Landgericht Hannover
Beschl. v. 31.08.1976, Az.: 9 T 107/76
Voraussetzungen der Eintragung in das deutsche Geburtenbuch; Eintragung eines vorehelichen Kindes in das Familienbuch der Eltern; Entscheidung des Gerichts über die Eintragung eines Kindes in das Familienbuch bei Geburt des Kindes im Ausland
Bibliographie
- Gericht
- LG Hannover
- Datum
- 31.08.1976
- Aktenzeichen
- 9 T 107/76
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1976, 12620
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:LGHANNO:1976:0831.9T107.76.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover - 23.02.1976 - AZ: 61 UR A III 3/76
Rechtsgrundlagen
- § 31 Abs. 2 PStG
- § 15 Abs. 1 S. 1, Nr. 2 PStG
- Art. 22 EGBGB
Fundstelle
- IPRspr 1976, 199
In der Personenstandssache
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
am 31. August 1976
beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der Landeshauptstadt Hannover wird der Beschluß des Amtsgerichts Hannover vom 23.02.1976 - 61 UR A III 3/76 - aufgehoben.
Das Kind ..., geboren am ... in ... ist im Familienbuch der Kindeseltern einzutragen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
Der Standesbeamte des Standesamtes ... beantragte am 19.01.1976 gemäß § 31 Abs. 2 in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1, Nr. 2 PStG, beim Amtsgericht Hannover darüber zu entscheiden, ob die Legitimation des vorehelich geborenen Kindes ... dem Familienbuch der Eltern beizuschreiben ist. Die Kindesmutter, die ... ist, hat am 22.09.1975 mit dem Kindesvater, ebenfalls ..., in ... die Ehe geschlossen. Der Kindesvater hat die Vaterschaft für das Kind am 26. Januar 1976 anerkannt und ist im ... Geburtsregister bereits alsbald nach der Geburt des Kindes als Kindesvater eingetragen worden.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht den Antrag abgelehnt, da hinsichtlich der Eintragung des Kindes in das Familienbuch eine Anwendung des § 31 Abs. 2 PStG nicht möglich sei und im übrigen ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag fehle.
Auf die gemäß §§ 31 Abs. 2, 49 PStG, 19 FGG zulässige Beschwerde war der angefochtene Beschluß aufzuheben und durch das Beschwerdegericht in der Sache selbst zu entscheiden.
Nach dem Antrag des Standesbeamten sollte das Kind nach der Legitimation durch nachfolgende Eheschließung der Kindeseltern im Familienbuch der Kindeseltern eingetragen werden, so daß zunächst von der Regelung des § 15 Abs. 1, Satz 1 Nr. 2 PStG auszugehen war. Da die Geburt des Kindes nicht im Geltungsbereich des Personenstandsgesetzes, sondern in ... beurkundet worden ist, kann diese Eintragung gem. § 15 Abs. 1, Satz 1 Nr. 2, 2. Alternative PStG nur dann erfolgen, wenn die Voraussetzungen für die Eintragung in das Geburtenbuch vorliegen. Damit ist im Gegensatz zur Auffassung des Amtsgerichts das deutsche Geburtenbuch gemeint. Das ergibt sich schon aus dem Gesamtzusammenhang des Gesetzes. Dieses Gesetz regelt nur die Führung deutscher Personenstandsbücher. Ein "Geburtenbuch" gibt es auch keineswegs in allen anderen Staaten; die Bezeichnungen sind sehr unterschiedlich. Mit dieser Bestimmung in § 15 PStG soll in den Fällen eine - primäre - Eintragung in das Familienbuch ermöglicht werden, in denen ein - deutsches - Geburtenbuch nicht geführt wird (vgl. auch die amtliche Begründung zum Entwurf des Änderungsgesetzes vom 17.07.1970 - BGBl. 1099 -, Bundestagsdrucksache VI/744). Es ist also zu prüfen, ob die Eintragung in das Geburtenbuch zu erfolgen hätte, wenn das Kind im Geltungsbereich dieses Gesetzes geboren worden wäre. Ist das zu bejahen, so hat die Eintragung in das Familienbuch zu erfolgen. Die Bestimmung des § 15 PStG enthält allerdings keine ausdrückliche Regelung, die den Standesbeamten anhält, die Entscheidung des Amtsgerichts über die Eintragung herbeizuführen.
Diese Verpflichtung des Standesbeamten ergibt sich jedoch aus § 31 Abs. 2 PStG, wobei diese Bestimmung auch für die Prüfungspflicht des Standesbeamten im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 1, Nr. 2, 2. Alt. PStG entsprechend anzuwenden ist.
