Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 08.06.2020, Az.: 20 U 45/19

Isolierte Kündigung einer Kontoverbindung durch Genossenschaftsbank während der Dauer der Mitgliedschaft

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
08.06.2020
Aktenzeichen
20 U 45/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2020, 71454
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2020:0608.20U45.19.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hildesheim - 19.11.2019 - AZ: 6 O 252/19

Amtlicher Leitsatz

Eine Genossenschaftsbank kann während der Dauer der Mitgliedschaft nicht isoliert die Bankverbindungen zu einem ihrer Mitglieder ordentlich kündigen, wenn ihre Mitglieder einen satzungsgemäßen Anspruch auf die Einrichtung eines Kontos haben.

In dem Rechtsstreit
R. S.,...,...,
Verfügungskläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt ...,...,...,
gegen
A.-Volksbank eG, vertreten durch den Vorstand, ...,...
Verfügungsbeklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,...,...,
Beteiligte:
Volksbank B. eG, ...,...,
Beteiligte,
hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Präsidentin des Oberlandesgerichts ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht Dr. ... am 8. Juni 2020 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 19. November 2019 - Aktenzeichen 6 O 252/19 - ist aufgehoben.

  2. 2.

    Die Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz tragen der Verfügungskläger zu 1/4 und die Verfügungsbeklagte zu 3/4.

  3. 3.

    Der Streitwert wird in Anlehnung an die Streitwertbestimmung des Landgerichts (Seite 3 Verhandlungsprotokoll, Bl. 83 d.A.) auf 30.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Verfügungskläger begehrte mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung den Zugang zu allen vertraglich vereinbarten Bankdienstleistungen für die Dauer seiner Mitgliedschaft bei der Verfügungsbeklagten.

Der Verfügungskläger ist langjähriges Mitglied (Genosse) und Kunde bei der Volksbank B. eG. Der Verfügungskläger hat dort zwei Girokonten mit den Nummern xxx und yyy, Termineinlagen auf dem Konto zzz, eine Kreditkarte, ein Schließfach sowie ein Konto über Geschäftsanteile. Der Verfügungskläger war außerdem bis zum 5. November 2018 als Vertreter der Volksbank B. eG gewählt (Anlage K7, Bl. 33 d.A.). Hinsichtlich der Satzung der Volksbank B. eG wird auf Anlage K8 (Bl. 34 ff. d.A.) und hinsichtlich ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Bl. 59 ff. d.A. verwiesen.

Im Zusammenhang mit der Verschmelzung der Volksbank B. eG mit der Verfügungsbeklagten verfasste der Verfügungskläger ein Schreiben an die Vertreterinnen und Vertreter der Volksbank B. eG (Anlage K6, Bl. 26 ff. d.A.), mit dem er sich im Ergebnis gegen die Fusion der Volksbank B. eG mit der Verfügungsbeklagten aussprach.

Die Volksbank B. eG reagierte mit Anwaltsschreiben (Anlage K3, Bl. 20 ff. d.A.) und forderte den Verfügungskläger zur Unterlassung von aus ihrer Sicht unwahren Behauptungen auf. Nach einem Schriftwechsel des Verfügungsklägers (Anlage K5, Bl. 25 d.A.) mit der Volksbank B. eG (Anlage K4, Bl. 23 ff. d.A.) sprach diese mit anwaltlichem Schreiben vom 25. September 2019 (Anlage K1, Bl. 14 f. d.A.) gegenüber dem Verfügungskläger die Kündigung sämtlicher bestehender Konten und Bankverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt aus. Soweit von dem Verfügungskläger keine Antwort bis zum 2. Oktober 2019 erfolge, werde empfohlen, zum 31. Oktober 2019 alle vorhandenen Bankverbindungen zu beenden und etwaige Guthaben mangels Bekanntgabe alternativer Konten zu fixieren mit der Folge, dass Abbuchungen, Lastschriften und Daueraufträge nicht mehr vollzogen werden können.

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2019 (Anlage K2, Bl. 17 ff. d.A.) nahm der Verfügungskläger Stellung und verlangte die Rücknahme der Kündigung bis zum 18. Oktober 2019. Zugleich kündigte er an, gerichtliche Maßnahmen zu ergreifen.

