Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 25.09.1992, Az.: 8 K 4440/91
Werbeverbot; Nichtapothekenpflichtige Arzneimittel; Apothekenübliche Waren
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 25.09.1992
- Aktenzeichen
- 8 K 4440/91
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1992, 13399
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1992:0925.8K4440.91.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BVerwG - 19.04.1993 - AZ: BVerwG 3 NB 1.93
- BVerwG - 24.01.1994 - AZ: BVerwG 3 NB 1.93
- BVerwG - 15.07.1994 - AZ: BVerwG 3 NB 1.93
Rechtsgrundlagen
- Berufsordnung für Apotheker des Landes Niedersachsen
- § 1 des Gesetzes über das Apothekenwesen
- § 25 Apothekenbetriebsordnung
Amtlicher Leitsatz
1. Das in der Berufsordnung für Apotheker des Landes Niedersachsen enthaltene Werbeverbot für nichtapothekenpflichtige Arzneimittel und für apothekenübliche Waren (sog. Randsortiment) ist mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG sowie mit Europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar.
2. Im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO besteht keine Vorlagepflicht des Oberverwaltungsgerichts an den Europäischen Gerichtshof, da die Nichtvorlagebeschwerde ein Rechtsmittel i.S.d. Art. 177 Abs. 3 EWGV darstellt. Eine (fakultative) Vorlage durch das Oberverwaltungsgericht gemäß Art. 177 Abs. 2 EWGV kommt nur in Betracht, wenn dieses davon überzeugt ist, daß die angegriffene nationale Regelung gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt.
Tenor:
Die Normenkontrollanträge werden abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens zu je einem Neuntel; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Antragsteller sind als Inhaber von Apotheken im Land Niedersachsen Mitglieder der Apothekerkammer Niedersachsen (Antragsgegnerin). Sie begehren die Ungültigerklärung bestimmter Werbeverbote und -beschränkungen für nichtapothekenpflichtige Arzneimittel und für apothekenübliche Waren (sog. Randsortiment) im Sinne des § 25 der Apothekenbetriebsordnung vom 9. Februar 1987 (BGBl I S. 547) - ApBetrO - (z.B. Verbandmittel, Mittel und Gegenstände der Hygiene und Körperpflege, diätetische Lebensmittel, Babykost, Fruchtsäfte) in der von der Antragsgegnerin erlassenen Berufsordnung - BO - vom 2. Mai 1955 i.d.F. vom 19. März 1985 und in den dazu ergangenen Werberichtlinien.
Ausgelöst wurde das Normenkontrollverfahren dadurch, daß die Antragsgegnerin den Antragstellern das Recht abspricht, freiverkäufliche Arzneimittel und Waren des sog. Randsortiments in "Verkaufsschütten" vor ihren Apotheken anzubieten, und beabsichtigt, ihre Auffassung mit standesrechtlichen Mitteln durchzusetzen.
Die am 27. Mai 1991 eingegangenen Normenkontrollanträge richten sich gegen § 3 und § 8 (mit Ausnahme der Nrn. 3, 5 und 8 in Absatz 3) BO, soweit sich diese Bestimmungen auf freiverkäufliche Arzneimittel und apothekenübliche Waren beziehen. Die angegriffenen Vorschriften lauten:
§ 3
Der Apotheker ist verpflichtet, die für die Ausübung seines Berufes geltenden Gesetze und Verordnungen sowie das Satzungsrecht der Kammer zu beachten und darauf gegründete Anordnungen und Richtlinien zu befolgen.
§ 8
Wettbewerb ist verboten, wenn er unlauter ist oder eine Werbung zum Inhalt hat, die irreführend oder übertrieben ist bzw. einen Mehrverbrauch, Fehlgebrauch oder Mißbrauch von Arzneimitteln begünstigt. Das Nähere regeln Werberichtlinien, die von der Kammerversammlung als Bestandteil dieser Berufsordnung beschlossen werden.
Verboten sind darüber hinaus folgende Wettbewerbs- und Werbehandlungen:
1. Das Vortäuschen einer bevorzugten oder besonderen Stellung der eigenen Apotheke, der eigenen Person oder des Apothekenpersonals.
2. Das Anwenden oder Dulden von Bezeichnungen beim Vertrieb oder Anpreisen von Arzneimitteln zu dem Zweck, die Bevorzugung einer bestimmten Apotheke zu erreichen.
3. ...
4. Das Überlassen von Ausstellungs- und Verkaufsflächen der Apotheke gegen Entgelt oder sonstige Leistungen.
5. ...
6. Das Gewähren von Zugaben und Zuwendungen jeglicher Art oder das Mitwirken hierbei sowie die kostenlose Abgabe von Arzneimitteln. Ausnahmen im Bagatellbereich bestimmt die Kammerversammlung.
7. Zuwendungen und Geschenke, insbesondere an Kunden, Angehörige anderer Heilberufe oder Heilhilfsberufe, Kostenträger, Kurheime, Altenheime, Krankenanstalten und ähnliche Einrichtungen sowie deren Leiter und Mitarbeiter, soweit damit der Wettbewerb beeinflußt werden kann.
8. ...
9. Ortsfeste Hinweise auf die Apotheke, soweit sie nicht zum Auffinden der nächstgelegenen Apotheke erforderlich und von der Apothekerkammer Niedersachsen genehmigt worden sind.
Die Antragsteller beanstanden ferner die nachstehenden Bestimmungen der aufgrund von § 8 Abs. 2 BO erlassenen Werberichtlinien:
I. Leitsätze
1.1 ...
Der gesetzliche Auftrag räumt der Institution Apotheke eine Sonderstellung innerhalb des gewerblichen Einzelhandels ein.
1.2 Der Apotheker hat in der Ausübung seines Berufes alles zu unterlassen, was zu einem Mehrverbrauch, Fehlgebrauch oder Mißbrauch von Arzneimitteln führen könnte. Seine öffentlich-rechtliche Pflichtenstellung und seine Vertrauensstellung in der Bevölkerung bedingen eine Zurückhaltung in Fragen des Wettbewerbs und der Werbung.
1.3 Der Beruf des Apothekers ist nicht teilbar in einen Arzneimittelfachmann mit öffentlich-rechtlichen Pflichten und einen Verkäufer von Waren des Nebensortiments. Das Berufsbild schließt deshalb ein übersteigertes kaufmännisches Verhalten aus.
1.4 Die Werbung für Arzneimittel ist im Interesse einer umfassenden Information und Beratung auf den Apothekenbetrieb zu begrenzen.
1.5 ...
II. Tatbestände
1. Werbung innerhalb der Apotheke
Zulässig sind Werbemaßnahmen, sofern sie nicht
- ...
- oder nach Häufigkeit übertrieben wirken
- oder einen Mehrverbrauch, Fehlgebrauch oder Mißbrauch von Arzneimitteln begünstigen.
Diese Erfordernisse sind bei der Gestaltung der Schaufenster- und Fassadenwerbung sowie von Preisschildern, Preislisten, Handzetteln, Werbe- oder Hauszeitschriften, Kalendern und ähnlichem zu beachten.
2. Einzelwerbung außerhalb der Apotheke
2.1 Unzulässig ist die Werbung durch Versendung bzw. Verteilung von Werbeprospekten, Werbebriefen (z.B. als Postwurfsendungen), Aufklebern und Handzetteln.
