Landgericht Lüneburg
Urt. v. 06.12.2022, Az.: 45 KLs/8107 Js 4123/20 (4/21)

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
06.12.2022
Aktenzeichen
45 KLs/8107 Js 4123/20 (4/21)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2022, 64146
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

In der Strafsache
gegen
1. C.D.,
geboren 2001,
2. A.B.,
geboren 1998,
hat das Landgericht Lüneburg - 4. Große Jugendkammer - in der öffentlichen Sitzung vom 06.12.2022, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Landgericht Dr. H.
als Vorsitzender
Richter am Landgericht M.
als beisitzender Richter
Frau W.
Herr H.
als Schöffen
Staatsanwältin V.
als Beamtin der Staatsanwaltschaft
Rechtsanwältin E.
als Verteidigerin
Rechtsanwalt A.
als Verteidiger
Rechtsanwalt B.
als Nebenklägervertreter
Justizangestellte W.
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Angeklagten sind der gemeinschaftlichen Vergewaltigung schuldig.

Der Angeklagte D. wird zu einer Jugendstrafe von 5 Jahren verurteilt. Der Angeklagte B. wird zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt.

Der Angeklagte B. trägt die Kosten des Verfahrens. Hinsichtlich des Angeklagten D. wird von der Auferlegung der Kosten abgesehen. Beide Angeklagte tragen die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin.

Die Mobiltelefone Apple IPhone 8 des Angeklagten B. und Apple IPhone 10 des Angeklagten D. werden eingezogen.

Gründe

(abgekürzt gem. 267 Abs. 4 StPO)

I.

Der zum Tatzeitpunkt 19 Jahre und zwei Monate alte türkische Angeklagte D. wurde in H. geboren. Er wuchs gemeinsam mit einer älteren Schwester (heute 25 Jahre alt) die ersten Jahre, im elterlichen Haushalt auf. Als er ca. 10 Jahre alt war, wurde die Ehe der Eltern geschieden. Ein Jahr später zog seine Mutter mit der Schwester nach B., während der Angeklagte beim Vater in H. verblieb, der später einen gemeinsamen Haushalt mit den Großeltern des Angeklagten bildete. Nach dem Besuch der Grundschule in E. wechselte er auf eine Oberschule.

Im Jahr 2013 zog der Angeklagte D. nach B. zu seiner Mutter, die mittlerweile in einer neuen Beziehung mit einem Mann lebte, der seinerseits aus einer früheren Beziehung Kinder mit in die Beziehung einbrachte. In B. besuchte der Angeklagte noch für ein halbes Jahr in W. die Grundschule, später eine Oberschule, wo es jedoch zu Problemen kam, weshalb er auf eine andere Schule wechselte, auf der er schließlich den Realschulabschluss erreichte. Anschließend besuchte er für ca. ein halbes Jahr ein Wirtschaftsgymnasium.

Der Angeklagte spielt seit seiner Kindheit Fußball. In B. trainierte er intensiv im Nachwuchskader der C-Jugend von T.B. und stand vermittelt durch einen Spielerberater kurz vor Abschluss eines Profispielervertrages mit einem türkischen Fußballverein. Diese Pläne zerschlugen sich, als er im Sommer 2018 einen Kreuzbandriss erlitt und in der Folge langfristig krank war.

2019 kehrte der Angeklagte in den Haushalt des Vaters und der Großeltern nach H. zurück, nachdem seine Mutter mit ihrem neuen Lebensgefährten und einem Halbbruder des Angeklagten in die Türkei zurückging.

Der Angeklagte ist ledig und kinderlos, seit Mai 2022 ist er in einer festen Beziehung mit einer Bundeswehrsoldatin.

