Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 29.03.2000, Az.: 12 K 781/97

Kinderzulage für verstorbenes Kind; Tod vor der Wohnungsnutzung

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
29.03.2000
Aktenzeichen
12 K 781/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 21915
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:2000:0329.12K781.97.0A

Tatbestand

1

Die Kläger (Kl.) erwarben durch notariellen Kaufvertrag vom 19. Dezember 1996 ein Wohnungserbbaurecht, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung. Die Kl. waren zuvor Mieter der Wohnung. Die Besitzübergabe erfolgte am 30. Dezember 1996.

2

In dem Antrag auf Eigenheimzulage ab 1996 beantragten sie u.a. die Kinderzulage für ein Kind, das 1984 geboren war und im Januar 1996 verstarb.

3

Der Beklagte (Bekl.) lehnte die Gewährung der Kinderzulage ab, weil das Kind bei Übergabe des Objektes nicht mehr zum Haushalt der Kl. gehört habe. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 i.V.m.§ 9 Abs. 5 Sätze 1 und 2 Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) seien für die Gewährung der Kinderzulage die Verhältnisse zu Beginn der Nutzung der Wohnung maßgebend.

4

Nach erfolglosem Einspruch weisen die Kl. darauf hin, dass ihnen für das Kind für den Monat Januar Kindergeld gewährt worden sei. Für die Gewährung der Kinderzulage reiche es aus, wenn der Anspruchsberechtigte im jeweiligen Jahr des Förderzeitraums Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag erhalten habe. Zwar gelte für die Gewährung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages ab 1996 das Monatsprinzip. Die Kinderzulage sei dagegen ein Jahresbetrag, der auch dann zu gewähren sei, wenn der Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibetrag nicht für das ganze Jahr bestehe. Dementsprechend reiche es aus, wenn das Kind im Förderzeitraum zum inländischen Haushalt des Anspruchsberechtigten gehört habe (§ 9 Abs. 5 Satz 2 EigZulG). Abweichend von § 34 f Abs. 3 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) sei nach dem EigZulG darauf verzichtet worden, dass die Haushaltszugehörigkeit auf Dauer angelegt gewesen sei. Der Förderzeitraum beginne gem. § 3 EigZulG im Jahr der Anschaffung der Wohnung. Das Kind habe im Förderzeitraum zum Haushalt der Kl. gehört (§ 9 Abs. 5 Satz 2 EigZulG). Es habe im Übrigen im Kalenderjahr 1996 in der zuvor gemieteten und später angeschafften Wohnung gewohnt.

5

Die Kl. beantragen,

die Eigenheimzulage für 1996 um 1.500,00 DM höher festzusetzen.

6

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

7

Er hält an seiner Auffassung fest.

Gründe

8

Die Klage ist unbegründet. Die Kl. können die Kinderzulage für das vor der Nutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken verstorbene Kind nicht beanspruchen.

9

1.

Nach § 9 Abs. 1 EigZulG umfasst die Eigenheimzulage den Fördergrundbetrag und die Kinderzulage. Die Kinderzulage wird für jedes Kind gewährt, für das der Anspruchsberechtigte oder sein Ehegatte im jeweiligen Kalenderjahr des Förderzeitraums (§ 3 EigZulG) einen Kinderfreibetrag oder Kindergeld erhält. Voraussetzung ist, dass das Kind im Förderzeitraum zum inländischen Haushalt des Anspruchsberechtigten gehört oder gehört hat (§ 9 Abs. 5 Sätze 1 u. 2 EigZulG). Die Eigenheimzulage wird für das Jahr, in dem erstmals die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Eigenheimzulage vorliegen, und die folgenden Jahre des Förderzeitraums festgesetzt. Für die Zahl der Kinder nach § 9 Abs. 5 Sätze 1 und 2 EigZulG sind die Verhältnisse bei Beginn der Nutzung der hergestellten oder angeschafften Wohnung zu eigenen Wohnzwecken maßgeblich (§ 11 Abs. 1 Sätze 1 u. 2 EigZulG).

10

2.

Nach den bei Beginn der Eigennutzung maßgeblichen Verhältnissen kommt die Gewährung der Kinderzulage für das zuvor verstorbene Kind nicht in Betracht. Zwar reicht es für die Gewährung der vollen Eigenheimzulage grundsätzlich aus, wenn die erforderlichen Voraussetzungen zu irgendeinem Zeitpunkt des infrage stehenden Kalenderjahres im Förderzeitraum vorliegen (sog. materielles Jahresprinzip). Die Kinderzulage wird daher grundsätzlich auch für ein Kind gewährt, für das im jeweiligen Kalenderjahr des Förderzeitraums Anspruch auf Kinderfreibetrag oder Kindergeld bestand und das zum Haushalt der Anspruchsberechtigten gehörte (§ 9 Abs. 5 Sätze 1 u. 2 EigZulG). Der Förderzeitraum wird durch das Jahr der Anschaffung und die folgenden sieben Jahre begrenzt (§ 3 EigZulG). Er umfasst das gesamte Jahr der Anschaffung und beträgt acht Jahre. Nach dem so definierten Förderzeitraum liegen die Voraussetzungen des § 9 Abs. 5 Sätze 1 und 2 EigZulG für die Gewährung der Kinderzulage vor. Zu Beginn des Förderzeitraums, dem 1. Januar 1996, gehörte das Kind zum Haushalt der Anspruchsberechtigten. Der Kinderfreibetrag war gem. § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG für den Monat Januar zu gewähren.

11

Allerdings entsteht der Anspruch auf Eigenheimzulage nach § 10 EigZulG erst mit Beginn der Nutzung der angeschafften Wohnung zu eigenen Wohnzwecken und für jedes weitere Jahr des Förderzeitraums mit Beginn des Kalenderjahres. Dementsprechend stellt§ 11 Abs. 1 Satz 2 EigZulG folgerichtig für die erstmalige Festsetzung der Eigenheimzulage hinsichtlich der Zahl der Kinder auf die Verhältnisse bei Beginn der Nutzung der Wohnung ab. Das sog. materielle Jahresprinzip wird dadurch für das Jahr der Anschaffung oder Herstellung eingeschränkt. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Kinderfreibetrag oder Kindergeld und die Haushaltszugehörigkeit des Kindes dürfen nicht bereits vor Bezug der Wohnung entfallen sein. Die Regelungen über die Gewährung der Kinderzulage nach dem EigZulG entsprechen insoweit den Vorschriften über die Steuerermäßigung nach § 34 f EStG (vgl. BFH-Urteil vom 25. Januar 1995 X R 37/94, BStBl II 1995, 378).

12

Nach der abweichenden Auffassung von Wacker (EigZulG, Kommentar, 2. Aufl., § 9 Rdn. 161) reicht es aus, dass die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für die Gewährung der Kinderzulage irgendwann in dem jeweiligen Jahr des Förderzeitraums, hier im Januar 1996, vorgelegen haben. Diese Auffassung verkennt, dass der Förderzeitraum zwar volle acht Jahre umfasst, der Anspruch auf Eigenheimzulage und insbesondere auf Kinderzulage aber von dem Beginn der Nutzung und den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Verhältnissen abhängig ist (§§ 10, 11 Abs. 1 Satz 2 EigZulG).

13

Die Kl. können sich auch nicht darauf berufen, dass sie die Wohnung mit dem Kind bereits vor der Anschaffung genutzt haben. Die Nutzung der Wohnung als Mieter ist nicht begünstigt. Der Anspruch auf Eigenheimzulage entsteht erst mit Anschaffung und Nutzung der Wohnung (§ 10 EigZulG).

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.