2.2 Unzulässig sind Werbemaßnahmen in öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen (z.B. Postämter, Telefonzellen), auf Verkehrsmitteln, in Vereinseinrichtungen etc.
2.3 Unzulässig ist die Werbung in Kino, Funk, Fernsehen und durch Bildschirmtext.
2.4 Unzulässig ist die Beteiligung an Werbeveranstaltungen (z.B. der Werbegemeinschaften des Einzelhandels), wenn die Apotheke bei Sonderveranstaltungen in Form von Preisausschreiben, Verlosungen etc. einbezogen wird.
2.5 Unzulässig ist die Werbung in Zeitungen, Zeitschriften, Telefonbüchern, Fahrplänen, Stadtplänen, Theaterprogrammen etc., wenn sie mehr als die Firmierung der Apotheke und einen neutralen Text enthält und größer als 40 qcm ist.
Eröffnungs- und Jubiläumsanzeigen sind jeweils nur zweimal zulässig.
Die Antragsteller machen geltend:
Die angegriffenen Vorschriften seien bereits mangels wirksamer Ermächtigungsgrundlage nichtig. Die Regelung der Tätigkeit der Apotheker als Gewerbetreibende unterliege nach Art. 74 Nr. 11 GG der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes, von der dieser in der Bundesapothekerordnung und der Apothekenbetriebsordnung lückenlos Gebrauch gemacht und die gesamte die Tätigkeit des Apothekers betreffende Materie erschöpfend und abschließend geregelt habe. Eine Regelungslücke, die dem Landesgesetzgeber Raum dafür lasse, die Antragsgegnerin auf ergänzender landesrechtlicher Grundlage zu ermächtigen, die Berufsausübung von Apothekern zu regeln, bestehe daher nicht.
Darüber hinaus seien die angegriffenen Vorschriften aber auch materiell-rechtlich wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG nichtig. Es sei kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, daß Apotheker für freiverkäufliche Arzneimittel und Waren des sog. Randsortiments nicht werben dürften, wohl aber Drogisten und andere Einzelhändler. Im Unterschied zu apothekenpflichtigen Arzneimitteln, bei deren Vertrieb der Apotheker in Wahrnehmung der im öffentlichen Interesse gebotenen Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung tätig werde, könne in diesem Bereich kein Unterschied zwischen den Apotheken einerseits und dem übrigen Einzelhandel andererseits gemacht werden. Diese Auffassung vertrete auch der Bundesgerichtshof im Beschluß vom 19. März 1991 (KVR 4/89). Auch Art. 12 Abs. 1 GG sei verletzt, weil die angegriffenen Vorschriften einen weitreichenden Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Apotheker darstellten und nicht durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt seien. Das Argument, die dem Apotheker gestellte öffentliche Aufgabe der zentralen Arzneimittelversorgung werde durch eine Erhöhung des Umsatzanteils im sog. Randsortiment und bei nichtapothekenpflichtigen Waren gefährdet, entbehre jeder Grundlage. Die Versorgung mit Arzneimitteln erfolge gegen Vorlage von Rezepten. Schon hieraus werde deutlich, daß das Erscheinungsbild der Apotheke und die gewerbliche Betätigung des Apothekers im streitbefangenen Bereich nicht den geringsten Einfluß auf den Verbrauch apothekenpflichtiger Arzneimittel habe. Die Werbebeschränkungen seien deshalb unverhältnismäßig.
Die Antragsteller sind weiter der Auffassung, daß die angegriffenen Vorschriften in dem genannten Umfang auch gegen Art. 30 und 85 des EWG-Vertrags - EWGV - verstoßen. Die umstrittenen Werbeverbote und Wettbewerbsbeschränkungen stellten Maßnahmen gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen dar, die Art. 30 EWGV verbiete. Sie seien geeignet, den innergemeinschaftlichen Handel zumindest mittelbar zu behindern, ohne durch zwingende Erfordernisse der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt zu sein. Insbesondere sei nicht ersichtlich, daß durch einen gänzlichen oder teilweisen Wegfall der Werberestriktionen die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung in Frage gestellt oder das Vertrauen der Bevölkerung enttäuscht werde. Es fehle somit die Eignung zum Schutz der öffentlichen Gesundheit, jedenfalls aber seien sie hierzu nicht erforderlich. Letztlich komme es der Beklagten auch nicht auf den Schutz der Volksgesundheit an. Vielmehr gehe es ihr um den Bestandsschutz für vorhandene Apotheken und um die Verhinderung des Wettbewerbs zwischen Apotheken. Dies sei jedoch mit dem in Art. 30 EWGV statuierten Grundsatz des Vorrangs der Warenverkehrsfreiheit nicht vereinbar, zumal zahlreiche Apotheken auf die Erweiterung des Absatzes von apothekenfreien Arzneimitteln und apothekenüblichen Waren zur Sicherung und Besserung der Rentabilität angewiesen seien. Schließlich sei die Antragsgegnerin eine Vereinigung von Unternehmen, deren Berufsordnung eine Beschränkung des Wettbewerbs bezwecke, die gegen das gemeinschaftsrechtliche Kartellverbot i.S. des Art. 85 EWGV verstoße. Für den Fall, daß der Senat die Normenkontrollanträge nicht schon aufgrund des Verstoßes gegen das Verfassungsrecht und das nationale Kartellrecht für begründet halte und sich auch nicht der von den Antragstellern vertretenen Auffassung zur Auslegung des europäischen Gemeinschaftsrechts anschließen könne, hielten sie es für erforderlich, das Verfahren auszusetzen und eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes gemäß § 177 EWGV einzuholen.
Die Antragsteller beantragen,
die §§ 3, 8 Abs. 1, Abs. 2 Nrn. 1, 2, 4, 6, 7 und 9 der Berufsordnung für Apotheker des Landes Niedersachsen vom 2. Mai 1955 in der Fassung vom 19. März 1985 sowie die Nrn. I 1 Satz 2, I.2 bis 4 Nr. II.1 Satz 2, Halbs. 2 und 3, Satz 2 und Nr. II.2 der dazu ergangenen Werberichtlinien für nichtig zu erklären, soweit diese Bestimmungen sich auf freiverkäufliche Arzneimittel und apothekenübliche Waren beziehen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Normenkontrollanträge abzulehnen.
Sie erwidert: Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten sei nicht gegeben. Über berufsrechtliche Streitigkeiten der Apotheker habe ausschließlich das Berufsgericht zu entscheiden. Im übrigen seien die angegriffenen Regelungen mit höherrangigem Recht vereinbar. Sie fänden im Kammergesetz für die Heilberufe (HKG) eine rechtswirksame landesgesetzliche Ermächtigung. Materiell verstießen die umstrittenen Vorschriften nicht gegen Art. 12 und Art. 3 GG. Den Apothekern müsse im Interesse der geordneten Arzneimittelversorgung der Bevölkerung und des Schutzes des herkömmlichen Berufsbildes auch bei der Abgabe von freiverkäuflichen Arzneimitteln und Waren des sog. Randsortiments eine übertriebene Werbung verwehrt bleiben. Diese Auffassung vertrete auch das Bundesverwaltungsgericht im Beschluß vom 5. September 1991 (3 N 1.89), der auf eine Vorlage des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 5. 12. 1988 - 9 S 2730/86 -) in einem vergleichbaren Verfahren zurückgehe. Unter Berücksichtigung des Berufsbildes des selbständigen Apothekers erwiesen sich die angegriffenen Wettbewerbs- und Werbeschränkungen in ihren Auswirkungen und ihrem sachlichen Umfang nur als geringfügige Beschränkungen auf der untersten Eingriffstufe. Nicht Konkurrenzschutz, sondern Sicherung der Arzneimittelversorgung sei der Grund des Gemeinwohls, der die Werbebeschränkungen rechtfertige. Die zivilrechtliche Rechtsprechung blende dieses Kriterium, das den Apotheker von dem sonstigen Einzelhandel unterscheide, völlig aus.
