Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 02.06.2020, Az.: 3 A 6400/17

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
02.06.2020
Aktenzeichen
3 A 6400/17
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2020, 71508
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Soweit die Kläger ihre Klage zurückgenommen haben, wird das Verfahren eingestellt.

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger zu 1. die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Der Bescheid der Beklagten vom H. 2017 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu drei Viertel und die Beklagte zu einem Viertel.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die jeweiligen Vollstreckungsschuldner dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweiligen Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Tatbestand:

Der Kläger zu 1. begehrt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Der am I. geboren Kläger zu 1. besitzt, wie auch seine Frau, die Klägerin zu 2. und deren gemeinsame Tochter, die Klägerin zu 3. die eritreische Staatsangehörigkeit. Nach seinen Angaben verließ er sein Heimatland am J. und ging in den Sudan. Dort lernte er die Klägerin zu 2. kennen, welche Eritrea nach ihren Angaben am K. verlassen hatte. Gemeinsam reisten sie über Libyen, Italien und Österreich kommend nach Deutschland, wo sie am L. ankamen. In Italien wurde die Klägerin zu 3. geboren. Am M. beantragten sie förmlich Asyl. Gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab der Kläger zu 1. unter anderem an, er habe in Eritrea, als er bereits volljährig gewesen sei, von der Gemeindeverwaltung seine Einberufung zum Militärdienst erhalten. Ein Kurier habe die Einberufung seiner Mutter übergeben, die zuhause gewesen sei. Auf dem Schreiben habe sich ein Stempel der Verwaltung befunden. Er sei in dem Schriftstück aufgefordert worden, nach Sawa zu gehen, um seine Nationalpflicht zu erfüllen. Da er den Dienst nicht habe antreten wollen, sei er geflohen.

Mit Bescheid vom H. 2017, zugestellt am N. 2017, erkannte die Beklagte den Klägern den subsidiären Schutzstatus zu und lehnte ihre Asylanträge im Übrigen ab. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, die bloße Heranziehung zum Nationaldienst stelle, wie sich aus § 3 Abs. 2 Nr. 5 des Asylgesetzes (AsylG) ergebe, keine flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung dar. Die Pflicht, den Dienst abzuleisten, betreffe alle Staatsangehörigen Eritreas ohne Ansehen der Persönlichkeitsmerkmale des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gleichermaßen. Die in Eritrea drohende Bestrafung wegen der Umgehung der Dienstpflicht durch eine illegale Ausreise stellte ebenfalls keine flüchtlingsschutzrelevante Verfolgung dar.

Am O. 2017 haben die Kläger Klage erhoben. Sie tragen im Wesentlichen vor, die Beklagte habe die Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft zu Unrecht abgelehnt.

Die Kläger haben ursprünglich beantragt, den Bescheid der Beklagten vom H. 2017 bezüglich der Ziffer 2 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger zu 2. und 3. ihre Klage zurückgenommen. Der Kläger zu 1. hat seine Klage ebenfalls in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen, soweit er beantragt hatte, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen.

Der Kläger zu 1. beantragt nunmehr,

die Beklagte wird verpflichtet, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen und der Bescheid der Beklagten vom P..2017 wird aufhoben, soweit er dem entgegensteht.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich zur Begründung auf die angefochtene Entscheidung.

Der Kläger zu 1. ist in der mündlichen Verhandlung informatorisch zu seinem Verfolgungsschicksal befragt worden. Wegen der Einzelheiten der Befragung wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte, obwohl die Beklagte der mündlichen Verhandlung ferngeblieben ist, verhandeln und entscheiden, weil in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist, § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Soweit die Kläger ihre Klage zurückgenommen haben, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.

Im Übrigen ist die zulässige Klage begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom H. 2017 ist rechtswidrig, soweit die Beklagte darin unter der Ziffer 2. den Antrag des Klägers zu 1. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgelehnt hat. Der Kläger zu 1. ist dadurch in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Er hat einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren auf Grund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, das heißt mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine "qualifizierende" Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, Urt. v. 20.02.2013 – 10 C 23/12, juris Rn. 19, 32 = NVwZ 2013, 936, 938, 940).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Der Kläger zu 1. hat glaubhaft vorgetragen, in Eritrea bereits das dienstfähige Alter erreicht, einen Einberufungsbefehl erhalten zu haben und deshalb geflohen zu sein. Für die Glaubhaftigkeit seiner Angaben spricht insbesondere, dass er sowohl in der Anhörung vor dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung einen in sich schlüssigen Sachverhalt ohne erkennbare Widersprüche vorgetragen hat. Auf Nachfragen war er in der Lage, Details zu dem Vorgang wiederzugeben. So hat er in der mündlichen Verhandlung angegeben, an diesem Tag auf dem Feld gearbeitet zu haben. Als er von dort nach Hause gekommen sei, hätten sich seine Mutter und seine Geschwister vor dem Haus aufgehalten und ihm das Schriftstück übergeben Dieses sei mit einem Stempel/Siegel der Gemeindeverwaltung versehen gewesen. Nach seinen Emotionen in diesem Moment befragt, hat der Kläger angegeben, er habe an seinen Vater gedacht, der ja bereits verstorben gewesen sei. Außerdem habe er gedacht, wenn er jetzt nach Sawa gehe, werde seine Freiheit noch weiter eingeschränkt, als sie es ohnehin schon sei. Seine Mutter habe seine Einberufung ebenfalls kritisch gesehen.

Der Kläger zu 1. müsste aufgrund seiner Flucht vom Nationaldienst in Eritrea mit einer Bestrafung rechnen. Personen, die sich dem Wehr- und Nationaldienst entziehen, werden – unabhängig davon, ob sie vor der Einberufung fliehen, vom aktiven Dienst desertieren oder im Wehr- und Nationaldienst fähigen Alter ausreisen – regelmäßig willkürlich und ohne Anklage inhaftiert (Amnesty International, Stellungnahme an das VG Magdeburg vom 02.08.2018, S. 4). Wehrdienstverweigerung wird mit Umerziehungslageraufenthalten oder mit Gefängnis bestraft (Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschieberelevante Lage in Eritrea vom 22. März 2019 – im Folgenden: aktueller Lagebericht Eritrea –, S. 15). Während Kriegszeiten wird gemäß Art. 297 des eritreischen Strafgesetzbuchs Wehrdienstverweigerung mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. In der Praxis hingegen werden den meisten Quellen zufolge Deserteure und Wehrdienstverweigerer verhaftet, wenn sie vor ihrer Ausreise im Inland oder nach der Rückkehr am Flughafen aufgegriffen werden. Häufig werden sie danach ohne Anklagen, Verfahren oder Haftfrist in Isolationshaft gehalten (EASO-Bericht, Länderfokus Eritrea, Mai 2015, Ziff. 3.8.1).