Da die Verfügungsbeklagte die Kündigung nicht zurücknahm, beantragte der Verfügungskläger beim Landgericht Hildesheim der Verfügungsbeklagten durch einstweilige Verfügung unter Ordnungsgeldandrohung aufzugeben, ihm während seiner Mitgliedschaft als Genosse bei der Verfügungsbeklagten ungeachtet der Kündigung uneingeschränkt alle bisherigen Bankdienstleistungen zu erbringen, insbesondere weiterhin Lastschriften, Abbuchungen und Daueraufträge auszuführen.

Das Landgericht ordnete Termin zur mündlichen Verhandlung an. In erster Instanz stritten die Parteien vor allem über die Wirksamkeit der Kündigung, insbesondere ob die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Verfügungsbeklagten mit den in der Satzung garantierten Mitgliedschaftsrechten der Genossen vereinbar seien. Hinsichtlich der Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie Anlagen verwiesen.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Verfügungsbeklagte die Geschäftsverbindung (Bankvertrag) im Wege der ordentlichen Kündigung zum 31. Dezember 2019 beenden konnte, weil die Parteien einen Zahlungsdienstrahmenvertrag gemäß § 675 Abs. 1 Satz 1 BGB auf unbestimmte Zeit mit Kündigungsrecht (§ 675 Abs. 2 Satz 1 BGB, § 19 Abs. 1 AGBG der Volksbanken) vereinbart hätten. Die Verfügungsbeklagte sei nicht aufgrund der Genossenschafterstellung des Verfügungsklägers an einer Kündigung gehindert. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts (Bl. 92 ff. d.A.) verwiesen.

Der Verfügungskläger hat sich mit seiner Berufung gegen das Urteil des Landgerichts gewendet. Das Landgericht habe den Anspruch des Verfügungsklägers auf rechtliches Gehör verletzt (Art. 103 Abs. 1 GG), weil es den wesentlichen Kern des Parteivortrags nicht zur Kenntnis genommen habe (Seite 5 Berufungsbegründung, im Folgenden: BB, Bl. 112 d.A.). Die Kündigung sei wegen Verstoßes gegen das Schikaneverbot (§ 226 BGB) unwirksam, weil sie nur zu dem Zweck erfolgt sei, dem Verfügungskläger Schaden zuzufügen (Seite 6 BB, Bl. 113 d.A.). Die Kündigung sei zudem rechtmissbräuchlich (§ 242 BGB), weil sie sich in Widerspruch setze zum außerprozessualen Verhalten der Verfügungsbeklagten (Seite 10 ff. BB, Bl. 117 ff. d.A.) und zudem unvereinbar sei mit den besonderen genossenschaftlichen Treuepflichten (Seite 13 ff. BB, Bl. 120 ff. d.A.). Die Kündigung entziehe dem Verfügungskläger faktisch den Wesenskern der genossenschaftlichen Mitgliedschaftsrechte unter Umgehung der dafür in der Satzung vorgesehenen Voraussetzungen und Verfahren (Seite 14 ff. BB, Bl. 121 ff. d.A.).

Der Verfügungskläger hat zunächst beantragt,

das am 19. November 2019 verkündete Urteil des Landgerichts Hildesheim - 6 O 252/19 - abzuändern und

  1. 1.

    dem Verfügungskläger - solange seine Mitgliedschaft als Genosse bei der Verfügungsbeklagten besteht - ungeachtet der seitens der Verfügungsbeklagten durch Anwaltsschreiben vom 25. September 2019 erfolgten Kündigung über den 31. Oktober bzw. 31. Dezember 2019 hinaus (wie bisher) uneingeschränkten Zugang zu allen bankmäßigen Dienstleistungen der Verfügungsbeklagten offen zu halten und zur Nutzung auf der Grundlage der Regelungen der bestehenden Geschäftsverbindung - insbesondere unter Beachtung der satzungsmäßigen Rechte des Antragstellers - zur Verfügung zu stellen, insbesondere weiterhin Lastschriften, Abbuchungen und Daueraufträge - ausreichende Deckung vorausgesetzt - gemäß den getroffenen Vereinbarungen auszuführen.