Es liege auch kein Verstoß gegen die Art. 30 und 85 EWGV vor, so daß kein Anlaß für eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bestehe. Die Voraussetzungen des Art. 30 EWGV seien nicht erfüllt, weil weder die deutschen Apothekerkammern dieser Vorschrift unterlägen, noch der innergemeinschaftliche Handel durch die angegriffenen Werbebeschränkungen auch nur potentiell behindert werde. Die in Rede stehenden apothekenfreien Arzneimittel und apothekenüblichen Waren machten in der Apotheke lediglich einen durchschnittlichen Anteil von 3 % vom Umsatz aus. Dieser Umsatzanteil könne auch durch gesteigerte Werbung nicht maßgeblich erhöht werden, zumal für diese Waren eine Anzahl anderer Vertriebswege mit umfangreichen Werbemöglichkeiten zur Verfügung stehe. Im übrigen werde die durch Art. 30 EWGV geschützte Produktmobilität nicht dadurch berührt, daß berufsrechtliche Normen bestimmte Formen einer Werbung für die einzelne Apotheke untersagten. Auf jeden Fall seien die angegriffenen Werbebeschränkungen aber deswegen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, weil sie Art. 36 EWGV unterfielen; sie dienten nämlich der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und der Verhinderung von Arzneimittelfehlgebrauch.
In Wahrheit richte sich das Begehren der Antragsteller darauf, mittels Randsortimentwerbung Kunden für verschreibungspflichtige Arzneimittel in die eigene Apotheke zu ziehen. Damit werde versucht, von einem Randbereich her einen Wettbewerb zwischen Apotheken in einem Warensegment zu eröffnen, der nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers aus Gründen der Volksgesundheit nicht statthaft sein solle. Auf eine Verletzung des Art. 85 EWGV könnten sich die Antragsteller nicht mit Erfolg berufen, da die Apothekerkammer keine Unternehmensvereinigung im Sinne dieser Vorschrift sei, sondern ein auf Pflichtmitgliedschaft beruhender Zusammenschluß einer Berufsgruppe. Die Tätigkeit einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft, die Aufgaben im öffentlichen Interesse und nicht zu Erwerbszwecken wahrnehme, falle nicht unter Art. 85 EWGV. Unabhängig hiervon bezweckten die angegriffenen berufsrechtlichen Regelungen auch keine Wettbewerbsbeschränkungen, sondern diese seien allenfalls eine Nebenfolge, der eine spürbare Wirkung fehle. Da somit kein Raum für vernünftige Zweifel bleibe, daß die umstrittenen Bestimmungen mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar seien, komme eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nicht in Betracht. Vorlagepflichtig sei im übrigen auch nur das Bundesverwaltungsgericht als letztinstanzliches Gericht.
Wegen des weiteren Sachverhalts wird ergänzend auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Normenkontrollanträge haben keinen Erfolg. Sie sind unzulässig, soweit sie sich gegen die Vorschrift des § 3 BO richten. Im übrigen sind sie zulässig, aber nicht begründet.
A.
1. Gegen die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestehen keine Bedenken. Das Oberverwaltungsgericht hat über die Gültigkeit der angegriffenen Vorschriften, welche eine der Rechtsaufsicht des Landes unterstehende Körperschaft des öffentlichen Rechts, nämlich die Apothekerkammer Niedersachsen, aufgrund einer landesrechtlichen Ermächtigung erlassen hat (vgl. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 6 a Nds. AG VwGO und §§ 24 Abs. 1 Nr. 1, 28 und 31 Nr. 9 HKG), im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit zu entscheiden. Im Land Niedersachsen haben die Berufsgerichte der Apotheker keine umfassende und abschließende Kompetenz zur Entscheidung aller öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, die sich in Auslegung und Anwendung von Vorschriften der Berufsordnung über die Berufspflichten ergeben (zur vergleichbaren Rechtslage in Baden-Württemberg ebenso VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 5. 12. 1988, VBlBW 1989, 139; bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 5. 9. 1991, NJW 1992, 994 [BVerwG 05.09.1991 - 3 N 1/89] = GewArch 1992, 96 [BVerwG 05.09.1991 - BVerwG 3 N 1.89]). Die Berufsgerichte entscheiden vielmehr gemäß § 57 Abs. 1 HKG nur über Verstöße der Kammerangehörigen gegen ihre Berufspflichten (so bereits Senatsbeschluß vom 23. 8. 1991 - 8 M 4441/91). Dies läßt die gemäß § 40 Abs. 1 VwGO begründete Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte für sonstige berufsrechtliche Streitigkeiten unberührt. Es entspricht im übrigen der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, für Streitigkeiten über Inhalt und Umfang von Berufspflichten die Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO zuzulassen (vgl. etwa Urt. v. 29. 8. 1990 - 8 OVG A 43/88 -; siehe auch BVerwG, Beschl. v. 10. 7. 1991, NJW 1992, 1579).
2. Unzulässig sind die Normenkontrollanträge, soweit die Antragsteller die Nichtigerklärung der Vorschrift des § 3 BO begehren. Denn insoweit fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. § 3 BO verpflichtet den Apotheker, "die für die Ausübung seines Berufes geltenden Gesetze und Verordnungen sowie das Satzungsrecht der Kammer zu beachten und darauf gegründete Anordnungen und Richtlinien zu befolgen". Der erkennende Senat teilt die Auffassung des VGH Baden-Württemberg im Beschluß vom 5. Dezember 1988 (aaO) zur ähnlich lautenden Regelung in der Berufsordnung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, daß eine derartige Vorschrift lediglich auf die schon kraft Gesetzes bestehende Rechtsbefolgungspflicht hinweist, ohne selbst konkrete Verhaltensgebote aufzustellen. Ihr fehlt es deshalb an jeglichem eigenständigen materiell-rechtlichen Gehalt.
Dagegen ist ein rechtsschutzfähiges Interesse der Antragsteller an der Nichtigerklärung von § 8 BO und der dazu ergangenen Werberichtlinien, die von der Kammerversammlung als Bestandteil der Berufsordnung beschlossen worden sind, in dem streitbefangenen Umfang zu bejahen. Wären diese Bestimmungen hinsichtlich freiverkäuflicher Arzneimittel und apothekenüblicher Waren im Sinne des § 25 ApBetrO nichtig, entfielen insoweit die von den Antragstellern als belastend empfundenen berufsrechtlichen Werberestriktionen.
B.
Die Normenkontrollanträge sind indessen, soweit sie zulässig sind, nicht begründet. Die beanstandeten Bestimmungen in § 8 BO und in den dazu ergangenen Werberichtlinien verstoßen weder gegen höherrangiges nationales Recht (1) noch gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht (2).