In der Haft wäre er einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt.

Die Haftbedingungen sind in Eritrea häufig unmenschlich hart und lebensbedrohlich, insbesondere wegen massiver Überbelegung der Gefängnisse, unzureichender medizinischer Behandlung und der Anwendung von Isolations-Haft. Folter und Misshandlungen sind während der Inhaftierung verbreitet (VG Düsseldorf Urt. v. 9.11.2017 – 6 K 13718/16, BeckRS 2017, 134165 Rn. 34, m. w. N.; aktueller Lagebericht Eritrea, S. 18). Berichtet wird insoweit, von unterirdischen Haftanstalten beziehungsweise solchen in Schiffscontainern. In letzteren kann es aufgrund des Klimas in Eritrea extrem heiß werden. Die Haftzellen in eritreischen Gefängnissen sind oft derart überfüllt, dass sich die Häftlinge nur abwechselnd oder gar nicht hinlegen können. Die hygienischen Bedingungen sind schlecht. In manchen Gefängnissen gibt es anstelle einer Toilette nur ein Loch im Boden oder einen Kübel. Hofgang wird oft nicht erlaubt. Es gibt kaum medizinische Versorgung. Die Essensrationen sind klein und wenig nahrhaft, der Zugang zu Trinkwasser eingeschränkt.Angehörige haben häufig keinen Zugang zu den Häftlingen (zum Ganzen: EASO-Bericht, Länderfokus Eritrea, Mai 2015, Ziff. 4.1). Häftlinge werden über lange Zeiträume in schmerzhaften Positionen gefesselt, mit Stöcken oder Elektrodrähten geschlagen oder gezwungen, barfuß über scharfe Gegenstände zu laufen oder mit dem Körper über sie zu rollen (Amnesty International, Stellungnahme an das VG Magdeburg vom 02.08.2018, S. 5).

Die Inhaftierung des Klägers zu 1. würde im Sinne des § 3 Abs. 4 Hs. 1 AsylG wegen seiner politischen Überzeugung erfolgen.

§ 3 a Abs. 3 AsylG bestimmt hierzu – ergänzend und klarstellend –, dass zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 3 b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen muss. Die Verfolgungsmaßnahme muss darauf gerichtet sein, den von ihr Betroffenen gerade in Anknüpfung an einen oder mehrere Verfolgungsgründe zu treffen. Ob die Verfolgung „wegen“ eines Verfolgungsgrundes erfolgt, mithin entweder die Verfolgungshandlung oder das Fehlen von Schutz vor Verfolgung oder beide auf einen der in § 3 b AsylG genannten Verfolgungsgründe zurückgehen, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme zu beurteilen, nicht hingegen nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten. Diese Zielgerichtetheit muss nicht nur hinsichtlich der durch die Verfolgungshandlung bewirkten Rechtsgutverletzung, sondern auch in Bezug auf die Verfolgungsgründe im Sinne des § 3 b AsylG, an die die Handlung anknüpft, anzunehmen sein. Für die „Verknüpfung“ reicht ein Zusammenhang im Sinne einer Mitverursachung aus. Gerade mit Blick auf nicht selten komplexe und multikausale Sachverhalte ist nicht zu verlangen, dass ein bestimmter Verfolgungsgrund die zentrale Motivation oder die alleinige Ursache einer Verfolgungsmaßnahme ist. Indes genügt eine lediglich entfernte, hypothetische Verknüpfung mit einem Verfolgungsgrund den Anforderungen des § 3 a Abs. 3 AsylG nicht (zum Ganzen: BVerwG, Urt. v. 19.04.2018 – 1 C 29/17 –, NVwZ 2018, 1408, m. w. N.).

Diese Maßstäbe zugrunde gelegt, geht der Einzelrichter davon aus, dass der Kläger zu 1. zumindest auch wegen der ihm von staatlicher Seite zugeschriebenen politischen Überzeugung fürchten muss, in Eritrea verhaftet und inhaftiert zu werden.

§ 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG bestimmt, dass unter dem Begriff der politischen Überzeugung insbesondere zu verstehen ist, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c AsylG genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

Ausgehend hiervon wird die politische Überzeugung in erheblicher Weise unterdrückt, wenn ein Staat mit Mitteln des Strafrechts oder in anderer Weise auf Leib, Leben oder die persönliche Freiheit des Einzelnen schon deshalb zugreift, weil dieser seine mit der Staatsraison nicht übereinstimmende politische Meinung nach außen bekundet und damit notwendigerweise eine geistige Wirkung auf die Umwelt ausübt und meinungsbildend auf andere einwirkt. Hiervon kann insbesondere auszugehen sein, wenn er eine Behandlung erleidet, die härter ist als sie sonst zur Verfolgung ähnlicher – nichtpolitischer – Straftaten von vergleichbarer Gefährlichkeit im Verfolgerstaat üblich ist (sogenannter „Politmalus“). Demgegenüber liegt grundsätzlich keine Sanktionierung einer politischen Überzeugung vor, wenn die staatliche Maßnahme allein der Durchsetzung einer alle Staatsbürger gleichermaßen treffenden Pflicht dient. So liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Sanktionen, die an eine Wehrdienstentziehung anknüpfen, nicht schon für sich allein politische Verfolgung, selbst wenn diese von totalitären Staaten verhängt werden. Solche Maßnahmen begründen nur dann eine flüchtlingsrechtlich erhebliche Furcht vor Verfolgung, wenn sie den Betroffenen über die Ahndung des allgemeinen Pflichtverstoßes hinaus wegen asylerheblicher Merkmale, insbesondere wegen einer wirklichen oder vermuteten, von der herrschenden Staatsdoktrin abweichenden politischen Überzeugung treffen sollen, wofür Indizien ein unverhältnismäßiges Ausmaß der Sanktionen oder deren diskriminierender Charakter sein können. Dabei kommt es stets darauf an, ob der Staat seine Bürger in den genannten Merkmalen zu disziplinieren, sie ihretwegen niederzuhalten oder im schlimmsten Fall zu vernichten sucht oder ob er lediglich seine Herrschaftsstruktur aufrechtzuerhalten trachtet und dabei die Überzeugung seiner Staatsbürger unbehelligt lässt. Die Lasten und Beschränkungen, die ein autoritäres System eines fremden Staates seiner Bevölkerung allgemein auferlegt, vermögen für sich allein einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht zu begründen. Das bloße Aufrechterhalten oder Wiederherstellen „staatsbürgerlicher Disziplin“, also des Gehorsams der „Gewaltunterworfenen“ gegenüber Gesetzen, die nicht ihrerseits flüchtlingsschutzrelevanten Inhalt haben, ist daher für sich allein – auch wenn hierbei mit großer Härte vorgegangen wird – keine politische Verfolgung. Unter diesen Gesichtspunkten ist daher auch der Zweck konkret angedrohter oder befürchteter Sanktionen festzustellen. Von gleicher Bedeutung können auch die konkreten Umstände staatlichen Vorgehens und die praktische Handhabung der Sanktionsnorm sein. Insoweit sind sowohl etwaige Manipulationen des Strafvorwurfs wie auch die formellen Kriterien zu würdigen, nach denen ein staatlicher Eingriff stattfindet. Es macht einen Unterschied, ob die Entscheidung durch unabhängige, nur einem bereits vorliegenden Gesetz unterworfene allgemeine Gerichte erfolgt oder staatlichen Organen wie Polizei, Militär, Sondergerichten überantwortet wird beziehungsweise gar ohne rechtliche Grundlage und ohne Durchführung eines geordneten Verfahrens erfolgt. Eine insoweit bestehende Bindungslosigkeit der staatlichen Strafgewalt spricht in erheblichem Maße für eine politische Verfolgung.

