Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 28.08.2008, Az.: 15 V 200/08
Anspruch des Gesellschafters einer Körperschaft auf entsprechende Änderung des Einkommensteuerbescheids aufgrund des Vorliegens einer verhinderten Vermögensmehrung; Anspruch auf Änderung eines Steuerbescheids aufgrund der Nichtberücksichtigung von verdeckten Gewinnausschüttungen; Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes für eine Aussetzung der Vollziehung eines Einkommensteuerbescheids
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 28.08.2008
- Aktenzeichen
- 15 V 200/08
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2008, 21596
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2008:0828.15V200.08.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 20.03.2009 - AZ: VIII B 170/08
Rechtsgrundlagen
- § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG
- § 32a Abs. 1 S. 1 KStG
- § 69 Abs. 2 S.2 FGO
- § 69 Abs. 3 S. 1, 2. HS. FGO
- § 90 AO
- § 173 AO
Fundstellen
- EFG 2008, 1824-1825 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- Jurion-Abstract 2008, 228807 (Zusammenfassung)
Verfahrensgegenstand
Einkommensteuer 1999 - 2003 (Aussetzung der Vollziehung)
Amtlicher Leitsatz
Orientierungssatz:
Nach § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG besteht kein Anspruch des Gesellschafters einer Körperschaft auf entsprechende Änderung des Einkommensteuerbescheids, wenn gegenüber der Körperschaft ein Steuerbescheid hinsichtlich der Berücksichtigung einer vGA nicht geändert wird, aber die zur Insolvenztabelle angemeldeten Körperschaftsteuerforderungen aufgrund geänderter Körperschaftsteuerberechnungen berichtigt werden; in diesem Fall steht die Änderung des Einkommensteuerbescheids im Ermessen der Finanzbehörde.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung von Änderungsbescheiden im Anschluss an eine Außenprüfung bei der M. Betriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), durch die die Gewinne aus Gewerbebetrieb bzw. die Umsatzerlöse im Wege einer Hinzuschätzung bei der GmbH erhöht und im folgenden als Einnahmen (verdeckte Gewinnausschüttungen) im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beim Antragsteller berücksichtigt worden sind.
Der Antragsteller ist seit 19xx Geschäftsführer und Alleingesellschafter der oben genannten GmbH. Diese hat ihren Sitz in Q., xxxx Str. x, und betreibt bzw. betrieb in Q. mehrere Gaststätten. In den Streitjahren wurden folgende Gaststätten betrieben: Gaststätte "M.", Gaststätte "Y." (abgemeldet zum xx. xx 2001), Gaststätte "Z." (seit xx. xx 1999), Gaststätte "A." (vom xx. xx 1999 bis xx. xx 2001) sowie die Gaststätte "E." (seit xx. xx 2001).
Der Antragsteller reichte die Einkommensteuererklärungen 1999 - 2002 am xx. xx 2001 (für 1999), am xx. xx 2001 (für 2000), am xx. xx 2004 (für 2001) sowie am xx. xx 2004 (für 2002) beim Antragsgegner ein. Dieser setzte Einkommensteuern durch Bescheide vom 12. Oktober 2001 (für 1999), vom 3. September 2001 (für 2000) sowie vom 6. September 2004 (für 2002) fest. Durch Bescheid vom 25. August 2004 lehnte der Antragsgegner eine Veranlagung für das Jahr 2001 ab. Aufgrund eines Einspruchs des Antragstellers setzte der Antragsgegner durch Bescheid vom 6. Dezember 2004 die Einkommensteuer 2002 geändert fest.
In der Zeit vom xx. xx 2005 bis xx. xx 2006 (mit Unterbrechungen) fand bei der GmbH eine Außenprüfung für die Jahre 1999 bis 2003 statt. Die mit der Außenprüfung beauftragte Betriebsprüferin traf dabei unter anderem folgende Feststellungen:
Es würden monatliche Kassenbücher geführt, die Buchungen seien aber nicht immer chronologisch erfolgt. Eine Abstimmung der Kasse sei nicht erfolgt. Der Antragsteller habe die Einnahmen mittels eines täglichen Inventurblattes ermittelt. Es gäbe Zählwerke an den Getränken, die der Antragsteller täglich auswerte. Daneben seien Registrierkassen vorhanden, über die aber größtenteils nur noch die Waren gebucht würden, die nicht durch die Zählwerke erfasst seien. Weder die Tagesendsummenbons (Z-Bons) noch die vom Antragsteller zur Überwachung seiner Angestellten gefertigten Inventurblätter seien aufbewahrt worden.
