Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 21.12.1988, Az.: 1 U 29/88
Vorwurf der Verletzung einer vertraglichen Hinweispflicht oder Beratungspflicht ; Vorwurf der Verursachung eines Fehlers bei der rektalen Trächtigkeitsuntersuchung einer Stute; Verpflichtung zum Hinweis nach den Grundsätzen über Art und Umfang der humanmedizinischen Aufklärungspflicht (informed consent); Rechtsprechung zur Risikoaufklärung in der Humanmedizin
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 21.12.1988
- Aktenzeichen
- 1 U 29/88
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1988, 19699
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1988:1221.1U29.88.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hildesheim - 16.02.1988 - AZ: 3 O 545/87
Rechtsgrundlage
- § 823 BGB
Fundstellen
- NJW-RR 1989, 539-541 (Volltext mit red. LS)
- VersR 1989, 640-642 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 5. Dezember 1988
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 16. Februar 1988 verkündete Grund- und Teilurteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim teilweise geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Es wird festgestellt, daß den Widerbeklagten keine weiteren Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten wegen der Behandlung der Stute ... zustehen.
Die Anschlußberufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 5/7 und die Widerbeklagte zu 2. 2/7 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschwer des Klägers: 25.000 DM.
Beschwer der Widerbeklagten zu 2.: 10.000 DM.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat Erfolg. Die Aufklärung des Sachverhalts durch den Senat mit Hilfe eines Sachverständigen hat ergeben, daß dem Beklagten weder die Verletzung einer vertraglichen Hinweis- oder Beratungspflicht noch ein Fehler bei der rektalen Trächtigkeitsuntersuchung vorgeworfen werden kann. Dem Kläger und seiner Ehefrau, der Widerbeklagten ..., stehen deshalb keine Schadensersatzansprüche gegen den Beklagten zu.
I.
Klage
1.
Aus dem erstinstanzlichen Vortrag des Klägers war nicht eindeutig zu entnehmen, wer den Beklagten mit der Trächtigkeitsuntersuchung beauftragt hatte. Nach der Darstellung in der Klageschrift hatte wohl der Kläger entschieden, daß die Stute nach ... gebracht werden sollte. An dem Gespräch mit dem Beklagten war aber auch die Widerbeklagte ... maßgebend beteiligt; sie war es im übrigen, die später - allein - den Aufnahmeschein als "Besitzerin" unterschrieben hat.
Das Landgericht hat jedoch als unstreitig beurkundet, daß der Kläger den Untersuchungsauftrag erteilt hat (Tatbestand Seite 2/3). Mit der Berufung bestreitet der Beklagte dies nicht; vielmehr hat er selbst offenbar den Kläger als seinen Vertragspartner angesehen. Danach ist für die Berufungsentscheidung davon auszugehen, daß der Tierarztvertrag zwischen dem Kläger und dem Beklagten geschlossen worden ist.
2.
Der Beklagte hat den Kläger und die Widerbeklagte nicht auf das Risiko einer Darmverletzung und auf die damit verbundene, verhältnismäßig große Gefahr einer Bauchhöhleninfektion mit tödlichem Ausgang hingewiesen. Hierzu war er im Streitfall nicht verpflichtet.
a)
Der Tierarzt hat den Auftraggeber über Untersuchungs- und Behandlungsmethoden und über deren Gefahren zu beraten. Die Grundsätze über Art und Umfang der humanmedizinischen Aufklärungspflicht sind dabei allerdings nicht anzuwenden, weil es in der Tiermedizin nicht darum geht, das Selbstbestimmungsrecht des Patienten zu schützen und dessen in Kenntnis ihrer Tragweite abgegebene Einwilligung ("informed consent") mit der Behandlung zu erlangen. Vielmehr steht das wirtschaftliche Interesse des Auftraggebers an der Erhaltung des Tieres im Vordergrund. An diesem Interesse, das durch ideelle Vorstellungen des Tierhalters erweitert werden kann und durch Gebote des Tierschutzes begrenzt wird, ist die Intensität der vertraglich geschuldeten Beratung auszurichten. Ein Verstoß gegen die Beratungpflicht ist nach den Grundsätzen über die positive Vertragsverletzung zu beurteilen. Die Darlegungs- und Beweislast für die objektive Pflichtverletzung sowie für ihren Zusammenhang mit einem Schaden obliegt dem Anspruchsgläubiger (vgl. zu diesen Grundsätzen BGH NJW 1980 Seite 1904; BGH NJW 1982 Seite 1327; MünchKom-Mertens, BGB, 2. Aufl., § 823 Rdnr. 422).
