Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 17.05.1996, Az.: 3 L 1618/96
Anerkennung; Asylberechtigter; Asylantrag; Familienasyl; Togo
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 17.05.1996
- Aktenzeichen
- 3 L 1618/96
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1996, 13216
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1996:0517.3L1618.96.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Stade - 09.02.1996 - AZ: 3 A 1679/95
- nachfolgend
- BVerwG - 27.09.1996 - AZ: BVerwG 9 B 426.96
- BVerwG - 13.05.1997 - AZ: BVerwG 9 C 35.96
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stade - 3. Kammer - vom 9. Februar 1996 geändert und der Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 21. August 1995 aufgehoben.
Die Kosten des gesamten Verfahrens tragen die Beklagte und die Beigeladene je zur Hälfte; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist bezüglich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beigeladene wurde am 29. Juli 1994 in ... geboren. Ihr Vater ist togoischer Staatsangehöriger, der am 10. September 1991 seine Anerkennung als Asylberechtigter beantragt hatte und durch Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 26. Mai 1995 als Asylberechtigter anerkannt wurde, nachdem das Verwaltungsgericht Stade die Beklagte durch rechtskräftig gewordenes Urteil vom 5. Januar 1995 (- 3 A 330/93 -) dazu verpflichtet hatte.
Am 12. Juli 1995 beantragte die Beigeladene ihre Anerkennung als Asylberechtigte nach den Bestimmungen über das Familienasyl. Diesem Antrag gab das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge durch Bescheid vom 21. August 1995 statt.
Der Kläger hat am 21. September 1995 Klage erhoben und vorgetragen, die Voraussetzungen für die Gewährung des Familienasyls seien nicht erfüllt. § 26 Abs. 2 Satz 1 iVm Abs. 1 AsylVfG sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Selbst wenn man diese Bestimmung aber analog anwenden würde, käme eine Gewährung von Familienasyl nicht in Betracht, weil es an einer unverzüglichen Antragstellung nach der Geburt im Bundesgebiet fehle.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 21. August 1995 aufzuheben.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Die Beigeladene hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und ist der Rechtsauffassung des Klägers entgegengetreten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 9. Februar 1996 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Anerkennung der Beigeladenen sei rechtmäßig. § 26 Abs. 2 AsylVfG gewähre ihr entgegen der Ansicht des Klägers einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte. Sie sei das minderjährige ledige Kind eines als asylberechtigt anerkannten Ausländers, das vor dessen Anerkennung, aber nach der Stellung des Asylantrages geboren worden sei. Anhaltspunkte dafür, daß die Anerkennung ihres Vaters zu widerrufen oder zurückzunehmen wäre, seien weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Weitere Anforderungen an die Asylberechtigung stelle § 26 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG nicht. Vor allem lasse der Umstand, daß Abs. 1 Nr. 2 und 3 entsprechend gelte, den Schluß nicht zu, daß der Asylantrag für die im Bundesgebiet vor der Anerkennung, aber nach der Antragstellung des Asylberechtigten geborenen Kinder unverzüglich nach der Geburt zu stellen sei. § 26 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG unterscheide zwischen den in Deutschland und im Ausland geborenen Kindern nicht. Das Erfordernis der Antragstellung vor oder gleichzeitig mit dem Asylberechtigten oder unverzüglich nach der Einreise sei von der Beigeladenen nicht zu erfüllen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom erkennenden Senat wegen Divergenz zugelassene Berufung des Klägers, der der Ansicht ist, aus § 26 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG ergebe sich, daß für ein nach dem Antrag des Elternteils, aber vor dessen Anerkennung in der Bundesrepublik geborenes Kind der Asylantrag unverzüglich nach der Geburt zu stellen sei, woran es im vorliegenden Fall fehle.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil zu ändern und nach seinem im ersten Rechtszug gestellten Antrag zu erkennen.
Die Beklagte hat sich zur Sache nicht geäußert.
