Oberlandesgericht Oldenburg
Urt. v. 20.08.1997, Az.: 2 U 135/97
Mitverschulden des Bestellers bei unsachgemäßer Reparatur eingefrorener Wasserleitung; Unterlassene Überwachung mit Folge eines Wasserschaden; Verletzung eines Werkvertrags; Inanspruchnahme von Gutachten eines Sachverständigen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Oldenburg
- Datum
- 20.08.1997
- Aktenzeichen
- 2 U 135/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 21692
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGOL:1997:0820.2U135.97.0A
Amtlicher Leitsatz
Kein Mitverschulden des Bestellers wegen unterlassener Überwachung bei unsachgemäßer Reparatur eingefrorener Wasserleitung mit Folge von Wasserschaden.
Gründe
Die Beklagte hat den zwischen den Parteien geschlossenen Werkvertrag pflichtwidrig und schuldhaft verletzt. Dies ergibt sich aus dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen E. Danach ist dem früheren Geschäftsführer der Beklagten U der Vorwurf zu machen, die Wasserleitung unter Druck stehen gelassen und nicht abgesperrt zu haben. Bei fachgerechtem Vorgehen wäre nach dem Auftauen Wasser nur in geringfügigem Umfang ausgetreten. Der umfangreiche Wasserschaden wäre so vermieden worden. U musste damit rechnen, dass die Leitung einen Frostschaden erlitten hatte.
Entgegen den nicht überzeugenden Ausführungen des Landgerichts trifft die Beklagte kein Mitverschulden an der Entstehung des Schadens. Es ist weder dargelegt noch gar bewiesen, dass die Kläger diejenige Aufmerksamkeit und Sorgfalt außeracht gelassen hätten, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegt, um sich vor Schaden zu bewahren.
Darauf, ob die Kläger während ihrer Urlaubsabwesenheit die Zirkulationspumpe ausgestellt haben oder nicht, kommt es im Gegensatz zum Vortrag der Beklagten nicht an. Der streitgegenständliche Schaden beruht nicht (adäquat kausal) hierauf, sondern vielmehr auf der von U in Gang gesetzten, oben beschriebenen Ursachenreihe.
Ferner kann es den Klägern nicht im Sinn eines Mitverschuldens zum Nachteil gereichen, dass sie - worauf das Landgericht entscheidend abgestellt hat - "in Kenntnis dessen, dass eine Auf- bzw. Abtaumaßnahme durchgeführt worden ist, das Haus für Stunden allein" gelassen haben. Das Landgericht hat hierbei erkennbar die - von den Klägern übrigens bestrittene - Behauptung der Beklagten im Schriftsatz vom 21. Mai 1996 aufgegriffen, U habe die Kläger nach Abschluss seiner Ausbesserungsarbeiten "um Kontrolle gebeten", weil sich noch Eis im Leitungssystem befinden müsse, das "erfahrungsgemäß wegen der Wasserzirkulation allmählich abtauen werde".
Zwar trifft es grundsätzlich zu, dass der Auftraggeber den Mitverschuldenseinwand gegen sich gelten lassen muss, wenn er Hinweise des Unternehmers auf mögliche Gefahren unbeachtet lässt. Voraussetzung ist jedoch, dass der Hinweis in einer zuverlässigen, mündlichen Belehrung des Auftraggebers besteht (BGH WM 1978, 218, 220; BGH NJW 1975, 1217; BGH NJW 1960, 1813; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 8. Aufl., Rdnr. 2467; Münchener Kommentar/Grunsky, BGB, 3. Aufl., § 254 Rdnr. 33; jeweils m.w.N.).
Eine derartige Belehrung hat selbst die Beklagte nicht dargetan. Die bloße Bitte "um Kontrolle" gibt dem Besteller, von dessen fehlender Sachkunde der Unternehmer regelmäßig auszugehen haben wird, keinerlei verwertbare Anweisungen an die Hand, worauf genau sich die Kontrolle beziehen soll. Gegebene Hinweise sind überdies schon per se untauglich, wenn der Hinweisgeber den wirklichen Gefahrenherd selbst nicht erkannt hat. Wer sich - wie hier der damalige Geschäftsführer der Beklagten - unerkannt fehlerhaft verhalten hat, kann die Aufmerksamkeit des Bestellers nicht gut auf eben diesen Fehler gelenkt haben. Hinzu kommt, dass der Unternehmer schon von Rechts wegen nicht befugt sein kann, eigene Verantwortlichkeiten wie Beobachtungspflichten auf den Besteller zu überwälzen, um diesem im Schadensfall dann ein Mitverschulden anrechnen zu können. Der Sachverständige E hat in diesem Sinne zutreffend ausgeführt, dass auch die "erneute Inbetriebnahme .... durch die Beklagte hätte erfolgen müssen". Die Kläger hätten also nicht - wie geschehen - buchstäblich allein gelassen werden dürfen.
Schlussendlich haben die Kläger nach dem eigenen Vortrag der Beklagten für eine Zeitraum von ca. 2 1/2 Stunden nach Abschluss der Arbeiten sogar die eingeforderte Kontrolle ausgeübt . Ein weiteres Zuwarten war den Klägern gewiss nicht zumutbar und aus deren Sicht auch erkennbar nicht erforderlich.