Ein Staat kann eine politisch motivierte Verfolgung schließlich auch ohne Rücksicht auf das Vorhandensein einer (zugeschriebenen) Überzeugung betreiben. Davon ist in der Regel auszugehen, wenn der Staat an sich belanglose äußere Verhaltensweisen seiner Bürger, wie zum Beispiel das illegale Verlassen des Heimatstaates oder einen im Ausland gestellten Asylantrag, pauschal zum Anlass für eine Gesinnungsverfolgung nimmt. Eine solche Verfolgungssituation kommt aber nur in Ausnahmefällen in Betracht und setzt ein in besonderem Maße unduldsames Regime voraus, das aufgrund einer alle Lebensbereiche umfassenden ideologisch einseitig ausgerichteten totalitären Struktur zu Überreaktionen neigt (zum Ganzen: Hamburgisches OVG, Urt. v. 21.09.2018 – 4 Bf 186/18.A –, juris Rn. 56f., m. w. N. zur Rspr. d. BVerwG).

Gemäß § 3b Abs. 2 AsylG ist es bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden. Maßgebend dafür, ob die befürchtete Verfolgung eine politische ist, sind daher allein die Gründe, aus denen der Verfolgerstaat die drohende Verfolgung betreibt, nicht hingegen die Motive des Verfolgten (BVerwG, Urt. v. 17.05.1983 – 9 C 36/83 –, juris Rn. 23; Urt. v. 19.08.1986 – 9 C 322/85 –, juris Rn. 12).

Die dargestellten Voraussetzungen dafür, dass der Kläger zu 1. aufgrund einer ihm zugeschriebenen politischen Überzeugung in Eritrea inhaftiert werden wird, sind mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erfüllt.

Es ist davon auszugehen, dass die eritreischen Behörden ihm aufgrund seiner Flucht vom Nationaldienst eine oppositionelle Gesinnung unterstellen.

Entziehen sich eritreische Staatsangehörige für die dortigen staatlichen Behörden erkennbar ihrer Pflicht zum Nationaldienst, wird ihnen eine regimefeindliche Haltung und Verrat an der nationalen Sache unterstellt. Die zu befürchtende Verfolgung knüpft in diesen Fällen an eine politische Überzeugung und damit an ein flüchtlingsschutzrelevantes Merkmal an (so z. B. auch: VG Minden, Urt. v. 13.11.2014 – 10 K 2815/13.A –, juris Rn. 43 ff., m. w. N.; VG Saarland, Urt. v. 22.01.2015 – 3 K 403/14 –, juris Rn. 34; VG Schwerin, Urt. v. 29.02.2016 – 15 A 3628/15 As SN –, juris Rn. 62; VG Hannover, Urt. v. 26.10.2016 – 3 A 5251/16 –, juris; VG Cottbus, Urt. v. 10.11.2017 – 6 K 386/15.A –, BeckRS 2017 134973 Rn. 35 ff.; vgl. auch: Amnesty International, Stellungnahme an das VG Magdeburg vom 02.08.2018, S. 3).

Für eine politisch motivierte Verfolgung bei Desertion/Wehrdienstentziehung spricht grundsätzlich schon der ideologische Stellenwert des eritreischen Nationaldienstes. Dieser ist aufgrund seiner Ausgestaltung als ein politisches Projekt einzustufen. Er unterscheidet sich von den Militärdiensten anderer Staaten darin, dass er nicht nur der Landesverteidigung dient, sondern auch dem Wiederaufbau des Landes nach dem Unabhängigkeitskrieg und der Vermittlung der nationalen Ideologie. Der Nationaldienst wird in Eritrea als „Schule der Nation“ verstanden. Gemäß der Nationaldienst-Proklamation Nr. 82/1995 sind die Ziele des Nationaldiensts:

„Eine starke Armee zu etablieren, um ein freies und unabhängiges Eritrea zu sichern;

Den Mut, die Entschlossenheit und das Heldentum, das unser Volk in den letzten dreißig Jahren gezeigt hat, zu erhalten und den künftigen Generationen weiterzugeben;

Eine Generation zu schaffen, die Arbeit und Disziplin liebt und am Wiederaufbau der Nation teilnehmen und dienen will;

Die Wirtschaft des Landes zu entwickeln durch Investitionen in die Entwicklung unseres Volkes als potentiellen Reichtum;

Das Gefühl der nationalen Einheit in unserem Volk zu stärken um sub-nationale Gefühle zu eliminieren.“

(zitiert nach EASO-Bericht, Länderfokus Eritrea, Mai 2015, Ziff. 3.; vgl. auch SEM Focus Eritrea, Update Nationaldienst und illegale Ausreise, vom 22.06.2016, aktualisiert am 10. August 2016, Ziff. 1.1.1)

