Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 22.12.1988, Az.: 7 U 57/88
Versagung der Prozesskostenhilfe; Abzahlungsgeschäft; Anwendbarkeit des Abzahlungsgesetzes (AbzG) auf Gebrauchtwagenverkäufe ; Anwendung des AbzG; Anrechnung der Nutzung eines Fahrzeugs
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 22.12.1988
- Aktenzeichen
- 7 U 57/88
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1988, 19767
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1988:1222.7U57.88.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 22.12.1987 - AZ: 7 O 111/87
Rechtsgrundlagen
- § 1b Abzahlungsgesetz
- § 1d Abzahlungsgesetz
Fundstelle
- NJW-RR 1989, 499 (Volltext mit red. LS)
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird, soweit das Rechtsmittel nicht zurückgenommen worden ist, das am 22. Dezember 1987 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Ford Mustang, Fahrgestell-Nr. 8 F 03 Z 230 492, 5.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 20. November 1986 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszuge tragen der Kläger 5/44 und die Beklagte 39/44. Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen mit Ausnahme eines Betrages von 75 DM, den der Kläger zu den Gerichts- und Anwaltskosten beizutragen hat, dem Beklagten zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Wert der Beschwer durch dieses Urteil: für den Beklagten 5.000 DM, für den Kläger 100 DM.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers richtet sich dagegen, daß das Landgericht seine Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises für den am 1. November 1986 von dem Beklagten erworbenen Pkw Ford Mustang abgewiesen hat. Das Rechtsmittel hat, soweit es nicht nach teilweiser Versagung der Prozeßkostenhilfe durch Antragseinschränkung zurückgenommen worden ist, im wesentlichen Erfolg; der Kläger muß sich nur noch 100 DM an Nutzungsentschädigung auf die erbrachten Kaufpreiszahlungen anrechnen lassen.
1.
Entgegen dem angefochtenen Urteil kann der Kläger nach den §§ 1 b, 1 d Abzahlungsgesetz von dem Beklagten die Rückgewähr seiner auf den Kaufpreis erbrachten Leistungen verlangen. Er hat seine auf den Abschluß des schriftlichen Kaufvertrages vom 1. November 1986 gerichtete Erklärung mit dem Schreiben seines Anwalts vom 14. November 1986 wirksam widerrufen. Der Widerruf erfolgte rechtzeitig im Sinne des § 1 b Abs. 1 und 2 Abzahlungsgesetz, weil der Beklagte dem Kläger keine schriftliche Belehrung über das Widerrufsrecht ausgehändigt hatte. An dem Vorliegen eines Abzahlungsgeschäftes bestehen von der gesetzlichen Begriffsbestimmung her keine Zweifel. Der Beklagte hatte sich den Rücktritt vom Vertrage im Sinne des § 1 Abzahlungsgesetz vorbehalten, weil das Fahrzeug bis zur vollständigen Bezahlung "in seinem Besitz" bleiben sollte und der hiermit gemeinte Eigentumsvorbehalt nach § 455 BGB im Zweifel den Rücktrittsvorbehalt enthält. Der Kaufpreis sollte auch in Teilzahlungen, d.h. in mehr als einer Teilzahlung nach Vertragsschluß entrichtet werden. Dabei ist unerheblich, daß zum Teil keine Geldzahlung, sondern die Inzahlunggabe eines dem Kläger gehörenden Pkw BMW vereinbart worden ist (vgl. BGHZ 70, 378 f.). Ebensowenig läßt sich mangels substantiierter Darlegungen des Beklagten feststellen, daß die Parteien sich schon rechtsverbindlich auf den Kauf des Fahrzeugs mit sofortiger Bezahlung des Kaufpreises in einer Summe geeinigt hatten, bevor der schriftliche Kaufvertrag mit den dort festgelegten Ratenzahlungen errichtet wurde. Schließlich vermag es bei näherer Betrachtung nicht zu überzeugen, daß der Beklagte die Anwendbarkeit des Abzahlungsgesetzes auf Gebrauchtwagenverkäufe der vorliegenden Art in Abrede nimmt. Zwar kann sich der Beklagte insoweit auf eine im Schrifttum zum Teil vertretene Auffassung berufen (siehe insbesondere Peters JZ 1986, 409 ff. m.w.N.). Aus der Systematik des Gesetzes, die in § 8 nur eine Ausnahme bei Vollkaufmannseigenschaft des Käufers vorsieht, geht jedoch hinreichend hervor, daß die Anwendung des Abzahlungsgesetzes nicht von der mehr oder minder großen Schutzbedürftigkeit des Käufers abhängt. Es kommt vielmehr allein darauf an, daß der angestrebte Schutzzweck, einen Käufer vor den Folgen unzureichender Einschätzung seiner finanziellen Leistungsfähigkeit zu bewahren, bei Teilzahlungskäufen typischerweise zutrifft und die vom Gesetz geforderten Schutzvorkehrungen (hier die Belehrung über den Widerruf) typischerweise angezeigt erscheinen läßt. Soweit Privatpersonen damit Handlungspflichten auferlegt werden, die sie sonst nicht zu übernehmen brauchen, wird ihnen damit weder allgemein noch insbesondere in dem vorliegenden Fall etwas Unzumutbares angesonnen. In letzterer Hinsicht hat der Senat hier um so weniger Bedenken, als der Aussage des Zeugen ... (vgl. unter 2) zu entnehmen ist, daß der Beklagte bei dem Verkauf nicht als Privatmann, sondern als Gelegenheitshändler aufgetreten ist.