Nachdem der Angeklagte in dieser Sache aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Celle vom 20.4.2020 in der Zeit vom 21.4.2020 bis zur Außervollzugsetzung des Haftbefehls am 4.6.2020 in Untersuchungshaft befand, war er von Ende 2020 bis August 2021 als Helfer in der Sanierungsfirma des Vaters tätig. Während der Angeklagte zunächst keine Alternative zum Fußball entwickeln konnte, entschloss er sich nach B. zu gehen und sich dort um Ausbildungsplätze zu bemühen. Zur Bestreitung seines Lebensunterhalts arbeitete er in einem Kiosk.

Nachdem der Angeklagte zwischenzeitlich nicht für das Gericht erreichbar war, wurde er aufgrund des Haftbefehls der Kammer vom 11.2.2022 am 11.3.2022 verhaftet und befand sich bis zur Außervollzugsetzung des Haftbefehls am 16.3.2022 (erneut) in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl wurde mit Verkündung des Urteils am 6.12.2022 wieder in Vollzug gesetzt.

Am 1.9.2022 begann er eine Ausbildung als Automobilkaufmann bei T., wo er eine Ausbildungsvergütung in Höhe von 899 € erhielt.

Der zum Tatzeitpunkt 21 Jahre alte unbestrafte Angeklagte B. wuchs in E. auf. Im Alter von 15 Jahren zog er mit Vater und Schwester nach H., wo er nach dem Auszug der Schwester noch mit seinem Vater zusammenlebt. Er verfügt über deutsche Staatsbürgerschaft.

Der Angeklagte erlangte 2018 das Fachabitur mit einer Note von 2,7. Im Anschluss machte er ein Jahr Work & Travel in Portugal und begann im September 2019 eine Banklehre bei B. Nach deren erfolgreichem Abschluss wurde er bei B. übernommen und verdient derzeit als Bankkaufmann 3.090 € brutto.

Der Angeklagte B. wurde nach Verkündung des Urteils aufgrund des Haftbefehls der Kammer vom 6.12.2022 in Untersuchungshaft genommen.

II.

Das Verfahren betrifft eine gemeinschaftliche Vergewaltigung durch die Angeklagten zum Nachteil der zum Vorfallszeitpunkt 21 Jahre alten Nebenklägerin V.M. am frühen 5. April 2020 in B. bei C.

Die Nebenklägerin und der Angeklagte D. hatten sich zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahre 2020, mutmaßlich Mitte März, über eine Datingplattform kennengelernt und über verschiedene Kommunikationswege, wie die Datingplattform Tinder, Instagram und zumindest WhatsApp, gelegentlich schriftlich kommuniziert, ohne dass es zunächst zu einem Treffen gekommen wäre.

Am Vorabend, dem 4. April 2020, tauschten sich die beiden Angeklagten über WhatsApp aus, dass sie an diesem Abend gemeinsam etwas unternehmen wollten. Hierbei ging es ihnen insbesondere darum, ihre sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen, wobei die Auswahl ihrer Sexualpartnerin sich schwierig gestaltete. So fragte der Angeklagten D. den Angeklagten B.: "wie sieht es aus mit Muschis", worauf dieser antwortete: "schlecht bis jetzt ... Keine ist am Handy keine meldet sich. Hab jetzt jeder schlampe auf wa [WhatsApp] einfach geschrieben. Wie schaut's bei deinem Fleisch aus". Hierauf hin erwiderte der Angeklagte D., er habe einer L. abgesagt, er habe jedoch noch eine, "die wohnt über H."- offensichtlich die Nebenklägerin. Zwischenzeitlich kam die Idee auf, sich mit einer N. - mit der die Angeklagten nach eigenem Bekunden in der Hauptverhandlung eine "Freundschaft plus"verbindet, zu treffen, und der Angeklagte D. schrieb "ja dann chillen wir bei n. Will heute Ficken. Auf Rille. N. wollte letztens 4er [...] Lass sie mal richtig.. Penetrieren... Ihre Mutter richtig ... bumsen", worauf hin der Angeklagte B. erwiderte "Jaaa ich ruf sie gleich beim Essen mal an und frage was Sache ist."Und wenig später "versuche noch eine andere kurz".

