Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 10.12.2021, Az.: 4 U 307/21
Wirksamkeit eines Widerrufs einer auf den Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung; Fehlerhafte Widerrufsbelehrung; Nachholung einer ordnungsgemäßen Belehrung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 10.12.2021
- Aktenzeichen
- 4 U 307/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2021, 56428
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:2021:1210.4U307.21.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Braunschweig - 04.02.2021
Rechtsgrundlagen
- § 355 BGB
- § 356d S. 1 und S. 2 Alt. 2 BGB
- § 491 BGB
- § 495 BGB
- § 514 Abs. 2 BGB
- § 522 Abs. 2 ZPO
Fundstellen
- ZBB 2022, 256
- ZIP 2022, 943-945
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Bei unentgeltlichen, nach dem 21. März 2016 geschlossenen Verbraucherdarlehensverträgen wird das Widerrufsrecht nach § 514 Abs. 2 BGB durch die reguläre Widerrufsfrist und die Widerrufshöchstfrist gem. § 356 d Satz 2 BGB begrenzt.
- 2.
Wird der Verbraucher vor oder mit Vertragsschluss über sein Widerrufsrecht belehrt, bemisst sich der Beginn der Widerrufshöchstfrist auch bei fehlerhafter Belehrung nach § 356 d Satz 2 1. Alt. BGB.
- 3.
§ 356 d Satz 2 2. Alt. BGB kann nicht dahingehend verstanden werden, dass bei einer unterlassenen oder einer erteilten, aber fehlerhaften Widerrufsbelehrung die Widerrufshöchstfrist stets erst 12 Monate und 14 Tage nach einer nachgeholten und ordnungsgemäßen Belehrung beginnt. Wird die Belehrung ordnungsgemäß nachgeholt, wird das Widerrufsrecht bereits durch die reguläre Widerrufsfrist begrenzt.
Tenor:
In dem Rechtsstreit
...
weist der Senat darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 04. Februar 2021 gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des durch den Kläger erklärten Widerrufs seiner auf den Abschluss eines Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung.
Der Kläger erwarb einen A. A4 Avant 2.0 TDI Attraction zu einem Kaufpreis von 29.490,- Euro und leistete eine Anzahlung von 5.500,- Euro. Zur Finanzierung des restlichen Kaufpreises einschließlich des Beitrages zum Kreditschutzbrief beantragte er - vermittelt durch ein Autohaus - unter dem 26. März 2016 bei der Beklagten ein Darlehen über einen Nettodarlehensbetrag von 25.318,03 Euro zu einem effektiven Jahreszinssatz von 0,00% (Anlage K 1). Die Beklagte nahm den Darlehensantrag an und zahlte die Darlehensvaluta an den Verkäufer aus. Das Eigentum an dem finanzierten Fahrzeug wurde zur Sicherheit auf die Beklagte übertragen.
Der Kläger führte das Darlehen vertragsgemäß zurück. Noch vor der vollständigen Rückzahlung erklärte er mit E-Mail vom 16. April 2020 (Anlage K2) den Widerruf bezüglich des Darlehensvertrags. Die weiteren Raten einschließlich der Schlussrate zahlte er unter Vorbehalt an die Beklagte. Die Beklagte akzeptierte den Widerruf nicht.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Rückzahlung der von ihm an die Beklagte gezahlten Tilgungsraten nach Rückgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs, die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs im Annahmeverzug befindet und die Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Nachdem sich das Landgericht Traunstein mit Beschluss vom 20. August 2020 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das Landgericht Braunschweig verwiesen hatte, hat das Landgericht Braunschweig die Klage mit Urteil vom 04. Februar 2021 abgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Klagepartei kein gesetzliches Widerrufsrecht zugestanden habe.
Ein Widerrufsrecht habe sich nicht aus §§ 495, 355 BGB ergeben, weil es sich um einen unentgeltlichen Darlehensvertrag gehandelt habe.