Die Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend im wesentlichen vor: Für die Auffassung, daß für ein Kind, welches nach der Asylantragstellung eines Elternteils, aber vor dessen Anerkennung geboren wurde, der Asylantrag unmittelbar nach der Geburt zu stellen sei, seien dem Gesetz keine Hinweise zu entnehmen. Zutreffend habe das Verwaltungsgericht ausgeführt, daß der Umstand, daß § 26 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AsylVfG entsprechend gilt, nicht den Schluß zulasse, daß der Asylantrag für die im Bundesgebiet vor der Anerkennung, aber nach der Antragstellung des Asylberechtigten geborenen Kinder unverzüglich nach der Geburt zu stellen sei. Im übrigen weise die Verwendung des Begriff "unverzüglich" gerade darauf hin, daß es nicht um eine "unmittelbare" Antragstellung gehe. Die zeitliche Grenze werde von der Jahresfrist des § 26 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG gebildet; diese Bestimmung sei analogiefähig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Der Senat hat das in der Anlage zur Verfügung vom 10. April 1996 aufgeführte Erkenntnismaterial zum Gegenstand des Verfahrens gemacht und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§§ 101 Abs. 2, 125 Abs. 1 VwGO), ist begründet. Die Beigeladene hat entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte, so daß der angefochtene Anerkennungsbescheid rechtswidrig ist.
Die Beigeladene kann nicht im Wege des Familienasyls gemäß § 26 Abs. 2 AsylVfG als Asylberechtigte anerkannt werden. Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG gelten für die im Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährigen ledigen Kinder eines Asylberechtigten die in § 26 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AsylVfG getroffenen Regelungen über die Gewährung des Familienasyls an Ehegatten eines Asylberechtigten entsprechend. § 26 Abs. 1 AsylVfG setzt insoweit voraus, daß der Ehegatte einen Asylantrag vor oder gleichzeitig mit dem Asylberechtigten oder unverzüglich nach der Einreise gestellt hat (Nr. 2) und die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist (Nr. 3). Für im Bundesgebiet nach der Anerkennung des Asylberechtigten geborene Kinder schreibt § 26 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG vor, daß der Asylantrag innerhalb eines Jahres nach der Geburt zu stellen ist. Danach hat die am 29. Juli 1994 in Rotenburg (Wümme) geborene Beigeladene, deren Vater durch Bescheid vom 26. Mai 1995 als Asylberechtigter anerkannt worden ist, keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte nach ihrem Vater. Zwar scheitert eine Asylberechtigung der Beigeladenen nicht daran, daß sie erst nach Einreise und Antragstellung ihres Vaters geboren worden ist; § 26 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG unterscheidet nämlich nicht zwischen in Deutschland und im Ausland geborenen Kindern (Nds. OVG, Urt. v. 19. 12. 1995 - 11 L 1916/95 -; vgl.a. BayVGH, Urt. v. 6. 4. 1995 - 11 BA 95.30551 - InfAuslR 1995 S. 255). Der Anerkennung der Beigeladenen als Asylberechtigte steht jedoch entgegen, daß der Asylantrag für sie nicht unverzüglich nach ihrer Geburt gestellt worden ist, was gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG iVm § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG erforderlich gewesen wäre. Auch minderjährigen ledigen Kindern, die vor Anerkennung des asylberechtigten Elternteils in der Bundesrepublik Deutschland geboren wurden, steht Familienasyl gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 iVm Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG nämlich nur zu, wenn der Asylantrag für sie unverzüglich nach der Geburt gestellt worden ist.
Der 11. Senat des erkennenden Gerichts in seinem Urteil vom 19. Dezember 1995 (aaO) dazu folgendes ausgeführt:
"Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, welche Antragsfrist für die vorliegende Fallkonstellation, bei der die Kinder von Asylbewerbern nach Einreise und Antragstellung ihrer Eltern (eines Elternteils) und vor deren (dessen) Anerkennung geboren wurden, zugrundezulegen ist. Die weitestgehende Auffassung vertritt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (Urt. v. 6. 4. 1995, a.a.O.), der offenbar gar keine Antragsfrist verlangt, so daß für die betreffenden Kinder der Antrag bis zum Zeitpunkt des Eintritts ihrer Volljährigkeit gestellt werden könnte. Das Verwaltungsgericht Braunschweig (Urt. v. 9. 5. 1995, InfAuslR 1995, 307) wendet die Regelung des § 26 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG entsprechend an, wobei aber der Asylantrag nicht innerhalb eines Jahres nach der Geburt des Kindes zu stellen sei, sondern die Jahresfrist erst mit dem Zeitpunkt der Anerkennung der Eltern zu laufen beginne. Renner (Kanein/Renner, AuslR, 6. Aufl., § 26 AsylVfG Rdnr. 9, und 5. Aufl., § 7 a AsylVfG Rdnr. 19) und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (Urt. v. 21. 7. 1994, a.a.O.) verlangen dagegen einen unverzüglichen Antrag nach der Geburt des Kindes entsprechend § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG. Für die letztgenannte Auslegung, der sich der erkennende Senat anschließt, sprechen Entstehungsgeschichte, Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck des § 26 AsylVfG.
