Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 05.02.2021, Az.: 1 U 9/20

Sperrung eines privaten Nutzerkontos in einem sozialen Netzwerk; Löschung eines Beitrages; Nachholung der Berufungszulassung; Allgemeinverbindliche Kommunikationsstandards für eine Kommunikationsplattform; Kreis der zu berücksichtigenden Grundrechtsträger bei digitaler Netzwerkkommunikation; Sanktionierung von Verstößen gegen Kommunikationsstandards

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
05.02.2021
Aktenzeichen
1 U 9/20
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2021, 11867
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2021:0205.1U9.20.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Braunschweig - 11.12.2019 - AZ: 9 O 4199/18

Fundstellen

  • MMR 2021, 920-924
  • ZUM-RD 2021, 398-415

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Liegt der Wert des Beschwerdegegenstandes im Berufungsverfahren unterhalb des erstinstanzlichen Streitwerts und der Erwachsenheitssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, ist das Berufungsgericht nicht an der Nachholung der Berufungszulassung gehindert, wenn die Kammer des Erstgerichts den Rechtsstreit gem. § 348 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 ZPO übernommen hat, da die Voraussetzungen der Berufungszulassung gem. § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO insoweit inhaltsgleich sind.

  2. 2.

    Eine missbräuchliche Verfolgung eigener Interessen auf Kosten des Vertragspartners ist nicht allein darin zu sehen, dass der Betreiber einer Kommunikationsplattform allgemeinverbindliche Kommunikationsstandards aufstellt, die auch unterhalb der Strafbarkeitsschwelle liegende Meinungsäußerungen der Nutzer sanktionieren.

  3. 3.

    Beim vorzunehmenden Ausgleich der in ihrer Wechselwirkung nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz zu erfassenden Grundrechtsverhältnisse sind neben dem Recht auf freie Meinungsäußerung des Nutzers einer Kommunikationsplattform gemäß Art. 5 Abs. 1 GG die Freiheits- und Eigentumsrechte des Betreibers gemäß Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 5 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG einzubringen.

  4. 4.

    Wegen der Besonderheit der digitalen Netzwerkkommunikation ist der Kreis der zu berücksichtigenden Grundrechtsträger erweitert: Auch die freiheits- und gleichheitsrechtlichen Belange anderer Nutzer sind insoweit zu berücksichtigen, als diese darauf vertrauen dürfen, dass der Betreiber einer Kommunikationsplattform die Sanktionierung von Verstößen gegen die Kommunikationsstandards nicht willkürlich vornimmt oder unterlässt.

  5. 5.

    Die Sanktionierung von Verstößen gegen die Kommunikationsstandards durch den Betreiber darf aus gleichheitsrechtlichen Gründen (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht willkürlich und ohne sachlichen Grund erfolgen.

  6. 6.

    Eine Auslegungsregel bei mehrdeutigen kontextbezogenen Meinungsäußerungen besteht von Verfassungs wegen nicht, wenn der Nutzer vom Betreiber die Wiedereinstellung eines Posts verlangt, den dieser auf Grundlage wirksamer Kommunikationsstandards gelöscht hat. Die Würdigung und Auslegung des Posts ist vielmehr Gegenstand der freien richterlichen Feststellungen im konkreten Einzelfall.

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 11. Dezember 2019 - Az. 9 O 4199/18 - abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 11. Dezember 2019 - Az. 9 O 4199/18 - wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Kläger.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die gegen ihn gerichtete Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

VI. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung des Landgerichts Braunschweig wird von Amts wegen abgeändert und der Streitwert auf eine Gebührenstufe bis zu 4.000,00 € festgesetzt.

VII. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf eine Gebührenstufe bis zu 4.000,00 € festgesetzt.

Gründe

A.

Die Parteien streiten über eine am 3.6.2018 von der Beklagten veranlasste 30tägige beschränkte Sperrung eines privaten Facebook-Nutzerkontos des Klägers und die Löschung seines Beitrages (Post), mit dem dieser den Kommentar "Defend Europe!!!" eines Dritten (R.) zu einem verlinkten Spiegel-Online Artikel mit der Überschrift "Privates Rettungsschiff "Aquarius" kehrt ins Mittelmeer vor Lybien zurück" seinerseits mit den Worten "Den Schrott versenken, das ist ein illegales Schlepperschiff" kommentierte. Der Kläger verlangt die Feststellung der Rechtwidrigkeit der beschränkten Sperrung, die Wiedereinstellung des gelöschten Posts, die Unterlassung weiterer Sperrungen und Löschungen, die Erteilung verschiedener Auskünfte, Schadensersatz sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger wurde wie alle Nutzer per E- Mail und mit seinem ersten Zugriff auf sein Nutzerkonto ab dem 19.4.2018 mit einer Pop-Up-Nachricht über die aus den Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards bestehenden Geschäftsbedingungen zur Nutzung des von der Beklagten betriebenen sozialen Netzwerks in der seit 19.4.2018 geltenden Fassung informiert. Eine weitere Nutzung des Facebook-Nutzerkontos konnte erst nach der vom Kläger am 24.4.2018 erteilten Zustimmung erfolgen.

Hinsichtlich der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstands erster Instanz und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Braunschweig vom 11.12.2019 - Az. 9 O 4199/18 - Bezug genommen.

Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen die Beklagte verurteilt,

1. den nachfolgend wiedergegebenen, am 3.6.2018 gelöschten Beitrag des Klägers wieder freizuschalten:

"Den Schrott versenken, das ist ein illegales Schlepperschiff"

und

2. den Kläger von Rechtsanwaltskosten für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 258,17 € durch Zahlung an die Kanzlei R. freizustellen.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Der auf Rechtswidrigkeitsfeststellung der Sperre gerichtete Klageantrag sei in Ermangelung eines notwendigen Feststellungsinteresses gem. § 256 ZPO unzulässig. Ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses komme ausnahmsweise nur in Betracht, wenn sich aus der Feststellung noch Rechtsfolgen für die Gegenwart und die Zukunft ergäben. Der Antrag des Klägers beziehe sich jedoch auf eine schon lange beendete Sperre. Zwar sei davon auszugehen, dass die Sperrung auch nach ihrem Ablauf weiterhin im System der Beklagten vermerkt sei und bei künftigen Verstößen gegen die Gemeinschaftsstandards bei der Verhängung von Sanktionen berücksichtigt werden könne, so dass insoweit zwar ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis betroffen sein könnte. Einen solchen, auf Entfernung dieses Vermerks abzielenden Anspruch müsse der Kläger jedoch vorrangig mit einer entsprechenden Leistungsklage geltend machen. Die bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Sperrung würde nicht zu einer Entfernung des Vermerks führen. Der Feststellungsantrag habe so im Übrigen keine weitergehende Wirkung als der vom Kläger bereits geltend gemachte Wiederherstellungsanspruch hinsichtlich des gelöschten Beitrages; dieser enthalte notwendig die Feststellung, dass die Entfernung unzulässig gewesen sei.

