Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 30.01.2019, Az.: 8 B 228/18

fehlende staatliche Unterstützung; Inhaftierung; materielle Versorgung

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
30.01.2019
Aktenzeichen
8 B 228/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 70061
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Der Rücküberstellung einer Schutzsuchenden, deren Asylantrag in Bulgarien inhaltlich abgelehnt wurde, steht nach der derzeitigen Erkenntnislage § 60 Abs. 5 AufenthG entgegen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist irakische Staatsangehörige, reiste nach eigenen Angaben am 21. September 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 20. November 2018 einen Asylantrag. Bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab sie an, über die Türkei nach Bulgarien gelangt zu sein und in Bulgarien einen Asylantrag gestellt, aber keinen Bescheid erhalten zu haben.

Eine Eurodac Abfrage im November 2018 ergab, dass sie am 10. September 2018 in Bulgarien Asyl beantragt hatte. Das Bundesamt stellte daraufhin gegenüber den bulgarischen Behörden am 29. November 2018 ein Wiederaufnahmeersuchen unter Bezugnahme auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-Verordnung, welchem diese am 3. Dezember 2018 unter Anführung von Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO stattgaben.

Die Antragsgegnerin lehnte daraufhin mit Bescheid vom 3. Dezember 2018 den Asylantrag der Antragstellerin als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2), ordnete ihre Abschiebung nach Bulgarien an (Ziffer 3) und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4).

Zur Begründung wird in dem Bescheid unter anderem ausgeführt, dass nach der Dublin III-Verordnung Bulgarien für den Asylantrag des Antragstellers zuständig sei. Auch bestünden keine Abschiebungsverbote, weil in Bulgarien keine systemischen Mängel vorlägen, welche die Vermutung der zuverlässigen Einhaltung der europäischen Menschenrechtskonvention in Bulgarien widerlegen würden.

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 14. Dezember 2018 Klage erhoben und um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Zur Begründung führt sie aus, sie würden in Bulgarien menschenrechtswidrige Verhältnisse in den dortigen Aufnahmeeinrichtungen und ein rechtlichen Mindeststandards nicht entsprechendes Asylverfahren erwarten. So sei etwa eine sachliche Prüfung der Asylanträge von Dublin-Rückkehrern nach dem Bericht des bulgarischen Helsinki Komitees vom 25. Mai 2015 nicht gewährleistet. Nach Informationen aus den Jahren 2015 und 2016 erhielten Schutzsuchende in Bulgarien keinen Zugang zu Nahrungsmitteln und Gesundheitsversorgung und ihnen drohten willkürliche Verhaftungen. Auch gebe es einen Mangel an Aufnahmeplätzen. Anerkannte Schutzsuchende erhielten keine finanzielle Unterstützung oder Hilfe bei der Wohnungssuche.

II.

Der gegen die Abschiebungsanordnung gerichtete Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG) ist zulässig und begründet. Dementsprechend ist der Antragstellerin, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf ihren Antrag hin Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Die Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig, § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen das Entfallen der grundsätzlich gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO gegebenen aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage - wie hier gem. § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylG - durch Bundesgesetz vorgeschriebenen ist (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO), auf Antrag die aufschiebende Wirkung anordnen, wenn die im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts bis zur endgültigen Entscheidung über seine Rechtmäßigkeit verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an dessen sofortiger Vollziehung überwiegt. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass das öffentliche Vollzugsinteresse bereits durch den gesetzlich angeordneten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erhebliches Gewicht erhält (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.08.2014 - 9 VR 2.14 -, juris Rn. 3, und Beschl. v. 13.06.2007 - 6 VR 5.07 -, NVwZ 2007, 1207 [1209]; Bay. VGH, Beschl. v. 09.08.2018 - 15 CS 18.1285 -, juris Rn. 33). Insbesondere wenn die mit dem Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, besteht kein Anlass von der gesetzlich bestimmten Regel der sofortigen Vollziehbarkeit abzugehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.09.2008 - 7 VR 1.08 -, juris Rn. 6). Ist hingegen die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Verfügung offensichtlich, weil sie sich schon bei summarischer Prüfung ergibt, kann das Gericht die aufschiebende Wirkung anordnen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 06.09.2007 - 5 ME 236/07 -, juris Rn. 11; vgl. zu alledem auch Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 80 Rn. 146 ff.).

Bei Anwendung dieser Maßstäbe überwiegt das Interesse der Antragstellerin an einem Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland für die Dauer des Hauptsacheverfahrens gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung, da ihre Klage nach der insoweit maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 05.03.2018 - 1 B 155.17 -, juris Rn. 13 zu OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13.10.2017 - 11 A 78/17.A -, juris Rn. 48) bei summarischer Prüfung Aussicht auf Erfolg bietet.

Das Bundesamt hat in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids aller Voraussicht nach rechtswidrig die Abschiebung der Antragstellerin angeordnet. Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG (i.d.F.v. 31.07.2016). Hiernach ordnet das Bundesamt, sofern ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG sind für die Bestimmung des für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedsstaats (a)) die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31 - Dublin III-VO -) und (b)) andere Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrags maßgeblich.

