: Einmal sei das Hoffolgezeugnis vollständig, weil der die Hofeigenschaft bestimmende Grundbesitz des Grundbuchblatts ... genannt worden sei. Darüber hinaus sei der Antrag auf Einbeziehung der Salzabbaugerechtigkeit in das Hoffolgezeugnis auch deshalb unbegründet, weil diese kein Hofbestandteil gemäß § 2 HöfeO sei, sondern ein sonderrechtsfähiger Bestandteil; das folge aus der Ablösung des Gewinnungsrechts vom Grundstückseigentum durch § 3 des Bundesberggesetzes. Die Salzabbaugerechtigkeit leite sich nicht aus dem Recht am Grundstück her, auch wenn man in der Übergangszeit bis zum Inkrafttreten des Bundesberggesetzes den Grundstückseigentümern gestattet habe, für sich eine derartige Gerechtigkeit eintragen zu lassen.
Der Hoferbe begehrt mit der Beschwerde - in Übereinstimmung mit den übrigen Beteiligten - weiterhin die Ergänzung des Hoffolgezeugnisses dahin, daß dieses das Waldstück und die Salzabbaugerechtigkeit mitumfasse. Hilfsweise beantragt er die Einziehung und entsprechende Neuausstellung des Hoffolgezeugnisses.
II.
Die Beschwerde ist nur zum Teil begründet.
1.
Verfahrensrechtlich ist hier ausnahmsweise der Weg über die Ausgestaltung des Hoffolgezeugnisses zuzulassen, obwohl an sich - wie das Landwirtschaftsgericht zutreffend ausgeführt hat - zu dessen gesetzlichem Inhalt keine Feststellungen über einzelne Hofbestandteile gemäß § 2 HöfeO gehören (einhellige Ansicht vgl. etwa Beschluß des erkennenden Senats vom 27.11.1967 RdL 1968, 16 und Wöhrmann-Stöcker, Landwirtschaftserbrecht, 4. Aufl., Rdnr. 65 zu § 2 HöfeO). Es ist andererseits nicht ausgeschlossen, den gesamten Bestand des Hofes mit allen Grundbuchbezeichnungen im Hoffolgezeugnis zu nennen, und die Beteiligten hätten dies seinerzeit bei sorgfältigerer Prüfung der Besitzverhältnisse durch eine entsprechende Fassung ihres Antrages unschwer erreichen können. Mit Rücksicht darauf ist ihnen diese Möglichkeit nachträglich zu eröffnen, nachdem das Eintragungsersuchen des Landwirtschaftsrichters nach § 7 HöfeverfahrensO aus formellen Gründen nicht zum Erfolg geführt hat und kein Anlaß besteht, die unter sich völlig einigen Beteiligten jetzt noch auf den Weg des Feststellungsverfahrens nach § 11 Abs. 1 c HöfeverfahrensO zu verweisen.
2.
In der Sache kann dem Hauptantrag der Beschwerde auf Ergänzung des Hoffolgezeugnisses nicht entsprochen werden, denn jede Ergänzung eines Hoffolgezeugnisses um für den Rechtsverkehr bedeutsame Angaben brächte die Gefahr mit sich, daß das ursprüngliche Hoffolgezeugnis und der Ergänzungsbeschluß nicht zusammen vorgelegt und dadurch Unsicherheiten in den Rechtsverkehr hineingetragen werden. Stattdessen kommt nur die Einziehung und Neuausstellung des Hoffolgezeugnisses durch das Landwirtschaftsgericht entsprechend dem Hilfsantrag in Frage. Diese ist allerdings nur hinsichtlich des Waldstücks gerechtfertigt, nicht hinsichtlich der Salzabbaugerechtigkeit.
a)
Die jetzt im Grundbuch von ... Blatt ... eingetragene Waldfläche ... Flurstück ... zur Größe von 1, 88 ha ist Hofesbestandteil. Die insoweit durch § 2 HöfeO aufgestellten Voraussetzungen sind erfüllt: Sie stand im Eigentum des Hofeigentümers und wurde von der Hofstelle aus bewirtschaftet. Ursprünglich handelte es sich dabei um ein Anteilsrecht an einem Interessentschaftsforst, der von den Hofeigentümern in ... als Interessenten genutzt wurde; durch eine 1952/53 grundbuchlich vollzogene Realteilung ist das Anteilsrecht in einen räumlich abgegrenzten Teil der Waldfläche umgewandelt worden. Der Hoferbe hat dies glaubhaft dargetan. Einer Ausweisung dieses Grundstücks als kraft Hoferbfolge auf den Hoferben übergegangen steht nichts im Wege. Ob das Grundbuchamt anschließend aufgrund eines Ersuchens des Landwirtschaftsgerichts nach § 7 I HöfeverfahrensO oder auf den entsprechenden Antrag des Hoferben - unter Beachtung der §§ 5, 6 Grundbuchordnung - die Waldfläche gem. § 890 BGB mit dem eigentlichen Hofgrundstück ... Band ... Blatt ... vereinigt oder diesem als Bestandteil zuschreibt, ist schon nicht mehr von Bedeutung.
b)
Dagegen kann, wie das Landwirtschaftsgericht zutreffend entschieden hat, die Salzabbaugerechtigkeit nicht als hofzugehörig gelten.
