Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 23.07.1998, Az.: 2 U 65/98
Einbeziehung des Restwertes von Kilometerabrechnungsverträgen in die Schadensberechnung; Risikoverteilung bei einem durch übermäßige Verschlechterung bedingten Minderwert im Rahmen eines Leasingvertrages
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 23.07.1998
- Aktenzeichen
- 2 U 65/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 18320
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:1998:0723.2U65.98.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG ... - 04.03.1998 - AZ: 22 O 270/97
- LG ... - 01.10.1997
Prozessführer
Der ... vertreten durch ihre Geschäftsführer ... und ...
Prozessgegner
Die ..., vertreten durch ihre Geschäftsführerin ...,
In dem Rechtsstreit
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts ...
auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Juli 1998
durch
den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts ...
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Landgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 04. März 1998 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelsachen des Landgerichts ... abgeändert.
Das Teilversäumnis- und Schlußurteil der 2. Kammer für Handelsachen des Landgerichts ... vom 01. Oktober 1997 wird aufrechterhalten.
Die Beklagte hat die von diesem Teilversäumnis- und Schlußurteil nicht erfaßten weiteren Kosten des ersten Rechtszuges sowie die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschwer der Beklagten: DM 5.405,98
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg. Zu Unrecht ist das Landgericht in dem angefochtenen Urteil von einem allgemeinen Grundsatz dahin ausgegangen, daß bei Kilometerabrechnungsverträgen der Restwert nicht in die Schadensberechnung einzustellen und mit dem Verkaufserlös zu saldieren sei, wenn und soweit sich dazu ein Negativsaldo zu Lasten des Leasingnehmers ergibt. Das mag in den Fällen zutreffen, in denen sich das Fahrzeug zum Zeitpunkt der vorzeitigen Rückgabe in einem den vertraglichen Vereinbarungen entsprechenden Zustand befindet. Ist dagegen der Restwert bei vorzeitiger Rückgabe deshalb geringer als der vom Leasinggeber kalkulierte und vorliegend sogar noch mit dem vermittelnden Händler als Ankaufspreis bei regulärem Vertragsverlauf vereinbarte Wert, weil das Leasingfahrzeug durch Mängel, Schäden oder übermäßige Abnutzung verschlechtert ist, steht einer Abrechnung mit den tatsächlich anzutreffenden Werten nichts im Wege. Das hängt damit zusammen, daß nicht dem Leasinggeber, sondern dem Leasingnehmer das Risiko eines durch übermäßige Verschlechterung bedingten Minderwertes mit der Folge einer entsprechenden Ausgleichungspflicht zugewiesen ist (BGH 24.04.1996 NJW 1996, 2033, 2035) [BGH 24.04.1996 - VIII ZR 150/95]. Dementsprechend ist es in der Rechtsprechung auch als selbstverständlich angesehen worden, daß die dem vertragsverletzenden Leasingnehmer anzulastenden Fahrzeugschäden nicht zu seinen Gunsten in die Vorteilsausgleichung einfließen können, sondern daß unter diesen Voraussetzungen dem kalkulatorischen Restwert nur der tatsächlich erzielte Restwert für das Fahrzeug im beschädigten Zustand gegenüber gestellt werden kann (BGH 11.01.1995 NJW 1995, 954, 955 [BGH 11.01.1995 - VIII ZR 61/94]; OLG Celle 05.01.1994 NJW-RR 1994, 743, 744) [OLG Celle 05.01.1994 - 2 U 177/91].
Das hat für den Schadenersatzanspruch der Klägerin wegen der von der Beklagten zu vertretenden vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages bei dem noch allein im Streit befindlichen zweiten Fahrzeug zu Folge, daß dem Barwert der ausstehenden Leasingraten von DM 8.905,78 die Schätzkosten von DM 147,87 hinzuzurechnen sind, was einen Betrag von DM 9.053,65 ergibt. Dem ist weiter der kalkulatorische und der Klägerin bei ordnungsgemäßer Vertragsabwicklung zudem vom vermittelnden Händler garantierte Restwert von DM 19.072,00 hinzuzurechnen, der sich nach Bereinigung um den Vorfälligkeitsvorteil und den ersparten Verwaltungsaufwand abgezinst auf DM 17.554,84 beläuft (DM 19.072,00 abzügl. DM 1.517,16). Auf den sich daraus ergebenden Wert von DM 26.608,49 muß sich die Klägerin den Nettoveräußerungserlös von DM 13.000,00 anrechnen lassen, so daß sich der von ihr aus der vorzeitigen Rückgabe des Fahrzeugs zu beanspruchende Schadensersatz auf DM 13.608,49 beläuft. Die Beklagte bestreitet nunmehr zwar, daß der Wert des Leasingfahrzeugs durch Schäden oder überdurchschnittlichen Verschleiß gemindert gewesen sei und die im DEKRA-Gutachten vom 02.09.1996 vereinzelt aufgelisteten Reparaturkosten von insgesamt DM 11.080,00 hätten aufgewandt werden müssen. Dieses pauschale Bestreiten ist jedoch entsprechend § 138 Abs. 3, 4 ZPO unbeachtlich, weil die Beklagte angesichts der bei ihr vorauszusetzenden Kenntnis vom Fahrzeugzustand sich zu den im DEKRA-Gutachten detailliert aufgeführten Schäden und Mangelzuständen im einzelnen hätte erklären müssen, ganz abgesehen davon, daß sie für einen abweichenden Restwert keinen Beweis angetreten hat, obgleich die Beweislast für eine in der Restwertanrechnung liegende Vorteilsausgleichung bei ihr angesiedelt ist (BGH 24.04.1985 BGHZ 94, 195, 217) [BGH 24.04.1985 - VIII ZR 95/84].
Von den genannten DM 13.608,69 sind der Klägerin im Teilversäumnis- und Schlußurteil unter rechtskräftiger Abweisung im übrigen DM 13.333,75 zugesprochen wurden, während das angefochtene Urteil für die gleichen Schadensposten nur DM 7.536,49 zugebilligt hat. Die Klägerin kann deshalb noch weitere DM 5.797,26 beanspruchen, von denen sie allerdings nur DM 5.405,98 geltend macht, nachdem das Landgericht ihr bei den anderen beiden Fahrzeugen im angefochtenen Urteil unangegriffen die entsprechenden Differenzbeträge trotz vorausgegangener Aberkennung im Teilversäumnis- und Schlußurteil wieder zuerkannt hat. Im rechnerischen Ergebnis ist deshalb das Teilversäumnis- und Schlußurteil wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Z.10, 713 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Beschwer der Beklagten: DM 5.405,98