Die Bindung der Klagepartei an ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung sei nicht durch den Widerruf mit E-Mail vom 16. April 2020 entfallen. Zu diesem Zeitpunkt habe ihr kein Widerrufsrecht mehr zugestanden. Es könne offenbleiben, ob die Beklagte die Klagepartei ordnungsgemäß über ein Widerrufsrecht informiert habe, den dieses sei gemäß § 356 d Satz 2 BGB zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits erloschen gewesen. Das Widerrufsrecht könne auch vor ordnungsgemäßer Erteilung einer Widerrufsbelehrung erlöschen. Es habe dem gesetzgeberischen Willen entsprochen, dem Entstehen ewiger Widerrufsrechte bei unentgeltlichen Darlehensverträgen vorzubeugen. Insoweit habe der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Falle einer fehlenden Widerrufsbelehrung die Widerrufshöchstfrist mit dem Vertragsschluss zu laufen beginne. Der Auffassung des Klägers, wonach dieser Zeitpunkt in Fällen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung nicht maßgeblich sei, könne nicht gefolgt werden. Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung stehe einer unterbliebenen Belehrung gleich. Die Regelung des § 356 d BGB sei mithin so zu verstehen, dass ein Widerrufsrecht sowohl bei unterbliebener als auch bei fehlerhafter Unterrichtung spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss erlösche. Europarechtliche Vorgaben stünden dem nicht entgegen.
Der Darlehensvertrag sei am 26.03.2016 geschlossen worden. Eine gesonderte Unterrichtung über das Widerrufsrecht nach Vertragsschluss sei weder vorgetragen worden noch in sonstiger Weise ersichtlich. Der Widerruf sei erst am 16.04.2020 und damit lange nach dem Erlöschen des Widerrufsrechts erklärt worden.
Unabhängig davon sei für den Beginn der Widerrufsfrist nicht von Belang, ob der Klagepartei die in § 492 Abs. 2 BGB genannten Pflichtangaben erteilt worden seien. § 514 BGB sehe keine - auch keine entsprechende - Anwendung von § 492 Abs. 2 BGB vor.
Auf ein vertragliches Widerrufsrecht könne sich die Klagepartei nicht berufen. Nach dem objektiven Empfängerhorizont könne sie nicht davon ausgehen, dass sich die Beklagte bei Einräumung eines vertraglichen Widerrufsrechts an die strengen gesetzlichen Belehrungspflichten habe binden und bei Nichterfüllung ein unbefristetes Widerrufsrecht habe einräumen wollen.
Da der Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen worden sei, stünden der Klagepartei auch keine Ansprüche hinsichtlich der Feststellung des Annahmeverzuges oder der Erstattung vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zu. Aus diesem Grund sei auch über die Hilfswiderklage nicht zu entscheiden gewesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes einschließlich der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils sowie die klägerischen Schriftsätze vom 15. Juni 2020, vom 19. Oktober 2020 und vom 14. Januar 2021 sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 01. September 2020, jeweils nebst Anlagen, Bezug genommen.
Das landgerichtliche Urteil ist dem Klägervertreter am 05. Februar 2021 zugestellt worden. Gegen das Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 04. März 2021, beim Oberlandesgericht eingegangen am selben Tag, Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung bis zum 04. Mai 2021, mit Schriftsatz vom 25. März 2021, eingegangen am selben Tag, begründet.
Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger aus, dass die Höchstfrist des § 356 d Satz 2 BGB nicht einschlägig sei.
In denjenigen Fällen, in denen keine Belehrung über das spezielle Widerrufsrecht erfolge, erlösche das Widerrufsrecht erst 12 Monate und 14 Tage nach dem Zeitpunkt, zu dem die Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung gegenüber dem Verbraucher nachgeholt werde. § 356 d Satz 1 BGB stelle unmissverständlich für den Beginn der Widerrufsfrist auf den Zeitpunkt ab, zu dem eine den Anforderungen des § 514 Abs. 2 Satz 3 BGB genügende Widerrufsbelehrung erteilt worden sei. Es könne nicht mit der Begründung einer zu vermeidenden Ungleichbehandlung der Verbraucherdarlehensverträge und der Immobiliendarlehensverträge von einem gesetzgeberischen Formulierungsversehen in § 356 d Satz 2 BGB ausgegangen werden. Die Ungleichbehandlung sei hinzunehmen, weil erhebliche Unterschiede zwischen den beiden Darlehensarten bestünden.
Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Urteile des Bundesgerichtshofs und diverser Oberlandesgerichte zum Rechtsmissbrauchseinwand auf der europäischen Ebene keine Zustimmung fänden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der Berufungsbegründung sowie in den Schriftsätzen vom 09. und 29. Juni 2021, 28. Juli 2021 und 14. September 2021 Bezug genommen.