1. Die angegriffenen Regelungen verfügen über eine wirksame landesgesetzliche Ermächtigung. Inhaltlich sind sie mit Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
a) Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist die der Beklagten in den §§ 30, 31 Nr. 9 HKG erteilte Ermächtigung, unter anderem die Werbung und die Wettbewerbshandlungen der Apotheker in einer Berufsordnung zu regeln, nicht allein auf apothekenpflichtige Arzneimittel beschränkt, sondern schließt auch die freiverkäuflichen Arzneimittel und die apothekenüblichen Waren ein. Dieser Auslegung steht nicht die Kompetenzordnung des Grundgesetzes im Hinblick auf die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes auf den Gebieten der Heilmittelwerbung (Art. 74 Nr. 19 GG), des Wettbewerbsrechts (Art. 74 Nr. 16 GG) und des Rechts der (gewerblichen) Wirtschaft (Art. 74 Nr. 11 GG) entgegen.
Der Bundesgesetzgeber hat mit dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) keine umfassende und abschließende Regelung der Werbung und des Wettbewerbs im Apothekenbereich getroffen; es regelt vielmehr nur die Werbung "für" Arzneimittel und richtet sich vornehmlich an die Unternehmen der Pharmawirtschaft (BVerwGE 67, 261, 263) [BVerwG 16.06.1983 - 3 C 79/81]. Die Werbung von Apotheken "mit" Arznei- und anderen Mitteln sowie die Art und Weise des sich auf solche Mittel stützenden Wettbewerbs zwischen Apothekern sind nicht im Heilmittelwerbegesetz geregelt. Insofern ist Raum für den Erlaß von berufsständischen Verhaltensregelungen, die im übrigen auch von der Kompetenz des Bundes in Art. 74 Nr. 19 GG nicht erfaßt werden (BVerwG, Beschl. v. 5. 9. 1991, aaO; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 5. 12. 1988, aaO).
Solche aufgrund landesrechtlicher Zuständigkeit erlassenen berufs- und standesrechtlichen Werbe- und Wettbewerbsbeschränkungen gehen auch den bundesrechtlichen Regelungen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) vor (st. Rspr. d. BVerwG, vgl. BVerwGE 67, 261; Urt. v. 22. 8. 1985, DVBl 1986, 561; Beschl. v. 5. 9. 1991, aaO; a.A. für den Bereich des sog. Randsortiments Taupitz NJW 1992, 1937, 940 f.) [BGH 17.10.1991 - 4 StR 465/91]. Kartellrecht und Berufsrecht sind zwar zwei sich im Wettbewerbsbereich teilweise überschneidende, aber gleichwohl unabhängig voneinander geltende und wirkende Rechtskreise mit unterschiedlichen normativen Zweckrichtungen. Auch die Einbeziehung der freiverkäuflichen Arzneimittel und des sog. Randsortiments einer Apotheke in die wettbewerbsrechtlichen Vorschriften des Standesrechts ist nicht am Kartellrecht zu messen, wenn aufgrund staatlicher Ermächtigung rechtsgültig erlassenes Berufsrecht der unternehmerischen Freiheit Grenzen setzt (BVerwG, Urt. v. 22. 8. 1985, aaO). Das Berufsbild des Apothekers erhält sein Gepräge durch den Umstand, daß die Apotheken zuvörderst Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens und erst in zweiter Linie Gewerbebetriebe sind (BVerfG, Beschl. v. 14. 4. 1987, NJW 1987, 2919, 2921 [BVerfG 14.04.1987 - 1 BvL 25/84]) [BVerfG 14.04.1987 - 1 BvL 25/84]. Den Apotheken obliegt, die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Apothekenwesen). Damit steht der Apotheker nach dem seine berufliche Stellung betreffenden rechtlichen Verständnis aus bisheriger Sicht eher den freien Berufen nahe, wenn er nicht sogar als freier Beruf zu bezeichnen ist (so BVerwG, Beschl. v. 5. 9. 1991, aaO). Das gewerbliche Element seiner Tätigkeit ist von nachrangiger Bedeutung und tritt gegenüber den Pflichten zurück, die der Apotheker aus seiner Verantwortung für das Gemeinwohl wahrzunehmen hat. Die standesrechtlichen Werberestriktionen wollen und dürfen eine Verfälschung dieses Berufsbildes des Apothekers, solange es rechtlich verankert ist und im allgemeinen Verständnis Geltung beanspruchen kann, durch die Übernahme von Werbemethoden, wie sie in der gewerblichen Wirtschaft üblich sind, verhindern. Es ist deshalb unter dem Blickwinkel der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung zulässig, die Apotheker aufgrund landesgesetzlicher Ermächtigung aus berufsrechtlichen Gründen generell weitergehenden Wettbewerbsbeschränkungen zu unterwerfen als es das Kartellrecht für Drogisten und andere Einzelhändler vorsieht.
b) Die angegriffenen Vorschriften stehen mit Art. 12 Abs. 1 GG im Einklang. Werberestriktionen sind für Apotheker Berufsausübungsregelungen und beschränken nicht die Berufswahl. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 7, 377, 405 f [BVerfG 11.06.1958 - 1 BvR 596/56]; 71, 162, 173 [BVerfG 19.11.1985 - 1 BvR 934/82]; 77, 308, 332; Beschl. v. 11. 2. 1992, EuGRZ 1992, 144) sind Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit zulässig, wenn sie durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind und den Berufstätigen nicht übermäßig oder unzumutbar belasten. Das ist hier der Fall.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in dem bereits erwähnten Beschluß vom 5. September 1991 (aaO) mit dem in der Berufsordnung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg ausgesprochenen Verbot der Außenwerbung für apothekenübliche Waren eingehend befaßt. Es ist zu dem Ergebnis gelangt, daß dieses Verbot vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls diene und auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspreche. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt:
"Mit dem Werbeverbot verfolgt die Berufsordnung den Zweck, das vom Gesetzgeber ausgestaltete Berufsbild des Apothekers vor einer Verfälschung zu bewahren. Die Wahrung des Berufsbildes ist nicht Selbstzweck; sie dient ihrerseits der Volksgesundheit, nämlich der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Versorgung mit Arzneimitteln und der Verhinderung von Arzneimittelfehlgebrauch ....
Daß die Werbung für Arzneimittel außerhalb der Fachkreise zu einem Arzneimittelfehlgebrauch führen kann, liegt auf der Hand; sie wird deshalb durch das Heilmittelwerbegesetz grundsätzlich verboten (vgl. § 12 HWG). Auch Werbebeschränkungen, die sich auf vom Apotheker vertriebene apothekenübliche Waren beziehen, haben - wenn auch in geringerer Intensität - einen Bezug zum Schutz und zur Förderung der Volksgesundheit. Soll der Auftrag erfüllt werden, den das Gesetz dem Apotheker im Gesundheitswesen erteilt, so setzt dies neben einer fachlichen Vorbildung zum einen voraus, daß der Apotheker in der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln seine Hauptaufgabe sieht und sich nicht zu ihren Lasten etwa einträglicheren Geschäften zuwendet; zum anderen darf er auch nicht den Eindruck erwecken, als tue er dies, weil sonst das Vertrauen der Bevölkerung gefährdet wird, sie werde vom Apotheker unter Zurückstellung seines Gewinnstrebens fachkundig beraten. ...