Dies ergibt sich aus der direkten Verknüpfung der rechtlichen Regelungen des § 15 Abs. 1 Nr. 2 PStG mit § 31 PStG. Gemäß § 15 Abs. 1, Satz 1, Nr. 2, 2. Alt. PStG darf eine Eintragung nur erfolgen, wenn die Voraussetzungen der Eintragung in das deutsche Geburtenbuch vorliegen. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ergibt sich aus der Bestimmung des § 31 PStG. Neben den in § 31 PStG enthaltenen materiellen Voraussetzungen der Legitimation durch nachfolgende Eheschließung verpflichtet § 31 Abs. 2 PStG den Standesbeamten, dann eine Entscheidung über die Eintragung der Legitimation in das Geburtenbuch durch das Amtsgericht herbeizuführen, wenn für die Legitimation die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht kommt. Voraussetzung der Eintragung in das Geburtenbuch ist also in diesen Fällen die vorhergehende Entscheidung des Amtsgerichts. Die Feststellung des Vorliegens auch dieser Voraussetzung erzwingt aber gerade die Regelung des § 15 Abs. 1, Satz 1, Nr. 2, 2. Alt. PStG. Bei der insoweit gegebenen Verknüpfung von § 15 Abs. 1, Satz 1 Nr. 2 PStG mit § 31 Abs. 2 PStG muß daher schon aus formalrechtlichen aber auch gesetzeslogischen Gesichtspunkten auch dann eine Entscheidung des Amtsgerichts herbeigeführt werden, wenn, wie hier, der Standesbeamte über eine Eintragung des Kindes im Familienbuch zu entscheiden hat.
Im Rahmen des § 31 Abs. 2 PStG aber sind hier die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Gerichts gegeben, da die Eltern des Kindes, wie auch das Kind selbst, im Zeitpunkt der Eheschließung die jugoslawische Staatsangehörigkeit besaßen. Gemäß Art. 22 EGBGB ist somit für die Frage der Wirksamkeit der Legitimation ... Recht anzuwenden.
Das Amtsgericht mußte daher auf den Antrag des Standesbeamten in der Sache entscheiden. Mithin war der angefochtene Beschluß aufzuheben. Das Beschwerdegericht konnte hier aber auch in der Sache abschließend entscheiden, da es für die zu treffende Entscheidung lediglich auf Rechtsfragen ankam.
Gemäß Art. 31 Abs. 1 PStG ist Voraussetzung für die Eintragung in das Geburtenbuch zunächst die Legitimation des Kindes durch nachfolgende Einschließung der Kindeseltern. Hinsichtlich der Prüfung der Wirksamkeit der Legitimation ist, worauf bereits hingewiesen worden ist, gem. Art. 22 EGBGB ... Recht anzuwenden.
Gem. Art. 23 des Grundgesetzes über die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern vom 01.02.1947 in der Fassung vom 18.03.1965 der Sozialistischen Föderativen Republik ... (SFRJ) gilt ein außer der Ehe geborenes Kind als in der Ehe geboren, sobald seine Eltern die Ehe untereinander eingehen. Die Legitimation tritt mithin kraft Gesetzes ein, wenn im Zeitpunkt der Eheschließung die Vaterschaft des Ehemannes der Kindesmutter feststeht. Nach Art. 24 Abs. 1 dieses Gesetzes ist Vater des Kindes, wer es als sein eigenes anerkennt. Der Ehemann der Mutter hat in der Urkunde vom 26.01.1976 vor dem Standesbeamten in Hannover die Vaterschaft anerkannt; die Mutter hat dem zugestimmt. Weitere Voraussetzungen sind nach dem jugoslawischen Recht nicht gefordert. Dieses Anerkenntnis genügt auch den Formvorschriften des § 24 Abs. 2 des genannten Gesetzes.
Danach ist die Wirksamkeit der Legitimation lediglich noch davon abhängig, ob die in Deutschland geschlossene Ehe der Kindeseltern als wirksame Eheschließung im Sinne des Art. 23 des Grundgesetzes der Beziehungen zwischen Eltern und Kindern der SFRJ anzusehen ist. Nach Art. 75 des Grundgesetzes über die Ehe in der Fassung vom 28.04.1965 der SFRJ ist auch die zwischen den ... Eheleuten im Ausland geschlossene Ehe vollgültig, wenn die Ehe nach den im Ausland geltenden Vorschriften wirksam geschlossen und die Eheleute beide ihren Wohnsitz im Ausland hatten. Diese Voraussetzungen sind mit der Eheschließung der Kindeseltern am 22.09.1975 in Hannover gegeben.
Somit ist von einer nach jugoslawischem Recht wirksamen Legitimation des Kindes Safet Alimi auszugehen.
Die Voraussetzungen für die Eintragung des Kindes in ein deutsches Geburtenbuch gem. § 31 Abs. 1 PStG liegen nach alledem vor, so daß gem. § 15 Abs. 1 Nr. 2 PStG das Kind im Familienbuch der Kindeseltern einzutragen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 127 Abs. 2, 131 KostO.