Bei Betrachtung dieser Ziele zeigt sich, dass der eritreische Staat mit dem Konzept des Nationaldienstes unmittelbar auf die Überzeugung der Staatsbürger einzuwirken und diese darin zu disziplinieren versucht. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass es sich bei Eritrea um einen totalitären Militärstaat handelt, der durch und durch militarisiert ist und in dem das Verhältnis des Staates zur Bevölkerung zentral durch den aus einem militärischen und einem zivilen Teil bestehenden Nationaldienst bestimmt wird. Das Regime versucht mittels des Nationaldienstes gezielt und bereits frühzeitig auf die politische Überzeugung seiner Bürger einzuwirken. Dies zeigt sich insbesondere auch an der strukturellen Verknüpfung des Bildungswesens mit der Dienstpflicht (VG Cottbus Urt. v. 10.11.2017 – 6 K 386/15 –, BeckRS 2017, 134973 Rn. 43).Seit 2003 muss die 12. Sekundarschulabschlussklasse als Teil des Nationaldienstes in einem von der Armee kontrollierten Militärtrainingslager in Sawa mit militärischer Ausbildung absolviert werden. Die Studentinnen und Studenten haben einen militärischen Status, befinden sich unter militärischer Disziplin und sind unter der Zuständigkeit des Verteidigungsministeriums. (SFH, Eritrea: Rekrutierung von Minderjährigen, Auskunft vom 21.01.2015, S. 2). Nach der Rekrutierung im Juli oder August findet zuerst eine schulische Phase statt, die etwa sieben bis acht Monate dauert und für welche das Erziehungsministerium zuständig ist. Schwerpunkt des Unterrichts ist die Vermittlung der nationalen Werte, also der Ideologie der PFDJ. Bereits während dieser Phase stehen die Schüler unter militärischer Disziplin und können immer wieder für militärische Ausbildungsveranstaltungen aufgeboten werden. Im Anschluss an die schulische Phase folgt eine militärische Ausbildung (EASO-Bericht, Länderfokus Eritrea, Mai 2015, Ziff. 3.4). Auch die Hochschulen des Landes – Colleges – stehen unter gemeinsamer akademischer und militärischer Führung. Einigen Quellen zufolge unterstehen die Studenten militärischem Kommando und sind in Einheiten eingeteilt. Absolventen der Hochschulen werden nach dem Abschluss dem zivilen Nationaldienst zugeteilt, häufig zuerst nach Sawa als Lehrer im zwölften Schuljahr (EASO-Bericht, Länderfokus Eritrea, Mai 2015, Ziff. 1.5.2). Auch während der militärischen Ausbildung unmittelbar im aktiven Nationaldienst werden die Rekruten politisch geschult. Im Rahmen eines Umerziehungsprozesses sollen sie alle bisherigen ethnischen, religiösen und sozialen Bindungen und die aus ihnen resultierenden Handlungsverpflichtungen ebenso wie individuelle Eigeninteressen zugunsten einer vollständigen Unterordnung unter die Bedürfnisse und Anordnungen der Regierungspartei aufgeben (VG Cottbus Urt. v. 10.11.2017 – 6 K 386/15 –, BeckRS 2017, 134973 Rn. 44).

Die hiergegen vorgebrachte Argumentation, der Nationaldienst sei für den eritreischen Staat nicht nur von besonderer politischer, sondern zunehmend auch von wirtschaftlicher Bedeutung (so VG Berlin, Urt. v. 01.09.2017 – 28 K 166.17 A –, juris Rn. 43; VG Düsseldorf, Urt. v. 09.11.2017 – 6 K 13718/16.A –, BeckRS 2017, 134165 Rn. 58; Hamb. OVG, Urt. v. 21.09.2018 – 4 Bf 186/18.A –, juris Rn. 54; OVG Saarland, Urt. v. 21.03.2019 – 2 A 7/18 –, BeckRS 2019, 4271 Rn. 29; jew. m. w. N.), überzeugt nicht. Zum einen sprechen auch die Vertreter dieser Ansicht dem Nationaldienst eine politische Komponente – wohl – nicht grundlegend ab. Darüber hinaus ist aus Sicht des Gerichts ein politischer Hintergrund der Strafen für Desertion/Wehrdienstentziehung nicht deshalb auszuschließen, weil der Dienst für das Regime auch in wirtschaftlicher Hinsicht Bedeutung erlangt. Eine strikte Trennung zwischen wirtschaftlichen und politischen Zielen erscheint in einem alle Lebensbereiche durchdringenden totalitären Staatsgebilde wie Eritrea schon grundsätzlich keine Betrachtungsweise zu sein, die sich an den tatsächlichen Begebenheiten orientiert. Die Verknüpfung national-ideologischer und ökonomischer Aspekte offenbart sich in der Nationaldienst-Proklamation Nr. 82/1995, die als eines der Ziele des Nationaldienstes die Entwicklung der Wirtschaft des Landes „durch Investitionen in die Entwicklung unseres Volkes als potentiellen Reichtum“ nennt (s. o.). Hieran wird deutlich, dass der eritreische Staat die Wirtschaft umfassend kontrolliert und die gesamte Volkswirtschaft Eritreas auf dem Nationaldienst aufbaut, was nur für den Alleinherrschaftsanspruch der Regierungspartei und die politische Durchsetzung und Militarisierung aller Bereiche der eritreischen Gesellschaft spricht. Hiermit steht in Einklang, dass der Nationaldienst nach dem Bericht der UN-Kommission 2016 heute ungeachtet der 1995 vorgebrachten Ziele vorrangig dem Zweck dient, die wirtschaftliche Entwicklung des Staates zu beschleunigen, staatsnahe Unternehmen zu begünstigen und Kontrolle über die eritreische Bevölkerung auszuüben (vgl. VG Berlin, Urt. v. 01.09.2017 – 28 K 166.17.A –, juris Rn. 43). Es ist angesichts dessen davon auszugehen, dass eine derartige Kontrolle darauf zielt, die Bürger auch in ihren Überzeugungen zu disziplinieren und sie dem Herrschaftsanspruch des Staates zu unterwerfen. Daraus folgt aber zwingend, dass derjenige, der sich dieser Kontrolle wie auch dem nationalen Aufbauwerk etwa durch Desertion entzieht, als politischer Gegner betrachtet und verfolgt wird (zum Ganzen VG Cottbus Urt. v. 10.11.2017 – 6 K 386/15 –, BeckRS 2017, 134973 Rn. 45).