Kann der Apotheker für die apothekenüblichen Waren keine Außenwerbung treiben, so wird es eher gelingen, daß das Randsortiment auf den in § 2 IV ApBetrO vorgesehenen Umfang beschränkt bleibt. Damit kann er seine Apotheke auch nicht wie einen "drugstore" führen. ...
Das Verbot der Außenwerbung für apothekenübliche Waren ... untersagt keineswegs jede Werbung des Apothekers. So ist etwa die Werbung für die apothekenüblichen Waren, soweit sie nicht unlauter oder übertrieben ist, in den Räumen der Apotheke gestattet, in beschränktem Rahmen auch eine Außenwerbung für die Apotheke als solche. ...
Unterläge der Apotheker dem strikten Verbot der Außenwerbung für apothekenübliche Waren nicht, so wäre es ihm zunächst freigestellt, sich für dieses Sortiment der Werbemethoden der gewerblichen Wirtschaft zu bedienen. Letztlich stünde zu befürchten, daß werbewirksame Anpreisungen der von einem Apotheker vertriebenen apothekenüblichen Waren auch zu dem Zweck erfolgen, um auf seine Apotheke als Abgabestelle für Arzneimittel hinzuweisen. Die Außenwerbung für das Randsortiment käme mittelbar dem Absatz der Arzneimittel in seiner Apotheke zugute ... es erscheint durchaus naheliegend, daß sich die Apotheker, da ihnen die Werbung für Arzneimittel grundsätzlich verboten ist, dem Randsortiment gerade als einem Werbemittel für ihre Apotheke besonders zuwenden, indem sie ihre gesteigerte Aufmerksamkeit der Preisgestaltung der apothekenüblichen Waren und ihrem werbenden Absatz widmen und damit das äußere Erscheinungsbild der Apotheke nach und nach verändern. ...
Das Vertrauen der Bevölkerung, sie werde vom Apotheker unter Zurückstellung seines Strebens nach Gewinn fachkundig beraten, wäre in der Tat gefährdet, wenn mit der Außenwerbung das Streben nach verkaufsförderndem Absatz der apothekenüblichen Waren, so wie es in der gewerblichen Wirtschaft üblich ist, hervorträte. ...
Einschätzungen, wie sich ein Werbeverbot auf das Erscheinungsbild des Berufsstandes und damit seine Funktionsfähigkeit im Gesundheitswesen auswirkt, sind - wie die unterschiedlichen Entscheidungen des OVG Koblenz (NJW 1988, 2322 [OVG Rheinland-Pfalz 24.06.1987 - 10 C 43/86]) und des vorlegenden VGH Mannheim zeigen - kontrovers, nur begrenzt objektivierbar und haben in jedem Falle einen stark prognostischen Einschlag. In dieser Lage kann es dem Normgeber nicht verwehrt bleiben, durch ein Verbot der Außenwerbung für das Randsortiment einen jedenfalls für geraume Zeit irreversiblen Wandel des Berufsbildes zu verhindern. ...
Diese Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts, denen sich der Senat anschließt, gelten - wie aus den Entscheidungsgründen hervorgeht - sowohl für die Werbung des Apothekers für apothekenübliche Waren als auch für freiverkäufliche Arzneimittel, wenn auch die Werbebeschränkungen für das sog. Randsortiment einen Bezug zum Schutz und zur Förderung der Volksgesundheit in geringerer Intensität haben (ebenso BVerwG, Urt. v. 22. 8. 1985, aaO, zu ähnlichen Vorschriften der Berufsordnung der Apothekerkammer Berlin). Die gegen diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorgebrachten Einwände der Antragsteller, die sich auch auf die im Schrifttum teilweise geübte Kritik (vgl. Taupitz, NJW 1992, 137; Scholtissek, GewArch 1992, 264 [BVerwG 05.09.1991 - BVerwG 3 N 1.89]) stützen, vermögen nicht zu überzeugen.
Die Antragsteller berufen sich unter Hinweis auf den Beschluß des Bundesgerichtshofes vom 19. März 1991 (MDR 1991, 611 [BGH 19.03.1991 - KVR 4/89]), mit dem die Satzungsvorschrift einer Apothekerkammer, die die Abgabe von Warenproben für apothekenübliche Waren verbietet, wegen Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG für nichtig erklärt worden ist, vor allem darauf, daß vernünftige Gründe des Gemeinwohl die hier in Rede stehenden Werberestriktionen nicht rechtfertigten bzw. diese über das zur Wahrung der Volksgesundheit Erforderliche hinausgingen. Insbesondere sei eine ernsthafte Gefährdung der sachgemäßen, streng fachbezogenen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln durch die Werbung von Apotheken für freiverkäufliche Arzneimittel und apothekenübliche Waren nicht zu befürchten, zumal Drogerien und der übrige Einzelhandel für diese Waren werben dürften.
Dem ist zunächst entgegenzuhalten, daß die Werbung für - auch nichtapothekenpflichtige - Arzneimittel außerhalb der Fachkreise ohnehin bereits durch das Heilmittelwerbegesetz, das auch für Drogisten und andere Einzelhändler gilt, grundsätzlich verboten ist (vgl. § 12 HWG). Ob es sich mit der Werbung "für" apothekenübliche Waren, hinsichtlich derer andere Anbieter als die Apotheker keinen Werbebeschränkungen unterliegen, bei weitgespannter Auslegung des § 11 Nr. 14 HWG anders verhält, ist zumindest fraglich (vgl. BVerwGE 67, aaO). Jedenfalls aber haben Werbebeschränkungen für die vom Apotheker vertriebenen apothekenüblichen Waren einen - wenn auch im Vergleich zu den Arzneimitteln weniger stark ausgeprägten - Bezug zum Schutz und zur Förderung der Volksgesundheit. Sie sollen zum einen verhindert, daß die Werbung für das sog. Randsortiment mittelbar dem Absatz der Arzneimittel zugute kommt, der aus gesundheitspolitischen Gründen wegen der Gefahr des Zuviel- und Fehlgebrauchs begrenzt werden soll. Zum anderen hätte der Wegfall der Werberestriktionen eine wesentliche Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes der Apotheke zur Folge. Würde man dem Apotheker gestatten, auch nur in bezug auf nichtapothekenpflichtige Arzneimittel und Waren des sog. Randsortiments Werbemethoden zu verwenden, wie sie in der gewerblichen Wirtschaft üblich sind, käme es zwangsläufig zu einem Wandel des äußeren Bildes der Apotheke und damit des überkommenen Berufsbildes des Apothekers im Bewußtsein der Öffentlichkeit in Richtung einer Kommerzialisierung des Apothekerberufs. Dies wäre mit der Stellung des Apothekers als Angehöriger eines Heilberufs und seiner Aufgabe, die Bevölkerung fachkundig unter Zurückstellung des Strebens nach Gewinn zu beraten, nicht zu vereinbaren. Allerdings verkennt der Senat nicht, daß dadurch, daß in der Apotheke gemäß § 25 ApBetrO neben Arzneimitteln überhaupt in gewissem Umfang andere Waren verkauft werden dürfen, eine Entwicklung eingeleitet worden ist, welche das traditionelle Erscheinungsbild der Apotheke bereits verändert hat. Andererseits hat der Normgeber aber mit § 2 Abs. 4 ApBetrO ("Der Apothekenleiter darf die in § 25 genannten Waren in der Apotheke nur in einem Umfang anbieten oder feilhalten, der den ordnungsgemäßen Betrieb der Apotheke nicht beeinträchtigt") deutlich gemacht, daß der Handel mit den apothekenüblichen Waren nach Umfang und Darbietung auf ein Maß beschränkt sein soll, das mit Recht als "Randsortiment" bezeichnet wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 5. 9. 1991, aaO; BVerwG, Urt. v. 22. 8. 1985, aaO). Eine Entwicklung der Apotheke zum "drugstore" und ein im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägtes Hinübergleiten des Apothekers vom Angehörigen eines den freien Berufen weitgehend angenäherten Heilberufs zu einer Mischung dieses Berufsbildes mit dem eines - mit Ausnahme der Abgabe rezept- oder apothekenpflichtiger Arzneimittel - eher unbeschränkt Gewerbetreibenden liegt - wie die Begründung des Entwurfs zur Apothekenbetriebsordnung (BR-Dr. 498/86 zu § 25) ausdrücklich ausführt - nicht im gesundheitspolitischen Interesse.