  2. 2.

    der Verfügungsbeklagten für den Fall der Verweigerung der Umsetzung der Gebote aus Ziffer 1 ein fälliges Ordnungsgeld bis zu 500.000,- Euro ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren Vorständen, anzudrohen (Bl. 108 d.A.).

Die Verfügungsbeklagte hat zunächst beantragt,

die Berufung zurückzuweisen (Bl. 203 d.A.).

Die Verfügungsbeklagte hat das erstinstanzliche Urteil verteidigt und im Wesentlichen ihre erstinstanzlichen Argumente wiederholt. Der Antrag des Verfügungsklägers sei zu unbestimmt (Seite 4 Berufungserwiderung, Im Folgenden: BE; Bl. 206 d.A.). Die Verfügungsbeklagte als Bank müsse berechtigt sein, einzelne Beziehungen im Rahmen des Bankvertrages zu kündigen (Seite 4 BE, Bl. 206 d.A.). Es könne nicht sein, dass der Verfügungskläger eine bankvertragliche Bindung ad infinitum erhalte und es in seinem Belieben liege, welche Dienstleistungen er in welchem Umfang erhalte (Seite 6 BE, Bl. 208 d.A.).

Die Verfügungsbeklagte hat die Kündigung der Geschäftsbeziehung durch Schriftsatz vom 10. März 2020 (Bl. 217 f. d.A.) zurückgenommen. Die Parteien haben daraufhin den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

II.

Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war gemäß §§ 525 Satz 1, 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO nur noch >über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden.

Diese Entscheidung geht überwiegend zu Lasten der Verfügungsbeklagten. Denn die zulässige Berufung war ganz überwiegend begründet. Der Verfügungskläger hatte einen Anspruch, dass die Verfügungsbeklagte aus der Kündigung vom 25. September 2019 keine Rechte herleitet. Insofern hatte der Verfügungskläger einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund (1.). Im Übrigen war der Antrag mangels Anordnungsgrundes zurückzuweisen (2.).

1. Der Verfügungskläger hatte einen Anordnungsanspruch (a) und einen Anordnungsgrund (b), dass die Verfügungsbeklagte aus der Kündigung vom 25. September 2019 keine Rechte herleitet (§§ 935, 938 Abs. 1 ZPO).

a) Der Anordnungsanspruch, dass die Verfügungsbeklagte keine Rechte aus der Kündigung herleitet, folgte aus § 11 Satz 1 der Satzung der Verfügungsbeklagten (Anlage K8, Bl. 34 ff. d.A.) in Verbindung mit der genossenschaftlichen Treuepflicht und dem genossenschaftlichen Gleichbehandlungsgebot.

aa) Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob die Voraussetzungen einer Kündigung gemäß § 19 Abs. 1 der AGB in Verbindung mit § 675h Abs. 2 BGB der Verfügungsbeklagten gegeben waren.

bb) Die Rechte aus der ordentlichen Kündigung gemäß § 19 Abs. 1 der AGB in Verbindung mit § 675h Abs. 2 BGB standen der Verfügungsbeklagten nicht zu. Auf das Kündigungsrecht konnte sich die Verfügungsbeklagte gegenüber dem Verfügungskläger als Genossenschaftsmitglied im vorliegenden Fall nicht berufen.

Aus dem das Genossenschaftsrecht prägenden Gleichbehandlungsgebot, das in § 11 Satz 1 der Satzung der Verfügungsbeklagten seinen Niederschlag gefunden hat, folgt, dass die Verfügungsbeklagte als eingetragene Genossenschaft allen Mitgliedern die gleichen Rechte zu gewähren hat. Dies gilt sowohl bezogen auf das mitgliedschaftliche Verhältnis als auch hinsichtlich der Geschäftsbeziehungen zwischen der eingetragenen Genossenschaft und ihren Mitgliedern - unabhängig, ob diese auf mitgliedschaftlicher oder schuldrechtlicher Grundlage beruhen (Senat, Beschluss vom 28. August 2018 - 20 U 5/18, Seite 11; ausführlich hierzu Pöhlmann in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, 4. Aufl. 2012, § 18 Rn. 18 m.w.N.).