Mit einer rein oder ganz überwiegend wirtschaftlichen Ausrichtung des Nationaldienstes lässt sich im Übrigen die unstreitige Tatsache, dass Deserteure/Wehrdienstentzieher häufig für längere Zeiträume inhaftiert werden, nicht in Einklang bringen. Zum einen muss der eritreische Staat für die Haft dieser Personen finanziell aufkommen. Darüber hinaus steht die Arbeits- oder Kampfkraft der inhaftierten Personen dem Regime für die Dauer der Haft nicht zur Verfügung.

Für die Einschätzung, dass Personen, die sich in Eritrea dem Wehrdienst entziehen, eine regimefeindliche Gesinnung unterstellt wird, spricht zudem die vorhandene Strafpraxis. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die dargestellten rechtlichen Bestimmungen (s. o.) für die tatsächliche Sanktionierungspraxis der eritreischen Behörden kaum relevant sind. Es kommt daher nicht ausschlaggebend darauf an, dass die eritreischen Strafvorschriften für sich genommen an keine bestimmte politische Haltung oder an bestimmte Persönlichkeitsmerkmale anknüpfen (VG Cottbus Urt. v. 10.11.2017 – 6 K 386/15 –, BeckRS 2017, 134973 Rn. 41, m. w. N.; a. A. VG Berlin, Urt. v. 01.09.2017 – 28 K 166.17 A –, juris Rn. 40). Entscheidende Bedeutung kommt nach den oben aufgeführten Maßstäben vielmehr dem Umstand zu, dass die Bestrafung für Desertion oder Wehrdienstentzug außergerichtlich und willkürlich durch militärische Vorgesetzte erfolgt und Rechtsmittel dagegen nicht möglich sind (SEM Focus Eritrea, Update Nationaldienst und illegale Ausreise, vom 22.06.2016, aktualisiert am 10.08.2016, Ziff. 3.1.3 und 3.1.5; VG Düsseldorf, Urt. v. 09.11.2017 – 6 K 13718/16.A –, BeckRS 2017, 134165 Rn. 33). Häufig werden Personen, die aus politischen, religiösen oder militärischen Gründen – insbesondere auch Deserteure und Wehrdienstverweigerer – ohne Anklage, Verfahren oder Haftfrist in Isolations-Haft gehalten. Angehörige dieser Personen werden nicht informiert. Die Haftdauer variiert zwischen einigen Tagen und mehreren Jahren. Solche Häftlinge werden häufig misshandelt oder gefoltert (EASO-Bericht, Länderfokus Eritrea, Mai 2015, Ziff. 4.1; EASO-Bericht, Länderfokus Eritrea, Mai 2015, Ziff. 3.8.1).

Der im Hinblick auf die Strafpraxis vertretenen gegenteiligen Auffassung folgt das Gericht nicht. Zur Begründung trägt die Gegenansicht vor, dass die willkürlich und außergerichtlich verhängten Strafen regelmäßig unter dem gesetzlich vorgesehenen Höchsttrafen bleiben (VG Berlin, Urt. v. 01.09.2017 – 28 K 166.17 A –, juris Rn. 40). Insoweit erscheint jedoch aufgrund der vorliegenden Erkenntnis, dass den bestehenden gesetzlichen Regelungen bei der Strafzumessung keine oder kaum eine Bedeutung zukommt, ein Vergleich mit den normativ vorgesehenen Höchststrafen nicht sachgerecht. Denn das Wesen der willkürlich verhängten Strafe besteht gerade darin, dass sie sich im Hinblick auf die Dauer der Haft nicht an dem gesetzlich festgelegten Rahmen orientiert. Eine solche, von den Vorgaben des geschriebenen Rechts losgelöste Strafpraxis ist aber – wie ausgeführt – ein besonderes Indiz dafür, dass die zu befürchtende Inhaftierung politisch motiviert ist (s. o.). Aus ihr kann daher nur schwer das Gegenteil hergeleitet werden.

Die in diesem Kontext ebenfalls angeführte Argumentation, das breite Spektrum möglicher Sanktionen spreche gegen ihren politischen Charakter (Hamb. OVG, Urt. v. 21.09.2018 – 4 Bf 186/18.A –, juris Rn. 59; OVG Saarland, Urt. v. 21.03.2019 – 2 A 7/18 –, BeckRS 2019, 4271 Rn. 28), überzeugt ebenfalls nicht. Der dieser Ansicht zugrunde liegende Umstand, dass sowohl Haftstrafen von mehreren Jahren verhängt werden, als teilweise auch reine Belehrungen denkbar sind, erscheint angesichts einer außergerichtlichen und willkürlichen Bestrafungspraxis nicht ungewöhnlich. Die Tatsache, dass – mutmaßlich gegen finanzielle oder sexuelle Zuwendungen – von den militärischen Vorgesetzten im Einzelfall geringe oder keine Strafen verhängt werden, führt nicht dazu, die generell auch politische Zielsetzung der Sanktionierungspraxis in Frage zu stellen. Aufgrund der in jedem einzelnen Fall willkürlich getroffenen Entscheidungen einzelner Militärangehöriger kann eine einheitliche Strafpraxis schon grundsätzlich nicht erwartet werden. Lebensnah erscheint insofern vielmehr, dass die grundlegende Staatsräson zugunsten persönlicher Bereicherungen vor allem in den unteren militärischen Dienstgraden zurückgestellt wird.

Dass willkürliche Festnahmen und unmenschliche Haftbedingungen auch in anderen Bereichen insbesondere dann üblich sind, wenn die vorgeworfenen Vergehen aus Sicht des eritreischen Regimes besonders schwer wiegen, spricht aus Sicht des erkennenden Einzelrichters nicht für eine andere Bewertung (so aber VG Berlin, Urt. v. 01.09.2017 – 28 K 166.17 A –, juris Rn. 40; Hamb. OVG, Urt. v. 21.09.2018 – 4 Bf 186/18.A –, juris Rn. 59). Diese Erkenntnislage legt vielmehr den Schluss nahe, dass auch Desertion und Wehrdienstentziehung als schwere Vergehen eingestuft werden. Dass der eritreische Staat diese Vergehen als schwerwiegend einstuft, ihnen aber dennoch keine politische Komponente beimessen soll, erschließt sich insoweit nicht ohne Weiteres.