Vorliegend ist nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO Bulgarien für die Durchführung des Asylverfahrens der Antragstellerin zuständig, da die aus einem Drittstaat kommende Antragstellerin erstmals in Bulgarien einen Mitgliedstaat der Europäischen Union betreten und dessen Grenze illegal überschritten hat. Diese Zuständigkeit ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO, wonach die Zuständigkeit zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts endet, wieder entfallen, weil sie nur dann erlischt, wenn der Schutzsuchende innerhalb von zwölf Monaten nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts keinen Asylantrag stellt (vgl. Nds OVG, Urt. v. 09.04.2018 - 10 LB 92/17 -, juris Rn. 24).

Die Frist für das Wiederaufnahmegesuch gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO hat das Bundesamt eingehalten. Da Bulgarien dem Wiederaufnahmegesuch innerhalb der Frist des Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO zugestimmt hat, ist Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO verpflichtet, die Antragstellerin wieder aufzunehmen. Die Frist für die Überstellung der Antragstellerin nach Bulgarien von sechs Monaten hat gemäß Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO noch nicht (erneut) zu laufen begonnen, weil die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung nachsucht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.2016 - 1 C 15.15 -, juris Rn. 11). Dementsprechend scheidet auch ein Übergang der Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrags gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin aus.

Ob die Zuständigkeit gem. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen ist, weil in Bulgarien derzeit für Schutzsuchende in der Situation der Antragstellerin systemische Mängel im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen bestehen, kann vorliegend offen bleiben. Denn die Abschiebungsanordnung stellt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedenfalls deshalb als rechtswidrig dar, weil entgegen den Vorgaben des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG derzeit nicht feststeht, dass die Antragstellerin nach Bulgarien abgeschoben werden kann.

Eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG setzt voraus, dass „feststeht“, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat deshalb in den Fällen, in denen der Schutzsuchende in einem für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden soll, vor Erlass einer Abschiebungsanordnung auch zu prüfen, ob Abschiebungsverbote oder Duldungsgründe vorliegen. Damit sind sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse gemeint.

Eine Abschiebung der Antragstellerin, deren Asylantrag in Bulgarien bereits inhaltlich abgelehnt worden ist, ist derzeit rechtlich unmöglich. Denn bei ihrer Abschiebung nach Bulgarien besteht nach der Auswertung der dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel die ernsthafte Gefahr einer Art. 3, 5 Abs. 4 EMRK verletzenden Behandlung, so dass ihrer Abschiebung § 60 Abs. 5 EMRK entgegensteht. Die Antragstellerin würde bei ihrer Rückkehr unter ihr nicht zumutbaren Bedingungen inhaftiert und selbst bei ihrer Freilassung ohne jedwede staatliche Unterstützung bleiben (vgl. auch VG Düsseldorf, Beschl. v. 29.08.2018 - 29 L 2092/18.A -, juris Rn. 18).

1. Bei einer Rücküberstellung der Antragstellerin nach Bulgarien nach der Dublin III-Verordnung würde ihr bereits abgeschlossenes Asylverfahren nicht fortgesetzt. Für sie bestünde lediglich die Möglichkeit eines Asylfolgeantragsverfahrens, was rechtlich nicht zu beanstanden sein, sondern vielmehr den Vorgaben der einschlägigen europäischen Richtlinien (insbesondere Art. 2 Buchst. q, 18, 28, 46 RL 2013/32/EU) entsprechen dürfte.

Hinsichtlich des weiteren Fortgangs des Asylverfahrens bei einer Rückkehr von Schutzsuchenden nach Bulgarien ist hinsichtlich der Möglichkeit der Einleitung bzw. Fortführung ihres Asylverfahrens nach dem Stand zum Zeitpunkt ihres Weggangs zu unterscheiden: Sofern ein Dublin-Rückkehrer in Bulgarien noch keinen Asylantrag gestellt hatte, kann er einen Erstantrag stellen (Auskunft des UNHCR an das VG Köln v. 17.12.2018, S. 1, im Folgenden: Auskunft v. 17.12.2018). Hatte der Betroffene bereits einen Antrag gestellt, ist nach dem bulgarischen Asylgesetz das Asylverfahren nach zehntägiger Abwesenheit zu suspendieren und nach weiteren drei Monaten zu beenden (Auskunft v. 17.12.2018, S. 2; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderinformation Bulgarien, Stand: Mai 2018, S. 5, im Folgenden: Länderinformation 2018; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Stand: 13.12.2017, S. 8, im Folgenden: Staatendokumentation). Sofern das Asylverfahren ohne inhaltliche Prüfung abgeschlossen wurde, wird das Verfahren im Falle eines Dublin-Rückkehrers automatisch wiedereröffnet (Auskunft v. 17.12.2018, S. 2; Länderinformation 2018, S. 5: unabhängig vom Ablauf einer sechsmonatigen Frist; vgl. auch Auskunft des UNHCR an das VG Aachen v. 29.01.2016, S. 1, im Folgenden: Auskunft v. 29.01.2016; Auswärtiges Amt, Auskunft an das VG Aachen v. 27.01.2016, S. 2, im Folgenden: Auskunft v. 27.01.2016; VG Karlsruhe, Urt. v. 30.10.2018 - A 13 K 15354/17 -, juris Rn. 36). Solche Verfahren werden ohne besondere Behinderungen oder ernsthafte Verspätungen wieder aufgenommen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19.05.2017 - 11 A 52/17.A -, juris Rn. 63 f. m.w.N.). Diese Praxis der Behörden entspricht auch der seit dem Jahr 2015 bestehenden Rechtslage in Bulgarien, wonach bei einer Rücküberstellung nach den Regeln der Dublin-Verordnung zwingend eine Wiedereröffnung des Verfahrens entsprechend Art. 18 Abs. 2 Dublin III-VO vorgesehen ist (aida, Country Report: Bulgaria, Update 2017, v. 31.12.2017, S. 28, im Folgenden: aida 2017). Lediglich wenn der Asylantrag - wie hier bei der Antragstellerin - auf Grund einer inhaltlichen Prüfung abgewiesen wurde, muss der Rückkehrer, sofern er keine triftigen Gründe für sein Fernbleiben vorbringen kann (vgl. Staatendokumentation, S. 9 und Länderinformation 2018, S. 5), einen neuen Asylantrag stellen, der als Folgeantrag gewertet wird und nur zulässig ist, wenn er neues Vorbringen zur Person des Antragstellers oder seinem Herkunftsland enthält (Auskunft v. 17.12.2018, S. 2). Wird der Folgeantrag als zulässig erachtet oder eine Entscheidung über die Zulässigkeit nicht binnen 14 Tagen getroffen, wird der Asylantrag allerdings wieder im regulären Verfahren geprüft (Auskunft v. 17.12.2018, S. 2).