b)
Das Landgericht hat angenommen, der Beklagte habe den Kläger über die Möglichkeit der Komplikation, die schließlich eingetreten ist, vor der Untersuchung informieren müssen. Zur Begründung hat das Landgericht darauf verwiesen, daß die Trächtigkeitsuntersuchung keine Heilbehandlung ist, daß der Beklagte mit Schwierigkeiten habe rechnen müssen und daß im Falle einer Darmperforation eine Wahrscheinlichkeit von 50 % dafür bestanden habe, daß die Stute eingehen werde. Nach sachverständiger Beratung über das Risiko der Darmverletzung im allgemeinen und im vorliegenden Fall und über die Anforderungen, die in der Veterinärwissenschaft an die Beratungspflicht des Tierarztes gestellt werden, vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, daß der Beklagte eine. Informationspflicht schuldhaft verletzt hat.
aa)
Allerdings war der Beklagte nicht schon deshalb von einer Pflicht zum Hinweis auf die Verletzungsgefahr befreit, weil er deren Kenntnis beim Kläger - seinem Auftraggeber - voraussetzen durfte. Warum der Beklagte in der Berufungsbegründung davon ausgegangen ist, der Kläger sei im Juli 1987 Pferdezüchter gewesen und habe als solcher von dem Risiko gewußt, hat er nicht erläutert. Tatsächlich war - wie die mündliche Verhandlung vor dem Senat ergeben hat - die vom Beklagten untersuchte Stute das erste Pferd, an dessen Erwerb sich der Kläger beteiligt hatte. Allein aus der Tatsache, daß der Kläger die Trächtigkeit einer Stute feststellen lassen wollte, die bereits ein Fohlen hatte, konnte der Beklagte nicht schließen, der Kläger züchte Pferde. Der Beklagte durfte auch nicht ohne weiteres unterstellen, der Kläger sei bereits von anderen - etwa von dem anwesenden Hengsthalter - über bestimmte Risiken der Untersuchung aufgeklärt worden; wenn es hierauf ankam, mußte sich der Beklagte zumindest durch eine Rückfrage vergewissern.
Eine Pflicht des Beklagten zur Beratung des Klägers entfiel indessen aus anderen Gründen.
bb)
Der Sachverständige ... hat das Risiko der Mastdarmperforation bei Rektaluntersuchungen, die nicht durch Koliken veranlaßt sind, unter Bezug auf eine Veröffentlichung von Köhler und Oberlojer (Tierärztliche Praxis 1986, Seite 245 ff) mit 0,001 % angegeben. Ob bei einer so geringen Wahrscheinlichkeit einer Komplikation eine Pflicht des Tierarztes zur Aufklärung über das Risiko generell entfällt, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Die Rechtsprechung zur Risikoaufklärung in der Humanmedizin stellt nicht, nur auf die sog. Komplikationsdichte ab, sondern berücksichtigt auch, ob sich - und seien es extrem seltene - Komplikationen in eine Richtung entwickeln können, die für den Patienten als Laien überraschend sein muß, ob ihn die Komplikation dann aufgrund seiner Lebensverhältnisse besonders schwer treffen könnte und ob sie deshalb für seinen Entschluß, in einen Eingriff einzuwilligen, besonderes Gewicht hat (vgl. BGH NJW 1980 Seite 633, 635; BGH NJW 1980 Seite 1905, 1907). Diese Gesichtspunkte können auf die tierärztliche Beratungspflicht naturgemäß nur sehr begrenzt übertragen werden, so daß die statistische Wahrscheinlichkeit bei der Beratung grundsätzlich eine größere, regelmäßig ausschlaggebende Rolle spielt. Immerhin sind aber auch in der Tiermedizin Fälle denkbar, in denen ein spezifisches, wenn auch sehr seltenes Risiko eine für den Tierhalter ganz unerwartete, bedrohliche Komplikation auslösen kann, die ihn wegen eines sehr hohen Wertes des Tieres oder wegen eines besonderen ideellen Interesses außergewöhnlich schwer treffen würde.