Da offensichtlich die bekannten Sexualpartnerinnen der Angeklagten "nicht verfügbar" waren, nahm der Angeklagte D. Kontakt zur Nebenklägerin auf, um sie zu einem Treffen am späteren Abend zu bewegen. In der schließlich durch Text- und Sprachnachrichten bei WhatsApp geführten Kommunikation teilte er der Nebenklägerin, nachdem diese grundsätzlich mit einem Treffen mit dem Angeklagten D. einverstanden war, mit, dass er an diesem Abend leider über kein Auto verfüge und fragte die Nebenklägerin, ob er deshalb einen Freund, der ihn fahren würde, mitbringen könne. Dies war der Nebenklägerin suspekt und zunächst wollte sie es nicht. Der Angeklagte regte an, dass die Nebenklägerin ihrerseits eine Freundin einladen könne. Als die Nebenklägerin hieraufhin mitteilte, dass ihre Freundinnen sich wegen Corona derzeit eigentlich nicht träfen, und Bedenken dahingehend äußerte, sich mit zwei Fremden in ihrer Wohnung zu treffen, versuchte der Angeklagte D. - im Ergebnis erfolgreich - die Nebenklägerin davon zu überzeugen "mal ein Auge zu [zu] drücken", sie werde die beiden schon nicht gruselig finden ("das wird nicht der Fall sein. Sind zwei ganz liebe Jungs").

Schließlich trafen beide Angeklagten am 04.04.2020 gegen 23: 20 Uhr in der Wohnung der Nebenklägerin in der Straße H. in B. ein. Sie brachten 2 Flaschen Rotwein mit. Die Angeklagten und die Nebenklägerin konsumierten eine nicht mehr feststellbare Menge alkoholischer Getränke und spielten sogenannte "Trinkspiele", ohne dass die Einsichts-/Steuerungsfähigkeit der Angeklagten während der nachfolgenden Tathandlungen erheblich vermindert oder gar aufgehoben war und ohne dass die Nebenklägerin alkoholbedingt nicht mehr Herrin ihrer Sinne war. Die drei unterhielten sich. Während eines Toilettenbesuchs des Angeklagten B. küsste der Angeklagte D. die Nebenklägerin, die den Kuss zunächst erwiderte, dann aber aufhörte und zum Ausdruck brachte, dass sie es doch nicht wolle. Nachdem einer der Angeklagten angab, hungrig zu sein, begab sich die Nebenklägerin in die Küche und bereitete Tiefkühl-Frühlingsrollen zu.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt entschlossen sich die Angeklagten, sich gemeinschaftlich an der Nebenklägerin zur Befriedigung ihrer sexuellen Wünsche zu vergehen. Um eine mögliche Ablehnung oder Gegenwehr der Nebenklägerin von vorneherein zu verhindern, entschlossen sie sich, diese durch von ihnen mitgebrachte sog. KO-Tropfen gefügig zu machen.

Die Angeklagten nutzen die kurzzeitige Abwesenheit der Nebenklägerin, um die Tropfen in deren Getränk zu geben. Nachdem die Nebenklägerin nach ihrer Rückkehr aus der Küche das präparierte Getränk zu sich genommen hatte, wurde die Nebenklägerin, deren letzte Erinnerung auf 00: 55 Uhr datiert, lethargisch und teilnahmslos, was sich insbesondere darin äußerte, dass sie keine koordinierten Bewegungen mehr ausführen konnte, überwiegend passiv, gleichgültig und phlegmatisch auf ihrem Bett, dem Boden oder Sofa lag oder saß und nicht in der Lage war, sich kommunikativ oder durch Gestik zur Wehr zu setzen.