Der Kläger habe jedoch einen Anspruch auf Freischaltung des gelöschten Posts gem. § 241 Abs. 1 und 2 BGB. Ungeachtet der Frage, ob der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag als Typenmischvertrag oder als Vertrag sui generis einzustufen sei, folge der Anspruch aus der Selbstbindung der Beklagten, Kommentare eines Nutzers, die nicht gegen die Geschäftsbedingungen verstießen, unangetastet zu lassen. Zwar gälten nach Ansicht des Landgerichts die neuen und strengeren anzuwendenden Gemeinschaftsstandards. Der streitbefangene Beitrag des Klägers sei bereits nach diesen strengeren - und im Lichte des Art. 5 GG auszulegenden - Gemeinschaftsstandards zulässig, weshalb es insoweit keiner weiteren Prüfung wegen Verstoßes gegen die Regeln über die allgemeinen Geschäftsbedingungen gem. §§ 305 ff. BGB bedürfe. Die Beklagte unterliege als Betreiberin eines sozialen Netzwerkes mit erheblicher Marktmacht einer erhöhten Grundrechtsbindung. Der Rechtsgehalt der Grundrechte entfalte sich auch im Privatrecht durch das Medium der dieses Rechtsgebiet unmittelbar beherrschenden Vorschriften, insbesondere der Generalklauseln und sonstigen auslegungsbedürftigen Begriffe, die im Sinne dieses Rechtsgehalts ausgelegt werden müssten. Bei Auslegung der hier anzuwendenden Vorschrift des § 241 Abs. 2 BGB sei dem vom Kläger geltend gemachten Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs.1 S. 1 GG Rechnung zu tragen. In Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könnten die Grundrechte in einer solch spezifischen Situation im Wege der mittelbaren Drittwirkung besondere Wirkung entfalten. Wegen der besonderen Bedeutung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit einerseits und der besonderen Marktmacht der Beklagten als Betreiberin des mit Abstand bedeutsamsten sozialen Netzwerks seien die Vertragsbedingungen meinungsfreundlich auszulegen; es sei von einer hohen Intensität der Grundrechtsbindung bei der Beklagten auszugehen. Demgegenüber sei die Beklagte in Anerkennung ihrer Grundrechtspositionen aus Art. 12 und 14 GG nicht verpflichtet, sämtliche - noch von Art. 5 GG gedeckte - Meinungsäußerungen zu veröffentlichen, die nicht strafbar, beleidigend oder eindeutig Schmähkritik zuzuordnen seien. Der streitgegenständliche Beitrag des Klägers "Den Schrott versenken, das ist ein illegales Schlepperschiff" sei nicht als "Hassrede" im Sinne der strengeren aktuellen Gemeinschaftsstandards (dort unter TEIL III) zu qualifizieren. Er enthalte keinen direkten Angriff auf Personen aufgrund der in den Gemeinschaftsstandards zur "Hassrede" definierten geschützten Eigenschaften. Der kommentierte Ausgangsartikel habe berichtet, dass das Schiff ohne Flüchtlinge im Hafen liege und überlegt werde, ob es wieder in See stechen solle. Es fehle damit ein Bezug zu auf dem Schiff befindlichen Menschen. Der Kommentar des Klägers ziele deshalb nicht darauf ab, ein besetztes Schiff mit "Mann und Maus" zu versenken. Insoweit sei der Beitrag lediglich als Aufforderung zu verstehen, das Schiff für künftige, erst geplante Rettungseinsätze unbrauchbar zu machen. Es gehe um die Verhinderung einer weiteren Nutzung und nicht um einen Angriff auf Menschen. Dabei sei auch in Erwägung zu ziehen, dass sich der Begriff "illegal" auch darauf beziehen könne, dass es sich um ein außerhalb koordinierter Rettungseinsätze agierendes Schiff handelte. Insbesondere sei ein Verständnis des vom Kläger kommentierten Beitrags "Defend Europe!!!" nicht zwangsläufig als Verteidigung Europas gegen Flüchtlinge auszulegen. Ebenso sei eine Interpretation auch dahingehend möglich, dass gemeinsame europäische Werte und die notwendig einheitliche Haltung der Europäischen Union verteidigt werden sollten. In seiner Beschränkung als Ansage eines politischen Kampfes der Europäischen Union in Bezug auf die Flüchtlingskrise sei der Kommentar "Defend Europe!!!" deshalb auch nicht im Kontext geeignet, dem Beitrag des Klägers eine andere Bedeutung im Sinne eines Angriffs auf Flüchtlinge beizumessen. Insgesamt lasse der klägerische Kommentar verschiedene, durch die Meinungsfreiheit geschützte Deutungsmöglichkeiten zu. Eine Einschränkung sei ausschließlich dann möglich, wenn die Deutungsmöglichkeiten die Voraussetzungen einer "Hassrede" im Sinne der Gemeinschaftsstandards erfüllten, was vorliegend jedoch nicht der Fall sei. Auch sei kein Verstoß gegen die im TEIL I Ziffer 4 der Gemeinschaftsstandards genannten Regulierungen zur Verhinderung der "Förderung oder Koordination künftiger krimineller Handlungen" erkennbar. So sei nicht zwingend davon auszugehen, dass der Kläger zu kriminellen Handlungen auffordern wollte. Ebenso könnten damit auch Maßnahmen der Regierung gemeint sein, nicht genehmigte Rettungseinsätze zu verhindern, welche nach dem Ausgangsartikel durch lybische Behörden koordiniert würden. So könne die Aussage des Klägers auch als pointierte Zuspitzung dahingehend zu verstehen sein, solche Schiffe künftig für Rettungseinsätze nicht mehr zuzulassen. Der streitgegenständliche Post des Klägers sei mangels Straftat auch kein rechtswidriger Inhalt im Sinne des § 1 Abs. 3 NetzDG.

Über den zuerkannten Wiedereinstellungsanspruch hinaus stehe dem Kläger jedoch kein vorbeugender Unterlassungsanspruch wegen einer möglichen weiteren Sperre oder Löschung zukünftiger Einträge zu. Die Zulässigkeit einer Äußerung könne nicht abstrakt, sondern nur im konkreten Kontext beurteilt werden. Das Verbot einer Äußerung ohne Bezugnahme auf den jeweiligen Kontext ginge grundsätzlich zu weit, weil eine Untersagung stets eine Abwägung voraussetze. Der Kontext einer künftigen Äußerung, deren Löschung der Kläger der Beklagten verbieten lassen wolle, sei indes erst bekannt, wenn der Text tatsächlich eingestellt werde. Dem Kläger stünden auch darüber hinaus die geltend gemachten Auskunftsansprüche nicht zu. Insoweit sei bereits keine Anspruchsgrundlage erkennbar. Allenfalls sei ein Anspruch aus § 242 BGB denkbar. Mangels Persönlichkeitsrechtsverletzung oder sittenwidriger Schädigung des Klägers durch einen Dienstleister sei ein Auskunftsanspruch jedoch fernliegend.

Der Kläger könne auch keinen Schadensersatz in Geld verlangen. Dies gelte hinsichtlich der behaupteten Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts insoweit, als konkrete Beeinträchtigungen oder Folgen für den Kläger hierdurch nicht ansatzweise dargelegt worden seien. Ein Anspruch bestehe auch nicht nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie und der DS-GVO. In der Löschung des Posts und der Sperrung des Nutzerkontos des Klägers liege kein Verstoß gegen zwingende Vorgaben der DS-GVO. Die Erhebung und Verarbeitung seiner Daten, einschließlich der möglichen Löschung der streitgegenständlichen Posts und Sperrung seines Kontos beruhten auf der vom Kläger vorab erteilten Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen der Beklagten. Die Erhebung und Datenverarbeitung sei nicht daran geknüpft, dass die Beklagte ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkomme, und umfasse deshalb auch Zeiträume, in denen das Nutzerkonto gesperrt sei. Im Übrigen stelle die bloße Sperrung seiner Daten ebenso wie der Datenverlust - für sich genommen - noch keinen Schaden im Sinne der DS-GVO dar.

Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten nur insoweit zu, als die vorprozessuale Abmahnung der Beklagten tatsächlich begründet sei. Dies gelte jedoch nicht hinsichtlich der Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten für die Einholung einer Deckungszusage von seiner Rechtsschutzversicherung. Insoweit mangele es an einer besonderen Angelegenheit im Sinne der §§ 15, 19 RVG. Die Einholung der Deckungszusage gehe nicht über eine knappe Abmahnung und Fertigung des Klageentwurfs hinaus. Im Übrigen sei vom Kläger nichts dazu vorgetragen, dass er zunächst selbst versucht habe, eine Deckungszusage einzuholen, mithin fehle es am Vortrag, dass die Einholung der Deckungszusage aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte überhaupt erforderlich und zweckmäßig gewesen sei.

Gegen dieses der Beklagten - in vollständig abgefasster Form - am 27.12.2019 zugestellte Urteil des Landgerichts Braunschweig hat die Beklagte mit am 27.1.2020 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage Berufung eingelegt und diese mit am 27.3.2020 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage begründet, nachdem auf ihren bei Gericht am 20.2.2020 eingegangenen Antrag hin die Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.3.2020 verlängert worden war.

Der Kläger hat gegen das ihm - in vollständig abgefasster Form - am 7.1.2020 zugestellte Urteil des Landgerichts Braunschweig mit am 30.1.2020 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage Berufung eingelegt und diese mit am 23.3.2020 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 22.3.2020 begründet, nachdem auf seinen bei Gericht am 9.2.2020 eingegangenen Antrag hin die Berufungsbegründungsfrist bis zum 6.4.2020 verlängert worden war.