Daraus folgt aber, dass auch der Verfügungskläger für die Dauer seiner Mitgliedschaft in der Genossenschaft einen Anspruch auf Einrichtung eines Kontos hat. Gemessen am Gleichbehandlungsgebot und § 11 Satz 1 der Satzung ist die ordentliche Kündigung (§ 19 Abs. 1 der AGB) nämlich widersprüchlich und verstößt gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Unmittelbar im Anschluss an die Kündigung wäre die Verfügungsbeklagte über § 11 der Satzung in Verbindung mit dem Gleichbehandlungsgebot nämlich wieder verpflichtet, dem Verfügungskläger ein neues Konto einzurichten oder die Kündigung rückgängig zu machen. Für ein solches Verhalten der Verfügungsbeklagten besteht kein schutzwürdiges Interesse.

Zu Recht weist der Verfügungskläger in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Verfügungsbeklagte nicht durch nachträgliche AGB-Regelungen höherrangiges Satzungsrecht aushebeln kann. Zum Wesen der Genossenschaft und zum Kernbestand des Genossenschaftsrechts gehört es, dass die Genossenschaft den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder fördert (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GenG). Gemäß § 2 Abs. 1, Abs. 2 der Satzung der Verfügungsbeklagten in Verbindung mit § 6 Nr. 2 GenG hat die Verfügungsbeklagte die wirtschaftliche Förderung und Betreuung ihrer Mitglieder durch Leistung banküblicher Geschäfte zu ihrem Genossenschaftszweck bestimmt. Gemäß § 2 Abs. 2 Satzung zählen hierzu die Annahme von Spareinlagen, die Gewährung von Krediten, die Durchführung von Treuhandgeschäften, die Durchführung des Zahlungsverkehrs, die Vermögensverwaltung und die Verwaltung von Wertpapieren. Gemäß § 11 Satz 1 der Satzung hat jedes Mitglied das Recht, nach Maßgabe des Genossenschaftsgesetzes und der Satzung die Leistungen der Genossenschaft in Anspruch zu nehmen.

Eine Kündigung des Bankvertrages kam nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen eines Ausschlusses des Verfügungsklägers aus der Genossenschaft gemäß § 9 Abs. 1 Satzung nicht vorlagen. Die Verfügungsbeklagte hat keine belastbaren Tatsachen vorgetragen, die den Ausschluss des Verfügungsklägers aus der Genossenschaft hätten rechtfertigen können.

Einer Kündigung des Bankvertrages durch die Verfügungsbeklagte stand zudem entgegen, dass die Verfügungsbeklagte hierdurch den Verfügungskläger einseitig und dauerhaft von den Bankgeschäften, dem Kernbestand des Geschäftsbetriebs der Genossenschaft ausgeschlossen hätte und dadurch den Ausschlussgrund des § 9 Abs. 1 f) 2. Alt. der Satzung ("der Geschäftsbetrieb der Genossenschaft wird nicht genutzt") begründen könnte. Auch ein solches Vorhaben, das der Senat der Antragserwiderung (Seite 9, Bl. 57 d.A.) entnimmt, ist mit dem Wesen der Genossenschaft und den Kernelementen des Genossenschaftsrechts unvereinbar.

Die vom Landgericht in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 10. November 1977 - III ZR 39/76, juris, Rn. 39) steht hierzu nicht in Widerspruch. Im dortigen Fall lagen aufgrund des Vermögensverfalls des Genossenschaftsmitglieds zugleich die Voraussetzungen für den Ausschluss aus der Genossenschaft vor (vgl. § 9 Abs. 1 d) der Satzung der Verfügungsbeklagten). In einem solchen Fall steht der Kündigung des Bankvertrages - bei entsprechender Abmahnung und Einhaltung der weiteren Verfahrensvoraussetzungen - nicht das Genossenschaftsrecht entgegen.