Sofern eingewendet wird, die Sanktionen zielten (nur) auf die Erzwingung von Geständnissen, die Informationsgewinnung, die Bestrafung für angebliches Fehlverhalten und die Schaffung eines allgemeinen Klimas der Angst, sowie – innerhalb des Militärs – die Aufrechterhaltung der Disziplin, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Auch wenn die Maßnahmen, inklusive der Folter, Ausdruck einer Strategie der Regierung zur Aufrechterhaltung einer völkerrechtswidrigen Kontrolle über die eigene Bevölkerung sind (zum Ganzen VG Düsseldorf Urt. v. 09.11.2017 – 6 K 13718/16 –, BeckRS 2017, 134165 Rn. 62 unter Bezugnahme auf Human Rights Council, Bericht vom 8. Juni 2016, S. 25 (Nr. 97), S. 65 (Nr. 258, 260), S. 68 (Nr. 270); OVG Saarland, Urt. v. 21.03.2019 – 2 A 7/18 –, BeckRS 2019, 4271 Rn. 28), spricht dies nicht gegen einen politischen Charakter der Sanktionen (so die eben zitierte Rechtsprechung). Denn auch die Einschüchterung weiter Teile der Bevölkerung, welche sich aus Sicht des herrschenden Regimes erkennbar gegen den Nationaldienst und damit gegen eine wesentliche Stütze des totalitären Staatsgebildes in Eritrea entschieden haben, erfolgt, um der diesem Personenkreis zugeschriebenen Ablehnung der Staatspolitik entgegenzuwirken. Der Umstand, dass es sich hierbei nicht um die gezielte Verfolgung von einzelnen Mitgliedern konkreter oppositioneller Gruppen handelt, ist rein quantitativer Natur und nimmt den Verfolgungsmaßnahmen nicht ihre politische Zielrichtung. Entscheidend ist aus Sicht des Gerichts insoweit, dass gerade die in der Desertion oder Wehrdienstverweigerung zutage tretende ablehnende Haltung gegenüber dem eritreischen Staat hart sanktioniert und damit einem solchen Verhalten auch generalpräventiv vorgebeugt werden soll.

Der Einzelrichter folgt insofern nicht den Teilen der aktuellen Rechtsprechung, welche davon ausgehen, dass die in Eritrea zu befürchtende Inhaftierung wegen illegaler Ausreise und/oder Entziehung vom Wehrdienst nicht an eine politische Überzeugung und damit an einen flüchtlingsrelevanten Verfolgungsgrund anknüpft (z.B. VG Berlin, Urt. v. 01.09.2017 – 28 K 166.17 A –, juris; VG Düsseldorf, Urt. v. 09.11.2017 – 6 K 13718/16.A –, BeckRS 2017, 134165; Hamb. OVG, Urt. v. 21.09.2018 – 4 Bf 186/18.A –, juris und ihm folgend: Nds. OVG, Beschl. v.17.01.2019 – 4 LA 271/18 –, n. v.; BVerwG, Urt. v. 19.04.2018 – 1 C 29/17 –, NVwZ 2018, 1408 ff.; OVG Saarland, Urt. v. 21.03.2019 – 2 A 7/18 –, BeckRS 2019, 4271).

Insbesondere vermag er diesbezüglich nicht der Argumentation zu folgen, dass es in dem hier zu prüfenden Kontext zwar durchaus Umstände gebe, die für die Zuschreibung einer politischen Überzeugung sprächen, diese jedoch kein größeres Gewicht besäßen und die dagegen sprechenden Umstände nicht überwögen (so VG Berlin, Urt. v. 01.09.2017 – 28 K 166.17 A –, juris Rn. 37 ff.; bestätigt durch BVerwG, Urt. v. 19.04.2018 – 1 C 29/17 –, NVwZ 2018, 1408 ff.; wohl auch: Hamb. OVG, Urt. v. 21.09.2018 – 4 Bf 186/18.A –, juris Rn. 58). Die zitierte Rechtsprechung entspricht nicht dem oben dargestellten Maßstab des Bundesverwaltungsgerichts. Danach ist für die erforderliche Verknüpfung zwischen der Verfolgungshandlung und dem Grund der Verfolgung, hier also der politischen Überzeugung, eine Mitverursachung ausreichend. Erst wenn es sich um eine lediglich entfernte, hypothetische Verknüpfung der Handlung mit einem Verfolgungsgrund handelt, kann diese nicht mehr als ursächlich angesehen werden (s. o.).

Dies zugrunde gelegt, überzeugt die angeführte entgegenstehende Rechtsprechung nicht. Auch wenn die Umstände, die gegen eine Verknüpfung mit einer politischen Überzeugung sprechen, nach dem Ergebnis der von den Gerichten vorgenommenen Abwägung gegenüber solchen, die für einen solchen Zusammenhang sprechen, überwiegen, kann dies bei Anwendung des gebotenen Maßstabes nicht schon dazu führen, dass ein entsprechender Zusammenhang verneint wird. Denn allein das Überwiegen bestimmter Umstände führt vor dem Hintergrund, dass für die notwendige Verknüpfung zwischen Verfolgungshandlung und Verfolgungsgrund auch eine Mitverursachung ausreichend ist, gerade nicht dazu, dass die nach dem Ergebnis der Abwägung „unterlegenden“ Umstände völlig unberücksichtigt bleiben können. Die sich aus den Erkenntnismitteln ergebenden Fakten, welche für eine politisch motivierte Verfolgung sprechen, könnten erst und nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn sich aus ihnen lediglich eine entfernte, hypothetische Verknüpfung der Handlung mit einem Verfolgungsgrund ergeben würde. Dies ist aber angesichts der aufgeführten Argumente – politischer Charakter des Nationaldienstes und vorhandene Strafpraxis – nicht der Fall. Dass die Erkenntnisse, welche dafür sprechen, dass Wehrdienstentzieher in Eritrea aufgrund einer ihnen zugeschriebenen politischen Überzeugung inhaftiert werden, lediglich entfernter und rein hypothetischer Natur sind, wird im Übrigen auch in den zitierten Entscheidungen der entgegenstehenden Rechtsprechung nicht behauptet.

Sofern das Bundesverwaltungsgericht Teile der angeführten Rechtsprechung bestätigt hat und in diesem Zusammenhang ausführt, das Erfordernis einer Mitverursachung stünde dem getroffenen Ergebnis nicht entgegen, weil das erstinstanzliche Verwaltungsgericht Berlin gerade nicht von einer politischen Gerichtetheit der Inhaftierung ausgegangen sei (BVerwG, Urt. v. 19.04.2018 – 1 C 29/17 –, NVwZ 2018, 1408 ff. Rn. 26), überzeugt dies nicht. Das Verwaltungsgericht Berlin ist erst durch die vorgenommene Abwägung zu dem Ergebnis gelangt, dass eine politisch motivierte Verfolgung nicht vorliegt. Wenn aber, wie aufgezeigt, ein reiner Abwägungsvorgang nach den eigenen Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts nicht geeignet ist, festzustellen, ob bestimmte Umstände zumindest mitursächlich für eine Verfolgungshandlung sind, kann aus dem Ergebnis dieser Abwägung nicht geschlossen werden, eine Mitursache liege nicht vor.