Gleichwohl fehlt es nicht an Stimmen, die - wie die Antragsteller - die Meinung vertreten, daß standesrechtliche Werbeverbote für apothekenübliche Waren unter den heutigen wirtschaftlichen Bedingungen nicht mehr zeitgemäß seien. Die Apotheker seien angesichts der hohen Apothekendichte und der Konkurrenz von Handelsketten und Drogeriemärkten zur Verbesserung ihrer Wettbewerbslage darauf angewiesen, mit Hilfe der Werbung ihren Umsatz im Bereich des sog. Randsortiments zu steigern (vgl. dazu Scholtissek, aaO, und Taupitz, aaO m.Nachw.). Daß dies zu einer Änderung des bestehenden Erscheinungsbildes des Berufsstandes der Apotheker führen kann, wird dabei in Kauf genommen. Grundsätzlich ist es jedoch dem Gesetzgeber und dem berufständischen Normgeber (hier die Kammerversammlung der Beklagten in Ausübung ihres Selbstverwaltungsrechts) überlassen, solchen Bedürfnissen und dem mit ihnen verbundenen Wandel des Berufsbildes Rechnung zu tragen, wenn sich das aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen als geboten erweisen sollte. Einschätzungen, wie sich ein Wegfall des Werbeverbots auf das Erscheinungsbild des Berufsstandes der Apotheker und damit auf seine Funktionsfähigkeit im Gesundheitswesen auswirkt, sind - wie das Bundesverwaltungsgericht im Beschluß vom 5. September 1991 (aaO) zu Recht hervorhebt - nur begrenzt objektivierbar und haben einen stark prognostischen Einschlag. In dieser Hinsicht haben die Apothekerkammern, denen als öffentlichrechtlicher Berufsverband das Recht zur eigenverantwortlichen Regelung solcher Angelegenheiten zusteht, die sie selbst betreffen und die sie am sachkundigsten beurteilen können, einen gewissen Gestaltungsspielraum (vgl. allgemein zur Satzungsautonomie der berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts BVerfGE 33, 125, 156 ff. [BVerfG 25.04.1972 - 1 BvL 14/71]).
Diese Einschätzungsprärogative haben auch die Gerichte zu respektieren, solange ihr nicht rechtlich unvertretbare oder offensichtlich fehlsame Wertungen zugrunde liegen (vgl. Kopp, VwGO, 9. Aufl., § 47 RdNrn. 83 ff.). Es läßt sich jedoch nicht feststellen, daß die Antragsgegnerin diesen Spielraum überschritten hat. Die angegriffenen Vorschriften berühren nicht den Wesenskern des Apothekerberufs, sondern greifen lediglich in die Berufsausübung der Betroffenen in einem nicht erheblichen Maße ein. Aus verfassungsrechtlicher Sicht bestehen bei einer solchen Sachlage dann keine Bedenken, wenn die Regelungen dem gewünschten Normzweck förderlich sind. Das ist hier - wie bereits dargelegt - der Fall. Die beanstandeten Werberestriktionen finden darüber hinaus offenbar die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder der Beklagten, die damit erkennen läßt, daß sie am bisherigen Berufsbild des Apothekers und seiner Erscheinung in der Öffentlichkeit festhalten will. Angesichts dessen kann nicht davon ausgegangen werden, daß die in den angegriffenen Bestimmungen der Berufsordnung der Beklagten zum Ausdruck kommenden Vorstellungen über das Berufsbild des Apothekers grundlegend und offenkundig von den tatsächlichen Verhältnissen abweichen. Solange aber eine derartige Diskrepanz zwischen Norm und Wirklichkeit nicht vorliegt, kann es nicht Aufgabe der Gerichte sein, den von einzelnen Berufsangehörigen - wie hier den Antragstellern - aus wirtschaftlichen Gründen befürworteten Wandel des Berufsbildes der Apotheker durch Nichtigerklärung der beanstandeten Regelungen über das Werbeverbot den Weg zu ebnen. Vielmehr ist es - worauf auch das Bundesverwaltungsgericht im Beschluß vom 5. September 1991 (aaO) hingewiesen hat - dem Normgeber unter diesen Umständen nicht verwehrt, durch ein Verbot der Werbung für die in der Apotheke angebotenen freiverkäuflichen Arzneimittel und die apothekenüblichen Waren "einen jedenfalls für geraume Zeit irreversiblen Wandel des Berufsbildes zu verhindern".
c) Die angegriffenen Vorschriften verstoßen auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Es trifft zwar zu, daß Drogisten und andere Einzelhändler bei apothekenüblichen Waren keinen vergleichbaren Werbebeschränkungen unterliegen. Entgegen der Auffassung der Antragsteller besteht für diese unterschiedliche Behandlung aber ein sachlicher Grund. Die Apotheke ist in erster Linie eine Einrichtung des öffentlichen Gesundheitswesens, die - soll sie ihre Funktion wirksam erfüllen - auf ein besonderes Vertrauen der Bevölkerung angewiesen ist. Von daher unterscheidet sie sich von den Einzelhandelsgeschäften (ebenso BVerwG, Beschl. v. 5. 9. 1991, aaO). Hinzu kommt, daß der Gleichheitssatz lediglich verlangt, daß der Normgeber in seinem Zuständigkeitsbereich Gleiches gleich und Ungleiches ungleich regelt. Die Berufsordnungen für freie Berufe richten sich aber ausschließlich an die eigenen Berufsangehörigen, weil die Kammern als öffentlich-rechtliche Standesvertretungen keine Regelungsbefugnisse gegenüber Nichtmitgliedern haben. Da somit die Einzelhändler überhaupt nicht der Satzungsgewalt der Antragsgegnerin unterworfen sind, kann Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt sein (so auch Taupitz, NJW 1992, 938, 941 f) [BGH 19.03.1991 - KVR 4/89].
2. Ebensowenig widersprechen die im Streit befindlichen Vorschriften dem Europäischen Gemeinschaftsrecht, so daß eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofs nicht in Betracht kommt.