Vorliegend geht das Gericht davon aus, dass in Bulgarien über den Asylantrag der Antragstellerin inhaltlich und ablehnend entschieden wurde, ihr jedoch nicht verwehrt ist, einen Folgeantrag zu stellen. Die bulgarischen Behörden haben bei der Stattgabe des Wiederaufnahmeersuchens auf Art. 18 Abs. 1 Buchst. d Dublin III-VO Bezug genommen, der sich auf Antragsteller bezieht, deren Antrag abgelehnt wurde. Daraus zieht das Gericht den Schluss, dass über den in Bulgarien gestellten Antrag der Antragstellerin inhaltlich entschieden wurde. Umstände, die eine andere Annahme begründen könnten, haben die Beteiligten weder vorgetragen, noch sind solche sonst ersichtlich. Sofern eine inhaltliche Prüfung nicht erfolgt wäre, wäre davon auszugehen, dass die bulgarischen Behörden Art. 18 Abs. 1 Buchst. c Dublin III-VO angeführt hätten, weil dieser sich in Verbindung mit Art. 18 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO auf Anträge bezieht, über die in der Sache noch nicht entschieden wurde.

2. Bei einer Gesamtwürdigung der aktuell vorliegenden Berichte und Stellungnahmen (vgl. BVerfG, Stattg. Kammerbeschl. v. 21.04.2016 - 2 BvR 273/16 -, juris Rn. 11) geht das Gericht im Fall der Antragstellerin, deren Asylantrag in Bulgarien inhaltlich abgelehnt wurde, nach summarischer Prüfung davon aus, dass ihr bei einer Rückkehr nach Bulgarien dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Art. 3, 5 Abs. 4 EMRK verletzende Behandlung droht.