Der Kläger kündigt an, zu beantragen
das am 04.02.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Braunschweig - Az. 5 O 3136/20 - abzuändern und
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei 30.818,03 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, nach Rückgabe und Übereignung des Kraftfahrzeugs der Marke A. A4 Avant 2.0 TDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ...............;
2. festzustellen, dass die Beklagte spätestens seit dem Tag der letzten mündlichen Verhandlung mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. näher bezeichneten Fahrzeuges im Annahmeverzug befindet;
3. die Beklagte zu verurteilen, die Klagepartei von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Herrn Rechtsanwalt A. H. P., ................, in Höhe von 1.474,89 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte kündigt an, zu beantragen,
die Berufung zurückzuweisen,
sowie hilfsweise im Wege der Widerklage
festzustellen, dass die Klagepartei im Falle eines wirksamen Widerrufs verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des Pkw A. A4 Avant 2.0 TDI mit der Fahrgestellnummer: ................. zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war.
Unter Anerkennung einer grundsätzlichen Wertersatzpflicht bis zum Eintritt des Annahmeverzuges kündigt der Kläger an, zu beantragen,
die Hilfswiderklage im Übrigen abzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 11. Juni 2021 sowie den Schriftsatz vom 08. Oktober 2021 Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 511 ZPO statthafte und gemäß §§ 517, 520 ZPO zulässig eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das landgerichtliche Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 30.818,03 Euro nach Rückgabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gem. §§ 514 Abs. 2, 355, 356 d Satz 2, 358, 357 ff. BGB in der gemäß Art. 229 §§ 32 Abs. 1, 38 Abs. 1, 40 Abs. 1 EGBGB anzuwendenden, zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültigen Fassung bzw. gem. §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 BGB.
Der Kläger hat den streitgegenständlichen Darlehensvertrag nicht fristgerecht widerrufen.
a)
Das Widerrufsrecht des Klägers ergibt sich nicht aus § 495 BGB, sondern allein aus § 514 Abs. 2 BGB.
aa)
Nach § 495 Abs. 1 BGB steht das Widerrufsrecht grundsätzlich jedem Verbraucher zu, der Partei eines Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrages nach § 491 Abs. 1 BGB ist. Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge sind gemäß § 491 Abs. 2 BGB ausschließlich entgeltliche Darlehensverträge, weshalb sich das Widerrufsrecht des Verbrauchers gemäß § 495 BGB nicht auf unentgeltliche Verträge erstreckt (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 16. Oktober 2020 - 24 U 42/20 -, juris, Rn. 4; OLG Stuttgart, Urteil vom 01. Oktober 2019 - 6 U 332/18 -, juris, Rn. 19; vgl. auch zum Einwendungsdurchgriff gemäß §§ 358, 359 BGB a.F.: BGH, Urteil vom 30. September 2014 - XI ZR 168/13 -, Rn. 10, juris).
Unter Entgelt ist dabei jede Art von Gegenleistung des Verbrauchers für das eingeräumte Kapitalnutzungsrecht zu verstehen (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2014 - XI ZR 168/13 -, Rn. 17, juris; BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 - XI ZR 132/06 -, Rn. 17, juris). Darunter fallen zunächst Zinsen und andere laufzeitabhängige Kosten (vgl. BGH, Urteil vom 30. September 2014 - XI ZR 168/13 -, Rn. 17, juris). Auch ein Disagio oder Damnum stellt im Zweifel ein Entgelt für die Kapitalnutzung dar (Kessal-Wulf in: Staudinger, BGB (2012), § 491, Rn. 49).