Die Beklagte verfolgt mit ihrer Berufung ihren erstinstanzlichen Antrag auf Klagabweisung. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus:

Das Landgericht habe verfahrens- und rechtsfehlerhaft befunden, dass die Beklagte einer erhöhten Grundrechtsbindung unterliege. Die Ansicht des Landgerichts, der streitgegenständliche Post sei lediglich als Aufruf dahingehend auszulegen, dass das Schiff für eine zukünftige Nutzung unbrauchbar gemacht werden solle, sei unzutreffend. Auf dieser Grundlage sei das Landgericht fehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass der streitgegenständliche Post nicht als Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards auszulegen sei. Die Zugrundelegung der für den Nutzer günstigsten Auslegungsvariante sei in der vorliegenden Fallkonstellation weder notwendig noch geboten. Unzutreffend sei insoweit die Entscheidung des Landgerichts, die Beklagte sei nicht dazu berechtigt gewesen, den streitgegenständlichen Post zu entfernen, weil eine denkbare Auslegungsvariante dieses Posts nicht zur Annahme eines Verstoßes gegen die Bestimmungen und Richtlinien der Beklagten führe; das Urteil sei insoweit aufzuheben.

Im Einzelnen:

Die Auslegung des Landgerichts widerspreche dem Wortlaut des Posts, welcher gegen die Bestimmungen und Richtlinien der Beklagten betreffend das Verbot gegen Hassrede sowie die Mitteilung über glaubhafte Gewaltabsichten und koordinierte Zufügung von Schaden verstoßen habe.

Das Landgericht schreibe der Beklagten unzutreffend eine erhöhte Grundrechtsbindung zu; auch folge daraus nicht, dass die Bestimmungen und Richtlinien der Beklagten meinungsfreundlich auszulegen seien. Es bestehe schon kein grundrechtlicher Anspruch darauf, dass selbst staatliche Autoritäten Mittel der Meinungskundgabe und Verbreitung zur Verfügung stellten. Umso weniger bestehe eine solche Verpflichtung für private Unternehmen. Die Beklagte nehme auch keine marktbeherrschende Stellung bei der Meinungsverbreitung ein. Die als Abwehrrechte konzipierten Grundrechte seien nicht zwischen privaten Parteien direkt anwendbar, sondern entfalteten im Privatrecht lediglich mittelbare Drittwirkung. Die Entscheidung des Landgerichts berücksichtige hierbei die berechtigten Interessen der Beklagten nicht in angemessener Weise. Insbesondere verkenne das Landgericht, dass Art. 5 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Öffentlichkeit gewähre und die Meinungsverbreitung für den Kläger auch weiterhin außerhalb der von der Beklagten betriebenen Kommunikationsplattform möglich sei. Eine andere Bewertung folge auch nicht aus der vom Landgericht zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 22. Mai 2019 - 1 BvQ 42/19. Das Bundesverfassungsgericht habe in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall lediglich auf Grundlage einer Folgenabwägung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung und im Zusammenhang mit der Sperrung einer politischen Gruppierung entschieden, dass der potentielle Schaden für die dort antragstellende Partei gegenüber dem drohenden Schaden für die Beklagte überwiege. Die Entscheidung beruhe ausschließlich auf den besonderen Umständen des Falles, nämlich dem potentiellen Schaden, den die dortige politische Partei erlitten hätte, wenn ihre Facebook-Seite bis zu einer Entscheidung der Europawahlen gesperrt geblieben wäre. Das Bundesverfassungsgericht habe in der zitierten Entscheidung ausdrücklich nicht entschieden, dass die Sperrung der Seite durch die Beklagte unrechtmäßig gewesen sei.

Aufgrund der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäbe für die Abwägung zwischen Vertragsfreiheit, Berufsfreiheit und Meinungsfreiheit dürfe ein Gericht nicht eingreifen, solange eine Vertragspartei eine für die andere Vertragspartei nachteilige, aber willkürfreie Entscheidung treffe. So habe das Bundesverfassungsgericht im Rahmen einer Abwägung der betroffenen Grundrechte sogar ausdrücklich festgestellt (vgl. Stadionverbot BVerfG, Urteil vom 11.4.2018 - 1 BvR 3080/09), dass selbst der Deutsche Fußballbund berechtigt gewesen sei, Hooligans den Zugang zu Stadien zu untersagen, sie aus dem Verein zu verweisen und ihre Vereinsmitgliedschaften zu widerrufen. Daran habe selbst der Umstand nichts zu ändern vermocht, dass sich das Stadionverbot über einen zweijährigen Zeitraum erstreckt habe und den Betroffenen der Besuch sämtlicher Länderspiele, Bundesliga-, Regionalliga und Europapokalspiele untersagt worden sei. Danach müsse die Beklagte im vorliegenden Fall das Recht haben, die Verbreitung nutzungsgenerierter Inhalte zu untersagen. Denn schließlich führe die Entscheidung der Beklagten gerade nicht dazu, dass der streitgegenständliche Inhalt nicht auf andere Art und Weise auch im Internet verbreitet werden könne. Losgelöst hiervon müsse die behauptete Rechtsverletzung des Klägers mit den Grundrechten der Beklagten in Einklang gebracht und gegeneinander abgewogen werden. Hierbei sei die Berufsfreiheit gem. Art. 12 GG und die Eigentumsgarantie gem. Art. 14 GG zu berücksichtigen. Die Gemeinschaftsstandards definierten Hassrede als direkten Angriff auf Grundlage gewisser geschützter Eigenschaften wie etwa der religiösen Zugehörigkeit. Demnach könne die Beklagte Posts entfernen, die aus Sicht eines objektiven und flüchtigen Durchschnittslesers vertretbar als Verstoß gegen die Richtlinienbestimmungen der Beklagten ausgelegt werden könnten. Das Landgericht verkenne insbesondere, dass der Beklagten ihren Benutzern gegenüber ein Unterlassungsanspruch selbst hinsichtlich mehrdeutiger Inhalte zustehe. Von den Nutzern könne erwartet werden, dass sie sich unmissverständlich äußerten. Die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Auslegungsgrundsätze geböten es nicht, die für die Nutzer jeweils vorteilhafteste Auslegung zu Grunde zu legen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei eine Partei überhaupt nur dann schutzwürdig, wenn ihr eine straf- oder zivilrechtliche Verurteilung drohe, ihr also aus einer früheren Meinungsäußerung Nachteile entstehen könnten, die für sie im Zeitpunkt ihrer Kundgabe nicht vorhersehbar gewesen seien. Im vorliegenden Fall gehe der Kläger gegen die Beklagte vor, um eine Veröffentlichung seiner Inhalte durchzusetzen. Ihm drohten keinerlei Nachteile, weshalb er auch nicht schutzwürdig sei.

Für den Kläger sei auch vorhersehbar gewesen, dass die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Posts die Beklagte zur Durchsetzung der Bestimmungen und Richtlinien berechtigen würde. Dies folge ausdrücklich aus den Gemeinschaftsstandards. Gewalttätige Sprache gemäß Schweregrad 1 der Bestimmungen der Beklagten zu TEIL III Ziffer 12 liege bereits dann vor, wenn Inhalte, mit denen geschützte Personen oder Personengruppen angesprochen würden, Gewalt schürten oder wenn hinreichend deutlich werde, dass hierdurch Gewalt gefördert werden könnte. Aus Sicht eines Durchschnittslesers sei der streitgegenständliche Post nur so auszulegen, dass dieser sich auf ein mit Flüchtlingen bemanntes Schiff beziehe. Damit habe der Kläger eine Personengruppe auf Grundlage geschützter Eigenschaften (hier ihrem Einwanderungsstatus) angegriffen und ihr allein aufgrund ihres Einwanderungsstatus implizit das Recht auf Leben abgesprochen. Bei Durchsetzung eines solchen Aufrufs seien Flüchtlinge exzessiver Gewalt ausgesetzt. Zudem verstoße der streitgegenständliche Post gegen das in den Gemeinschaftsstandards enthaltene Verbot betreffend die Veröffentlichung glaubhafter Gewaltabsichten und Aufrufe zum koordinierten Zufügen von Schaden. Hierunter seien glaubhafte Absichtserklärungen, Gewalt gegen eine Person, Personengruppe oder einen Ort auszuüben, zu verstehen. Die Bestimmungen zum koordinierten Zufügen von Gewalt verböten außerdem Handlungsaufrufe zu Vandalismus/Sachbeschädigung. Mit seinem Aufruf zur Versenkung eines Schiffes habe der Kläger zugleich die vorsätzliche Zerstörung fremden Eigentums befürwortet und dabei in Kauf genommen, dass die Flüchtlingspassagiere an Bord ums Leben kämen. Der Post des Klägers hätte deshalb selbst dann rechtmäßig entfernt werden können, wenn der Post tatsächlich ausschließlich zur Versenkung unbemannter Schiffe aufgerufen hätte. Der vertragswidrige Post sei auch geeignet gewesen, bei anderen Nutzern Unsicherheit und Unbehagen hervorzurufen, da er eine feindliche Atmosphäre schaffe.