In Ausführung ihres Planes begannen die Angeklagten nun, sexuelle Handlungen mit bzw. an der Nebenklägerin vorzunehmen bzw. durch diese an sich vornehmen zu lassen, wobei (zumindest) die folgend aufgeführten sexuellen Handlungen - ausnahmslos ungeschützt - von den Angeklagten vollzogen worden sind und die Taten jeweils von dem anderen Angeklagten, der gerade keine sexuellen Handlungen an der Nebenklägerin durchführte, gefilmt wurden. Ihnen war dabei bewusst, dass die Nebenklägerin zuvor keine Veranlassung und kein Einverständnis dazu gegeben hatte, dass sexuelle Handlungen an ihr vollzogen werden dürften. Überdies war ihnen bewusst, dass diese aufgrund des von ihnen hervorgerufenen Zustandes im Moment der Handlungen nicht in der Lage war, einen ablehnenden Willen zu bilden und auszusprechen.

Der Angeklagte D. saß um 02: 12 Uhr unbekleidet auf dem Sofa. Die Nebenklägerin befriedigte den Angeklagten D. oral, indem diese auf den Knien vor ihm sitzend seinen erigierten Penis im Mund nahm, wozu sie augenscheinlich kaum in der Lage war.

Um 02: 56 Uhr lag die Nebenklägerin regungslos, vollständig entkleidet und bäuchlings auf dem Sofa. Der Angeklagte D. befand sich, ebenfalls vollständig entkleidet, hinter ihr und drang mit seinem erigierten Penis vaginal oder anal in die Zeugin ein. Anschließend begab sich der Angeklagte D. mit den Worten: "Komm mal lutschen!', mit seinem erigierten Penis zum Mund der Nebenklägerin und führte diesen in den Mund der Zeugin ein, indem er den Kopf der Zeugin mit der Hand hielt. Die Zeugin selbst war nicht in der Lage, eigene Bewegungen zur Durchführung des Oralverkehrs auszuführen. Währenddessen äußerte der Angeklagte D.: "Mach den Mund auf.", "Mund auf, Mund auf.".

Um 02: 57 Uhr lag die Nebenklägerin rücklings und weiterhin vollständig entkleidet und mit gespreizten Beinen auf dem Sofa, während der Angeklagte D. auf ihr liegend mit seinem erigierten Penis vaginal in sie eindrang und mehrfach wippende Bewegungen ausführte, bis er letztendlich mit den Worten: "Ich hab gerad keinen Steffen, digga. Glaub mir, digga.", von ihr abließ. Die Nebenklägerin rollte sich währenddessen eigenständig nach links und fiel, ohne sich abzufangen, vom Sofa.

Um 03: 19 Uhr zog sich nunmehr auch der Angeklagte B. aus. Er ging zu der auf dem Bett liegenden, vollständig entkleideten Nebenklägerin und kniete sich vor sie nieder, sodass sich sein Penis vor dem Gesicht der Nebenklägerin befand. Der Angeklagte D. forderte nun die Zeugin auf: "Nimm ihn in den Mund!", der Angeklagte B. wiederholte diese Worte. Die Nebenklägerin war zu diesem Zeitpunkt aufgrund eines mehr oder minder klaren Momentes imstande, lallend zu äußern: "Ne ich kann nicht mehr.", worauf der Angeklagte B. erneut auf die Zeugin einredete mit den Worten "Nimm ihn in den Mund?", sodass die Nebenklägerin den Penis des Angeklagten letztendlich in den Mund nahm. Aufgrund ihres Bewusstseinszustandes war die Zeugin nicht in der Lage, den Penis des Angeklagten B. weiter im Mund zu halten, sodass ihr Kopf weg sank und der Angeklagte B. erbost äußerte: "Steh mal auf. Ey du ... (unverständliche Worte).". Der Angeklagte B. drehte die Nebenklägerin nun in Rückenlage und legte der Zeugin, indem er sich über sie beugte, seinen Penis in den Mund. Auch hier gelang es der Zeugin, lallend zu äußern: "Stopp! Wenn ich nicht will, dann will ich nicht Stopp! Ich will nicht mehr.". Letztendlich ließen die Angeklagten von der Zeugin ab, nachdem sich diese in Rückenlage an den Armen aufgestützt hatte.