Gemessen hieran ist der am 26. März 2016 beantragte Darlehensvertrag kein entgeltlicher Darlehensvertrag, denn die Parteien haben in dem Vertrag keine Zinsen oder Gebühren vereinbart. Vielmehr ist ausdrücklich ein Zinssatz von 0,00% vereinbart worden. Auch sonstige Gegenleistungen des Klägers für die Darlehensgewährung waren zwischen den Parteien nicht vereinbart. Der Kläger schuldete der Beklagten damit gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ausschließlich die Rückzahlung des tatsächlich zur Verfügung gestellten Darlehens.
bb)
Veranlassung, § 495 BGB im Wege der Analogie auch auf unentgeltliche Darlehensverträge anzuwenden, besteht nicht. Insoweit fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke, weil § 514 Abs. 2 BGB (hier in der Fassung vom 11. März 2016) das Widerrufsrecht für unentgeltliche Darlehensverträge regelt. Eine Analogie ist - neben weiteren Voraussetzungen - aber nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige oder ungewollte Regelungslücke enthält, die sich aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zugrundeliegenden Regelungsplan ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. August 2015 - X ZB 5/14 -, Rn. 19, juris, m. zahlr. w. N.; BGH, Urteil vom 13. November 2001 - X ZR 134/00 -, Rn. 35, juris).
cc)
Das Widerrufsrecht des Klägers ergibt sich aus § 514 Abs. 2 BGB, erstmals in Kraft getreten am 21. März 2016 aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11. März 2016 (BGBl. I, 2016, 396).
Danach seht dem Verbraucher bei unentgeltlichen Darlehensverträgen ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu, soweit nicht bereits ein Widerrufsrecht nach § 312 g Abs. 1 BGB besteht oder ein Vertrag im Sinne des § 495 Abs. 2 Nr. 1 BGB vorliegt. Für beides fehlen vorliegend Anhaltspunkte.
b)
Der Kläger hat sein Widerrufsrecht aus § 514 Abs. 2 BGB nicht fristgerecht geltend gemacht.
Zwar beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 (2. Halbsatz) BGB abweichend von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht bevor der Unternehmer gemäß § 356 d Satz 1 BGB den Verbraucher entsprechend den Anforderungen des § 514 Abs. 2 Satz 3 BGB über dessen Widerrufsrecht unterrichtet hat. Dem kann der Unternehmer nachkommen, indem er dem Verbraucher das in der Anlage 9 zu Artikel 236 Abs. 3 EGBGB vorgesehene Muster für die Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß ausgefüllt in Textform übermittelt. Die in Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB vorgeschriebenen (Pflicht)Angaben muss der unentgeltliche Darlehensvertrag nicht enthalten (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 21. April 2021 - 4 U 154/20 -, Rn. 40, juris). Wird mithin dem Verbraucher keine oder eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erteilt, beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist erst dann zu laufen, wenn die Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung gegenüber dem Verbraucher nachgeholt wurde.
Hier kann indes dahinstehen, ob die Beklagte den Kläger ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt und damit die Widerrufsfrist zu laufen begonnen hat. Denn vorliegend war jedenfalls die Widerrufshöchstfrist gem. § 356 d Satz 2 BGB - d.h. die Frist, binnen derer überhaupt ein Widerruf geltend gemacht werden kann - bereits verstrichen, als der Kläger im April 2020 den Widerruf erklärt hat.
Im Einzelnen:
Bei unentgeltlichen Darlehensverträgen wird das Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht nur durch die Widerrufsfrist selbst begrenzt, sondern gemäß § 356 d Satz 2 BGB zusätzlich durch eine Widerrufshöchstfrist. Danach erlischt das Widerrufsrecht spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem Vertragsschluss (1.Alt.) oder nach dem in § 356 d Satz 1 BGB genannten Zeitpunkt - der ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerrufsrecht -, wenn dieser nach dem Vertragsschluss liegt (2.Alt.). Mit dieser Regelung sollte dem Entstehen "ewiger Widerrufsrechte" bei unentgeltlichen Darlehen von Unternehmern als Darlehensgebern und Verbrauchern als Darlehensnehmern und entsprechenden Finanzierungshilfen vorgebeugt werden (vgl. BT-Drucks 18/7584, S. 141).
aa)
Die Widerrufshöchstfrist bemisst sich vorliegend nicht nach § 356 d Satz 2 2. Alt. BGB.
Der Kläger wurde unstreitig nicht nach Vertragsschluss über sein Widerrufsrecht belehrt.
Ausdrücklich normiert § 356 d Satz 2 2. Alt. BGB einen von der 1. Alt. abweichenden Fristbeginn für die Widerrufshöchstfrist nur für diejenigen Fälle, in denen die Widerrufsbelehrung dem Verbraucher erst nach Vertragsschluss erteilt wird.
