Landgericht Hannover
Urt. v. 19.12.1978, Az.: 9 S 86/78

Berechtigung des Pächters auf einseitige Erhöhung des vereinbarten Wohnlaubenentgelts nach dem Kleingartenrecht

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
19.12.1978
Aktenzeichen
9 S 86/78
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1978, 11692
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:1978:1219.9S86.78.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Hannover - 08.02.1978 - AZ: 8 C 638/77

Verfahrensgegenstand

Forderung aus Pachtvertrag

In dem Rechtsstreit
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 21. November 1978
unter Mitwirkung des ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 08.02.1978 - 8 C 638/77 - aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.502,15 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 01.10.1977 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von der Darstellung des Tatbestande wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO besehen.

Entscheidungsgründe:

1

Die Berufung ist zulässig und begründet.

2

Der Kläger hat dem Beklagten gegenüber auf Grund des zwischen den Parteien bestehenden Pachtvertrages über das Kleingartengelände Anspruch auf Zahlung von 1.502,15 DM. Es handelt sich hierbei um das rückständige Wohnlaubenentgelt für die Zeit vom 01.10.1976 bis zum 31.10.1977. Die Forderung des Klägers gegen den Beklagten auf Zahlung eines Wohnlaubenentgeltes in Höhe von 1,18 DM. monatlich pro qm der umbauten Grundfläche des Gebäudes ist in voller Höhe begründet. Das Wohnlaubenentgelt beträgt somit anstatt der bisher vom Beklagten an den Kläger zu zahlenden 14,80 DM pro Monat nunmehr monatlich 129,80 DM (1,18 DM × 110 qm)

3

Auf Grund der besonderen Bestimmungen im Kleingartenrecht ist der Verpächter berechtigt, einseitig das bisher vereinbarte Wohnlaubenentgelt zu erhöhen. Denn nach § 1 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kleingartenrechtlicher Vorschriften vom 28.07.1969 (BGBl. I, Seite 1013) ist der Pächter, der vertraglich bisher einen niedrigeren als den von der zuständigen Verwaltungsbehörde festgesetzten Pachtzins zahlt, auf schriftliches Verlangen des Verpächters verpflichtet, den Pachtzins bis zur Höhe des festgesetzten Betrages zu bezahlen. Mit dieser gesetzlichen Regelung wird zwar in ein bestehendes privatrechtlihes Rechtsverhältnis eingegriffen, so daß der Verpächter entgegen der vertraglichen Vereinbarung den erhöhten Pachtzins auch für die Rest zeit eines laufenden langfristigen Vertrages verlangen kann. Für das Wohnlaubenentgelt gilt dasselbe wie für den Pachtzins. Dies ergibt sich insbesondere daraus, daß nach § 2 des Gesetzes zur Ergänzung der Kleingarten- und Kleinpachtlandordnung vom 26.06.1935 (RGBl I, Seite 809) die untere Verwaltungsbehörde nach Anhörung von Sachverständigen Höchstbeträge für das Wohnlaubenentgelt festzusetzen hat. Durch die Niedersächsische Verordnung zur Übertragung von Zuständigkeiten von Kleingartenrecht vom 11.10.1978 (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1978, Seite 709) ist den Gemeinden die Festsetzung von Nutzungshöchstentgelten für die Benutzung von Wohnlauben übertragen worden.

4

Die von der ... mit Wirkung vom 01.01.1976 festgesetzte Höchstgrenze für das Wohnlaubenentgelt von 1,18 DM pro qm und Monat ist rechtmäßig. Die Festsetzung ist entsprechend § 2 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ergänzung der Kleingarten- und Kleinpachtlandordnung vom 26.06.1935 nach Einholung eines Sachverständigengutachtens erfolgt. Es handelt sich dabei um das Gutachten der Sachverständigen ... vom 19.02.1975. Das Gutachten ist überzeugend und widerspruchsfrei. Bei der Ermittlung des angemessenen Wohnlaubenentgeltes haben die Sachverständigen zunächst einmal als Wertungsmaßstab die bankübliche Verzinsung des Baulandwertes von Bauland in unmittelbarer Nähe des Kleingartengeländes herangezogen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Sachverständigen haben ferner berücksichtigt, daß die Pächter die Wohnlauben bzw. die Wohngebäude mit eigenen Mitteln errichtet haben. Hinzu kommt, daß lediglich die bebaute Grundfläche des Gebäudes, nicht aber die weitere Wohnfläche im Obergeschoß der Gebäude, für das Wohnlaubenentgelt in Betracht kommt.

5

Der Umstand, daß die Steigerung des vom Beklagten zu zahlenden Wohnlaubenentgeltes ca. 800 % beträgt, führt nicht zur Sittenwidrigkeit (§. 138 BGB) des Erhöhungsverlangens. Denn es ist zu berücksichtigen, daß seit Jahrzehnten keine neue Höchstgrenze für das Wohnlaubenentgelt festgesetzt worden ist. Die Höchstbeträge sind somit nicht der ständigen Preisentwicklung angepaßt worden. Die erfolgte Neufestsetzung des Wohnlaubenentgeltes ist somit nicht unwirksam (so auch LG Hannover, II. Zivilkammer, 11 S 67/78).

6

Der Klage war deshalb unter Aufhebung des angefochtenen Urteils stattzugeben.

7

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.