Die weiteren Argumente, welche die entgegenstehende Rechtsprechung in Bezug auf eine fehlende politische Motivation der zu befürchtenden Inhaftierung anführt, überzeugen auch für sich genommen nicht.

Soweit vertreten wird, die Möglichkeit, einen sogenannten „Diaspora-Status“ zu erlangen, zeige, dass der totalitäre Staat Eritrea von der Bestrafung von Deserteuren und Dienstverweigerern zugunsten ökonomischer Interessen absehe, und einer möglicherweise dahinterstehenden politischen Überzeugung derzeit keine entscheidende Bedeutung beimesse (VG Berlin, Urt. v. 01.09.2017 – 28 K 166.17 A –, juris Rn. 44; VG Düsseldorf Urt. v. 9.11.2017 – 6 K 13718/16 –, BeckRS 2017, 134165 Rn. 72; Hamb. OVG, Urt. v. 21.09.2018 – 4 Bf 186/18.A –, juris Rn. 63; OVG Saarland, Urt. v. 21.03.2019 – 2 A 7/18 –, BeckRS 2019, 4271 Rn. 63), teilt der Einzelrichter diese Ansicht nicht. Zwar legen die vorhandenen Erkenntnismittel nahe, dass Exil-Eritreer, sofern sie sich mindestens drei Jahre im Ausland aufgehalten haben, offenbar ohne Konsequenzen zwecks Ferien und Familienbesuchen nach Eritrea reisen. Personen, die sich dem Nationaldienst entzogen haben, müssen ihr Verhältnis zum eritreischen Staat dafür durch die Bezahlung der Diasporasteuer (Zwei-Prozent-Steuer, Aufbausteuer) und die Unterzeichnung eines Reueschreibens mit welchem sie erklären, eine angemessene Strafe zu akzeptieren rehabilitieren. Zudem ist eine weitere Voraussetzung, dass man im Ausland nicht regierungskritisch aktiv ist (EASO-Bericht, Länderfokus Eritrea, Mai 2015, Ziff. 3.8.2; SEM Focus Eritrea, Update Nationaldienst und illegale Ausreise, vom 22.06.2016, aktualisiert am 10. August 2016, Ziff. 4.1; VG Düsseldorf Urt. v. 09.11.2017 – 6 K 13718/16 –, BeckRS 2017, 134165 Rn. 72). Mit dem dann zu erlangenden „Diaspora Status“ ist es möglich, drei Jahre in Eritrea zu bleiben, ohne den Nationalen Dienst ableisten zu müssen. Auch eine Ausreise ist mit diesem Status möglich, so dass es mittlerweile zahlreiche Reisen nach Eritrea zu Urlaubs- und Besuchszwecken gibt (VG Düsseldorf Urt. v. 9.11.2017 – 6 K 13718/16 –, BeckRS 2017, 134165 Rn. 72, m. w. N.).

Allein die faktische Möglichkeit einer Rückkehr, spricht aber insbesondere aufgrund der konkreten Ausgestaltung in der Praxis nicht dagegen, dass der eritreische Staat Personen, die illegal ausgereist sind und sich dem Nationaldienst entzogen haben, eine politisch oppositionelle Haltung zuschreibt.

Zu berücksichtigen ist insoweit zunächst, dass dieses Vorgehen keine Absicherung gegen eine Bestrafung bietet. Durch die Unterzeichnung des Reueschreibens gesteht man explizit eine Straftat im Zusammenhang mit dem Wehrdienstentzug ein und erklärt, die Bestrafung dafür zu akzeptieren. Mit der Reueerklärung verlangt der Staat von den Betroffenen letztlich die Aufgabe der (unterstellten) politischen Gegnerschaft. Zudem wird berichtet, dass illegal Ausgereiste nach Zahlung der Diaspora-Steuer und Unterzeichnung des Reueformulars in einen sechswöchigen Kurs „zur Stärkung ihrer patriotischen Gefühle“ geschickt werden (VG Cottbus Urt. v. 10.11.2017 – 6 K 386/15 –, BeckRS 2017, 134973 Rn. 46; EASO-Bericht Länderfokus Eritrea, Mai 2015, Ziff. 6.4.4).

Zudem handelt es sich bei den bisherigen Rückreisen größtenteils nur um Besuche und nicht um eine permanente Rückkehr nach Eritrea. Erfahrungswerte dazu, wie es Personen ergeht, die dauerhaft nach Eritrea zurückkehren, beziehungsweise deren Diaspora-Status verfallen ist, liegen dagegen nicht vor. Die entsprechenden eritreischen Richtlinien sind nicht veröffentlicht, so dass hinsichtlich deren Anwendung weder ein Rechtsanspruch noch Rechtssicherheit besteht. Auch haben die eritreischen Behörden ihre diesbezügliche Praxis in der Vergangenheit immer wieder geändert, was deshalb auch für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann. Dementsprechend wagen verschiedenen Berichten zufolge insbesondere Personen, die Eritrea erst vor kurzem illegal verlassen haben, eine Rückkehr aus Angst vor Verhaftungen nicht, auch nicht zu Besuchszwecken, was insbesondere für Deserteure aus dem militärischen Teil des Nationaldienstes gelten soll. Teilweise verlassen Rückkehrer kurze Zeit nach ihrer Einreise das Land wieder illegal (zum Ganzen VG Cottbus Urt. v. 10.11.2017 – 6 K 386/15 –, BeckRS 2017, 134973 Rn. 31 f., m. w. N.; EASO-Bericht, Länderfokus Eritrea, Mai 2015, Ziff. 3.8.2; AI, Stellungnahme an das VG Magdeburg vom 02.08.2018, S. 9).