2.
An Leistungen auf den Kaufpreis hat der Kläger 3.500 DM durch Inzahlunggabe seines Pkw BMW erbracht, die ihm wegen Weiterveräußerung dieses Fahrzeugs durch den Beklagten nicht anders als in der Form des Wertersatzes zurückgewährt werden können, ferner unstreitige 100 DM bei Vertragsabschluß und weitere 1.500 DM einige Tage darauf. Die letztere Zahlung ergibt sich aus den glaubhaften Bekundungen des Zeugen ... Dieser (Vater des Klägers) hat vor dem Senat ausgesagt, sein Sohn habe ihn damals nach den Verhandlungen mit dem Beklagten gefragt, ob er (der Zeuge) ihm nicht 1.500 DM zu dem Kauf des Wagens geben könne. Das sei gewesen, nachdem sein Sohn das Auto gekauft habe, oder auch etwa zwei Tage später. Er habe ihm von dem vorhandenen Bargeld die 1.500 DM gegeben. Sie seien dann gemeinschaftlich zum Beklagten hingefahren und hätten diesem das Geld ausgehändigt. Eine Quittung habe er sich nicht geben lassen, weil sein Sohn ihm erklärt habe, daß es sich bei dem Beklagten doch um einen Kumpel handele. Das Geld sei in 50 und 100-DM-Scheinen gestückelt gewesen. Der Beklagte habe es in seinem Wohnzimmer an sich genommen; eine junge Frau sei zeitweilig im Raum, aber bei der Übergabe des Geldes nicht zugegen gewesen. Erst nach der Übergabe der 1.500 DM habe der Beklagte die Schlüssel zu dem an einer Tankstelle abgestellten Pkw gegeben; draußen hätten noch zwei oder drei andere Wagen gestanden. Der an der Tankstelle abgestellte Ford Mustang habe nicht einmal Luft auf den Reifen gehabt, so daß es größerer Anstrengungen bedurft habe, den Wagen überhaupt fahrfähig zu bekommen.
Der Senat trägt keine Bedenken, dieser Zeugenaussage zu folgen, obgleich es sich um den Vater des Klägers handelt. Der Zeuge hat ersichtlich aufgrund einer anschaulichen Erinnerung ausgesagt und dabei sowohl die Räumlichkeiten wie Teile der Einrichtung des Beklagten beschrieben, obwohl er seiner Angabe zufolge nur dieses eine Mal beim Beklagten gewesen ist. Gesichtspunkte, die die Richtigkeit des von dem Zeugen Bekundeten in Frage stellen, sind nicht hervorgetreten. Insbesondere hat der Beklagte die ihm eingeräumte Möglichkeit, zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme nachträglich Stellung zu nehmen, nicht wahrgenommen. Aus seinem Schweigen zieht der Senat den Schluß, daß er auch bei Anwesenheit im Termin dem Zeugen keine begründeten Vorhalte zu dessen Angaben hätte machen können, und deshalb die Verhinderung des Beklagten, an dem Beweisaufnahmetermin teilzunehmen, im Ergebnis ohne Auswirkungen bleibt.
Der Kläger muß sich allerdings noch eine Entschädigung für die zwischenzeitliche Nutzung des Fahrzeugs anrechnen lassen, § 1 d Abs. 3 Abzahlungsgesetz (vgl. BGH NJW 1985, 1544 [BGH 24.04.1985 - VIII ZR 73/84]). Für den Ford Mustang, bei dem es sich immerhin schon um ein älteres Fahrzeug handelte, erscheinen für rund 500 km Fahrstrecke insoweit 100 DM angemessen. Diese 100 DM sind von den insgesamt auf den Kaufpreis geleisteten 5.100 DM abzusetzen.
Dem Kläger stehen außerdem 4 % Verzugszinsen (§§ 288, 284 BGB) jedenfalls ab 20. November 1986 zu.
3.
Die weiteren Entscheidungen folgen den §§ 708 Nr. 10, 713 und 546 ZPO.
Zu der von dem Beklagten angeregten Zulassung der Revision bestand keine hinreichende Veranlassung, weil die Rechtsfrage der Anwendbarkeit des Abzahlungsgesetzes bei der hier vom Senat zugrunde gelegten Fallgestaltung keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Streitwertbeschluss:
Wert der Beschwer durch dieses Urteil: für den Beklagten 5.000 DM, für den Kläger 100 DM.