Landgericht Hannover
Urt. v. 31.08.1978, Az.: 5 O 166/77
Anspruch auf Schmerzensgeld aus einem Unfall; Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht; Reinigungspflicht der Gemeinden bei Glätte; Streupflicht auf einem öffentlichen Parkplatz
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 31.08.1978
- Aktenzeichen
- 5 O 166/77
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1978, 11693
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:1978:0831.5O166.77.0A
Verfahrensgegenstand
Schadensersatz
In dem Rechtsstreit
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 1978
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Beklagte ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.900,00 DM abzuwenden, sofern nicht zuvor die Beklagte in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt mit der Klage von der Beklagten Schmerzensgeld aus einem von ihr erlittenen Unfall.
Am 14.12.1976 gegen 7,30 Uhr ging die Klägerin im Bereich der Kreuzung Peiner-Straße/Hildesheimer Straße auf einem Fußgängerweg zwischen den dort befindlichen Gebäuden der AOK und eines nahegelegenen Ladengeschäftes. Die Klägerin überschritt sodann einen dort befindlichen Parkplatz, um die nahegelegene Ampelanlage an der Ecke Peiner-Straße/Hildesheimer Straße zu erreichen. Die Klägerin kam auf dem Parkplatz und zwar auf der Fahrbahn, welche von den Parkbuchten wegführt, infolge Eisglätte zu Fall. Es hatte sich an diesem Tag eine leichte Schneedecke gebildet, worunter sich Glatteis befand.
Die näheren Örtlichkeiten sind wie folgt zu beschreiben:
Von dem Durchgang, aus dem die Klägerin gekommen ist, führt an einer Ladenzeile parallel zur Peiner Straße ein überdachter Fußgängerweg entlang. Dieser Fußgängerweg ist durch mehrere Holzpfähle von dem sich parallel dazu anschließenden Parkplatz abgegrenzt bzw. abgesichert. Vom Ende des überdachten Fußgängerüberweges führt eine breite Wegfläche nach links parallel zur Hildesheimer Straße auf die Ampelanlage mit Fußgängerüberweg an der Ecke Peiner Straße-Hildesheimer Straße.
Infolge des Sturzes erlitt die Klägerin einen Verrenkungsbruch des linkeren oberen Sprunggelenks. Sie wurde noch am Unfalltage operiert. Die Klägerin, befand sich in stationärer Behandlung vom 14.12.1976 bis 26.01.1977, vom 01.03.1977 bis 07.03.1977 und vom 27.04.1977 bis zum 28.04.1977.
Die Klägerin behauptet, daß sie noch heute allenfalls unter Zuhilfenahme von 2 Krücken gehen kann. Es sei in keiner Weise abzusehen, wann und inwieweit und ob überhaupt eine endgültige Heilung eintreten wird. Sie leide bis heute ständig unter starken Schmerzen.
Die Klägerin behauptet weiter, daß sie am Unfalltage nicht habe erkennen können, wo der Parkplatz vor dem Fußgängerüberweg an der Ampel aufhörte. Es hätten zu diesem Zeitpunkt Fahrzeuge bis an die Hildesheimer Straße heran geparkt. Es sei auf keinem Teil dieser Fläche gegen Eisglätte gestreut gewesen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein der Höhe nach ausdrücklich, in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zuzüglich 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, daß die Klägerin den Streifen zwischen Ende der Ladenzeile und der Ampelanlage gefahrlos hätte begehen können. Sie behauptet, daß dieser Streifen vom Städtischen Fuhramt in der Zeit von 5,15 Uhr bis 6,15 Uhr am Unfalltage gestreut worden sei.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere die in den Akten befindlichen Fotos Blatt 13 und vor Blatt 24 d.A. verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 22. September 1977 (Bl. 43 d.A.) und vom 11. November 1977 (Bl. 58 d.A.). Wegen des Erhgebnisses der Beweisaufnahme wird auf die gerichtlichen Niederschriften vom 14. Februar 1978 (Bl. 66 d.A.) und vom 6. März 1978 (Bl. 74 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht ein Schmerzensgeldanspruch aus §§ 823, 847 BGB nicht zu. Der beklagten ... kann eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nicht vorgeworfen werden. Gemäß § 52 c des Nds. Straßengesetzes gehört zur Reinigungspflicht der Gemeinden bei Glätte das Bestreuen der Gehwege, Fußgängerüberwege und der gefährlichen Fahrbahnstellen mit nicht unbedeutendem Verkehr. Die Klägerin ist auf einem öffentlichen Parkplatz zu Fall gekommen. Eine Streupflicht für einen solchen öffentlichen Parkplatz besteht für die Gemeinde nur insoweit, als Gefahren von den dort fahrenden Kraftfahrzeugen und deren Insassen abgewendet werden müssen. Selbst wenn es sich hier also um einen Parkplatz mit nicht unbedeutendem Verkehr gehandelt hat, bestünde eine Verkehrssicherungspflicht gegenüber der Klägerin nicht, denn diese benutzte den Parkplatz nicht als Fahrzeuginsassin, sondern als normale Fußgängerin.
Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, daß die Beklagte eine sichere Zuwegung zu der Ampelanlage nicht geschaffen hätte. Selbst wenn die klägerische Behauptung richtig wäre, daß der Streifen zwischen Ende der Ladenzeile und der Fußgängerampel nicht bestreut worden wäre, kann darin kein Verstoß der Beklagten gegen ihr obliegende Sicherungspflichten [xxxxx] gesehen werden.
Dieser Umstand wäre für eine Schadensverursachung nicht kausal gewesen. Die Klägerin ist unstreitig nicht [xxxxx] dem gefahrlos begehbaren überdachten Fußgängerweg entlang der Ladenzeile gegangen, sondern hat sich unmittelbar nach Verlassen des Durchgangs auf den Parkplatz begeben. Sie hätte aber erkennen können, daß die Wegeführung für die Fußgänger zur Ampel an der Kreuzung Peiner Straße/Hildesheimer Straße nach der Planung der Beklagten so eingerichtet war, daß man zunächst entlang der Ladenzeile gehen sollte und [xxxxx] vom Ende der Ladenzeile an dann zu der Ampel [xxxxx]. Eine Sicherungspflicht der Gemeinde bestand somit auch nur auf diesen Teilstücken des Fußgängerweges. Da die Klägerin diese Zuwegung verlassen hat, kann sie sich nicht auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten berufen.
Die im Beweisbeschluß vom 18. April 1978 angeordnete Beweisaufnahme war daher nicht mehr durchzuführen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Das Urteil über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.