Mit der Neuregelung des Familienasyls in § 26 AsylVfG sollte - wie bereits dargelegt - der bisherige Anwendungsbereich nicht eingeschränkt, sondern erweitert werden. Der Gesetzgeber hat jedoch damit nicht allen minderjährigen und ledigen Kindern des Asylberechtigten die Möglichkeit einräumen wollen, Familienasyl zu erhalten. So ist ein Teil der minderjährigen Kinder, die nach der Anerkennung des Elternteils im Bundesgebiet geboren wurden, nämlich die Kinder, die bei Inkrafttreten der Regelung bereits das erste Lebensjahr vollendet hatten, mangels Übergangsregelung vom Familienasyl ausgeschlossen (vgl. dazu im einzelnen, BVerwG, Urt. v. 9. 3. 1995, a.a.O). Mit der Jahresfrist des § 26 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG sollte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge von der Bearbeitung sog. Altfälle entlastet werden. Auch im übrigen ist nicht erkennbar, daß durch § 26 AsylVfG ein einheitlicher Rechtsstatus der minderjährigen und ledigen Kinder von "Stammberechtigten" erreicht werden sollte, obwohl die mit dieser Vorschrift auch beabsichtigte Integrationswirkung dies nahegelegt hätte. So schadet nach wie vor eine nicht unverzügliche Asylantragstellung des minderjährigen ledigen Kindes. § 26 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG stellt - wie aus den Gesetzesmaterialien hervorgeht - demgegenüber eine Sonderregelung für Kinder dar, die nach der Anerkennung des Asylberechtigten geboren wurden. Diese Personengruppe ist nicht zu einer unverzüglichen Asylantragstellung verpflichtet, sondern muß dies innerhalb eines Jahres nach der Geburt tun. Dagegen sollen alle anderen minderjährigen ledigen Kinder von Asylberechtigten - also auch der Kläger zu 2) - nach der Grundregel, wie sie in § 26 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG aufgestellt ist, behandelt werden.
Hiervon ausgehend kann für die vorliegende Fallkonstellation weder auf eine Anfragsfrist verzichtet noch die Jahresfrist des § 26 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG entsprechend angewandt werden. Die vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (a.a.O.) in diesem Zusammenhang vertretene Auffassung widerspricht bereits der mit der Einführung des Familienasyls bezweckten vereinfachten und beschleunigten Anerkennung von Familienangehörigen des Asylberechtigten, die auch zu einer Entlastung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge führen soll. Es ist zudem kein sachlicher Grund dafür erkennbar, weshalb Kinder, die zwischen Einreise und Anerkennung des asylberechtigten Elternteils geboren wurden, bessergestellt werden sollen als andere Kinder, die entweder ihren Asylantrag unverzüglich oder aber innerhalb eines Jahres nach der Geburt stellen müssen. Gegen die entsprechende Anwendung der Jahresfrist des § 26 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG spricht, daß es sich insoweit um eine Sonderregelung für die dort genannte Personengruppe handelt, wie sich aus Entstehungsgeschichte und dem klaren und eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift ergibt. Liegt aber ein derartiger Ausnahmefall nicht vor, ist nach den allgemeinen juristischen Auslegungsgrundsätzen auf die gesetzliche Grundregel (hier: § 26 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) zurückzugreifen. Insofern liegt auch keine Regelungslücke vor, da § 26 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG auf die entsprechende Anwendung des § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG verweist. Für eine analoge Anwendung der Jahresfrist des § 26 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG ist deshalb kein Raum. Das gilt erst recht für die vom Verwaltungsgericht Braunschweig (a.a.O.) unter Hinweis auf Marx (a.a.O., § 26 Rdnr. 15) vertretene Auffassung, daß die Jahresfrist erst mit dem Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit der Asylanerkennung des "Stammberechtigten" beginne. Da § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG lediglich entsprechend gilt, kann für Kinder, die nach der Einreise und vor der Anerkennung des asylberechtigten Elternteils im Bundesgebiet geboren wurden, naturgemäß nicht verlangt werden, daß sie ihren Asylantrag vor oder gleichzeitig mit dem Asylberechtigten oder unverzüglich nach der Einreise stellen. In diesen Fällen ist § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG so zu verstehen, daß der Asylantrag unverzüglich nach der Geburt zu stellen ist (vgl. Kanein/Renner, AuslR, 6. Aufl., § 26 AsylVfG Rdnr. 9, und 5. Aufl., § 7 a AsylVfG Rdnr. 19).