Nach Art. 177 Abs. 2 EWGV kann jedes Gericht eines Mitgliedsstaats eine bei der Auslegung des Vertrages sich stellende Frage, deren Entscheidung es zum Erlaß des Urteils für erforderlich hält, dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorlegen. Handelt es sich um ein Gericht, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, ist es zur Anrufung des Gerichtshofes verpflichtet (Art. 177 Abs. 3 EWGV). Dem Europäischen Gerichtshof steht im Verhältnis zu den Gerichten der Mitgliedsstaaten die abschließende Entscheidung über die Auslegung des EWG-Vertrages zu (BVerfGE 71, 339, 368; BVerfG, Beschl. v. 8. 4. 1987, DVBl 1988, 38; BVerwG, Urt. v. 29. 11. 1990, Buchholz 451.90 EWG-Recht Nr. 97). Das Vorlageverfahren nach Art. 177 EWGV stellt ein objektives Zwischenverfahren dar, das vorrangig dem Interesse an der Auslegung, Durchsetzung und Gültigkeitsprüfung des Gemeinschaftsrechts dient. Die Parteien des Ausgangsverfahrens haben deshalb keine eigenen Antragsrechte, sondern können eine Vorlage nur anregen (BVerfGE 71, 339, 369 [BVerfG 18.12.1985 - 2 BvR 1167/84]; Kopp, aaO, § 94 RdNr. 22; Krück, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG-Vertrag, 4. Aufl., Art. 177 RdNr. 52). Der erkennende Senat hatte von Amts wegen zu prüfen, ob er rechtlichen Anlaß sieht, das Verfahren auszusetzen und den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Er verneint das aus folgenden Erwägungen:
Der VGH Baden-Württemberg hat in einem vergleichbaren Fall (Beschl. v. 14. 5. 1992, VBlBW 1992, 334) die Frage, ob im Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO eine Vorlagepflicht gemäß Art. 177 Abs. 3 EWGV besteht, offengelassen. Er hat ohne insoweit nähere Prüfung von der Möglichkeit der Vorlage nach § 177 Abs. 2 EWGV Gebrauch gemacht. Hinsichtlich der Voraussetzungen der Vorlage hat er indes vorsorglich diejenigen Maßstäbe angelegt, welche der Europäische Gerichtshof an die Vorlagepflicht nach Art. 177 Abs. 3 EWGV stellt. Diese sind, zumindest was die Frage der richtigen Anwendung des Gemeinschaftsrechts angeht, sehr streng. So soll nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (vgl. etwa Urt. v. 6. 10. 1982, NJW 1983, 1257) die Vorlagepflicht nur dann entfallen, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts "derart offenkundig" ist, daß "keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage bleibt". Diese strenge Anforderungen können aber nicht für den Fall des Art. 177 Abs. 2 EWGV gelten, da es sich hierbei um Entscheidungen handelt, die noch mit einem Rechtsmittel angefochten werden können. Zur Vorlage verpflichtet ist nur das in einer Sache in letzter Instanz entscheidende Gericht, d.h. in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich nur das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Kopp, aaO, § 94 RdNr. 21). Das gilt nach Auffassung des erkennenden Senats auch im Normenkontrollverfahren, weil die Nichtvorlagebeschwerde des § 47 Abs. 7 VwGO ein Rechtsmittel im Sinne des Art. 177 Abs. 3 EWGV darstellt.
Zwar ist gegen Urteile nach § 47 VwGO die Revision nicht zulässig (§ 136 VwGO). Die Nichtvorlagebeschwerde des § 47 Abs. 7 VwGO wegen Verletzung der Vorlagepflicht nach Abs. 5 bildet aber als Rechtsmittel sui generis einen gewissen Ersatz (Kopp, aaO, § 136 RdNr. 3 und § 47 RdNr. 70 und 89; Redeker/von Oertzen, VwGO, Kommentar, 10. Aufl., § 47 RdNr. 45). Die Einordnung der Nichtvorlagebeschwerde als Rechtsmittel eigener Art folgt daraus, daß die Normenkontrollentscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht Rechtskraft erlangen kann, bevor nicht die Beschwerdefrist abgelaufen ist. Bei Einlegung einer Nichtvorlagebeschwerde wird die Rechtskraft nicht nur für das Beschwerdeverfahren und bei dessen Erfolg für das Vorlageverfahren, sondern auch für die Normenkontrollentscheidung des Oberverwaltungsgerichts in der Sache gehemmt (vgl. Kopp, aaO, § 47 RdNr. 90 m.w.Nachw.). Dies unterscheidet die Nichtvorlagebeschwerde des § 47 Abs. 7 VwGO grundlegend von außergewöhnlichen Rechtsbehelfen wie Verfassungsbeschwerden oder Wiederaufnahmeverfahren, die nicht als Rechtsmittel im Sinne des Art. 177 Abs. 3 EWGV anzusehen sind (vgl. Krück, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, aaO, Art. 177 RdNr. 66; Vedder, NJW 1987, 526, 530 [OVG Bremen 13.03.1987 - 2 B 157/86]) [BAG 12.03.1986 - 7 AZR 20/83]. Zudem sind die Bestimmungen über die Nichtvorlagebeschwerde den Vorschriften über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO nachgebildet, die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 15. 5. 1990, Buchholz 402.26 § 12 AufenthG/EWG Nr. 7) ein Rechtsmittel im Sinne des Art. 177 Abs. 3 EWGV ist. Auch ist europäisches Gemeinschaftsrecht als Bundesrecht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO zu werten und damit revisibel (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15. 5. 1990, aaO). Nach alledem ist der erkennende Senat nicht zur Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes gemäß Art. 177 Abs. 3 EWGV verpflichtet.
Besteht aber keine Vorlagepflicht, können entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg (Beschl. v. 14. 5. 1992, aaO) auch nicht die strengen Anforderungen gelten, die der Europäische Gerichtshof für den Prüfungsmaßstab eines letztinstanzlich zuständigen nationalen Gerichts aufgestellt hat. Nicht völlig auszuschließende Zweifel an der Vereinbarkeit der nationalen Regelung mit Europäischem Gemeinschaftsrecht erfordern deshalb nicht zwingend die Vorlage an den Europäischen Gerichtshof. Soll eine Zersplitterung des Rechtsweges und eine Überlastung des Europäischen Gerichtshofes vermieden werden, kann eine Vorlage durch das Oberverwaltungsgericht im Normenkontrollverfahren nur in Betracht kommen, wenn es davon überzeugt ist, daß die angegriffene Norm gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt. Das ist hier jedoch nicht der Fall.