Maßgebliche Bedeutung erlangt diesbezüglich aber vor allem die Tatsache, dass den sogenannten „Diaspora-Status“ nur Personen erhalten können, die freiwillig nach Eritrea zurückkehren (so auch VG Düsseldorf Urt. v. 9.11.2017 – 6 K 13718/16.A –, BeckRS 2017, 134165 Rn. 72; Hamb. OVG, Urt. v. 21.09.2018 – 4 Bf 186/18.A –, juris Rn. 63). Das erkennende Gericht hat bei seiner Entscheidung als Ausgangspunkt für die zu treffende Gefahrenprognose im Hinblick auf eine mögliche politische Verfolgung aber demgegenüber anzunehmen, dass der Kläger zu 1. zwangsweise nach Eritrea zurückgeführt wird (mit umfassender Begründung und w. N. VG Hamburg, Urt. v. 13.02.2019 – 19 A 984/18 –, BeckRS 2019, 4384 Rn. 44 ff.). Gerade zwangsweise nach Eritrea zurückgeführte Personen haben jedoch keine Gelegenheit, ihren Status vorab zu regeln (VG Cottbus Urt. v. 10.11.2017 – 6 K 386/15 –, BeckRS 2017, 134973 Rn. 32). Bei einer zwangsweisen Rückkehr ist vielmehr davon auszugehen, dass Deserteure in vollem Maße bestraft werden. So droht bei ihrer Rückkehr eine Inhaftierung auf unbestimmte Zeit, Folter sowie Zwangsarbeit ohne Gerichtsverfahren und -urteil. Die Festnahme erfolgt willkürlich durch das Militär (AI, Stellungnahme zum Umgang mit Rückkehrern und Kriegsdienstverweigerern in Eritrea, v, 28.07.2017).

Gegen eine (auch) politisch motovierte Verfolgung wird darüber hinaus vorgebracht, die Flucht vor dem Nationaldienst sei in Eritrea mittlerweile zu einem Massenphänomen geworden, weshalb nicht angenommen werden könne, dass der Staat hinter jeder einzelnen Flucht eine missliebige politische Überzeugung vermute. Zudem sei dem eritreischen Staat bekannt, dass die Mehrzahl der Personen zuvörderst vor den prekären und unfreien Lebensbedingungen des Nationaldienstes fliehe (VG Düsseldorf Urt. v. 9.11.2017 – 6 K 13718/16.A –, BeckRS 2017, 134165 Rn. 66 ff.; Hamb. OVG, Urt. v. 21.09.2018 – 4 Bf 186/18.A –, juris Rn. 65; OVG Saarland, Urt. v. 21.03.2019 – 2 A 7/18 –, BeckRS 2019, 4271 Rn. 29). Diese Ansicht überzeugt nicht. Insbesondere erscheint schon die rein quantitative Betrachtungsweise problematisch. Aus der bloßen Anzahl der flüchtenden Personen lässt sich in Bezug auf die ihnen unterstellten Beweggründe kaum ein allgemein gültiger Rückschluss ziehen. Insbesondere geht aber die Annahme fehl, der Staat müsse jeder einzelnen Person eine in irgendeiner Form konkretisierte oppositionelle Haltung vorwerfen. Insoweit kommt vielmehr dem Umstand maßgebliche Bedeutung zu, dass der Nationaldienst ein in nahezu alle Bereiche des Staatswesens eingebundener, wesentlicher und essentieller Bestandteil des Staatswesens in Eritrea ist (s. o.). Dies zugrunde gelegt, kann der Dienstentzug aus Sicht des Regimes nur als Ablehnung des herrschenden Staatsmodells insgesamt angesehen werden. Selbst wenn also die meisten Personen flöhen, weil sie (nur) die Bedingungen des Nationaldienstes ablehnten, kann diesem Personenkreis wohl nicht unterstellt werden, er sei mit dem Staatsmodell im Übrigen einverstanden. Hinzu kommt, dass die Bedingungen des Dienstes für sich genommen, aufgrund der bildungspolitischen Komponente und der Vermittlung ideologischer Inhalte auf unterschiedlichen Ebenen (s. o.) selbst hochpolitisch sind.

Sofern gegen eine politisch motivierte Verfolgung eingewendet wird, der existierende Schießbefehl an der Grenze werde nicht mehr systematisch und weniger rigoros angewendet – keine Tötungsabsicht, lediglich Verletzungen der illegal ausreisenden Personen zwecks Festnahme gewollt (VG Berlin, Urt. v. 01.09.2017 – 28 K 166.17 A –, juris Rn. 41; Hamb. OVG, Urt. v. 21.09.2018 – 4 Bf 186/18.A –, juris Rn. 59) –, ist dem ebenfalls nicht zu folgen. Diesbezüglich erscheint schon äußerst fraglich, ob nicht auch der Schießbefehl an sich, selbst wenn die Tötung von fliehenden Personen nicht mehr unbedingt beabsichtigt sein sollte, eine unverhältnismäßige Sanktion und damit, nach dem dargestellten Maßstab (s. o.), ein Indiz für eine zugeschriebene von der herrschenden Staatsdoktrin abweichende politische Überzeugung ist. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass nach wie vor Menschen an der Grenze erschossen werden (vgl. SEM Focus Eritrea, Update Nationaldienst und illegale Ausreise, vom 22.06.2016, aktualisiert am 10. August 2016, Ziff. 4.5). Zudem deutet der Umstand, dass Personen, die versuchen Eritrea illegal zu verlassen, nicht mehr zwingend getötet werden sollen, nicht auf ein fehlendes politisches Interesse an ihrer Bestrafung hin. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die auch nach dieser Sachlage nach wie vor beabsichtigte Festnahme und Inhaftierung der Personen ohne politische Motive erfolgen würde. Hiervon ist aus den in der Entscheidung genannten Gründen aber gerade nicht auszugehen.

Eine andere Beurteilung ist auch nicht aufgrund der jüngsten Entwicklungen im Friedensprozess mit dem Nachbarland Äthiopien angezeigt. Zwar diente die Fixierung auf den Konflikt mit Äthiopien der eritreischen Regierung bisher als Rechtfertigung für die weitgehenden Beschränkungen im politischen und gesellschaftlichen Leben. Dass die im Juli 2018 von den beiden Staats- bzw. Regierungschefs aus Äthiopien und Eritrea unterzeichnete „Gemeinsame Erklärung über Frieden und Freundschaft“, die im September 2018 durch ein Friedensabkommen ergänzt wurde, zu einer wesentlichen Veränderung der Lage – insbesondere auch in Bezug auf die Pflicht den Nationaldienst abzuleisten – führt, ist derzeit jedoch nicht erkennbar (vgl. aktueller Lagebericht Eritrea, S. 6, 15; SFH, Eritrea: Reflexverfolgung, Rückkehr und Diaspora-Steuer, Auskunft vom 30.09.2018, S. 5).

Die Kostenentscheidung folgt, soweit die Kläger ihre Klage zurückgenommen haben, aus § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen aus §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.