Dem Kläger stünden keine Ansprüche auf Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. Kosten und Gebühren für die Sicherung von Deckungszusagen könnten nur erstattet werden, wenn die Einschaltung eines Rechtsanwalts notwendig und erforderlich sei. Dies sei von der Beklagten bestritten, vom Kläger jedoch weder konkretisiert, noch bewiesen worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 11.12.2019 - Az. 9 O 4199/18 - aufzuheben, soweit sie verurteilt worden ist, und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,

und

auf seine eigene Berufung hin - unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils, soweit mit diesem seine Klage abgewiesen worden ist - die Beklagte, wie von ihm erstinstanzlich beantragt, zu verurteilen:

1. Es wird festgestellt, dass die am 3.6.2018 vorgenommene Sperrung des Profils des Klägers (https://facebook.com/p.l.75470) auf www.facebook.com rechtswidrig war.

2. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, den Kläger für das Einstellen des nachfolgend genannten Textes auf www.facebook.com erneut zu sperren oder den Beitrag zu löschen, wenn sich dieser auf einen Bericht über die bisweilen als Seenotrettung verharmloste Schlepperei auf dem Mittelmeer bezieht. Für den Fall der Zuwiderhandlung wird ihr Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft angedroht, Ordnungshaft zu vollziehen an den Vorständen:

"Den Schrott versenken, das ist ein illegales Schlepperschiff."

3. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob die Sperre durch ein beauftragtes Unternehmen erfolgt, und in letzterem Fall, durch welches.

4. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, ob sie konkrete oder abstrakte Weisungen, Hinweise, Ratschläge oder sonst irgendwelche Vorschläge von der Bundesregierung oder nachgeordneten Dienststellen hinsichtlich der Löschung von Beiträgen und/oder der Sperrung von Nutzern erhalten hat, und ggf. welche.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe von 1.500,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.6.2018 zu zahlen.

6. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von Rechtsanwaltskosten

a) für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 339,57 € und

b) für die Einholung einer Deckungszusage für die außergerichtliche Tätigkeit in Höhe von 201,71 € und

c) für die Einholung einer Deckungszusage für die Klage in Höhe von 729,23 €

durch Zahlung an die Kanzlei R. freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit es der Klage stattgegeben hat, und führt in Erwiderung auf die Berufung der Beklagten im Wesentlichen aus:

Das Landgericht habe zutreffend den streitgegenständlichen Post des Klägers als von der Meinungsfreiheit gedeckte zulässige Meinungsäußerung angesehen und einen Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards verneint. Die Beklagte verkenne die sich aus ihrer überragenden Marktmacht ergebende Grundrechtsbindung. Unter Berufung auf die obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. OLG München, Beschluss vom 24.8.2018 - 18 W 1294/18; Urteil vom 7.1.2020 - 18 U 1491/19 Pre; KG Berlin, Beschluss vom 22.3.2019 - 10 W 172/18 zur Video Plattform You-Tube) dürfe die Beklagte, deren vertragliche Hauptleistungspflicht in der Bereitstellung einer Plattform zur Meinungsäußerung liege, Meinungsäußerungen nicht von vornherein untersagen. Insbesondere könne die Beklagte nicht nach rein subjektiver Einschätzung und eigenem Ermessen Kommentare und Beiträge löschen sowie Nutzer wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen die Gemeinschaftsstandards sperren, wenn bei objektiver Beurteilung die Grenzen zulässiger Meinungsäußerung nicht überschritten seien. Die Nutzungsbedingungen stellten lediglich eine Auslegungshilfe dar, ohne über die Reichweite von Art. 5 Abs. 1 GG disponieren zu können. Aufgrund ihrer marktbeherrschenden Stellung im Bundesgebiet sei ein vorübergehender Ausschluss durch die Beklagte von der Möglichkeit, sich über dieses Netzwerk mitzuteilen, für eine Privatperson in seinen Auswirkungen gleichzusetzen mit dem Verlust des Internetzugangs bzw. des Telefonanschlusses mit erheblicher substantieller Einschränkung in der Lebensführung. Eröffneten Private ein öffentliches Forum, müssten sich diese nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.7.2015 - 1 BvQ 25/15) grundsätzlich auch so behandeln lassen, wie dies bei staatlichen Stellen der Fall sei. Eine übermäßige Benachteiligung der Betreiber sozialer Netzwerke sei damit nicht verbunden, zumal sie gem. § 3 NetzDG rechtswidrige, mithin strafbare Inhalte, entfernen müssten.

Die Beklagte verkenne, dass ihre vertragliche Hauptleistungspflicht gerade in der Ermöglichung der Meinungsäußerung bestehe. Im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Nutzungsvertrages stelle die Vorschrift des § 241 Abs. 2 BGB jene konkretisierungsbedürftige Generalklausel dar, bei deren Auslegung dem Grundrecht des Nutzers auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) Rechnung zu tragen sei. Zwar finde das Grundrecht der Meinungsfreiheit seine Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. Weitere Schranken ergäben sich aus kollidierendem Verfassungsrecht, zu dem auch die über § 241 Abs. 2 BGB zu beachtende mittelbare Drittwirkung der Grundrechte jener von den Äußerungen betroffenen Personen sowie der Beklagten selbst zählten. So müsse, wenn die Äußerung nicht bereits gegen ein allgemeines Gesetz verstoße, regelmäßig eine Abwägung erfolgen, bei der die kollidierenden Grundrechtspositionen des Nutzers und der Beklagten nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz zum Ausgleich gebracht werden müssten. Mit diesem Grundsatz wäre es jedoch unvereinbar, wenn die Beklagte den Beitrag eines Nutzers nach ihrer subjektiven Wertung auch dann löschen dürfte, wenn dieser bei objektiver Beurteilung die Grenzen zulässiger Meinungsäußerung nicht überschreite. Dies stehe der Annahme eines virtuellen Hausrechts entgegen (unter Berufung auf OLG München, Urteil vom 7.1.2020 - 18 U 1491/19; OLG Oldenburg, Urteil vom 27.1.2020 - 13 U 128/19; LG Offenburg, Urteil vom 21.3.2019 - 2 O 329/18; LG Oldenburg, Urteil vom 20.5.2019 - 5 O 2486/18). Im Ergebnis zutreffend habe das Landgericht ferner die Vereinbarkeit der Gemeinschaftsstandards alter und neuer Version mit den geltenden AGB-Regelungen dahinstehen lassen.