Darüber hinaus stellte die Betriebsprüferin in den Kassenbüchern Kassenfehlbeträge in den Jahren 2001 bis 2003 fest (wegen der Einzelheiten wird verwiesen auf Blatt 75 bis 100 der Bp-Arbeitsakte zu Auftragsbuch-Nr. xxxx des Finanzamts Q.). Inventuren zur Ermittlung des Warenbestandes wurden während der Außenprüfungen nicht vorgelegt. Die Betriebsprüferin gelangte zu dem Ergebnis, dass die Kassenführung und die Buchführung nicht ordnungsgemäß gewesen seien. Da die festgestellten Mängel ihres Erachtens das Wesen der Buchführung berührten, erhöhte sie die Gewinne und Umsatzerlöse im Schätzungswege wie folgt:
1999 in DM | 2000 in DM | 2001 in DM | 2002 in EUR | 2003 in EUR | |
---|---|---|---|---|---|
Nicht erklärte Umsätze "Z." | 63.228 | 11.548 | 20.820 | ||
Nicht erklärte Umsätze "E." | 41.368 | 39.325 | 20.205 | ||
Nicht erklärte Umsätze "M." | 126.678 | 179.592 | 159.930 | 87.082 | 116.167 |
Nicht erklärte Umsätze "Y." | 30.971 | 82.898 | 13.919 | ||
Verzinsung Gesellschafterverrechnungskonto | 3.802 | 754 | 978 | ||
Provisionszahlungen Tabak Union | 201 | 819 | 1.201 | 224 | 271 |
Vergütung Jever | 231 | ||||
Nicht erklärte Löhne | -18.768 | -18.768 | |||
Provisionszahlung Tabaccoland | 174 | ||||
Direktversicherung | 1.314 | ||||
Privatanteil Handy | 386 | 612 | 698 | ||
Summe | 157.850 | 326.537 | 232.328 | 130.049 | 121.096 |
Den Hinzuschätzungen lagen von der Prüferin für das Jahr 2002 durchgeführte Ausbeutekalkulationen für die Gaststätten "M.", "E." und "Z." zugrunde, aus denen sich durchschnittliche Rohgewinnaufschlagsätze von abgerundet 220 v. H. (für die Gaststätte "M."), von 195 v. H. (für die Gaststätte "E.") sowie von 185 v. H. (für die Gaststätte "Z.") ergeben hatten. Für die Gaststätte "Y." setzte die Betriebsprüferin eine Rohgewinnaufschlagsatz von 150 v. H. (Tiefstwert laut Richtsatzsammlung) an. Wegen der Einzelheiten der Kalkulation wird auf den Bericht vom 25. September 2006 über die Außenprüfung, auf den Ergänzungsbericht vom 8. November 2006 (beide im Abschnitt "Bp-Berichte" der insoweit nicht paginierten Einkommensteuerakte Vz 2003 des Antragsgegners) sowie die Berechnung der Kalkulationen (Blatt 446 f der Bp-Arbeitsakte) Bezug genommen.
Durch Bescheide jeweils vom 11. Dezember 2006 änderte der Antragsgegner die Einkommensteuerfestsetzungen der Jahre 1999, 2000 und 2002 unter Berufung auf die Änderungsvorschrift § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO). Durch Bescheide vom 14. Dezember 2006 (für 2001) sowie vom 26. März 2007 (für 2003, nachdem der Antragsteller zur Abgabe einer Steuererklärung mit Schreiben vom 28. November 2006 aufgefordert worden war) setzte der Antragsgegner Einkommensteuern für 2001 und 2003 erstmals fest. Dabei berücksichtigte er die Prüfungsfeststellungen dergestalt, dass er die von der Betriebsprüferin festgestellten Kalkulationsdifferenzen als Einnahmen aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG ansetzte.
Gegen diese Bescheide legte der Antragsteller form- und fristgerecht Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide. Zur Begründung führte er aus:
Die Einkommensteuerbescheide für 1999, 2000 und 2002 hätten nicht nach § 173 AO geändert werden können. Eine neue Tatsache im Sinne dieser Vorschrift läge nicht vor. Ebenso käme eine Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2001 aufgrund der Ablehnung der Veranlagung mit Bescheid vom 25. August 2004 nicht in Betracht. Auch in diesem Fall greife § 173 AO nicht Platz.