Um 03: 22 Uhr begab sich der Angeklagte B. zu der weiterhin auf dem Bett unbekleidet aber nunmehr sitzenden Nebenklägerin. Der Angeklagte D. forderte den Angeklagten B. auf, die Zeugin anzuspucken. Der Angeklagte B. hingegen nahm seinen Penis in die Hand und urinierte auf den rechten Oberschenkel der Nebenklägerin.

Um 03: 24 Uhr lag die Nebenklägerin teilnahmslos und schlafend auf dem Fußboden vor ihrem Sofa. Der Angeklagte D. begab sich zu der Zeugin und urinierte auf ihren Kopf.

Um 03: 49 Uhr führte der Angeklagte D. sein unbekleidetes Gesäß in Richtung des Kopfes der Nebenklägerin, die teilnahmslos in Bauchlage auf dem Sofa lag, und blähte diese an.

Um 03: 51 Uhr begab sich der Angeklagte D. zu der weiterhin auf dem Sofa liegenden Zeugin und spuckte ihr eine große Menge Auswurf auf die Haare mit den Worten: "Puh. Du kleine Hure.". Um 03: 56 Uhr lag der Angeklagte D. mit einer Unterhose bekleidet in dem Bett der Nebenklägerin. Die Nebenklägerin befand sich rechtsseitig von ihm und befriedigte ihn oral, indem sie den erigierten Penis des Angeklagten D. in den Mund aufnahm und der Angeklagten D. hierbei mit seiner Hand den Hinterkopf der Zeugin führte. Dabei äußerte der Angeklagte D.: "Lutsch ihn weiter, Ya Salame.". Nach etwa 40 Sekunden äußerte die Zeugin gegenüber dem Angeklagten: "Ich kann nicht mehr.", wobei der Angeklagte D. der Zeugin daraufhin mit der flachen Hand in das Gesicht schlug.

Um 03: 56 Uhr lag die weiterhin vollständig entkleidete Nebenklägerin mit gespreizten Beinen im Bett in Bauchlage an der Kante des Bettes. Der Angeklagte D. stand hinter ihr und drang vaginal oder anal in die Zeugin ein und führte wippende Bewegungen aus. Die Zeugin ..., welche nahezu teilnahmslos die Situation über sich ergehen ließ, äußerte lediglich "Wo bin ich 7', woraufhin einer der Angeklagte erwiderte: "Mach deine Beine breit, Ya Salame.".

Schließlich schlief die Nebenklägerin im Wohnzimmer, wo auch der Angeklagte B. übernachtete, auf dem Sofa ein, während der Angeklagte D. im Schlafzimmer der Nebenklägerin schlief.

Als die Nebenklägerin am Morgen aufwachte, hatte sie keinerlei Erinnerung daran, was in der Nacht ab etwa 1: 00 Uhr passiert war, sie stellte jedoch fest, dass sie im Intimbereich blutete, und hatte ein ungutes Gefühl. Die Angeklagten erklärten ihr gegenüber, dass nichts gewesen sei. Gleichwohl bat die Nebenklägerin die Angeklagten zu gehen, was diese auch taten.

Im Laufe des Vormittags kommunizierte die Nebenklägerin wiederholt über WhatsApp mit dem Angeklagten D. und versuchte verzweifelt, von diesem zu erfahren, was in der Nacht passiert war. Dieser gab an, die Nebenklägerin habe die Angeklagten mit der Hand befriedigt, mehr sei aber nicht passiert. Im weiteren Verlauf der Kommunikation teilte der Angeklagte D. der Nebenklägerin gegen Mittag mit, sie könne ja zum Arzt gehen, wenn sie Sicherheit haben wolle, bzw. zur Vermeidung einer Wartezeit in ein Krankenhaus. Hierbei war dem Angeklagten D. bewusst, dass die der Nebenklägerin verabreichten KO-Tropfen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr nachweisbar sein würden.