Aus den §§ 94, 96 BGB läßt sich eine derartige Hofzugehörigkeit weder jetzt noch künftig herleiten. Auch wenn die Waldfläche als Bezugsgegenstand des Abbaurechts demnächst nur noch ein Teil des einheitlichen Hofgrundstücks ist, hat das keine Auswirkungen auf die Abbaugerechtigkeit. Die abgebauten Salze sind keine wesentlichen Grundstücksbestandteile nach § 94 BGB, weil sie keine Bodenerzeugnisse im Sinne dieser Vorschrift darstellen; überdies geht es hier nicht um die Abbauprodukte, sondern um das Abbaurecht selbst. Dieses Recht könnte nach § 96 BGB Bestandteil des Hofgrundstücks sein, wenn es als ein mit dem Eigentum am Grundstück verbundenes Recht anzusehen wäre. Rechte in diesem Sinne sind aber nach gefestigter Auffassung nicht die selbständigen Gerechtigkeiten, die bei Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches weitgehend von dessen Regelungen ausgenommen worden sind - vgl. Artikel 68, 196 EGBGB - und ihrem Wesen nach weder an ein Grundstück noch an eine bestimmte Person gebunden sind, sondern eine von solcher Beziehung unabhängige Existenz haben (vgl. BGHZ 23, 241, 244 [BGH 05.02.1957 - V BLw 25/56] mit Nachweisen). Mithin bleibt nur noch offen, ob die selbständige Salzabbaugerechtigkeit Bestandteil des Hofes nach § 2 HöfeO ist. Das ist zu verneinen. Sie ist kein Mitgliedschaftsrecht, Nutzungsrecht oder ähnliches Recht, das dem Hof dient. Eine Störung des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes auf der von dem Abbaurecht berührten Fläche ist bei Eigentümer-Abbaugerechtigkeiten von vornherein nicht zu besorgen; im übrigen ließe sich solchen Störungen schon aufgrund des Eigentums entgegenwirken und bedürfte es dazu nicht des Zurückgreifens auf die Abbaugerechtigkeit (so zu Recht Ebeling, Rechtspfleger 1983, 385 gegen AG Lüneburg Nieders. Rechtspflege 1983, 67 f.). Eine wirtschaftliche Verwertung der Salzabbaugerechtigkeit ist vielmehr nur auf nichtlandwirtschaftlichem Gebiet (in Form von Förderzinsen oder Wartegelder bei deren Ausnutzung durch Dritte bzw. Entschädigungsleistungen bei Enteignung o. dgl.) denkbar und schließt damit eine Zuordnung dieses Rechts zum Hof aus. Ob die frühere Fassung des § 12 Abs. 2 HöfeO gegenteilige Rückschlüsse erlaubt hätte (so AG Lüneburg a.a.O. Seite 68), kann dahinstehen, weil die Vorschrift in dieser Fassung jedenfalls nicht mehr gilt.
Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, daß sich für die hier behandelten Rechtsfrage aus den Vorschriften des Bergrechts nichts ergibt. Diese behandeln nur die Abgrenzung der bergfreien Bodenschätze von den weiterhin zur Verfügung des Grundstückseigentümers stehenden Mineralien, sagen aber nicht aus, daß eine Salzabbaugerechtigkeit ein Bestandteil des Grundstückseigentums sei. Auch Artikel II der Verordnung betreffend die Einführung des Allgemeinen Berggesetzes in das Gebiet des vormaligen Königreichs Hannover vom 8. Mai 1867 enthält dazu nicht mehr als die Regelung, daß von den von dem Verfügungsrecht des Grundeigentümers ausgeschlossenen Mineralien Steinsalz nebst den mit denselben auf der nämlichen Lagerstätte vorkommenden Salzen und die Solquellen in Wegfall kommen.
Danach ist der angefochtene Beschluß teilweise zu ändern, im übrigen ist die Beschwerde zurückzuweisen. Der Antragsteller und Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten, soweit er mit seiner Beschwerde keinen Erfolg gehabt hat; im übrigen trägt jeder Beteiligte seine etwaigen Auslagen selbst (§§ 44, 45 LwVG).
Streitwertbeschluss:
Der Wert der Beschwerdezurückweisung beträgt 5.000,- DM, der Wert der Beschwerde insgesamt 23.000,- DM.
Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 34 Abs. 2 LwVG, 30 Abs. 2 Kostenordnung.