Im Streitfall sind keine Umstände ersichtlich, die dem Beklagten trotz der minimalen Komplikationsdichte den Hinweis auf ein äußerst geringes Risiko nahelegen mußten. Gegen eine Informationspflicht spricht hier außer der erwähnten statistischen Komplikationsrate auch die Tatsache, daß der Beklagte Fachtierarzt für Pferde mit langjähriger Praxis ist. Nach Auskunft von ... nimmt die Gefahr von Darmverletzungen bei Rektaluntersuchungen mit der einschlägigen Erfahrung des Tierarztes weiter ab; der Senat hat deshalb auch keinen Anlaß zu bezweifeln, daß der Beklagte bei jährlich zwei- bis dreitausend Untersuchungen des Darms erst einen weiteren vergleichbaren Zwischenfall erlebt hat. Hinzu kommt, daß - wie die Erörterung in der mündlichen Verhandlung ergeben hat - die Stute erst seit etwa drei Wochen vor der Untersuchung trächtig sein konnte, der Beklagte also eine Frühuntersuchung vornehmen sollte, für die (jedenfalls seinerzeit) eine andere Methode nicht zur Verfügung stand; eine Blutuntersuchung hätte erst nach dem 42. Tag der Trächtigkeit zuverlässigen Aufschluß geben können. Schließlich brauchte der Beklagte ein erhöhtes Verletzungsrisiko auch nicht deshalb zu befürchten, weil ihm die Widerbeklagte von früheren Schwierigkeiten bei einer Rektaluntersuchung berichtet hatte: Bei der hier fraglichen Untersuchung verhielt sich das Pferd offenbar anders als damals indem es steif "wie ein Brett" (so die Widerbeklagte in der mündlichen Verhandlung) auf dem Anhänger stand und auch bei der Untersuchung nicht unruhig oder widersetzlich wurde; die Verspannung der äußeren Muskulatur wirkt sich nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht auf die Darmmuskulatur aus und mußte deshalb nicht zu besonderer Vorsicht mahnen.
cc)
Der Sachverständige hat mitgeteilt, daß an der Tierärztlichen Hochschule Hannover das Risiko von Darmverletzungen bei Rektaluntersuchungen zwar im Unterricht erwähnt wird, daß aber von den angehenden Tierärzten kein Hinweis auf dieses Risiko gegenüber dem Auftraggeber gefordert wird. Auch in der zitierten Veröffentlichung von Köhler und Oberlojer (a.a.O. Seite 248) heißt es, daß eine Aufklärungspflicht des Tierarztes gegenüber dem Tierbesitzer in der Regel entfalle, weil die Mastdarmperforation ein "seltenes Ereignis" sei. Die Ärzte an der Pferdeklinik der Tierärztlichen Hochschule informieren selbst nicht über das Perforationsrisiko, wenn sie an eingelieferten Pferden Darmuntersuchungen vornehmen. Dementsprechend ist eine Aufklärung über diese Gefahr auch in der Praxis weitgehend unbekannt. Ob diese Praxis in sämtlichen Fällen den vertragsrechtlichen Anforderungen entspricht, die im Hinblick auf das erkennbare wirtschaftliche oder ideelle Interesse von Tierhaltern zu stellen sind, ob also die übliche Sorgfalt stets der nach dem Gesetz (§ 276 BGB) maßgebenden "erforderlichen" Sorgfalt entspricht, ist nach den vorstehenden Ausführungen unter bb) zwar nicht unzweifelhaft. Dem Beklagten kann jedoch kein Vorwurf gemacht werden, wenn er angesichts der erwähnten Auffassung in Lehre und Schrifttum bei einer Konstellation der vorliegenden Art gemeint hat, zur Aufklärung des Klägers nicht verpflichtet zu sein. Er haftet deshalb wegen der Verletzung einer vertraglichen Beratungspflicht auch dann nicht, wenn sie objektiv bestanden haben sollte.
3.
Einen Behandlungsfehler des Beklagten hat der Kläger nicht beweisen können.
a)
Eine andere, noch gefahrlosere Untersuchungsmethode kam wegen des frühen Stadiums einer möglichen Trächtigkeit nicht in Betracht. Die Erörterung mit dem Sachverständigen hat keinen Anhaltspunkt dafür ergeben, daß der Beklagte bei der Durchführung der Untersuchung nicht sorgfältig genug vorgegangen ist.
