Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 05.03.2001, Az.: 4 B 13/01

Darlehen

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
05.03.2001
Aktenzeichen
4 B 13/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 39575
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Keine rückwirkende Umwandlung einer Beihilfe in Darlehen

Gründe

1

Soweit der Antragsteller beantragt, für die Bescheide vom 18. Mai 2000 und 6. Juni 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2000 nach § 80 Abs. VII VwGO wieder die sofortige Vollziehung anzuordnen, ist der Antrag unzulässig. Denn die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes kann, sofern er nicht von Gesetzes wegen sofort vollziehbar ist (vgl. § 80 Abs. 2 Nrn. 1-3 VwGO, die hier nicht einschlägig sind), nur von der Verwaltungsbehörde angeordnet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat (vgl. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

2

Der Antrag des Antragstellers ist aber entsprechend § 88 i. V. m. § 122 Abs. 1 VwGO dahin auszulegen, dass der Antragsteller begehrt, den Beschluss der Kammer vom 12. Juli 2000 (4 B 74/00), durch den die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsgegnerin (seinerzeit Antragstellerin) gegen den Beschluss des Antragstellers (seinerzeit Antragsgegner) vom 18. Mai 2000 wiederhergestellt worden ist, soweit der Antragsteller (seinerzeit Antragsgegner) die aufschiebende Wirkung nicht bereits selbst mit Bescheid vom 6. Juni 2000 wiederhergestellt hat, aufzuheben oder zu ändern.

3

Denn der Beschluss vom 12. Juli 2000 ist nach wie vor wirksam. Obwohl durch seinen Tenor nur die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt worden ist und nicht ausdrücklich die aufschiebende Wirkung auch für eine (seinerzeit) evtl. sich anschließende Anfechtungsklage ausgesprochen worden ist, hat der Erlass des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2000 die schützende Wirkung der gerichtlichen Aussetzungsentscheidung nicht beendet (vgl. Redeker/von Oertzen, VwGO, Kommentar, 12. Aufl. 1997, § 80 Rdnr. 64; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, Stand: Januar 2000, § 80 Rdnr. 362). Vielmehr dauert sie fort, weil die Antragsgegnerin Klage (4 A 10/01) erhoben hat (vgl. § 80 b Abs. 1 VwGO).

4

Gründe für eine Abänderung des Beschlusses vom 12. Juli 2000 bestehen nicht.

5

Vor allem hat der Antragsteller mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2000 bei der in diesem Verfahren nur möglichen überschlägigen Prüfung nach wie vor keine rechtlich haltbare Grundlage dafür geschaffen, von der Antragsgegnerin die sofortige Zahlung von 19.860,00 DM zu fordern, und zwar als fällige Rückzahlung eines gewährten Darlehens.

6

Die Antragsgegnerin hat zwar mit Bescheiden des Antragstellers vom 4. Februar 1999, 22. Februar 1999, 29. März 1999 und 28. April 1999 einen - allerdings deutlich geringeren Betrag - an Hilfeleistungen vom Antragsteller gemäß § 89 BSHG als Darlehen erhalten (Regelsatz der Sozialhilfe für einen Haushaltsvorstand und Leistungen für Unterkunftskosten unter Anrechnung von Arbeitslosengeld). Die genannten Bescheide sind aber durch Bescheid vom 5. Mai 1999 dahin geändert worden, dass die Darlehen in eine nicht zurückzuzahlende Beihilfe umgewandelt worden sind. Der Bescheid vom 5. Mai 1999 ist durch den Bescheid vom 18. Mai 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2000 auch nicht wieder zurückgenommen worden gemäß § 45 SGB X, so dass die Bescheide vom 4. Februar 1999, 22. Februar 1999, 29. März 1999 und 28. April 1999 rückwirkend nicht wieder Gültigkeit erlangt haben können.

7

Durch den Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2000 hat vielmehr der gesamte Hilfefall von Anfang an neu geregelt werden sollen, in dem sämtliche der Antragsgegnerin und ihrem Sohn P. 1999 gewährten Leistungen in ein Darlehen haben umgewandelt werden sollen, das der Antragsteller allein der Antragsgegnerin hat gewähren wollen. Für diese umfassende Neuregelung sind gesetzliche Grundlagen nicht vorhanden. Denn bestandskräftige Leistungsbescheide der Sozialhilfe, und dies sind alle von dem Antragsteller in der Anlage zum Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2000 aufgeführten Bescheide nebst dem Bescheid vom 5. Mai 1999, können, wenn sie rechtswidrig sind und den Leistungsempfänger begünstigen, nur unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X zurückgenommen werden. Die Erstattung von zu Unrecht erbrachten Leistungen ist in § 50 SGB X geregelt (Anders verhält es sich, wenn die Gewährung von Hilfeleistungen als Darlehen in eine nicht zurückzuzahlende Beihilfe umgewandelt werden soll. Insoweit sind die Regelungen für belastende Verwaltungsakte anzuwenden, so dass eine "Umwandlung" in dem beschriebenen Sinne regelmäßig möglich ist.).

8

Der Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2000 lässt in seinem Tenor (Nr. 1) bereits nicht einmal hinreichend deutlich erkennen (vgl. § 33 SGB X), ob überhaupt bestandskräftige Leistungsbescheide haben aufgehoben werden sollen. Auch der Begründung des Widerspruchsbescheides ist im Einzelnen eine Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 SGB X nicht zu entnehmen. Die kurze Erwähnung von fehlendem Vertrauensschutz in den Bestand des Bescheides vom 5. Mai 1999 und die Beihilfebescheide ist dazu jedenfalls nicht ausreichend.

9

Unabhängig davon erscheint die nachträgliche Anwendung des § 89 BSHG hier auch deshalb sinnwidrig, weil die Darlehensvergabe nach dieser Vorschrift gerade dann erfolgen soll, wenn der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens in einer aktuellen Notlage nicht möglich ist. Weder besteht aktuell noch eine Notlage der Antragsgegnerin, noch nimmt der Antragsteller an, dass die sofortige Verwertung von Vermögen nicht erfolgen kann; - im Gegenteil - der Antragsteller verlangt gerade die sofortige Rückzahlung des Darlehens.

10

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.