Es lägen auch keine verdeckten Gewinnausschüttungen vor. Es sei nicht festgestellt worden, dass überhaupt eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) bei der GmbH stattgefunden habe. Der Pauschalansatz einer für das Jahr 2002 durchgeführten Kalkulation auf alle Prüfungsjahre ohne Rücksicht auf die Marktentwicklung und die Zusammensetzung der gastronomischen Betriebe sei ungeeignet und führe zu unangemessenen Ergebnissen. Auch sei die Prüferin von einem unzutreffenden Wareneinsatz ausgegangen.
Außerdem sei bei den Festsetzungen der Einkommensteuer ab 2001 das Halbeinkünfteverfahren unberücksichtigt geblieben.
Nachdem der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt und der Antragsteller gegen die Entscheidung Einspruch eingelegt hatte, setzte der Antragsgegner durch Bescheid vom 6. Juni 2007 die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide der Jahre 2001 bis 2003 in dem Umfang aus, in dem die Einnahmen aus Kapitalvermögen lediglich zur Hälfte berücksichtigt werden.
Den weitergehenden Antrag, den der Antragsteller aufrechterhielt, lehnte der Antragsgegner durch Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2007 als unbegründet ab.
Die Einsprüche gegen die Steuerfestsetzungen hatten im selben Umfang Erfolg; der Antragsgegner setzte die Einkommensteuern der Jahre 2001 bis 2003 durch Einspruchsbescheid vom 18. Oktober 2007 mit der Maßgabe geändert fest, dass die verdeckten Gewinnausschüttungen lediglich zur Hälfte als Einnahmen aus Kapitalvermögen berücksichtigt wurden; im Übrigen wies der Antragsgegner die Einsprüche als unbegründet zurück.
Am 20. November 2007 erhob der Antragsteller Klage, die beim Niedersächsischen Finanzgericht unter dem Aktenzeichen 15 K xx/07 anhängig ist. Zugleich stellte er einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Zur Begründung seiner Klage und seines Aussetzungsantrags wiederholte der Antragsteller sein Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Ergänzend trug er vor, er sei für das Jahr 2003 nicht verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. Dieser Pflicht stünde entgegen, dass das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen Q. gegen ihn ein Strafverfahren wegen Hinterziehung von Einkommensteuer 2003 eingeleitet habe.
Kassenfehlbeträge hätten sich nicht im gesamten Prüfungszeitraum ergeben. Die Kassenfehlbeträge könnten insoweit erklärt werden, als er im Verlaufe jeden Monats die in den Gaststätten der GmbH und in anderen Gaststätten aufgestellten Automaten aus Sicherheitsgründen mehrfach aufgesucht und auch entleert habe, diese Umsätze habe er erst nach Ablauf des Monats abgerechnet und von der Buchführung erfassen lassen. Daraus ergebe sich, dass die Automateneinnahmen jeweils erst zu Beginn des neuen Monats im Kassenbuch erfasst, aber bereits vorher durch sporadische Automatenleerung zum Teil zur Verfügung gestanden hätten und dann auch zum Einkauf usw. verwendet worden seien. Hierzu legt der Antragsteller in Kopie Automatenabrechnungen des Monats August 2005 vor, auf die verwiesen wird (Blatt 56 bis 61 der Gerichtsakte). Die Abrechnungen der Streitjahre lägen ihm aufgrund der Beschlagnahme der Buchführungsunterlagen nicht vor.
Darüber hinaus äußerte er die Ansicht, dass die Buchführung ordnungsgemäß gewesen sei. Insbesondere sei die Buchführung auch nicht - wie die Betriebsprüfung behaupte - materiell unrichtig, weil nicht sämtliche Einnahmen erfasst worden seien.
Er trug vor, dass sich lediglich die Bierleitungen in der Gaststätte "M." und in der Gaststätte "E." und zusätzlich auch die Spirituosen in der Gaststätte "M.", die häufiger verlangt worden seien, mit Zählwerken ausgestattet gewesen seien. Alle anderen Gaststätten und auch alle anderen Getränke und Speisen in den anderen Gaststätten hätten keine Zählwerke besessen. Die Zählwerke könnten keine sichere Einnahmekontrolle gewährleisten, da diese in den Gaststätten "M." und "E." mehrfach repariert werden mussten. Insbesondere hätten Schankverlust, Getränkefreirunden sowie Anschreibungen von Gästen nicht nach den Ergebnissen der Zählwerke mitberechnet werden können.