Die neuen Gemeinschaftsstandards würden im Übrigen keine Anwendung finden. Die insoweit anwendbare Regelung zu Ziffer 5.2 der alten Gemeinschaftsstandards sei unwirksam (abermals unter Berufung auf OLG München, Beschluss vom 17.7.2018 - 18 W 858/18; Urteil vom 7.1.2020 - 18 U 1491/19). Soweit die Beklagte weiterhin die Löschung des Posts und die Nutzersperre mit einem Verstoß gegen die neuen Gemeinschaftsstandards begründe, verkenne sie, dass die Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) im Frühjahr 2018 nicht wirksam erfolgt sei. Insoweit liege ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vor. Die Änderungsklausel zu Ziffer 13 der alten Nutzungsbedingungen i.V.m. Ziffer 3 der alten Sonderbedingungen für Deutschland stelle eine unangemessene Benachteiligung der Nutzer dar und unterliege dem Verbot der Nummer 1 lit j) des Anhangs zu Art. 3 Abs. 3 der RL 93/13/EWG. Zur Frage, wann ein tragfähiger Grund zur Änderung der AGB vorliege, könne an den Begriff der Zumutbarkeit einer einseitigen Leistungsminderung für den Kunden nach § 308 Nr. 4 BGB angeknüpft werden. Die Änderungsklausel der alten Nutzungsbedingungen nenne hierfür lediglich den Fall, dass die Bestimmungen "nicht mehr passen" würden oder "unvollständig" seien. Für den Nutzer sei nicht ersichtlich, ob und unter welchen Umständen die Bestimmungen nicht mehr passen oder unvollständig sein sollen. Ein Verstoß gegen § 308 Nr. 5 BGB sei trotz der dem Nutzer eingeräumten Möglichkeit, die Fiktionswirkung der Zustimmung zu den geänderten Bedingungen durch Nichtfortsetzung der Nutzung der Dienste auszuschalten, darin zu sehen, dass es dem Kunden nur gestattet sei, entweder die vom Verwender vorgeschlagene Änderung zu akzeptieren oder den Vertrag zu kündigen, nicht aber, der Vertragsänderung zu widersprechen und die Fortsetzung des Vertrages zu unveränderten Bedingungen zu verlangen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Beklagten nach ihren eigenen Bestimmungen schon kein ordentliches Kündigungsrecht zustehe. Ihr stehe überhaupt nur ein außerordentliches Kündigungsrecht zu, welches nur nach erfolglosem Ablauf einer gewährten Abhilfefrist oder nach einer erfolgten Abmahnung zulässig wäre. In diesem Fall sähen die Nutzungsbedingungen eine Interessenabwägung unter Abwägung beiderseitiger Interessen vor. Auslegungszweifel gingen gem. § 305 c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders, weshalb einer Kündigung des Nutzungsvertrages durch die Beklagte in aller Regel eine Abmahnung vorauszugehen habe. Mithin liege ferner ein Verstoß gegen § 308 Nr. 5 BGB vor, der zur Nichtigkeit der Erklärungsfiktion führe.

Darüber hinaus seien die Nutzer weder über die Gründe der Änderung informiert noch sei ihnen Gelegenheit gegeben worden, sich innerhalb einer angemessenen Frist zu entscheiden. Insgesamt könne sich die Beklagte deshalb nicht auf die im Laufe des Jahres 2018 veröffentlichten Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards mit Stand vom 19.4.2018, insbesondere nicht auf die Klausel zur Sperre wegen "Hassrede", berufen.

Die Beklagte verkenne weiterhin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Gerichte bei Äußerungen die jeweils günstigere Verständnisalternative zu Grunde legen müssten. Die Meinungsfreiheit schütze nicht nur sachlich differenzierte Äußerungen; gerade Kritik dürfe pointiert, polemisch, überspitzt oder auch verletzend erfolgen, selbst wenn eine solche Zuspitzung für die Äußerung sachlicher Kritik nicht erforderlich sei. Die Beklagte habe durch ihre Sperrung in die Meinungsfreiheit des Klägers eingegriffen und ihm die Möglichkeit genommen, seine Meinung auf der Plattform der Beklagten weiter kundzutun und sich an den dortigen Diskussionen zu beteiligen. Überhaupt könnten nur Sachverhalte für eine Sperrung in Betracht kommen, die zugleich auch Straftatbestände erfüllten. Die Durchsetzung eines politisch korrekten Welt- oder Menschenbildes könne der Beklagten nicht gelingen. Vielmehr unterfalle auch scharf formulierte Kritik hinsichtlich gesellschaftlicher Entwicklungen und weitverbreiteter Positionen der Meinungsfreiheit. Bei der Erfassung des Sinngehalts einer Äußerung sei nicht nur vom Wortlaut der jeweiligen Äußerung selbst auszugehen, vielmehr seien der Sprachkontext sowie Begleitumstände mit zu berücksichtigen. Bei Äußerungen, die mehrere Deutungen zuließen, dürfe nicht auf die Unzulässigkeit einer Äußerung abgestellt werden, ohne zuvor die Alternativen mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen zu haben (unter Berufung auf BVerfG, Beschluss vom 13. 2. 1996 - 1 BvR 262/91). Demnach müssten in einem ersten Schritt alle Auslegungsvarianten, die nicht gegen die Gemeinschaftsstandards verstießen, von vornherein sicher ausgeschlossen werden. Im nächsten Schritt sei zwingend eine Abwägung widerstreitender Interessen im konkreten Fall vorzunehmen, wobei eine Abwägungsentscheidung zwischen Meinungsfreiheit und allgemeinem Persönlichkeitsrecht zu treffen sei. Die vom Bundesverfassungsgericht zur Auslegung hierzu aufgestellten Grundsätze seien auch bei der Auslegung der Gemeinschaftsstandards der Beklagten anzuwenden. Im Ergebnis sei der Beitrag des Klägers - wenn überhaupt - als reißerische, aber im Meinungskampf zulässige Zuspitzung der Meinungsäußerung anzusehen, wobei sich dieser ausschließlich auf eine Sache beziehe und gerade nicht auf Menschen und schon gar nicht auf eine Tötung von Menschen. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten habe das Landgericht die vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 22.5.2019 - 1 BvQ 42/19 - getroffenen Feststellungen keineswegs fehlerhaft auf den vorliegenden Fall übertragen. Dies sei im Übrigen vollkommen unerheblich. Denn vorliegend komme es allein auf die Marktmacht der Beklagten sowie die Ausrichtung des Angebots der Meinungsplattform an, woraus entsprechende Schlüsse für eine zutreffende, rechtliche Beurteilung des hiesigen Lösch- und Sperrverhaltens gezogen werden müssten. In der Formulierung "den Schrott versenken ..." sei auch keine gewalttätige Sprache zu sehen. Sämtliche Gewaltbegriffe seien auf Handlungen und Einwirkungen auf Menschen ausgerichtet. Hier gehe es jedoch lediglich um die Zerstörung einer Sache, nämlich die vollständige Brauchbarkeitsaufhebung durch Versenkung. Der Verwendungszweck des Schiffes habe den Kläger dazu veranlasst, die Meinung zu vertreten, dass solche Schiffe (ohne Besetzung und Passagiere) versenkt werden sollten, damit diese zu solchen Zwecken nicht mehr eingesetzt werden könnten. Eine andere Zielrichtung habe sein Beitrag für einen Durchschnittsleser nicht. Deshalb scheide auch ein Verstoß gegen das Verbot betreffend die Veröffentlichung glaubhafter Gewaltabsichten und Aufrufe zum koordinierten Zufügen von Schäden aus. Es liege lediglich und für jeden durchschnittlich verständigen Leser erkennbar eine scharfe und zugespitzte Positionierung im Hinblick auf die Thematik "Schlepperei im Mittelmeer" vor, wozu der Kläger diesbezüglich in scharfer, jedoch zulässiger Weise eine ablehnende Haltung einnehme.

Zur Begründung seiner Berufung, mit welcher der Kläger die vom Landgericht abgewiesenen Klageanträge weiterverfolgt, führt er im Wesentlichen aus:

Das Landgericht habe die Marktbedeutung - ähnlich einer Monopolstellung der Post- und Telekommunikationsdienstleistung in der Daseinsvorsorge - der Beklagten verkannt und die vertraglichen Hauptleistungspflichten der Parteien nicht ausreichend gewürdigt. Infolgedessen habe das Landgericht rechtfehlerhaft eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers verneint und keinen Schadensersatz-/Entschädigungsanspruch zuerkannt.

Im Einzelnen:

Feststellungsantrag

Der Feststellungsantrag ziele in abgekürzter Form darauf ab, festzustellen, dass der Beklagten kein Recht zugestanden habe, dem Kläger den Zugang zum Netz zu untersagen und nicht gegen das Strafgesetz verstoßende Beiträge zu löschen. Bei vernünftiger und im wohlverstandenen Interesse des Klägers vorzunehmender Auslegung des Feststellungsantrages stehe deshalb das Bestehen bzw. Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO in Rede. Das Feststellungsinteresse des Klägers sei vorliegend darin begründet, dass die Beklagte sich weiterhin eines Rechts auf Sperre und Löschung berühmen könne. Trotz der in der Vergangenheit zurückliegenden Sperrung habe der Kläger insoweit ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, als es ihm um die Beseitigung möglicher Einschränkungen seiner zukünftigen Facebook-Teilnahme gehe. Die Beklagte unterstelle dem Kläger strafbare Handlungen im Sinne des § 130 StGB durch unberechtigte Hassreden, dies wiederum verletze den Kläger in seiner Ehre. Letztlich sei das Feststellungsinteresse darin begründet, vorbeugend der Gefahr einer Intensivierung der Sanktionen bei neuen, von der Beklagten behaupteten Verstößen zu begegnen. Es bestehe die Gefahr, dass die erfolgte Sperre und die bei der Beklagten gespeicherten Verstöße Auswirkungen auf die Länge und Dauer künftiger Sperren bzw. das Ausmaß der Sanktion vermeintlich weiterer Verstöße gegen die geltenden Gemeinschaftsstandards habe.