Grundsätzlich haben Schutzsuchende in Bulgarien während des Asylverfahrens nach dem Gesetz das Recht auf Unterkunft, Verpflegung, soziale Unterstützung, Krankenversicherung, kostenlose medizinische Versorgung und Bildung wie bulgarische Staatsangehörige sowie außerdem auch auf psychologische Unterstützung, Dolmetscher bzw. Dolmetsch-Hilfe; auch haben sie Beschwerdemöglichkeiten (Staatendokumentation S. 13 f.; vgl. auch VG Karlsruhe, Urt. v. 30.10.2018 - A 13 K 15354/17 -, juris). Dauert das Asylverfahren länger als drei Monate, erhalten sie zudem Zugang zum Arbeitsmarkt bzw. Jobtrainings. In der Praxis gestaltet sich eine Arbeitsaufnahme allerdings schwierig (vgl. Staatendokumentation, S. 14 f.; vgl. auch Ilavera, Auskunft an das VG Göttingen v. 05.10.2016, S. 2). Die Versorgung mit Unterkunft, Verpflegung und medizinischer Unterstützung wurde Anfang des Jahres 2017 als ausreichend eingeschätzt und wird auch immer wieder von NGOs auf die Einhaltung von Mindeststandards kontrolliert, wenn die Bedingungen auch teilweise ärmlich sind (Staatendokumentation, S. 15). Schutzsuchende haben grundsätzlich einen Anspruch auf Unterbringung in staatlichen Aufnahmezentren (Länderinformation 2018, S. 2), der aufgrund der vorhandenen freien Plätze auch erfüllt werden kann. In den gegenwärtig existierenden drei Aufnahmezentren mit über 5.130 Plätzen werden Kernfamilien auch nach Möglichkeit zusammen und in eigenen Räumlichkeiten untergebracht (Länderinformation 2018, S. 2 f.; vgl. auch Staatendokumentation, S. 15). Jedenfalls Ende des Jahres 2017 überstieg die Kapazität der Aufnahmeeinrichtungen deutlich die Anzahl der benötigen Plätze (VG Düsseldorf, Beschl. v. 17.05.2018 - 22 L 5756/17.A -, juris Rn. 67 f. m.w.N.), nachdem diese im September 2016 noch zu 110 % ausgelastet waren (VG Potsdam, Beschl. v. 06.07.2017 - 1 L 326/17.A -, juris Rn. 22). Im Oktober 2017 waren nur noch ca. 18 % der Plätze belegt (Staatendokumentation, S. 14 f.; vgl. auch United States Department of State, Country Reports on Human Rights 2017 Bulgaria, S. 15). 2017 trafen insgesamt weniger Flüchtlinge und Migranten in Bulgarien ein (Amnesty International, Report Bulgarien 2017/2018). Dafür, dass sich hieran im Jahr 2018 bis heute etwas in einer für Art. 3 EMRK relevanten Weise geändert haben könnte, ist nichts ersichtlich, auch wenn auf der östlichen Mittelmeerroute die Anzahl illegaler Grenzübertritte im Jahr 2018 um 37 % gestiegen ist (www.zeit.de, Weniger Flüchtlinge kommen in die EU, v. 15.11.2018). Schutzsuchende können auf eigene Kosten auch außerhalb einer Einrichtung leben (Staatendokumentation, S. 15). In den Aufnahmeeinrichtungen untergebrachte Schutzsuchende erhalten drei bzw. zwei Mahlzeiten, medizinische und psychologische Versorgung (Länderinformation 2018, S. 3; vgl. auch Auskunft des UNHCR an das VG Köln v. 17.12.2018, S. 2, im Folgenden: Auskunft v. 17.12.2018, sowie VG Düsseldorf, Beschl. v. 17.05.2018 - 22 L 5756/17.A -, juris Rn. 65 f. m.w.N.). Auch standen in den Einrichtungen nach Auskunft des Auswärtigen Amts jedenfalls im Januar 2016 ausreichend Dolmetscher zur Verfügung und Mitarbeiter von NGOs erhielten grundsätzlich Einlass. Ebenfalls wurde den Schutzsuchenden staatlich finanzierte Rechtshilfe gewährt (vgl. Länderinformation 2018, S. 3). Nach anderen Informationen wurden die Regelungen zur Prozesskostenhilfe im Jahr 2017 noch nicht umgesetzt (aida 2017, S. 23) und ist - trotz der gesetzlichen Notwendigkeit - die Verfügbarkeit von Dolmetschern problematisch, so dass sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren nicht in jedem Fall gewährleistet ist, dass der Schutzsuchende den Dolmetscher versteht (aida 2017, S. 20). Auch die EU-Kommission kritisierte im Juli 2017 unter anderem die Verfügbarkeit von Dolmetschern und rechtlichem Beistand (vgl. Länderinformation 2018, S. 3; Council of Europe, Report oft the fact-finding mission by Ambassador Tomáš Boček, Special Representative oft the Secretary General on migration and refugees, to Bulgaria, 13 - 17 November 2017, 19.04.2018, S. 7, im Folgenden: CEO fact-finding Report 2018; Auskunft des Auswärtigen Amts an das VG Göttingen v. 29.07.2016, S. 2). Die Schwierigkeiten bei der Zurverfügungstellung von Dolmetschern und bei der Qualität der Übersetzungen begründen unter Berücksichtigung der dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel und des Rückgangs der Anzahl der Schutzsuchenden allerdings noch keinen systemischen Mangel des bulgarischen Asylsystems bzw. der dortigen Aufnahmebedingungen (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19.05.2017 - 11 A 52/17.A -, juris Rn. 60 - 62). Auch erhalten Schutzsuchende seit Februar 2015 - trotz eines gesetzlich vorgesehenen Anspruchs auf Sozialhilfe - zwar keine finanziellen Mittel mehr (Auskunft v. 17.12.2018, S. 2; Staatendokumentation, S. 14), dies führt jedoch angesichts der übrigen materiellen Versorgung für sich nicht zu systemischen Mängeln (so auch für nicht besonders schutzbedürftige Dublin-Rückkehrer: OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19.05.2017 - 11 A 52/17.A -, juris Rn. 91 - 93). Auch Art. 17 RL 2013/33/EU schließt insoweit Sachleistungen nicht aus. Schutzsuchende haben in Bulgarien Anspruch auf medizinische Versorgung zu den gleichen Bedingungen wie bulgarische Staatsangehörige (Auskunft v. 17.12.2018, S. 3). Dieser umfasst auch psychologische und psychiatrische Versorgung (Staatendokumentation, S. 16). Während des Asylverfahrens übernimmt der Staat die Kosten der Krankenversicherung mit Grundleistungen (Auskunft v. 17.12.2018, S. 3). Das Gesundheitssystem weist allerdings große materielle und finanzielle Defizite auf (Staatendokumentation, S. 16; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19.05.2017 - 11 A 52/17.A -, juris Rn. 80). Bei dem Zugang zu medizinischer Versorgung bestehen zudem auch praktische Hindernisse aufgrund fehlender Dolmetscher und einer mangelnden Bereitschaft einiger Ärzte zur Behandlung Schutzsuchender (vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 24.05.2018 - 4 LB 17/17 -, juris Rn. 114) bzw. einem Mangel an medizinischem Personal (Staatendokumentation, S. 16). Ferner werden bei schweren und chronischen Krankheiten einige Behandlungen nur teilweise erstattet (Auskunft v. 17.12.2018, S. 3). Eine kostenlose medizinische Notfallversorgung, auf die sich auch eine große Anzahl der bulgarischen Bevölkerung beschränken muss, ist allerdings gewährleistet (OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 24.05.2018 - 4 LB 17/17 -, juris Rn. 116 ff.; OVG Saarland, Urt. v. 19.04.2018 - 2 A 737/17 -, juris Rn. 26). Daneben verfügt das Bulgarische Rote Kreuz über einen hauptsächlich durch den UNHCR finanzierten Fonds für die Deckung der Kosten einer medizinischen Versorgung einer begrenzten Anzahl extrem vulnerabler Schutzsuchender (Auskunft v. 17.12.2018, S. 3).