Es hätte auch die Anweisung an die Mitarbeiter bestanden, alle Erlöse über die Registrierkassen zu buchen. Er - der Antragsteller - sei aber nicht den ganzen Tag über in den Gaststätten anwesend gewesen. Er habe sich mit einfachen Kontrollen seiner Mitarbeiter begnügt. Eine tägliche genaue Überprüfung sei nicht möglich gewesen. Es sei deshalb nicht auszuschließen, dass sich Mitarbeiter bereichert hätten.
Die vom Antragsgegner angeführte Aufzeichnung zu den Tageseinnahmen der Gaststätte "E.", nach denen die tatsächlichen Tageseinnahmen um etwa 40 v. H. höher gewesen sein sollen, existiere nicht.
Der Antragsteller wies darauf hin, dass in dem Rechtsstreit der GmbH gegen das Finanzamt Q. wegen Körperschaftssteuer 1999 bis 2003 (Aktenzeichen des Niedersächsischen Finanzgerichts: 6 K xx/07) sich eine Einigung zwischen dem Finanzamt und dem Insolvenzverwalter dergestalt anbahne, dass das Finanzamt seine Forderungen auf Körperschaftssteuer aus den angeblichen verdeckten Gewinnausschüttungen im Wege der Änderungen um zwei Drittel vermindern werde. Diese demnächst zu erlassende Änderungsentscheidung werde sich gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftssteuergesetzes (KStG) auch zugunsten des Antragstellers auswirken. Insofern sei von einer Ermessensreduzierung des Antragsgegners auf Null auszugehen.
Der Antragsteller äußerte die Ansicht, dass es für ihn eine unbillige Härte bedeuten würde, wenn seinem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nicht stattgegeben würde. Denn bei sofortiger Vollziehung der Bescheide wäre er gezwungen, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen zu stellen. Ein derartiger Antrag sei aber nicht mehr rückgängig zu machen. Seine Existenz wäre daher bei einer Ablehnung des Aussetzungsantrages nicht nur bedroht, sondern sogar vernichtet.
Der Beklagte vertrat die Auffassung, dass keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestünden, und führte aus: Die Buchführung sei aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüferin nicht ordnungsgemäß gewesen. Der Vortrag des Antragstellers, die Kassenfehlbeträge resultierten aus Automatenleerungen, die nicht zeitnah verbucht worden seien, sei nicht glaubhaft. Es hätte näher gelegen, die vereinnahmten Beträge sofort ins Kassenbuch einzutragen.
Der Antragsteller habe zu Beginn der Außenprüfung gegenüber der Prüferin vorgetragen, er lasse nur in die Einnahmen in die Registrierkassen einbuchen, die nicht durch die Zählwerke erfasst werden. Dies werde auch durch die Aussage der in der Gaststätte "M." angestellten Kellnerin xx xx bestätigt, die diese in der Vernehmung zu Protokoll gegeben habe. Deren Aussage und die Tatsache, dass der Kläger in der Gaststätte anwesend gewesen sei, ließen darauf schließen, dass es gerade nicht angeordnet und beabsichtigt gewesen sei, alle Erlöse über die Registrierkassen zu erfassen.
Bei der Durchsuchung seien Unterlagen über die aktuellen Tageseinnahmen sichergestellt worden. Danach seien die von den Angestellten abgelieferten Geldbeträge um etwa 40 v. H. höher, als die im Kassenbuch erfassten Einnahmen gewesen. Diese sichergestellten Belege beträfen das Jahr 2005.
Die Betriebsprüferin habe die Kalkulation anhand des Wareneinsatzes vorgenommen und hier auch Schankverluste und Getränkefreirunden mit berücksichtigt. Der Wareneinsatz sei in den Jahren 2001 bis 2003 getrennt nach Gaststätten gebucht und der Kalkulation zugrundegelegt worden. Für die Jahre 1999 und 2000 sei der Wareneinsatz nicht getrennt verbucht gewesen. Die Prüferin sei daher gehalten gewesen, den Wareneinsatz auf die Gaststätten aufzuteilen. Dies sei prozentual nach den Umsätzen erfolgt.