Dem Feststellungsantrag sei auch nicht der Vorrang einer Unterlassungs- bzw. Wiederherstellungsklage entgegenzuhalten. Die Rechtsschutzziele unterschieden sich grundlegend. Während sich ein Unterlassungs-/Wiederherstellungsantrag ausschließlich auf den streitgegenständlichen Beitrag beziehe, ziele der Feststellungsantrag auch auf andere Beiträge und vielmehr auf künftige Sanktionen der Beklagten bei vermeintlichen Verstößen ab. Letztlich verfolge der Kläger mit dem Feststellungsantrag seine Rehabilitierung und seinen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz; die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Fortsetzungsfeststellungsklage seien dabei heranzuziehen. Die gesellschaftliche Stellung des Klägers sei durch die Sperre und Löschung fühlbar beeinträchtigt und habe diskriminierende Nachwirkungen.

Unterlassungsantrag

Dem Kläger stehe auch aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Nutzungsvertrag über § 241 Abs. 2 BGB i. V. m. § 1004 Abs. 1 BGB analog ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Verhängung einer Sperre für das Einstellen der Texte sowie der Entfernung von entsprechenden Beiträgen zu, soweit diese keinen Straftatbestand erfüllten. Es bestehe die Besorgnis weiterer Beeinträchtigungen, weil davon auszugehen sei, dass die Beklagte sich ihrer Leistung entziehen könne und sich weiterhin auf ihre Löschungsberechtigung aufgrund der aktuellen Gemeinschaftsstandards berufe. Die Löschung des Beitrages und Sperrung des klägerischen Benutzerkontos begründe die tatsächliche Vermutung der zukünftigen Wiederholung.

Das Unterlassungsbegehren sei auch hinreichend bestimmt. Dabei sei unerheblich, ob die Unterlassung auch mögliche andere Kontexte erfassen könne. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass ein Schiff wie das private Rettungsschiff "Aquarius", welches sich zum Ziel setze, Einwanderer, die sich zum Teil freiwillig auf eine Überfahrt einließen, zu retten und in Sicherheit zu bringen, nur als Unterstützung von Schlepperei und illegaler Einwanderung und nicht "verharmlosend" als Seenotrettung anzusehen sei.

Auskunftsanträge

Dem Kläger stünden die geltend gemachten Auskunftsansprüche bezüglich externer Dienstleister bzw. bezüglich der Bundesregierung aus § 242 BGB, jedenfalls aber aus unerlaubter Handlung, zu. Die Beklagte dürfe nach § 14 Abs. 3 TMG Auskunft über Bestandsdaten erteilen, soweit dies zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte aufgrund rechtswidriger Inhalte erforderlich sei. Nichts Anderes würde umgekehrt in analoger Anwendung gelten, wenn der Kläger wegen rechtswidriger Inhalte nach § 1 Abs. 3 Netz DG zu Unrecht beschuldigt werde. Die Beklagte bediene sich eines von ihr beauftragten Unternehmens bei der Löschung und Sperrung, die auf Weisungen der Bundesregierung zurückgingen. Der Kläger sei in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden. Die Löschung der zulässigen Meinungsäußerung des Klägers auf Grundlage der Nutzungsbedingungen sei zudem sittenwidrig gemäß § 138 Abs. 1 BGB. Das im Tatbestandsmerkmal der "guten Sitten" verkörperte sozialethische Minimum lasse sich in der Anwendung des § 826 BGB dahingehend konkretisieren, dass hierdurch berechtigte Verhaltenserwartungen vor vorsätzlichen Schädigungen geschützt werden sollten. Die Beklagte sei auch unschwer in der Lage, die begehrte Auskunft zu erteilen. Dem Auskunftsanspruch stünden keine Geheimhaltungsinteressen der Beklagten entgegen. Wäre die Sperre und/oder Löschung zudem auf staatliche Intervention (insbesondere nach dem NetzDG) zurückzuführen, könnte der Kläger seine Betroffenheit im Vorgehen gegen das seiner Ansicht nach verfassungs- und europarechtswidrige NetzDG nur nach Erteilung der begehrten Auskunft darlegen.

Schadensersatzantrag

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ergebe sich aus der Vertragsverletzung der Beklagten gemäß §§ 280, 249 BGB. Dem Kläger stehe ein Geldentschädigungsanspruch gem. § 253 BGB wegen schwerwiegender Verletzung seines Persönlichkeitsrechts zu, weil er für 30 Tage in den "nur-lese-Modus" versetzt worden sei. Weiterhin stehe dem Kläger Schadensersatz als fiktive Lizenzgebühr zu. Während der Nutzer keinerlei Zugriff auf die Plattform bzw. sein Nutzerkonto habe, habe die Beklagte die von ihm bereitgestellten Inhalte weiterhin für Werbezwecke genutzt. Dies stelle eine nicht genehmigte kommerzielle Verwertung der persönlichen Inhalte des Nutzers dar, der die Zahlung eines Schadensersatzes als fiktive Lizenzgebühr rechtfertige.

Die Höhe der angemessenen Lizenzgebühr könne gemäß § 287 Abs. 1 Satz 2 BGB geschätzt werden. Hierbei sei auf den Datenwert des Nutzers abzustellen. Weiterhin stehe dem Kläger ein Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 Abs. 2 Satz 1 DS-GVO zu. Die vom Nutzer erteilte Einwilligung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 a DS-GVO in die Datenverarbeitung erfolge auf Grundlage der Nutzungsbedingungen, mithin nur unter der Bedingung, dass die Beklagte ihrerseits ihre vertraglichen Verpflichtungen erfülle. Da die Beklagte während der unberechtigten Sperre ihrerseits keine Leistungen erbringe, sei die Einwilligung während dieser Zeit nicht gegeben.

Au vorgenannten Gründen stehe dem Kläger Schadensersatz wegen entstandener materieller und immaterieller Schäden zu. Bei der Bemessung der Schadenshöhe sei jeder Tag der Sperre mit 50,00 € zu bewerten. Hierbei seien insbesondere die Genugtuungsfunktion für den Kläger und der Präventionsgedanke zu berücksichtigen, andernfalls blieben Angriffe auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht sanktionslos; von der Höhe der Geldentschädigung müsse ein echter Hemmungseffekt ausgehen.

Kostenerstattungsanträge

Der Kläger sei hinsichtlich der geltend gemachten Kostenerstattungsansprüche aktivlegitimiert. Insbesondere bestehe ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der Kosten für die Einholung einer Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung, da es sich um eine eigenständige Angelegenheit handele. Die Notwendigkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts für die Einholung der Deckungszusage ergebe sich aus der Neuheit des Themas, zu dem bis heute keinerlei höchstrichterliche Rechtsprechung existiere.

Der Kläger ist zudem der Meinung, dass die Revision uneingeschränkt zuzulassen sei, da es sich bei der marktbeherrschenden Stellung der Beklagten im Bereich der Meinungsäußerung Privater um eine neue Erscheinung handele. Inwieweit die Bedeutung der Plattform der Beklagten zu den aufgeworfenen Rechtsfragen jeweils zu anderen oder identischen Antworten führe, müsse höchstrichterlich geklärt werden.

Die Beklagte führt in Erwiderung auf die Berufung des Klägers im Wesentlichen aus:

Feststellungsantrag

Der Feststellungsantrag sei bereits unzulässig, weil es an einem Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO fehle. Der Kläger begehre allein die Klärung der abstrakten Rechtsfrage, ob eine zeitweilige Sperrung seines Nutzerkontos für gewisse Funktionen rechtswidrig gewesen sei.

Unterlassungsantrag

Der auf Unterlassung gerichtete Antrag sei ebenfalls bereits unzulässig, da er nicht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genüge. Darüber hinaus sei er auch unbegründet. Die Bewertung einer Äußerung, die stets eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen unter Berücksichtigung des konkreten Kontextes voraussetze, könne erst beurteilt werden, wenn die Äußerung tatsächlich auf der Plattform der Beklagten veröffentlicht werde. Im Übrigen bestehe keine Wiederholungsgefahr. Es könne nicht angenommen werden, dass sich der Kläger erneut zur Veröffentlichung des streitbefangenen Posts veranlasst sehe. Der Kläger habe hierzu nicht vorgetragen.