Bei den Bedingungen für sogenannte Dublin-Rückkehrer ist hinsichtlich der materiellen Versorgung durch die bulgarischen Behörden zu differenzieren.

Grundsätzlich haben Dublin-Rückkehrer bis zum Vorliegen einer inhaltlich rechtskräftigen Entscheidung dieselben Unterbringungsrechte wie andere Schutzsuchende und auch ihre Krankenversicherungen werden erneuert (Staatendokumentation, S. 9). Auch in Bezug auf die persönliche Anhörung, die Rechtsbehelfe und den Zugang zu juristischer Beratung finden die gleichen Regeln und Rechte Anwendung wie bei Antragstellern im regulären Asylverfahren (VG Düsseldorf, Beschl. v. 17.05.2018 - 22 L 5756/17.A -, juris Rn. 57 f. m.w.N.). Nach Stellung eines erstmaligen Asylantrags bzw. nach Wiedereröffnung des Verfahrens wird der Dublin-Rückkehrer einem Aufnahmezentrum der Staatlichen Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (SAR) zugewiesen (Auskunft v. 17.12.2018, S. 2). Dies gilt auch für in Abwesenheit des Schutzsuchenden abgewiesene Asylanträge, sofern die Entscheidung ihm nicht zugestellt wurde (Auskunft v. 17.12.2018, S. 2; aida 2017, S. 28). Der UNHCR konnte in der jüngsten Vergangenheit keine Fälle beobachten, in denen einem Dublin-Rückkehrer, dessen Verfahren noch nicht abgeschlossen war, der Zugang zu einem Aufnahmezentrum verweigert wurde (Auskunft v. 17.12.2018, S. 2).

Demgegenüber werden Dublin-Rückkehrer, deren Asylantrag nach inhaltlicher Prüfung abgewiesen wurde und die die Entscheidung vor ihrer Ausreise erhalten haben (vor 2017 ca. 15 % der Fälle (Staatendokumentation, S. 7; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19.05.2017 - 11 A 52/17.A -, juris Rn. 75)), ohne sie fristgerecht anzufechten, in einem geschlossenen Zentrum untergebracht (Auskunft v. 17.12.2018, S. 2; ECRE/ELENA Research Note: Reception conditions, detention and procedural safeguards for asylum seekers and content of international protection status in Bulgaria, Februar 2016, S. 4; VG Düsseldorf, Beschl. v. 29.08.2018 - 29 L 2092/18.A -, juris Rn. 20 ff. m.w.N.), in der Regel in Busmantsi oder Lyubimets (aida 2017, S. 28; Auskunft des UNHCR an das VG Aachen v. 29.01.2016, im Folgenden: Auskunft v. 29.01.2016; VG Düsseldorf, Beschl. v. 29.08.2018 - 29 L 2092/18.A -, juris Rn. 24 m.w.N.) und Schritte zur Außerlandesbringung des Rückkehrers eingeleitet (Staatendokumentation, S. 9). Dies gilt auch für in Abwesenheit ergangene Entscheidungen, die rechtskräftig geworden sind, zur Überprüfung, ob die Entscheidung dem Schutzsuchenden vor seiner Ausreise zugestellt wurde (aida 2017, S. 28; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19.05.2017 - 11 A 52/17.A -, juris Rn. 64 m.w.N.; Auskunft des Auswärtigen Amts an das VG Aachen v. 27.01.2016, S. 2, im Folgenden: Auskunft v. 27.01.2016). Selbst wenn ein Folgeantrag als zulässig erachtet wird, mit der Folge einer regulären Prüfung des Asylantrags, ist eine weitere Inhaftierung wahrscheinlich (vgl. Auskunft v. 29.01.2016, S. 1; VG Düsseldorf, Beschl. v. 29.08.2018 - 29 L 2092/18.A -, juris Rn. 26). Die gesetzlich vorgesehene maximale Haftdauer liegt bei 18 Monaten, die durchschnittliche bei 12 bis 14 Tagen (vgl. Länderinformation 2018, S. 4). Von 2.194 im Jahr 2017 insgesamt inhaftierten Betroffenen befanden sich Ende des Jahres 2017 noch 30 in Haft (aida 2017, S. 55). Nur Schutzsuchende, deren Asylantrag mit einer endgültigen Entscheidung abgelehnt wurde und die keinen weiteren Antrag stellen, können in einer Haftanstalt des Hauptdirektorats der Migration zur Durchführung des Abschiebevorgangs untergebracht bleiben (vgl. Auskunft v. 29.01.2016, S. 1; Auskunft v. 27.01.2016). Nach dem Gesetz ist hierfür allerdings Voraussetzung, dass dies zur Durchsetzung der Abschiebung erfolgt, weil die Gefahr besteht, dass der Betroffene sonst nicht angetroffen wird oder dass er Auflagen nicht einhält (COE fact-finding Report 2018, S. 10 f.). Das Direktorat kann zunächst eine 30-tägige Haft anordnen, in der überprüft wird, ob der Betroffene weiter inhaftiert oder in eine offene Einrichtung verlegt werden soll (Council of Europe, Report to the Bulgarian Gouvernment on the visit to Bulgaria carried out by the European Committee für the Prevention of Torture and Inhuman or Decrading Treatment or Punishment (CPT) from 25 September to 6 October 2017, v. 04.05.2018, S. 28 Fn. 42, im Folgenden: COE Report 2018). Im Hinblick auf eine Abschiebung kann eine Inhaftnahme von bis zu sechs Monaten bzw. drei Monaten bei Familien mit Kindern angeordnet werden (COE fact-finding Report 2018, S. 11). Nach dem Gesetz soll ein Ausländer aus der Haft entlassen werden, sobald dessen Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich ist. Verlängerungen über sechs Monate hinaus bzw. drei Monate bei Frauen und Minderjährigen müssen durch ein Gericht angeordnet werden. Auch findet nach sechs bzw. drei Monaten eine automatische gerichtliche Überprüfung der Inhaftierungen statt (COE Report 2018, S. 28 Fn. 42).