Der Antragsteller sei vom Finanzamt aufgefordert worden, eine Steuererklärung für 2003 abzugeben. Daraus folge die Verpflichtung für diesen, dieser Aufforderung nachzukommen. Die Befugnis hieraus ergebe sich aus § 149 Abs. 1 Satz 2 und 4 AO.
Die Hinzuschätzungen aufgrund der Nachkalkulationen bei der GmbH seien als verdeckte Gewinnausschüttungen zu beurteilen, da die Nachkalkulation den Schluss zulasse, dass die GmbH Betriebseinnahmen nicht vollständig gebucht habe und diese nicht gebuchten Betriebseinnahmen dem Antragsteller außerhalb der gesellschaftlichen Gewinnverteilung zugeflossen seien. Der Antragsteller habe seine Mitwirkungspflicht nach § 90 AO nicht genüge getan, welches zu einer Reduzierung des Beweismaßes hinsichtlich der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung führe. Der Antragsgegner weist insoweit auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. September 2004 (III R 9/03, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2005, 160) hin.
Eine eventueller Änderung der Körperschaftssteuerbescheide habe für dieses Verfahren keine Auswirkung. § 32a KStG ermögliche lediglich verfahrensrechtlich Änderungen beim Gesellschafter. Eine Wechselbeziehung zwischen der Gesellschafts- und der Gesellschafterebene im Sinne einer materiell-rechtlichen Abhängigkeit bestehe nicht. Im Hinblick auf das laufende Insolvenzverfahren der GmbH käme es darüber hinaus nicht zum Erlass geänderter Körperschaftssteuerbescheide, sondern lediglich zu einer geänderten Körperschaftssteuerberechnung als Grundlage der Anmeldung von Insolvenzforderungen zur Tabelle.
Eine Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte komme nicht in Betracht, da auch das Klageverfahren offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Hierzu verweist der Antragsgegner auf die Beschlüsse des BFH vom 21. Dezember 1967 (V B 26/67, BStBl II 1968, 84) und vom 19. April 1968 (IV B 3/66, BStBl II 1968, 538).
Durch Beschluss vom 7. Mai 2008 wies das Niedersächsische Finanzgericht in dem Verfahren 15 V xx/07 den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide ab. Zur Frage der Anwendung des § 32a KStG führte das Gericht aus:
"Ebenso wenig führt die vom Antragsteller angeführte Norm des § 32a KStG zu einem anderen Ergebnis. Wie der Antragsteller selbst einräumt, besteht keine Bindung der Einkommensteuerbescheide an die Körperschaftsteuerbescheide. § 32a Abs. 1 KStG regelt, dass - soweit gegenüber einer Körperschaft ein Steuerbescheid hinsichtlich der Berücksichtigung einer vGA geändert wird - ein Steuerbescheid gegenüber dem Gesellschafter, dem die vGA zuzurechnen ist, geändert werden kann. Die Norm beinhaltet damit eine in das Ermessen des Finanzamts gestellte punktuelle Änderungsnorm.
Es kann dahinstehen, ob der Antragsgegner im Fall der Änderung der Köperschaftsteuerbescheide zur Änderung der Einkommensteuerbescheide aufgrund einer Ermessensreduktion verpflichtet wäre. Hieran bestehen angesichts der Besonderheiten des Einzelfalls (Einigung im Klageverfahren während eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH) erhebliche Zweifel. Die Körperschaftsteuerbescheide sind aber offensichtlich noch nicht geändert worden."
Mit bei Gericht am 23. Mai 2008 eingegangenem Schriftsatz beantragt der Antragsteller, diesen Beschluss nach § 69 Abs. 6 FGO abzuändern und die Aussetzung zu gewähren. Hilfsweise begehrt er die Zulassung der Beschwerde nach § 128 Abs. 3 FGO.
Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, dass inzwischen in dem Rechtsstreit der GmbH gegen das Finanzamt Q. wegen Körperschaftssteuer 1999 bis 2003 (Aktenzeichen des Niedersächsischen Finanzgerichts: 6 K xx/07) die Beteiligten sich dergestalt verständigt hätten, dass das Finanzamt seine Forderungen auf Körperschaftssteuer aus den angeblichen verdeckten Gewinnausschüttungen im Wege der Änderungen um zwei Drittel vermindert habe. Dementsprechend seien auch die Einkommensteuerbescheide gemäß § 32a Abs. 1 Satz 1 KStG des Antragstellers zu ändern. Insofern sei von einer Ermessensreduzierung des Antragsgegners auf Null auszugehen.