Allerdings spricht einiges dafür, daß die angegriffenen Werbeverbote und Wettbewerbsbeschränkungen gegen Art. 30 EWGV verstoßen. Sie sind jedoch durch Art. 36 EWGV gerechtfertigt. Eine Verletzung des Art. 85 EWGV ist nicht ersichtlich.
a) Nach Art. 30 EWGV sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung unbeschadet der nachstehenden Bestimmungen zwischen den Mitgliedsstaaten verboten. Diese Vorschrift zielt auf die Schaffung und Bewahrung des freien Handelsverkehrs zwischen den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaften und damit auf ein wesentliches Ziel der Gemeinschaft. Sie verbietet mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedsstaaten. In Frage kommt hier allein der letztgenannte Anwendungsfall der "Maßnahmen gleicher Wirkung". Darunter versteht man nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (seit dem Urteil vom 11. 6. 1974, NJW 1975, 515 - Dassonville) jede Handelsregelung, die den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell behindern kann. Hierzu zählen auch Werbebeschränkungen, die geeignet sind, den Vertrieb eingeführter Erzeugnisse zu erschweren (vgl. die Nachweise bei Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, aaO, Art. 30 RdNr. 57). Vorschriften, die bestimmte Formen der Werbung beschränken oder verbieten, können, obwohl sie die Einfuhr nicht unmittelbar regeln, bei sehr weitem Verständnis das Einfuhrvolumen dadurch beschränken, daß sie möglicherweise die Absatzmöglichkeiten hinsichtlich der eingeführten Erzeugnisse beeinträchtigen. Sie sind daher grundsätzlich als Maßnahmen gleicher Wirkung im Sinne von Art. 30 EWGV anzusehen (EuGH, Urt. v. 25. 7. 1991, JZ 1991, 1133 [BVerfG 27.06.1991 - 2 BvR 1493/89]; vgl. hierzu die Besprechung von Leupold/Nachbauer, JZ 1991, 1110). An die denkbaren Auswirkungen sind nur minimale Anforderungen zu stellen. Es kommt deshalb nicht darauf an, wie hoch das von den angegriffenen Vorschriften betroffene Umsatzvolumen ist und ob und wie sie sich tatsächlich auswirken, weil ohne weiteres davon ausgegangen werden darf, daß ein Verbot bestimmter Werbemaßnahmen eine Verschlechterung der Absatzmöglichkeiten mit sich bringt und daß sich im Sortiment der Apotheken auch eingeführte bzw. reimportierte Waren befinden (vgl. zum Vorstehenden: VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14. 5. 1992, aaO).
Der in Art. 30 EWGV verankerte Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit hat zwar eine überragende Bedeutung für die Europäische Gemeinschaft, genießt aber keinen absoluten Vorrang vor anderen im Allgemeininteresse liegenden Zielen. So gestattet Art. 36 EWGV den Mitgliedsstaaten, unter bestimmten Voraussetzungen zum Schutz der dort genannten Rechtsgüter von dem Verbot des Art. 30 EWGV abzuweichen. Davon kommt hier der Schutz der Gesundheit in Betracht. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist es in den Grenzen des Art. 36 EWGV Sache der Mitgliedsstaaten, über das Niveau, auf dem sie die Gesundheit und das Leben von Menschen schützen wollen, und über die Art zu entscheiden, in der dieses Niveau zu erreichen ist (vgl. etwa EuGH, Urt. v. 18. 5. 1989, NJW 1990, 2305 [EuGH 18.05.1989 - - 266/87]). Die Gesundheit der Bevölkerung nimmt unter den in Art. 36 EWGV genannten Schutzgütern und Interessen nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofes "den ersten Rang" ein (vgl. Müller/Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, aaO, Art. 36 RdNr. 51 unter Hinweis auf EuGH Slg. 1976, 613). In der Beurteilung, ob Maßnahmen, die mit dem Schutz der Gesundheit von Menschen begründet werden, von Art. 36 EWGV gedeckt sind, kommt den Mitgliedsstaaten ein weiter Ermessensspielraum zu; die potentielle Gefährdung der Gesundheit des Verbrauchers reicht aus (Müller/Graff, aaO).
Hieran gemessen sind die angegriffenen berufsrechtlichen Werberestriktionen gerechtfertigt. Sie sollen - wie im einzelnen dargelegt - das vom bundesdeutschen Gesetzgeber ausgestaltete Berufsbild des Apothekers vor einer Verfälschungsgefahr dahingehend bewahren, daß der Apotheker seine Hauptaufgabe, die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, vernachlässigt und sich einträglicheren Geschäften zuwendet bzw. einen solchen Eindruck erweckt, und dadurch das Vertrauen der Bevölkerung gefährdet, sie werde von ihm unter Zurückstellung seines Gewinnstrebens sachkundig beraten. Die beanstandeten Werbebeschränkungen stellen auch weder eine willkürliche Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des innergemeinschaftlichen Handels dar. Sie treffen unterschiedslos die Werbung für einheimische wie für eingeführte Waren. Es ist nichts dafür ersichtlich, daß die Werbebeschränkungen den Zweck haben sollen, in Wirklichkeit aus handelspolitischen oder wirtschaftlichen Gründen Einfuhren aus anderen Mitgliedsstaaten zu verhindern. Der erkennende Senat hat deshalb keine durchgreifenden Zweifel daran, daß hier dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung im Sinne des Art. 36 EWGV der Vorzug vor dem freien Warenverkehr in Art. 30 EWGV einzuräumen ist.
Die vorstehenden Ausführungen beziehen sich vornehmlich auf die Produktwerbung für apothekenübliche Waren. Hinsichtlich der Werbung für freiverkäufliche Arzneimittel unterliegen die Apotheker weitergehenden Beschränkungen schon durch das Heilmittelwerbegesetz, das jedenfalls einen Rechtfertigungsgrund im Sinne des Art. 36 EWGV bildet. Soweit die Antragsteller darüber hinaus Vorschriften beanstanden, welche die Werbung für die einzelne Apotheke als solche beschränken, sind bereits die Voraussetzungen des Art. 30 EWGV nicht erfüllt. Denn derartige Beschränkungen wirken sich allein innerstaatlich aus und können nicht den innergemeinschaftlichen Handel negativ beeinflussen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14. 5. 1992, aaO; Landesberufsgericht für Heilberufe beim OVG NW, Urt. v. 1. 7. 1992 - 2 ZA 7/88 -).
b) Es besteht ferner kein Anlaß, im Hinblick auf die von den Antragstellern behauptete Verletzung des Art. 85 EWGV den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Nach dieser Vertragsbestimmung sind mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken. Es gilt ein weiter, funktionaler Unternehmensbegriff, der jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung umfaßt (EuGH, Urt. v. 23. 4. 1991, NJW 1991, 2891). Zu diesen Unternehmen können deshalb auch öffentlich-rechtliche Körperschaften gehören, sofern ihre Tätigkeit als erwerbswirtschaftlich einzuordnen ist. Wird die öffentlich-rechtliche Körperschaft hingegen im öffentlichen Interesse und nicht zu Erwerbszwecken tätig, fällt sie nicht unter Art. 85 EWGV (vgl. EuGH, Urt. v. 18. 6. 1975, NJW 1975, 6162). Die Antragsgegnerin handelte bei Erlaß der Berufsordnung und der dazu ergangenen Werberichtlinien - wie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg für die dortige Apothekerkammer zu Recht ausgeführt hat (Beschl. v. 14. 5. 1992, aaO) - nicht als wirtschaftendes Subjekt oder als Vereinigung solcher Subjekte, sondern kraft gesetzlicher Rechtsetzungsdelegation, mit der der Staat ihr die Aufgabe zuweist, das Gesundheitssystem in der Bundesrepublik mitzugestalten. Sie übt damit eine hoheitliche Funktion im öffentlichen Interesse aus, die sonst vom Staat selbst wahrgenommen werden müßte. Dieser Gesichtspunkt steht der Bewertung der Antragsgegnerin als Unternehmen oder Unternehmensvereinigung im Sinne des Art. 85 EWGV entgegen.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO iVm § 100 ZPO.
Die Revision ist nicht zulässig (§ 136 VwGO). Gründe für eine Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 47 Abs. 5 VwGO sind nicht ersichtlich.
Beschluß
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 180.000,-- DM festgesetzt.
Schinkel
Heidelmann
Groepper