In der Einrichtung in Lyubimets waren im Herbst 2017 258 von 300 Plätzen durch Männer, Frauen und Minderjährige belegt. Allerdings handelte es sich bei ihnen nicht nur um Ausländer, deren Asylantrag bereits abgelehnt worden war, zum Teil hatten sie auch keinen Asylantrag gestellt. Einige von ihnen warteten auf eine zweitinstanzliche Gerichtsentscheidung, nachdem ihre Asylanträge abgelehnt worden waren (COE fact-finding Report 2018, S. 12). Der Direktor der Einrichtung gab die durchschnittliche Aufenthaltsdauer mit zwei bis drei Monaten an, einige der dort untergebrachten Ausländer berichteten der die Einrichtung besuchenden Delegation allerdings, bereits über erhebliche längere Zeiträume dort zu sein (COE Report 2018, S. 28; COE fact-finding Report 2018, S. 12). Zwar besteht auch die Möglichkeit alternativer Maßnahmen zu einer Inhaftierung, in der Praxis würden diese allerdings eher selten angewandt (COE, fact-finding Report, 2018, S. 11). Eine Inhaftierung von unbegleiteten Kindern bis zu ihrer Abschiebung ist gesetzlich nicht zulässig (COE fact-finding Report 2018, S. 14).

Eine Kommunikation zwischen dem Personal in der Einrichtung in Lyubimets und den dort inhaftierten Ausländern findet nur unzureichend statt; auch hat es gegenüber der Delegation Beschwerden über Misshandlungen durch das einschüchternd auftretende Personal gegeben. Häufig kommt es auch zu Gewalt unter den Inhaftierten (COE Report 2018, S. 29). Eine besondere Gefährdung sah die Delegation auch für Frauen und Minderjährige, die sich die nachts nicht mit Strom versorgten Schlafsäle oft mit nicht verwandten Männern teilen mussten, die zusammen mit ihren Familien untergebracht waren (COE Report 2018, S. 30). Alleinstehende Männer werden allerdings getrennt untergebracht. Die Ausstattung der Räumlichkeiten ist sehr schlecht und die Schlafgelegenheiten schmutzig und mit Bettwanzen befallen. Bei mehreren Inhaftierten, einschließlich Kleinkindern konnte die Delegation durch Bettwanzen verursachte Hautausschläge und allergische Reaktion feststellen. Ein Zugang zu den sanitären Anlagen ist nur eingeschränkt möglich, insbesondere wenn nachts die Schlafsäle abgeschlossen werden. Für Minderjährige und insbesondere Kinder fehlt es an speziellen Lebensmitteln, Kleidung und Spielzeug. Nach Auffassung der Delegation bietet die Einrichtung in Lyubimets keine für die Unterbringung von Minderjährigen ausreichenden Bedingungen (COE Report 2018, S. 30).

Zusätzlich zu den drei täglich gereichten Mahlzeiten können die Inhaftierten dort Einkäufe in einem Geschäft tätigen (COE Report 2018, S. 31). Zwar steht ihnen für fünf Stunden am Tag auch ein asphaltierter Außenbereich zur Verfügung, Gegenstände für konstruktive Aktivitäten sind jedoch nicht vorhanden. So gibt es kein Radio- oder Fernsehgerät, keine Bücher, keine Gesellschaftsspiele, keinen Sportraum und keinen Spielplatz für Kinder (COE Report 2018, S. 32).

Die gesundheitliche Versorgung der Inhaftierten erfolgt in der Einrichtung in Lyubimets durch vor Ort eingesetztes medizinisches Personal bzw. in der Nähe gelegene Krankenhäuser (COE Report 2018, S. 32). Psychologen sind in der Einrichtung grundsätzlich ebenfalls vorhanden, auch insoweit bestehen allerdings mangels ausreichender Dolmetscherressourcen Kommunikationsprobleme (COE Report 2018, S. 33). Mehrere Inhaftierte berichteten der Delegation von einer unzureichenden fachärztlichen Versorgung (Zahnärzte, Geburtshelfer, Psychiater) und Kosten für einen Arztbesuch von bis zu 10 BGN. Auch die vorhandenen Basismedikamente müssen käuflich erworben werden. Weibliche, auch schwangere Ausländer gaben gegenüber der Delegation an, dass sie nicht zum Arzt gingen, weil es sich bei ihm um einen Mann handeln würde (COE Report 2018, S. 32).