Eine andere Auslegung ist auch nicht von Verfassungs wegen geboten. Aus Art. 16 a Abs. 1 GG kann nicht abgeleitet werden, daß der Gesetzgeber verpflichtet ist, den Angehörigen Asylberechtigter, die in ihrer Person keine politische Verfolgung erlitten haben und denen auch keine politische Verfolgung droht, den gleichen Status zuzubilligen wie dem Asylberechtigten selbst. Auch Art. 6 Abs. 1 GG zwingt den Gesetzgeber nicht, die Gewährung des Asylrechts auf die Familienangehörigen eines politisch Verfolgten zu erstrecken. Aus Art. 6 Abs. 1 GG kann lediglich gefolgert werden, daß den Ehegatten und den minderjährigen Kindern von Asylberechtigten zur Fortführung der ehelichen und familiären Gemeinschaft in der Bundesrepublik Deutschland ein Bleiberecht eingeräumt werden muß (vgl. BVerwG, Urt. v. 9. 3. 1995, a.a.O.). Dem ist der Gesetzgeber auch durch die Schaffung entsprechender ausländerrechtlicher Regelungen (wie §§ 17 Abs. 2, 18 Abs. 1 Nr. 2 und § 20 Abs. 1 oder § 31 AuslG) nachgekommen.
Unverzüglich im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG bedeutet entsprechend § 121 Abs. 1 BGB ohne schuldhaftes Zögern (vgl. Koisser/Nicolaus, ZAR 1991, 31/33). Hierbei steht dem gesetzlichen Vertreter des minderjährigen Kindes jedoch eine angemessene Überlegungsfrist zu (vgl. Heinrichs, in: Palandt, BGB, 55. Aufl., § 121 Rdnr. 3). Insbesondere muß dem gesetzlichen Vertreter des minderjährigen Kindes eine unverzügliche Antragstellung nach der Geburt möglich und zumutbar sein. Dabei kommt es auf eine Würdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls an, wobei im Asylverfahrensrecht die sonst von der Rechtsprechung eingeräumte Zwei-Wochen-Frist (vgl. Heinrichs, a.a.O.) in der Regel zu kurz sein dürfte, um den Belangen der Asylbewerber angemessen Rechnung zu tragen. Andererseits darf aber als äußerste Grenze eine Frist von sechs Monaten nach der Geburt entsprechend § 69 Abs. 1 Satz 2 AuslG nicht überschritten werden (vgl. Kanein/Renner, a.a.O.; 5. Aufl., § 7 a AsylVfG Rdnr. 19), da sonst der Begriff der "Unverzüglichkeit" seine Konturen verlieren würde."
Diese überzeugende Rechtsauffassung, die mit der des 8. Senats des erkennenden Gerichts (Beschl. v. 15. 1. 1996 - 8 L 263/96 -) übereinstimmt, vertritt auch der erkennende Senat (ebenso Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl., § 26 AsylVfG RdNr. 9). Demnach kann die Beigeladene kein Familienasyl beanspruchen, weil der Asylantrag für sie erst mehr als 11 Monate nach ihrer Geburt und damit nicht unverzüglich im Sinne des § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG gestellt worden ist.
Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte steht der Beigeladenen schließlich auch nicht gemäß Art. 16 a Abs. 1 GG zu, weil ihr bei einer Rückkehr in ihr Heimatland nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht. Anlaß für eine politische Verfolgung könnte allenfalls die Stellung des Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland oder der Umstand sein, daß der Vater der Beigeladenen als Asylberechtigter anerkannt worden ist. Nach dem vorliegenden Erkenntnismaterial bestehen jedoch keine begründeten Anhaltspunkte dafür, daß ein in der Bundesrepublik Deutschland geborenes und erst zweijähriges Kind mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politischer Verfolgung aus den o.g. Gründen ausgesetzt sein würde, zumal nicht einmal togoischen Staatsangehörigen, die aus ihrem Heimatland ausgereist sind und in der Bundesrepublik Deutschland Asyl beantragt haben, wegen der Asylantragstellung politische Verfolgung bei einer Rückkehr in ihr Heimatland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (Senatsurt. v. 26. 2. 1996 - 3 L 7712/95 - und v. 23. 10. 1995 - 3 L 4619/95 -).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3 VwGO, § 83 b Abs. 1 AsylVfG, die Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Eichhorn
Dr. Gehrmann
Meyer-Lang