... hat drei Voraussetzungen für eine fehlerfreie rektale Untersuchung genannt, nämlich angemessene Fixierung, Verwendung eines Gleitmittels und richtige Reaktion auf einsetzende Peristaltikwellen. Da die Stute nach den Worten der Widerbeklagten bei der Untersuchung "steif wie ein Brett" stand, sich also nicht oder kaum bewegte, war die erste Voraussetzung erfüllt. Aus diesem Grunde mußte der Beklagte weder wegen der Hinweise auf frühere Schwierigkeiten von der Untersuchung absehen, noch mußte er die Stute in den Untersuchungsstand führen, wo sie wegen der dann erforderlichen Trennung von ihrem Fohlen möglicherweise eher unruhig geworden wäre. Daß der Beklagte seinen Arm mit einem Gleitmittel eingerieben hatte, hat die Widerbeklagte bestätigt. Ihre Vermutung, er habe es nicht genügend verteilt, hat sich jedoch nicht konkretisieren lassen. Der Sachverständige hat das vom Beklagten unwidersprochen geschilderte Vorgehen - Verteilung des Mittels an der After-Rosette - als einwandfrei bezeichnet. Unstreitig ist schließlich, daß der Beklagte den Arm zumindest bis in die Ampulle zurückgezogen hat, als er zunächst nicht in den Darm eindringen konnte; damit ist er - wie der Sachverständige bestätigt hat - einer Peristaltikwelle sachgemäß ausgewichen. Ob er auch anschließend vorsichtig genug vorgegangen ist, läßt sich jetzt nicht mehr feststellen. Das Gegenteil ist jedenfalls nicht aus der Tatsache der Verletzung herzuleiten, weil - wiederum nach den durch Literaturangaben gestützten Ausführungen des Gutachters - auch Spontanrupturen ohne Verschulden des Tierarztes möglich sind.
b)
Auch der Umstand, daß das Pferd im Stall des Beklagten eingegangen ist, läßt keine Schlüsse auf eine fehlerhafte Behandlung zu. Aus den vom Senat beigezogenen Behandlungsunterlagen des Beklagten, deren Umfang der Gutachter nicht beanstandet hat, ist für ungenügende Versorgung nichts zu entnehmen. Fehler bei der Darmnaht oder bei der postoperativen Versorgung sind - soweit, sie überhaupt noch überprüft werden konnten - auch vom Sachverständigen nicht erkannt worden. Die Beweislast liegt insoweit nicht beim Beklagten: Die Erkrankung des bei ihm in Pflege stehenden Tieres indiziert schon angesichts der Eigengesetzlichkeit und weitgehenden Undurchschaubarkeit des lebendigen Organismus keine Fehler des Tierarztes oder einer Hilfskraft; für eine - vom Kläger für erforderlich gehaltene - Beweislastverteilung nach Gefahrenbereichen ist kein Raum (vgl. BGH NJW 1982 Seite 1327, 1328).
Allerdings hat der Sachverständige vermißt, daß der Kläger keine Bauchpunktion vorgenommen hat, um die Ursache der Kolik beurteilen zu können. Er hat aber zugleich betont, daß diese Maßnahme ausschließlich diagnostische Funktion gehabt hätte und den Krankheitsverlauf nicht mehr beeinflussen konnte.
4.
Da der Beklagte weder vorwerfbar eine Beratungspflicht verletzt noch nachweisbar einen Behandlungsfehler begangen hat, kommt es auf den ursächlichen Zusammenhang zwischen einem haftungsbegründenden Fehl verhalten und dem Tod der Stute nicht mehr an. Der Senat bemerkt deshalb nur am Rande, daß auch eine Kausalität zwischen der tierärztlichen Untersuchung und der Kolik, an der das Pferd gestorben ist, kaum festzustellen wäre. Für den vom Landgericht herangezogenen Beweis des ersten Anscheins gibt es keine tragfähige Grundlage: Der Sachverständige hat den Zusammenhang zwischen der operierten Darmverletzung und der Kolik als "spekulativ" bezeichnet; einen einschlägigen Erfahrungssatz - den anscheinend das Landgericht ohne sachverständige Beratung und ohne den Ausweis eigener Sachkunde angenommen hat - gibt es nach den Ausführungen von ... nicht, der vielmehr von zahlreichen anderen denkbaren Ursachen für die Kolik gesprochen hat. Ob die Verletzung wenigstens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) als Kolikursache in Frage kommt, ist gleichfalls fraglich geblieben.
