Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 26.06.2018, Az.: 19 WF 76/18

Beschwerde gegen die Ratenzahlungsanordnung in dem Verfahrenskostenhilfe bewilligenden Beschluss des Familiengerichts

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
26.06.2018
Aktenzeichen
19 WF 76/18
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 67595
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Nienburg - 02.05.2018 - AZ: 8 F 311/16

Fundstellen

  • FamRZ 2018, 1592
  • FuR 2019, 227-228
  • MDR 2018, 1468

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Nienburg vom 21. März 2018 in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 2. Mai 2018 unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde teilweise geändert und die Rate auf die Verfahrenskosten wird auf 240 € festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe

Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen die Ratenzahlungsanordnung in dem ihr Verfahrenskostenhilfe bewilligenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Nienburg vom 21. März 2018.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 569 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO zulässig, jedoch nur teilweise begründet.

Die vom Amtsgericht nach §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 115 Abs. 2 ZPO festgesetzte Rate von zunächst 634 € monatlich, die durch Teilabhilfebeschluss vom 2. Mai 2018 auf 560,16 € herabgesetzt worden ist, war im Beschwerdeverfahren auf 240 € zu reduzieren. Dazu im Einzelnen:

1. Die Antragsgegnerin hat angemessene Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 124 € glaubhaft gemacht. Aus der vorliegenden Entgeltabrechnung ergibt sich, dass monatlich 36,79 € für die Zusatzversorgung bei der VBL von dem Nettoeinkommen einbehalten werden. Darüber hinaus zahlt die Antragsgegnerin monatlich 15 € auf die D. Lebensversicherung, wobei es sich um eine so genannte Riester-Rente handelt. Schließlich hat sie im Beschwerdeverfahren Beiträge an die L. in Höhe von 50,72 € (Kfz-Haftpflicht), 8,85 € (Hausrat), 7,66 € (Haftpflicht) und 5 € (Krankenzusatzversicherung) glaubhaft gemacht. Ferner hat sie die Zahlung eines Gewerkschaftsbeitrages in Höhe von 15,22 € glaubhaft gemacht, den der Senat berücksichtigt.

2. Zu Recht hat das Amtsgericht berufsbedingte Fahrtkosten in Höhe von 145,60 € - und nicht 308 € - berücksichtigt. Berufsbedingte Fahrtkosten mit dem eigenen Kraftfahrzeug können nach Maßgabe des § 82 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 6 Nr. 2 lit. a der Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII vom 28. November 1962, zuletzt geändert durch Art. 12 Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 21. März 2005 (BGBl. I. S.818) in Höhe von 5,20 € je Entfernungskilometer pro Monat angesetzt werden. Der Einkommensbegriff des § 115 ZPO knüpft an denjenigen des Sozialhilferechts an. Dies zeigt sich an den Verweisungen des § 115 Abs. 1 Nr. 1 a auf § 82 SGB XII und § 115 Abs. 1 Nr. 1 b und Nr. 2 auf die Anlage zu § 28 des SGB XII sowie des § 115 Abs. 3 auf § 90 SGB XII. Die Verfahrenskostenhilfe ist eine spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege. Die Pauschale von monatlich 5,20 € je Entfernungskilometer deckt die Betriebskosten einschließlich Steuern ab (BGH, Beschluss vom 8. August 2012 - XII ZB 291/11).

3. Die Telefonkosten und GEZ-Gebühren sind aus dem Freibetrag zu bezahlen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts verwiesen. Für L. wird ein Freibetrag in Höhe von 295 € berücksichtigt, der den geltend gemachten Barunterhalt in Höhe von 220 € zuzüglich Semesterbeitrag übersteigt.

4. Anders als das Amtsgericht berücksichtigt der Senat den Kindergartenbeitrag für K. in Höhe von 220 € monatlich.

Teilweise wird zwar vertreten, dass Beiträge für den Besuch eines Kindergartens zu den Kosten des allgemeinen Lebensbedarfs gehören, die durch Freibeträge und Unterhaltsleistungen abgedeckt werden (OLG Stuttgart, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 8 WF 140/05 -, Rn. 11, juris). Diese würden jedenfalls dann keine besonderen Belastungen darstellen, wenn Kindesunterhalt gezahlt wird, der die Regelsätze der Sozialhilfe erreicht oder übersteigt (BeckOK ZPO/Reichling ZPO § 115 Rn. 43-43.1, beck-online). Durch diesen Regelsatz werde der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts abgedeckt (§ 28 Abs. 1 S. 1 SGB XII) (OLG Stuttgart, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 8 WF 140/05 -, Rn. 11, juris).