Aus diesem Grund überzeugt auch nicht der Vortrag der Verfügungsbeklagten, dass der Verfügungskläger eine bankvertragliche Bindung ad infinitum erhalte (Seite 6 BE, Bl. 208 d.A.). Unter den Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 der Satzung kann der Verfügungskläger aus der Genossenschaft ausgeschlossen und der Bankvertrag gekündigt werden.

Die Verfügungsbeklagte konnte schließlich nicht einwenden, dass die Sichtweise des Verfügungsklägers letztlich dazu führe, dass es in dessen Belieben liege, welche Dienstleistungen er in welchem Umfang erhalte, und Genossen - ungeachtet ihrer Bonität - ein Kredit gewährt werden müsse (Seite 6 BE, Bl. 208 d.A.). Die Verfügungsbeklagte übersieht insofern, dass das Genossenschaftsrecht eine absolute Gleichbehandlung nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen (z.B. § 6, § 119 GenG: Haftsumme; § 7 GenG: Höhe der Geschäftsanteile) gebietet. Darüber hinaus besteht lediglich ein Anspruch auf relative Gleichbehandlung, mithin ein Anspruch, dass Gleiches gleich zu behandeln ist, bei ungleichen Voraussetzungen aber angemessene Differenzierungen zwischen den Mitgliedern gemacht werden können (vgl. Pöhlmann in: Pöhlmann/Fandrich/Bloehs, Genossenschaftsgesetz, 4. Aufl. 2012, § 18 Rn. 19 f. m.w.N.).

b) Der Anordnungsgrund war ebenfalls gegeben. Die einstweilige Verfügung wäre zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig gewesen. Bei Einstellung der Bankleistungen wäre dem Verfügungskläger ein nachhaltiger Schaden in Form eines Rufschadens und durch den erheblichen Aufwand entstanden, die umfangreichen Einzelkonten, darunter Kontokorrentkonten mit den darüber abzuwickelnden Geschäftsverbindungen zu einer Vielzahl von Geschäftspartnern auf andere Banken umzuleiten (vgl. Seite 20 BB, Bl. 127 d.A.).

2. Im Übrigen wäre der Antrag mangels Anordnungsgrundes zurückzuweisen gewesen. Der Verfügungsbeklagten wäre nicht durch einstweilige Verfügung unter Ordnungsgeldandrohung aufzugeben gewesen, dem Verfügungskläger während seiner Mitgliedschaft als Genosse der Verfügungsbeklagten ungeachtet der Kündigung wie bisher uneingeschränkt alle bisherigen Bankdienstleistungen zu erbringen, insbesondere weiterhin Lastschriften, Abbuchungen und Daueraufträge gemäß den getroffenen Vereinbarungen auszuführen. Es bestanden - außerhalb der Kündigung - keine Anhaltspunkte, dass die Verfügungsbeklagte diese Leistungen nicht erbracht hätte und erbringen wird. Die Verfügungsbeklagte hat dem Verfügungskläger durch mehrere Schreiben mitgeteilt, dass sie die Kontodaten aufgrund der Fusion umstelle und sich auf eine "weiterhin gute Zusammenarbeit" freue (Anlage K9, Bl. 163 f. d.A.; Anlage K10, Bl. 171 d.A.). Ein Verfügungsgrund für Maßnahmen, die über die Anordnung des Senats hinausgehen, war auch deshalb nicht gegeben, weil (weitere) Kündigungen mit einer Frist vom mindestens zwei Monaten anzukündigen sind (vgl. § 19 Abs. 1 der AGB; § 675h Abs. 2 Satz 2 BGB). Dem Verfügungskläger stünde mithin ausreichend Zeit zur Verfügung, gegen diese Kündigungen vorzugehen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 525 Satz 1, 91a Abs. 1 ZPO, 97 Abs. 1 ZPO.

Der Antrag des Verfügungsklägers, der Verfügungsbeklagten durch einstweilige Verfügung unter Ordnungsgeldandrohung aufzugeben, dem Verfügungskläger über die Kündigung vom 25. September 2019 hinaus aufzugeben, während seiner Mitgliedschaft als Genosse der Verfügungsbeklagten uneingeschränkt alle bisherigen Bankdienstleistungen zu erbringen, war mit einem Viertel des Streitwertes zu bemessen.