Die Inhaftierten erhalten dort zudem kaum Informationen zu ihren Rechten in einer für sie verständlichen Sprache oder auch nur dazu, wie lange sie in Haft verbleiben müssten (COE Report 2018, S. 33 f.; vgl. auch COE fact-finding Report 2018, S. 12 f.). Eine Rechtshilfe von Amts wegen war im Herbst 2017 im Verwaltungsverfahren nicht vorgesehen (COE Report 2018, S. 34; CEO fact-finding Report, S. 8). Prozesskostenhilfe ist in Haftanstalten nicht zu erlangen (COE fact-finding Report 2018, S. 13; vgl. auch COE Report 2018, S. 34). Bulgarien hatte allerdings im Winter 2017 bereits begonnen, bestehende Rechtsvorschriften zu reformieren, um eine wirksame gerichtliche Kontrolle der Inhaftierung von Ausländern bis zur Abschiebung zu gewährleisten (COE fact-finding Report 2018, S. 11). Inwieweit sich die Bedingungen in der Praxis bereits verbessert haben, konnte das Gericht nicht ermitteln. Viele der bis zu ihrer Abschiebung Inhaftierten konnten im November 2017 keine Haftanordnung vorlegen. Eine Änderung der gesetzlichen Vorgaben im Dezember 2017 könnte insoweit allerdings zu einer Verbesserung geführt haben (COE fact-finding Report 2018, S. 12). In Berufungsverfahren ist eine staatlich finanzierte Rechtsberatung erst nach Formulierung und Einreichung der Rechtsmittelschrift vorgesehen (aida 2017, S. 23).

Erkenntnisse zu positiveren Verhältnissen in der Einrichtung in Busmantsi, in der ebenfalls abgelehnte Schutzsuchende untergebracht werden, oder zu einer zwischenzeitlich eingetretenen Verbesserung der Bedingungen für zur Durchsetzung der Abschiebung inhaftierte Schutzsuchende hat das Gericht nicht gewinnen können.

Abgelehnte Schutzsuchende, die aus der Haft entlassen werden, erhalten durch die bulgarischen Behörden keine materielle Versorgung (vgl. auch VG Düsseldorf, Beschl. v. 29.08.2018 - 29 L 2092/18.A -, juris Rn. 29 f.). Dies gilt auch im Falle eines als unzulässig abgelehnten Folgeantrags (VG Düsseldorf, Beschl. v. 29.08.2018 - 29 L 2092/18.A -, juris Rn. 29, 35 m.w.N.) und auch bei einer Entlassung bereits während der Überprüfung eines Folgeantrags (Auskunft v. 17.12.2018, S. 2; vgl. hierzu auch, weniger differenzierend: Länderinformation 2018, S. 5, und Staatendokumentation, S. 9). Während der Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags im Eilverfahren hat der Betroffene kein Recht auf materielle Versorgung, sondern lediglich ein Recht auf Übersetzerleistungen (Staatendokumentation, S. 14; vgl. auch Auskunft v. 17.12.2018, S. 2, und Länderinformation 2018, S. 5). Grundsätzlich haben Folgeantragsteller noch nicht einmal einen Anspruch auf medizinische Versorgung (vgl. Staatendokumentation, S. 9, 14, 16). Wie oben bereits ausgeführt, haben sie allerdings Zugang zu einer kostenlosen medizinischen Notfallversorgung. Nach den Angaben der SAR wird zudem bei - etwa aus gesundheitlichen Gründen - vulnerablen Dublin-Rückkehrern das Asylverfahren wieder aufgenommen und der Betroffene habe alle gesetzlich vorgesehenen Rechte eines Schutzsuchenden (Staatendokumentation, S. 9; vgl. auch Länderinformation 2018, S. 5).

Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse geht das Gericht davon aus, dass die Antragstellerin, deren Asylantrag bereits inhaltlich abgelehnt wurde, bei ihrer Rückkehr nach Bulgarien in Haft genommen würde und ihr die damit verbundenen Unterbringungsbedingungen nicht zuzumuten wären (dazu a). Selbst bei ihrer Freilassung wäre sie einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung ausgesetzt (dazu b).

a) Die Haftbedingungen in Bulgarien für abgelehnte Schutzsuchende wären der Antragstellerin nicht zuzumuten. Dies folgt für das Gericht aus einer Gesamtwürdigung der folgenden Erwägungen: Frauen sind zum Teil zusammen mit nicht verwandten Männern in einem nachts nicht mit Strom versorgten, zum Teil verschlossenen Schlafsaal untergebracht, woraus sich eine besondere Gefahr von Übergriffen ergibt. Die hygienischen Zustände der Schlafgelegenheiten sind mangelhaft, ein Aufsuchen der sanitären Anlagen in der Nacht nicht immer möglich und die Versorgung mit Hygieneartikeln nicht gewährleistet. Möglichkeiten der Freizeitbeschäftigung stehen so gut wie nicht zur Verfügung. Eine kostenlose medizinische Versorgung ist nicht gewährleistet, obwohl die Inhaftierten keine finanzielle Unterstützung erhalten. Frauen wird zudem nicht eine Behandlung durch einen weiblichen Arzt ermöglicht, wodurch sie zum Teil von einer Inanspruchnahme medizinischer Versorgung abgehalten werden. Eine Inanspruchnahme von Rechtsschutz, wie sie auch in Art. 5 Abs. 4 EMRK vorgesehen ist, wird durch eine unzureichende Information der Inhaftierten über ihre Rechte und nicht vorgesehene staatliche (kostenlose) Rechtshilfe zumindest erschwert (vgl. auch VG Düsseldorf, Beschl. v. 29.08.2018 - 29 L 2092/18.A -, juris Rn. 27 f.).

b) Auch bei einer Entlassung der Antragstellerin aus der Haft, wäre sie aufgrund der sie in Bulgarien erwartenden Lebensbedingungen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt.