Soweit der Kläger die Vorschrift des § 356 d Satz 2 2. Alt. BGB dahingehend interpretiert, dass bei der unterlassenen Widerrufsbelehrung wie auch der erteilten, aber fehlerhaften Widerrufsbelehrung die Widerrufshöchstfrist stets erst 12 Monate und 14 Tage nach einer nachgeholten und ordnungsgemäßen Belehrung beginnen soll, kann dieser Ansicht nicht beigetreten werden.
Der Wortlaut der Vorschrift liefert selbst keine Anhaltspunkte für die vom Kläger vorgenommene Auslegung.
Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber zumindest für die Fälle der unterlassenen Widerrufsbelehrung deutlich gemacht hat, dass es insoweit auf den Vertragsschluss und nicht - wie es der Kläger statuiert - auf eine nachgeholte Belehrung ankommen soll (vgl. BT-Drucks 18/7584, S. 141). Es ist in diesem Zusammenhang auch nicht gerechtfertigt, den Verbraucher bei einer unterbliebenen Belehrung hinsichtlich seines Widerrufsrechts deutlich schlechter zu stellen, als bei einer fehlerhaften Belehrung. Während er nämlich bei einer unterbliebenen Belehrung seinen Widerruf nur binnen 12 Monaten und 14 Tagen nach Vertragsschluss erklären dürfte, stünde ihm nach der Auslegung des Klägers bei einer fehlerhaften Belehrung ein ewiges Widerrufsrecht zu. Unabhängig von dieser nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung sollte ein ewiges Widerrufsrecht mit der Regelung des § 356 d Satz 2 BGB aber gerade ausgeschlossen werden (vgl. BT-Drucks 18/7584, S. 141).
Vor allem aber bedürfte es der Widerrufshöchstfrist schon nicht, wenn es tatsächlich - wie es der Kläger annimmt - auf die nachgeholte, ordnungsgemäße Belehrung ankäme. Wird nämlich dem Verbraucher nach Vertragsschluss eine entsprechend den Anforderungen des § 514 Absatz 2 Satz 3 BGB und damit ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt, so beginnt bereits zu diesem Zeitpunkt die 14-tägige Widerrufsfrist und es bedarf keines Rückgriffes auf die in § 356 d Satz 2 BGB geregelte Widerrufshöchstfrist von 12 Monaten und 14 Tagen.
Weil die Beklagte dem Kläger die Widerrufsbelehrung nicht nach Vertragsschluss erteilt hat, kann deshalb auch die vor allem in der Literatur kontrovers diskutierte Frage dahinstehen, ob § 356 d Satz 2 2. Alt BGB dahin auslegt werden muss, dass im Falle der Erteilung einer fehlerhaften Belehrung nach Vertragsschluss auf § 356 d Satz 1 1. Alt. BGB zurückgegriffen, die fehlerhafte Belehrung wie eine fehlende behandelt und auf den Vertragsschluss abgestellt werden muss (so MüKo/Fritsche, BGB, 8. Aufl. 2019, § 356 d Rn. 8) oder ob der Verweis in § 356 d Satz 2 2. Alt. BGB auf § 356 Satz 1 BGB nur den "Zeitpunkt der Erteilung der Widerrufsbelehrung" erfasst und deshalb auf diesen abzustellen ist (so OLG Hamm, Beschluss vom 19. Mai 2021 - I-31 U 158/20; BeckOGK/Harnos, BGB, Stand 1. September 2021, § 514 Rn. 28-28.4; Bülow/Artz/Bülow, 10. Aufl. 2019, BGB § 514 Rn. 14; MüKo/Schürnbrand/Weber, BGB, 8. Aufl. 2019, § 514 Rn. 18).
bb)
Die Widerrufshöchstfrist ergibt sich vorliegend - in Ermangelung einer Anwendung des § 356 d Satz 2 2. Alt. BGB - aus § 356 d Satz 2 1. Alt. BGB.
Danach erlosch das Widerrufsrecht spätestens 12 Monate und 14 Tage nach dem Vertragsschluss; vorliegend mithin bereits im April 2017. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte dem Kläger eine ordnungsgemäße oder eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erteilt hat. Bei ordnungsgemäßer Erteilung der Widerrufsbelehrung im Darlehensantrag vom 26. März 2016 wäre der Widerruf bereits nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsrist nicht mehr möglich gewesen. Bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung wäre die Widerrufshöchstfrist von 12 Monaten und 14 Tagen ab Vertragsschluss ebenfalls deutlich vor der Erklärung des Widerrufs im April 2016 bereits abgelaufen gewesen.
c)
Dem Kläger steht auch kein vertraglich vereinbartes Widerrufsrecht zu.