Im Übrigen wiederholt der Antragsteller seine Bedenken gegen die Kalkulation der Außenprüfung.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Niedersächsischen Gerichts vom 7. Mai 2008 mit der Maßgabe abzuändern, die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2003 vom 11. Dezember 2006 (1999, 2000 und 2002), vom 14. Dezember 2006 (für 2001), vom 26. März 2007 (für 2003), für 2001 bis 2003 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2007 auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er weist darauf hin, dass die Körperschaftsteuerbescheide der M. Betriebsgesellschaft mbH unverändert geblieben seien. Lediglich die zur Insolvenztabelle angemeldeten Körperschaftsteuerforderungen wurden aufgrund geänderter Körperschaftsteuerberechnungen berichtigt.
II.
Der Antrag ist unbegründet.
1.
Ist ein Steuerverwaltungsakt Gegenstand eines Rechtsbehelfsverfahrens, so kann das Gericht der Hauptsache - im Streitfall das Niedersächsische Finanzgericht - nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO dessen Vollziehung unter bestimmten Umständen aussetzen.
Das Gericht der Hauptsache kann einen einmal ergangenen Beschluss jederzeit aufheben oder ändern (§ 69 Abs. 6 Satz 1 FGO). Die Beteiligten können die Aufhebung oder Änderung jedoch nur wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen (§ 69 Abs. 6 Satz 2 FGO).
Solche Umstände liegen vor, wenn entweder nachträglich eingetretene oder bekannt gewordene Gegebenheiten den Fall in tatsächlicher Hinsicht in einem neuen Licht erscheinen lassen (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 18. September 1996 I B 39/96, BFH/NV 1997, 247) oder wenn eine Gesetzesänderung oder eine zwischenzeitlich ergangene gerichtliche Entscheidung zu einer veränderten Beurteilung der maßgeblichen Rechtslage führen können (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Januar 1991 IX S 6/90, BFH/NV 1991, 535). Bei unveränderter tatsächlicher und rechtlicher Ausgangslage erfüllen neue rechtliche Überlegungen des Antragstellers ebenso wie die bloße Wiederholung der bisherigen Argumentation den Tatbestand des § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO jedoch nicht (BFH-Beschluss vom 19. September 2003 I S 7/03, BFH/NV 2004, 516; Gosch in Beermann/Gosch, § 69 FGO Rz 330 f.). Durch § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO wird verhindert, dass sich das Gericht wiederholt mit denselben Aussetzungsbegehren befassen muss.
2.
In Anwendung dieser Grundsätze kann der Antragsteller nicht mit Erfolg seine bereits vorgetragenen Einwendungen gegen die Kalkulation der Außenprüfung und die angefochtenen Einkommensteuerbescheide wiederholen. Insoweit hat der Antragsteller nicht vorgetragen, dass im Anschluss an den Beschluss über die Aussetzungsentscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts Umstände eingetreten oder erkennbar geworden wären, die eine Änderung des entscheidungserheblichen Sachverhalts oder der maßgeblichen Rechtslage bewirken könnten. Der Senat hält insoweit an der getroffenen Entscheidung fest.
3.
Auch unter Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen Berichtigung der zur Insolvenztabelle angemeldeten Körperschaftsteuerforderungen hält der Senat an der im Beschluss vom 7. Mai 2008 getroffenen Entscheidung fest. Insoweit liegen zwar die nach § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO zu fordernden Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Änderungsantrags vor, da sich der zu beurteilende Sachverhalt geändert hat. Allerdings begründet dieser Umstand keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Einkommensteuerbescheide.
Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
a)
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BStBl II 1984, 454 und vom 30. Dezember 1996 I B 61/96, BStBl II 1997, 466). Solche Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Antragsteller hat bei summarischer Prüfung keinen Anspruch auf Änderung der angefochtenen Bescheide nach § 32a Abs. 1 KStG.