Bei der Prüfung, ob Bulgarien hinsichtlich der Behandlung von rücküberstellten Schutzsuchenden gegen Art. 3 EMRK verstößt, ist ein strenger Maßstab anzulegen (Nds OVG, Urt. v. 09.04.2018 - 10 LB 92/17 -, juris Rn. 27). Auch ist im Hinblick auf die Situation rücküberstellter Schutzsuchender zu beachten, dass Art. 3 EMRK die Vertragsstaaten nicht aus sich heraus dazu verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen und Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (OVG Saarland, Urt. v. 19.04.2018 - 2 A 737/17 -, juris Rn. 20; Nds. OVG, Urt. v. 04.04.2018 - 10 LB 96/17 -, juris Rn. 37). Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Verhalten des Staates im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch den Vertragsstaat zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Personen auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen. Schutzsuchende müssen sich deshalb auf den für alle bulgarischen Staatsangehörigen vorhandenen Lebensstandard verweisen lassen. Durch Missstände im sozialen Bereich wird die Eingriffsschwelle von Art. 3 EMRK mithin nur unter strengen Voraussetzungen überschritten (Nds. OVG, Urt. v. 04.04.2018 - 10 LB 96/17 -, juris Rn. 37). Es ist aber jedenfalls mit den vorgenannten Vorschriften unvereinbar wenn Schutzsuchende (oder anerkannte Schutzberechtigte oder abgelehnte Schutzsuchende) - in einem ihnen völlig fremden Umfeld - vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig sind und staatlicher Untätigkeit sowie Indifferenz gegenüberstehen, obwohl sie sich in ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befinden, mithin, wenn sie ihren existenziellen Lebensunterhalt nicht sichern können (etwa Fehlen eines Zugangs zum Arbeitsmarkt und staatlicher Unterstützung), kein Obdach finden oder keinen Zugang zu einer medizinischen Behandlung erhalten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.08.2018 - 1 B 25.18 -, juris Rn. 10, 11). Danach liegt eine ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK (insbesondere) vor, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung mit Blick auf das Gewicht und Ausmaß einer drohenden Beeinträchtigung dieser Grundrechte mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit die reale, nämlich durch eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass der Betroffene in dem Mitgliedstaat, in den er überstellt werden soll, wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z.B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) - im Unterschied zu den Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats - nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann und der betreffende Mitgliedstaat dem mit Gleichgültigkeit begegnet, weil er auf die gravierende Mangel- und Notsituation nicht mit (geeigneten) Maßnahmen reagiert (Nds. OVG, Urt. v. 09.04.2018 - 10 LB 92/17 -, juris Rn. 32).

Einer solchen Situation wäre die Antragstellerin in Bulgarien bei ihrer Entlassung aus der Haft mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt. Abgelehnte Schutzsuchende haben nach Beendigung ihrer Inhaftierung, auch wenn sie einen Folgeantrag gestellt haben, nach den aktuell vorliegenden Erkenntnismitteln keinen Anspruch auf materielle Versorgung. Der Antragstellerin droht daher bei einer Entlassung aus der Haft mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Obdachlosigkeit (vgl. auch VG Düsseldorf, Beschl. v. 29.08.2018 - 29 L 2092/18.A -, juris Rn. 35) ohne jegliche staatliche Unterstützungsleistung, so dass die Befriedigung ihrer elementaren menschlichen Grundbedürfnisse nicht gewährleistet wäre (vgl. VG Karlsruhe, Urt. v. 30.10.2018 - A 13 K 15354/17 -, juris Rn. 34 zu Folgeantragstellern). Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragstellerin in der Lage wäre, in Bulgarien selbst für sich in zumutbarer Weise zu sorgen (anders für einen alleinstehenden jungen Mann: VG Düsseldorf, Beschl. v. 17.05.2018 - 22 L 5756/17.A -, juris Rn. 73; vgl. dazu auch OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 24.05.2018 - 4 LB 17/17 -, juris Rn. 101). Selbst anerkannt Schutzberechtigten droht in Bulgarien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Obdachlosigkeit und sie haben große Schwierigkeiten eine Arbeitsstelle zu finden, ohne finanzielle Unterstützung durch den bulgarischen Staat (Nds. OVG, Urt. v. 31.01.2018 - 10 LB 87/17 -, juris; a.A. VG Karlsruhe, Urt. v. 30.10.2018 - A 13 K 3922/18 -, juris). Dass die Bedingungen für abgelehnte Schutzsuchende besser sein könnten, als für anerkannte Schutzberechtige ist nicht ersichtlich und liegt fern. Zureichende Bemühungen Bulgariens zur Verbesserung der Bedingungen für abgelehnte Schutzsuchende sind nicht zu erkennen. So fehlt es etwa bereits an einem gesetzlich vorgesehen Anspruch auf eine gewisse Mindestversorgung zur Sicherung der elementarsten menschlichen Bedürfnisse.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.