Auskunftsanträge

Der Kläger habe weder dargelegt noch bewiesen, dass er irgendein Interesse daran habe, Ansprüche gegen Dritte, die angeblich an der Sperrung seines Nutzerkontos und der Entfernung des streitgegenständlichen Posts beteiligt gewesen seien, geltend zu machen. Insoweit habe das Landgericht zutreffend ein sich allenfalls aus § 242 BGB ergebendes Interesse verneint.

Schadensersatzantrag

Der auf Zahlung von Schadensersatz gerichtete Antrag sei gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bereits unzulässig. Der Kläger stütze den geltend gemachten Anspruch auf drei unterschiedliche Lebenssachverhalte. Dies sei als unzulässige Klagehäufung zu qualifizieren. Im Übrigen seien die Anträge unbegründet. Der Kläger habe keine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung dargelegt. Selbiges gelte, soweit der Kläger behaupte, ihm sei ein geldwerter Schaden entstanden. Die Sperrung des Benutzerkontos stelle eine allenfalls geringfügige Einschränkung dar und könne keineswegs die Annahme einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers rechtfertigen. Dem Kläger stehe gem. Ziffer 3.3. der Nutzungsbedingungen auch keine fiktive Lizenzgebühr zu. Dies gelte auch während der Sperre für den Kläger, der zudem keinen Schaden erlitten habe. Der Vertrag über die Nutzung des Facebook-Dienstes sei entgeltfrei. Tatsächlich habe die vorübergehende Funktionssperre den Zugang des Klägers zu seinem Konto im Übrigen nicht eingeschränkt. So sei er immer noch in der Lage gewesen, Inhalte zu sehen und wesentliche Funktionen des Facebook-Dienstes zu nutzen. Dies sei im Ergebnis jedoch unerheblich, da der Kläger selbst nie seine Zustimmung zur Nutzung seiner Daten begrenzt habe.

Ein Schadensersatzanspruch folge auch nicht aus Art. 82 Abs. 1 DS- GVO. Eine Beeinträchtigung der personenbezogenen Daten des Klägers habe nicht vorgelegen. Diese seien für ihn weiterhin verfügbar und abrufbar gewesen. Der Kläger habe zudem weder dargetan noch bewiesen, dass seine personenbezogenen Daten unzulässig benutzt, zerstört oder während der Sperre beschränkt worden seien. Die Sperrung seines Posts und die Funktionsbeeinträchtigung des klägerischen Accounts stellten keinen Verstoß gegen die zwingenden Vorgaben der DS-GVO dar. Selbst eine Beeinträchtigung seiner persönlichen Daten als wahr unterstellt, wäre diese ausschließlich durch eine Verletzung der vertraglichen Verpflichtung des Klägers verursacht worden. Überdies stelle die bloße Sperrung seiner Daten - ebenso wie ein Datenverlust - für sich genommen noch keinen Schaden dar. Art. 82 DS- GVO sei nicht dahingehend auszulegen, dass ein Schadensersatzanspruch bereits bei jeglicher individuell empfundener Unannehmlichkeit oder bei Bagatellverstößen ohne ernsthafte Beeinträchtigung des Selbstbildes oder Ansehen einer Person begründet sei. Die Forderung des Klägers auf Schadensersatz falle deshalb nicht in den Anwendungsbereich von Art. 82 DSGV. Dessen Schutzzweck sei die Integrität persönlicher Daten und nicht die Sanktionierung unerlaubter Handlungen nach bürgerlichem Recht.

Zur Erwiderung des Klägers auf die Berufung der Beklagten trägt die Beklagte weiterhin vor:

Als Betreiberin einer Kommunikationsplattform im Rahmen der ihr zustehenden Eigentumsrechte könne die Beklagte den Umfang der Nutzung der Dienste allgemein vorgeben, um in Abwägung der widerstreitenden Interessen der Nutzer und ihrer eigenen Belange auf ihrer Plattform eine zivilisierte Kommunikationskultur zu schaffen. Aus diesem Grunde stelle die Beklagte eine Plattform zur Verfügung, auf der nur bei Beachtung bestimmter Regeln, die sich aus den Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards ergäben, Meinungsäußerungen erfolgen könnten. Unter Berufung auf obergerichtliche Rechtsprechung (OLG Dresden, Beschluss vom 11.12.2019 - 4 U 1680/19; OLG Schleswig, Urteil vom 26.2.2020 - 9 U 125/19; OLG Bamberg, Beschluss vom 6.2.2020 - 8 U 246/19) folge dies in zulässiger Weise aus Ziffer 3.2 der geltenden neuen Nutzungsbedingungen.

Unzutreffend sei darüber hinaus die Ansicht des Klägers, dass die erfolgten Änderungen der Bestimmungen und Richtlinien im April 2018 unwirksam seien. Der Kläger sei - unstreitig - über die Änderungen der Bestimmungen und Richtlinien zum 19.4.2018 informiert worden. Auch sei ihm die Möglichkeit eingeräumt worden, diese zu prüfen, und ihm die Konsequenzen einer Nichtannahme mitgeteilt worden. Der Kläger habe den Nutzungsbestimmungen, insbesondere den Gemeinschaftsstandards, auf welche die Nutzungsbedingungen verweisen und die im April 2018 wirksam wurden, ausdrücklich am 24.4.2018 zugestimmt. Bereits aufgrund dieser einvernehmlichen Vertragsänderungen sei die Änderung der Nutzungsbedingungen und der Gemeinschaftsstandards wirksam erfolgt. Schon deshalb seien weder § 308 Nr. 5 BGB noch die Richtlinie EG 93/13/EWG überhaupt anwendbar, da die Regelungen allein einseitige Änderungen beträfen. Die neuen Gemeinschaftsstandards seien auch hinreichend transparent. Die Definition von Hassreden sei hinreichend verständlich, konkret formuliert und nicht mehrdeutig, weshalb weder ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB noch gegen § 305 c Abs. 1 BGB vorliege. Entgegen der klägerischen Auffassung sei die Beklagte mitnichten gehalten, einen Post, der Gewalt oder Beschädigung befürworte oder dazu aufrufe, vor einer Entfernung zunächst umfassend auf seine Ernsthaftigkeit hin zu überprüfen. Eine solche Beurteilung wäre nicht nur nicht durchführbar und unpraktikabel. Die einschlägigen vertraglichen Verbote zielten nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck darauf ab, Schaden in der realen Welt zu vermeiden. Eine Beschränkung würde zu dem fernliegenden Ergebnis führen, dass kein praktischer Anwendungsbereich für die vertraglichen Verbote von Gewalt und Anstiftung sowie des koordinierten Zufügens von Schaden mehr verbliebe. Im Übrigen begründe bereits eine mögliche Interpretation bei mehrdeutigen Aussagen das Recht zur Entfernung (unter Berufung auf OLG Nürnberg, Urteil vom 4.8.2020 - 3 U 4039/19 und 3 U 3641/19).

Nach Auffassung der Beklagten sei die Revision nicht zuzulassen. Die Sache habe weder in rechtlicher noch tatsächlicher Hinsicht grundlegende Bedeutung. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Sache eine Rechtsfrage aufwürfe, die sich in einer unbestimmten Zahl von weiteren Streitigkeiten stellen könnte und daher der Klärung bedürfte. Der vorliegende Fall befasse sich jedoch mit sehr konkreten Umständen. Unabhängig von der Frage der konkreten Anwendung der Bedingungen der Beklagten habe der vorliegende Rechtsstreit keinerlei Bedeutung im Hinblick auf andere Fälle. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs würde zu keiner Klärung oder Vereinheitlichung der Rechtsprechung führen können, da in anderen Fällen jeweils eine angemessene Abwägung vorzunehmen wäre, die nicht nur den konkreten Inhalt des jeweiligen Posts, sondern auch den Kontext, in dem dieser veröffentlicht werde, mitberücksichtigen müsste. Schließlich sei das Recht der Beklagten, vertragliche Regeln und Richtlinien fest- und durchzusetzen, im Interesse einer zivilisierten Kommunikationsweise und von der obergerichtlichen Rechtsprechung bislang nirgends in Frage gestellt worden.