Die Nebenklägerin erlitt durch die sexuellen Handlungen der Angeklagten Hämatome und Schleimhautläsionen im Anogenitalbereich. Sie litt 2-3 Tage an Schmerzen und war zwei Wochen arbeitsunfähig. Gerade angesichts der bevorstehenden Hauptverhandlung ging es der Nebenklägerin nicht gut. Sie ist schreckhaft und kapselt sich von Freunden ab. Wenn Sie "in die Stadt geht", bereitet ihr dies noch zwei Jahre nach der Tat Unbehagen. Eine psychologische Behandlung hat sie bisher nicht in Anspruch genommen.

III.

Das Urteil beruht nicht auf einer Verständigung, § 257c StPO.

Die Angeklagten haben eingeräumt, mit der Nebenklägerin ungeschützten Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Dies sei jedoch einvernehmlich gewesen. Die Angeklagten und die Nebenklägerin seien (lediglich) "gut alkoholisiert"gewesen.

Die Feststellungen der Kammer beruhen auf der verlesenen bzw. in Augenschein genommenen Kommunikation der Angeklagten untereinander und zwischen dem Angeklagten D. und der Nebenklägerin, den in Augenschein genommenen - von den Angeklagten gefertigten - Handyaufnahmen der sexuellen Handlungen der Tatnacht sowie auf der glaubhaften Aussage der Nebenklägerin, die die Vorgeschichte und den Beginn des Abends wie festgestellt geschildert hat und im Übrigen konstant angegeben hat, keinerlei Erinnerungen an die Vorgänge und insbesondere sexuellen Handlungen der Tatnacht zu haben. Als letztes erinnere sie, um 0: 55 Uhr auf ihr Handy geguckt zu haben. Zu diesem Zeitpunkt sei sie indes nicht derart erheblich alkoholisiert gewesen, dass dies ihre Erinnerungslosigkeit erklären würde.

Aufgrund der Gesamtumstände steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Angeklagten sog. KO-Tropfen eingesetzt haben, um die Nebenklägerin gefügig zu machen und diese in der Folge in der festgestellten Weise sexuell zu missbrauchen. Dem steht nicht entgegen, dass in den etwa 18 Stunden später genommenen Blut- und Urinproben keine entsprechenden Präparate festgestellt werden konnten, da insoweit gerichtsbekannt ist, dass KO-Tropfen in der Regel nicht länger als 12 Stunden nachweisbar sind.

IV.

Die Angeklagten haben sich nach den Feststellungen der gemeinschaftlichen Vergewaltigung gem. §§ 177 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 Nr. 1, Nr. 2, 25 Abs. 2 StGB schuldig gemacht.

V.

Die Kammer hat gegen den Angeklagten B. eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren verhängt und gegen den Heranwachsenden D. eine Jugendstrafe von fünf Jahren.

Hierbei ist die Kammer hinsichtlich des Angeklagten B. vom Strafrahmen des § 177 Abs. 6 StGB vorgesehen, der eine zeitige Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren vorsieht.

Hinsichtlich des zum Tatzeitpunkt 19 Jahre und zwei Monate alten Angeklagten D. ist die Kammer nach der gebotenen Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Angeklagten bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen entsprechend der Stellungnahme der Jugendgerichtshilfe zu dem Ergebnis gelangt, dass er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, weshalb die Kammer Jugendrecht auf den Angeklagten angewandt hat. Gegen den Angeklagten D. war wegen der in der Tat hervorgetretenen schädlichen Neigungen, aber auch wegen der Schwere der Schuld zwingend auf eine Jugendstrafe zu erkennen. Diese hat die Kammer dem Strafrahmen des §§ 18, 105 Abs. 3 Satz 1 JGG entnommen, der Jugendstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren vorsieht.