Nach anderer Auffassung stellen Kindergartenbeiträge im Rahmen der VKH/PKH- Beurteilung besondere Belastungen dar und sind vom Einkommen abzuziehen, soweit sie nicht unangemessen hoch sind (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Beschluss vom 16. Mai 2011 - 4 WF 71/11 -, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06. Mai 2011 - 5 WF 79/11 -, juris; Wittenstein in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl. 2017, § 115 ZPO Rn. 44).

Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Ansicht an. Dafür spricht, dass der Gesetzgeber die Kosten für die Kinderbetreuung zwar als Bestandteil des notwendigen Lebensunterhalts anerkannt hat, diesem Bedarf bei Hilfebedürftigen aber keinen Regelsatzbetrag zugewiesen hat, weil er von der grundsätzlichen Kostenfreiheit der Kinderbetreuung bei Bedürftigen ausging (Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. Juni 2013 - 4 Ta 11/13 -, Rn. 19, juris). Kindergartenbeiträge müssen bei Sozialhilfeberechtigung nicht von der betroffenen Familie selbst aufgebracht werden (Wittenstein a.a.O.). Denn nach § 90 Abs. 3 SGB VIII soll ein Kostenbeitrag für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege nicht erhoben oder vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden, wenn die Belastung den Eltern oder dem Kind nicht zuzumuten ist (Landesarbeitsgericht Baden- Württemberg, Beschluss vom 27. Juni 2013 - 4 Ta 11/13 -, Rn. 18, juris). Dementsprechend ist es angemessen, wenn die Kindergartenbeiträge bei VKH- Berechtigung vorab vom Einkommen abgezogen werden.

5. Nach alledem stellt sich die Berechnung der Ratenhöhe wie folgt dar:

A. Einzusetzendes Einkommen

Einkommen nach § 115 Abs.1 S.1 ZPO
Geld und Geldeswert (1.526,19 € + 368 € + 805 €)2.699,19 Euro
Steuern/Abgaben, Werbungskosten, Erwerbstätigenfreibetrag (§ 115 Abs.1 Nr.1 ZPO)
Kilometer28
angemessene Beiträge zu anderen Versicherungen o.ä.124,00 Euro
Fahrtkosten (28 * 5,20)145,60 Euro
weitere mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendigen Ausgaben15,22 Euro
Erwerbspauschale219,00 Euro
Abzüge nach Nr.1503,82 Euro
Grundfreibeträge, Unterhalt (§ 115 Abs.1 Nr.2 ZPO)
Eigenbedarf481,00 Euro
Einkommen der 1. weiteren Person im Haushalt:88,00 Euro
1. weitere Person im Haushalt 20 Jahre alt295,00 Euro
Einkommen der 2. weiteren Person im Haushalt:410,00 Euro
Einkommen der 3. weiteren Person im Haushalt:407,00 Euro
Einkommen der 4. weiteren Person im Haushalt:265,50 Euro
4. weitere Person im Haushalt 4 Jahre alt9,50 Euro
Bedarf nach § 115 Abs.1 Nr.2 ZPO785,50 Euro
Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 115 Abs.1 Nr.3 ZPO)
angem. Kosten für Unterkunft und Heizung709,20 Euro
besondere Belastungen (§ 115 Abs.1 Nr.5 ZPO)
Kindergartenbeitrag220,00 Euro
Einzusetzendes Einkommen nach 115 Abs.2 ZPO
Geld und Geldeswert2.699,19 Euro
Abzüge nach § 115 Abs.1 Nr.1 ZPO-503,82 Euro
Abzüge nach § 115 Abs.1 Nr.2 ZPO-785,50 Euro
Abzüge nach § 115 Abs.1 Nr.3 ZPO-709,20 Euro
Abzüge nach § 115 Abs. 1 Nr.5 ZPO-220,00 Euro
einzusetzen480,67 Euro
B. Höhe der Monatsrate
Monatsrate: 480,67 Euro: 2240,33 Euro

Die Monatsrate war gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 115 Abs. 2 Satz 1, 2. Hs. ZPO auf volle Euro abzurunden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 1, 3 Abs. 2 FamGKG (Nr. 1912 Kostenverzeichnis).