Es ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger - neben dem gesetzlichen Widerrufsrecht - zusätzlich ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt werden sollte.
Das von der Beklagten verwendete Muster der Widerrufsbelehrung zeigt klar auf, dass sich die Beklagte ausschließlich an die gesetzlichen Vorgaben halten wollte und darüber hinaus keinen weiteren Maßstab für die Voraussetzungen eines - neben dem gesetzlichen Widerrufsrecht stehenden - vertraglichen Widerrufsrechts setzen wollte.
Selbst eine Widerrufsbelehrung, die um eine vermeintliche gesetzliche Pflicht zu erfüllen oder rein vorsorglich erteilt wird, obwohl ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, wäre aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden bei der gebotenen objektiven Auslegung nicht als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts zu verstehen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2019 - XI ZR 372/18 -, Rn. 17, juris; Urteil vom 23. Januar 2018 - XI ZR 359/16 -, Rn. 20, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 16. Oktober 2020 - 24 U 42/20 -, Rn. 5, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 01. Oktober 2019 - 6 U 332/18 -, Rn. 23, juris).
2.
Mangels Hauptforderung kann der Kläger auch weder Prozesszinsen auf diese Forderung noch die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie die Feststellung verlangen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Kraftfahrzeugs im Annahmeverzug befindet.
III.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats als Berufungsgericht (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO, so auch OLG Hamm, Beschluss vom 19. Mai 2021 - I-31 U 158/20; Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 27.07.2020 - 6 U 646/19; jeweils Anlagenband Beklagte). Die beabsichtigte Zurückweisung beruht auf den Umständen des Einzelfalls in Übereinstimmung mit der gefestigten Rechtslage. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass trotz Aussichtslosigkeit der Berufung eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung geboten ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO).
Da unentgeltliche Darlehensverträge von der Verbraucherkreditrichtlinie nicht erfasst werden (BT-Drucks. 18/7584, S. 141; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. August 2020 - 24 U 27/20 -, Rn. 20, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 07. März 2018 - 24 U 215/18 -, Rn. 4, juris) und Gegenstand des Verfahrens - entgegen der Ansicht des Klägers - auch nicht ein Rechtsmissbrauchseinwand der Beklagten ist, steht die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, Urteil vom 09. September 2021 - C-33/20, C-155/20 und C-187/20 -, juris) der vorliegenden Entscheidung nicht entgegen.
IV.
Der Senat beabsichtigt, den Streitwert des Berufungsverfahrens auf eine Wertstufe bis 35.000,00 Euro festzusetzen, §§ 47, 48 GKG i.V.m. §§ 3, 4, ZPO.
Für den Wert des Streitgegenstandes einer Leistungsklage ist der formulierte Antrag wertbestimmend und deshalb maximal der Betrag maßgeblich, dessen Zahlung der Kläger verlangt hat (§ 3 ZPO i. V. m. § 48 Abs. 1 GKG). Der Kläger verlangt Zahlung von 30.818,03 Euro bestehend aus der Darlehenssumme von 25.318.03 Euro sowie der Anzahlung in Höhe von 5.500,- Euro.
In dem Zahlungsantrag sind keine zurückgeforderten Zinsleistungen enthalten, die vorliegend abzuziehen wären. Der Kläger musste auf den Nettodarlehensbetrag keine Zinsen entrichten, nachdem zwischen den Parteien ein unentgeltliches Darlehen vereinbart worden war.
Dem ebenfalls verfolgten Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs kommt kein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zu (vgl. BGH, Beschluss vom 19.12.2016 - XI ZR 539/15 -, juris Rn. 4). Der Antrag auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten betrifft eine Nebenforderung und erhöht daher den Streitwert nicht (§ 43 Abs. 1 GKG).
V.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, binnen einer Frist von 3 Wochen zu den Hinweisen Stellung zu nehmen. Der Kläger möge erwägen, die Berufung im Kosteninteresse zurückzunehmen.