Eine Umkehr der Beweislast wegen Beweisvereitelung wäre - wie der Senat ebenfalls nur der Vollständigkeit halber erwähnt - dem Kläger nicht zugute gekommen, weil nicht erwiesen ist, daß der Beklagte ihm die Beweisführung schuldhaft (vgl. Stein-Jonas-Leipold, ZPO, 20. Aufl., § 286 Rdnr. 121 m.w.N.) erschwert hat, indem er den Kadaver beiseite schaffen ließ. Dies würde voraussetzen, daß ihm zu diesem Zeitpunkt bewußt sein mußte, der Kläger werde Haftpflichtansprüche gegen ihn geltend machen und dabei unter Umständen auf eine Sektion des Tieres angewiesen sein. Von sich aus brauchte der Beklagte den Kläger nicht darauf hinzuweisen, daß eine Sektion vielleicht Aufschluß über den Grund der Kolik geben könne. Die gegenteilige Ansicht des Klägers läuft auf eine Verpflichtung des Beklagten hinaus, ihn über möglicherweise in Betracht kommende Schadensersatzansprüche gegen sich selbst zu beraten; sie überspannt die Anforderungen, die an nachvertragliche Schutzpflichten eines Tierarztes zu stellen sind. Da der Beklagte - soweit ersichtlich - dem Kläger weder Informationen über den Behandlungsverlauf vorenthalten noch bei der Beseitigung der toten Stute verdächtige Eile an den Tag gelegt hat, der Kläger andererseits bis dahin hinreichend Gelegenheit hatte, eine Untersuchung zu verlangen, kann von einer schuldhaften Beweisvereitelung keine Rede sein.
II.
Widerklage
1.
Die Widerklage ist zulässig.
a)
Das Feststellungsinteresse des Beklagten fehlt nicht deshalb, weil mit der auf seine Berufung auszusprechenden Abweisung der Klage zugleich über den Grund weitergehender, nicht rechtshängiger Ansprüche entschieden wäre. Maßgebend ist allein der Umfang der Rechtskraftwirkung. In materielle Rechtskraft erwächst ausschließlich die Entscheidung über den Streitgegenstand. Deshalb wäre der Kläger - und schon gar nicht, die Widerbeklagte - nicht gehindert, nach einer Abweisung der Klage Ansprüche auf Ersatz anderer Vermögensschäden oder auf Schmerzensgeld, die nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits waren, gerichtlich geltend zu machen.
b)
Die Widerbeklagten haben sich noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung weitergehender Ansprüche berühmt. Im vorprozessualen. Anspruchsschreiben vom 17. September 1987 hatten sie Ansprüche wegen der Betreuung des Fohlens und auf Schmerzensgeld bereits beziffert. Im Prozeß hat der Kläger sich diese Ansprüche "vorbehalten". Da die Widerbeklagten in der Berufungsinstanz von ihren früheren Vorstellungen nicht abgerückt sind, sondern sich im Gegenteil zur Höhe des Streitwerts auf das Schreiben vom 17. September 1987 bezogen haben, sind die angekündigten Ansprüche nicht fallengelassen worden.
2.
Die Widerklage ist auch begründet.
Weil ein pflichtwidriges Verhalten des Beklagten nicht festzustellen ist, stehen dem Kläger ebenso wenig wie seiner Ehefrau Schadensersatzansprüche zu. Dies mußte auf die Widerklage festgestellt werden.
III.
Nach alledem mußte das angefochtene Urteil auf die Berufung des Beklagten geändert werden. Die Klage war abzuweisen, während der Widerklage stattgegeben werden mußte. Die Anschlußberufung des Klägers, mit der er eine uneingeschränkte Verurteilung des Beklagten anstrebte, war schon wegen des Mißerfolgs der Klage zurückzuweisen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711, 713 und 546 Abs. 2 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Beschwer der Widerbeklagten zu 2.: 10.000 DM.