Im Rahmen der Strafzumessung hat die Kammer hinsichtlich beider Angeklagter Folgendes berücksichtigt - hinsichtlich des Angeklagten D. jedoch mit der Maßgabe, dass gegenüber den Strafzumessungserwägungen des allgemeinen Strafrechts der Erziehungsgedanke vorrangig Berücksichtigung zu finden hatte und die Jugendstrafe deshalb insbesondere nach Maßgabe der erforderlichen erzieherischen Einwirkung zu bemessen war:

Zu ihren Gunsten, dass

- sie unbestraft sind

- die Tat bereits mehr als zwei Jahre zurückliegt.

Zu Ihren Lasten, dass

- im gesamten Geschehen eine frauenverachtende Gesinnung der Angeklagten zum Ausdruck kommt, für die Frauen offensichtlich lediglich "Fleisch" sind, dass zur Befriedigung ihrer sexuellen Bedürfnisse bestimmt ist,

- sie den Zustand der Nebenklägerin durch die Gabe von KO-Tropfen gezielt hervorgerufen haben und hierbei planmäßig vorgegangen sind, während die Nebenklägerin sich keines Angriffs versah,

- sie die Tat in der Wohnung der Nebenklägerin und damit in deren besonders geschützten Bereich begangen haben,

- es zu einer Vielzahl ungeschützter sexueller Übergriffe kam,

- die Angeklagten sich sowohl oral, vaginal als auch anal an der Nebenklägerin vergangen haben,

- darüber hinaus die weiteren Handlungen (Urinieren auf die Nebenklägerin, Bespucken und verbales Beleidigen ("Hure") der Nebenklägerin, Anblähen der Nebenklägerin) erheblich von vergleichbaren Taten abweichen und die Nebenklägerin besonders herabgewürdigt haben,

- die Nebenklägerin noch heute unter den Folgen der Tat leidet.

Zwar ist auch grundsätzlich strafschärfend zu berücksichtigen, dass die Angeklagten ihre Tat gefilmt haben, jedoch hat die Kammer davon abgesehen, dies zu Lasten der Angeklagten zu bewerten, da sie hierdurch (unbeabsichtigt) die Aufklärung der Tat ermöglicht haben.

Schließlich hat die Kammer berücksichtigt, dass der Angeklagte D. offensichtlich die treibende Kraft war, einerseits dadurch, dass er den Kontakt zur Nebenklägerin hergestellt und die - allein der Befriedigung der sexuellen Bedürfnisse der Angeklagten dienende - Verabredung initiiert hat, andererseits aber auch dadurch, dass überwiegend er die (jedenfalls dokumentierten) sexuellen Handlungen zum Nachteil der Nebenklägerin begangen hat, wobei die Kammer indes keine Anhaltspunkte dafür, dass diese dem Angeklagten B. nicht Rahmen des gemeinsamen Tatentschlusses als Mittäter zuzurechnen wären.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien und hinsichtlich des Angeklagten D. aufgrund des in der Tat zum Ausdruck kommenden erheblichen Gesamterziehungsbedarfs hat die Kammer gegen beide Angeklagten die Verhängung einer erheblichen Freiheits- bzw. Jugendstrafe für zwingend erforderlich erachtet.

VI.

Die von den Angeklagten zum Filmen ihrer Tat genutzten Mobiltelefone iPhone 8 bzw. iPhone 10 waren gemäß § 74 StGB einzuziehen.

VII.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des Angeklagten B. auf § 465 StPO.

Hinsichtlich des Angeklagten D. hat die Kammer von der Möglichkeit des § 74 JGG Gebrauch gemacht.

Beide Angeklagten tragen gemäß § 472 StPO die der Nebenklägerin entstandenen notwendigen Auslagen.