Der Senat kann dahinstehen lassen, ob die Vorschrift des § 32a Abs. 1 KStG Anwendung findet, wenn gegenüber einer Körperschaft ein Steuerbescheid hinsichtlich der Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht geändert wird, aber die zur Insolvenztabelle angemeldeten Körperschaftsteuerforderungen aufgrund geänderter Körperschaftsteuerberechnungen berichtigt werden. Jedenfalls besteht nach summarischer Prüfung kein Anspruch des Antragstellers auf entsprechende Änderung der Einkommensteuerbescheide. Der Senat kann in diesem Zusammenhang ebenfalls dahinstehen lassen, ob in den vom Gesetz benannten Fällen des Erlasses, der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids die Norm des § 32a Abs. 1 KStG entgegen ihrem Wortlaut auf der Rechtsfolgenseite im Wege der Ermessensreduzierung nur eine gebundene Entscheidung der Finanzverwaltung in Betracht kommt. In jedem Fall eröffnet die - auch im Streitfall vorliegende - Berichtigung der zur Insolvenztabelle angemeldeten Körperschaftsteuerforderungen nach § 32a Abs. 1 KStG ein Ermessen zur Änderung der Einkommensteuerbescheide. Denn zum einen ist dies die wortgetreue Rechtsfolge des § 32a Abs. 1 KStG, zum anderen ist Gegenstand eines Insolvenz-Feststellungsverfahrens nicht die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheides, sondern die Beseitigung des Widerspruchs durch Feststellung der im Prüfungstermin geltend gemachten Forderung zur Tabelle (BFH-Urteil vom 7. März 2006 VII R 11/05, BStBl II 2006, 573 m.w.N.). Eine Einigung der Beteiligten in einem solchen Insolvenz-Feststellungsverfahrens über die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttungen hat nicht die gleiche rechtliche Qualität wie die Änderung eines Körperschaftsteuerbescheids und ihr liegen nicht dieselben Überlegungen zugrunde, so dass derjenigen Finanzbehörde, die über die Einkommensteuerbescheide zu befinden hat, in diesem Fall im Rahmen einer Ermessensentscheidung die Möglichkeit einzuräumen ist, diese Besonderheiten zu würdigen.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Einführung des § 32a KStG durch Art. 4 Nr. 7 des Jahressteuergesetzes 2007 (BGBl. I 2006, 2878) die Besteuerungsebenen der Gesellschaft und des Gesellschafters verfahrensrechtlich verknüpfen sollte, um die Beseitigung ungerechtfertigter materiell-rechtlicher Unterschiede auf den beiden Ebenen zu ermöglichen. Da der Gesetzgeber sich allerdings nach dem Wortlaut des Gesetzes für eine Ermessensentscheidung entschlossen hat, kann dieser Entschluss durch Auslegung nicht generell in jedem Fall zu einer Ermessensreduktion bis hin zu einer gebundenen Rechtsfolge ausgelegt werden. Die Umstände des Einzelfalls sind stets zu berücksichtigen.
Da eine Ermessensentscheidung des Antragsgegners erforderlich ist, ist es dem Senat verwehrt, gestaltend oder korrigierend tätig zu werden. Entsprechende Ermessenserwägungen kann der Senat auch nicht im Wege einer summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten eines Änderungsantrags anstellen, ohne in die Eigenständigkeit der Verwaltung einzugreifen.
b)
Ebenso wenig ist die Aussetzung geboten, weil die Vollziehung des angefochtenen Bescheides für den Antragsteller eine unbillige Härte zur Folge hätte. Die Vollziehung eines - noch nicht bestandskräftigen - Steuerbescheides ist für den Steuerpflichtigen unbillig hart, wenn ihm dadurch wirtschaftliche Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur sehr schwer wieder gutzumachen wären, oder wenn sogar die wirtschaftliche Existenz gefährdet wäre (vgl. Beschluss des BFH vom 24. März 1994 IV S 1/94, BStBl II 1994, 398). Insoweit wird auf die Ausführungen im Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 7. Mai 2008 verwiesen.
4.
Die Beschwerde wird gemäß § 128 Abs. 3 in Verbindung mit § 115 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt. i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen. Der BFH hat über die Frage, ob und in welchen Fällen die Regelung des § 32a KStG nur eine gebundene Entscheidung zulässt, ersichtlich noch nicht entschieden. Die Zulassung der Beschwerde ist erforderlich, um zur Fortbildung des Rechts dem BFH Gelegenheit zu geben, über diese Rechtsfrage zu befinden. Die nachträgliche Zulassung der Beschwerde ist zulässig (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Oktober 1991 XI B 18/90, BStBl II 1992, 301; vom 22. August 2001 III B 71/01, BFH/NV 2002, 195) und wegen der veränderten Sachlage nunmehr aus den genannten Gründen geboten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.