Zur Erwiderung der Beklagten auf die Berufung des Klägers trägt der Kläger ergänzend vor, er habe nicht damit rechnen müssen, von Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen über Pop-Ups oder bildschirmausfüllende Benachrichtigungen in einer App informiert zu werden. Es sei allgemein anerkannt, dass der durchschnittliche Internetnutzer Pop-Up Fenster auch unter Abgabe einer Zustimmungserklärung "wegklicke". Es mangele insoweit an einem entsprechenden Rechtsbindungswillen. Es existierten zahlreiche Berichte, die sich mit der Frage beschäftigten, ob es sich bei der Seenotrettung letztlich nur um Schlepperei handele, die illegale Einwanderung fördere, und wie man damit umgehen solle. Eine Meinung dazu, wie man damit - u.a. ggf. mit Vernichtung - umgehen solle, müsse erlaubt sein, weshalb die Äußerung des Klägers hierzu von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbezeichneten Berufungsbegründungen und Erwiderungen mit Schriftsätzen des Klägers vom 22.3.2020, 6.4.2020 und 26.7.2020 und der Beklagten vom 27.3.2020, 29.6.2020 und 3.12.2020 nebst Anlagen, insbesondere jene Anlagen zu den alten und neuen Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards der Kläger- und Beklagtenseite (K1, K3, K21 bis K23, B10, B11, B38 bis B40), der Beklagten zum Screenshot über eine Pop- up Nachricht (B36) und Zustimmungshistorie betreffend den Kläger (B37) sowie das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.12.2020 Bezug genommen.

B.

I.

Die selbstständig eingelegten gem. § 517 ZPO statthaften sowie gem. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegten Berufungen gegen das landgerichtliche Urteil sind zulässig.

Ausgehend davon, dass sich der Beschwerdegegenstand und die Bemessung des jeweiligen Beschwerdewerts nach dem Betrag bemisst, um den der Berufungsführer durch das erstinstanzliche Urteil in seinem Recht verkürzt zu sein behauptet und in dessen Höhe er mit seinem Berufungsantrag Abänderung des Urteils beantragt, bemisst der Senat den Beschwerdewert für die Berufung der Beklagten - wie auch den insoweit von Amts wegen neu festzusetzenden erstinstanzlichen Streitwert hinsichtlich des geltend gemachten Wiedereinstellungsanspruchs bezüglich des klägerischen Posts - mit 1.000,00 € und damit oberhalb der Erwachsenheitssumme des § 511 Abs.2 Nr. 1 ZPO.

Selbst bei einer Bemessung des Beschwerdewerts unterhalb der Erwachsenheitssumme des § 511 Abs.2 Nr. 1 ZPO wäre die Berufung der Beklagten aber zuzulassen (vgl. zum erstinstanzlichen Streitwert mit 500,00 € hinsichtlich eines einzelnen Post in vergleichbaren Fällen: OLG Frankfurt, Beschluss vom 7.9.2018 -16 W 38/18; OLG Braunschweig, Beschluss vom 25.6.2019 - 8 W 14/19; OLG Braunschweig, Urteil vom 5.3.2020 - 8 U 34/19). Zwar hat das Landgericht als Gericht des ersten Rechtzuges nicht ausdrücklich die Berufung der Beklagten gegen das Urteil gem. § 511 Abs.2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO zugelassen. Insoweit verkennt der Senat nicht, dass die Entscheidung über die Zulassung der Berufung gem. § 511 Abs. 4 ZPO grundsätzlich dem Gericht des ersten Rechtszuges mit bindender Wirkung für das Berufungsgericht vorbehalten ist. Sofern keine Partei die Zulassung beantragt, ist eine ausdrückliche Entscheidung des Erstgerichts entbehrlich, so dass ein Schweigen im Urteil regelmäßig die Nichtzulassung der Berufung zur Folge hat. Das Berufungsgericht ist an die Zulassung ebenso wie an die Nichtzulassung gebunden; eine Überprüfung durch das Berufungsgericht findet grundsätzlich nicht statt. Dies gilt selbst dann, wenn nach Ansicht des Berufungsgerichts die Voraussetzungen für eine Zulassung nicht vorliegen oder zu Unrecht verneint wurden (vgl. Heßler in Zöller, ZPO Kommentar, 33. Aufl., § 511 Rn. 41 m.w.N.; BGH, Urteil vom 10.2.2011 - III ZR 338/09, NJW 2011, 926, Rn. 15 m.w.N.).

Bei einem Beschwerdewert unterhalb der Erwachsenheitssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wäre dennoch die Berufung deshalb zuzulassen, weil das Landgericht den geltend gemachten Wiedereinstellungsanspruch hinsichtlich des klägerischen Posts selbst mit 5.000,00 € bemessenen und deshalb offenkundig keinen Anlass für eine Zulassungsentscheidung gesehen hat und die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gem. § 511 Abs. 4 Nr. 1 ZPO vorliegen:

Anerkannt ist die Befugnis des Berufungsgerichts zur Entscheidung über die Frage der Berufungszulassung in jenen Fällen, in denen das Erstgericht deshalb keinen Anlass zur Zulassung sah, weil es - im Widerspruch zum Berufungsgericht - tatsächlich einen höheren Beschwerdewert annimmt (vgl. Heßler in Zöller, ZPO Kommentar, 33. Aufl., § 511, Rn. 39 m.w.N.; BGH, Beschluss vom 26.10.2010 - V ZB 74/08; BGH, Urteil vom 14.11.2007 - VIII ZR 340/06; BGH Urteil vom 10.2.2011 - III ZR 338/09). Der Senat verkennt nicht, dass dem Berufungsgericht in bestimmten Konstellationen auch Grenzen gesetzt sind. So ist vom Bundesgerichtshof zu dieser Frage insbesondere entschieden worden, dass die Nachholung der Berufungszulassung durch das Berufungsgericht jedenfalls dann ausscheidet, wenn das erstinstanzliche Gericht den Beklagten zur Erteilung einer Auskunft verurteilt und den Streitwert auf über 600,00 € festgesetzt hat. Da der Streitwert für die Auskunftsklage und die Beschwer des zur Auskunft verurteilten Beklagten in aller Regel erheblich auseinanderfielen, bestehe kein Raum für die Annahme, der erstinstanzliche Richter habe aufgrund seiner Streitwertfestsetzung keinen Anlass gehabt, über die Zulassung der Berufung zu befinden (BGH, Urteil vom 10.2.2011 - III ZR 338/09, NJW 2011, 926). Dies gelte erst Recht, wenn anhand der getroffenen prozessualen Nebenentscheidung des Erstgerichts und der ihr zugrundeliegenden Bestimmungen entnommen werden könne, dass das Erstgericht die Voraussetzungen der Berufungszulassung als nicht erfüllt ansehe (vgl. BGH a.a.O und BGH, NJW- RR 2010, 934 zur Bedeutung der Vollstreckbarkeitsentscheidung).

Vorliegend ist indes zu erkennen, dass das Landgericht ausschließlich aufgrund seiner Streitwertfestsetzung keinen Anlass sah, über die Zulassung der Berufung zu befinden. Denn die zur Entscheidung berufene 9. Zivilkammer des Landgerichts hat vor der mündlichen Verhandlung mit Beschluss vom 11.12.2019 gem. § 348 Abs. 3 S. 2 ZPO den Rechtsstreit wegen der "grundsätzlichen Bedeutung vieler Rechtsfragen" übernommen. Dabei kann letztlich mit Blick auf § 348 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. ZPO i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts dahinstehen, ob ursprünglich überhaupt eine originäre Einzelrichtersache vorlag und der Übernahmebeschluss der Kammer konstitutive Wirkung entfalten konnte. Jedenfalls hat die entscheidende Kammer mit Beschluss gem. § 348 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 ZPO denknotwendig die inhaltsgleichen Voraussetzungen für die Entscheidung einer Berufungszulassung (§ 511 Abs. 4 Nr.1 ZPO) bejaht. Dies lässt den Schluss zu, dass die Nichtzulassung der Berufung durch den Senat sogar dem mutmaßlichen Willen der entscheidenden Kammer zuwiderliefe, mithin sich die Zulassung der Berufung durch den Senat selbst bei einem Beschwerdewert unterhalb der Erwachsenheitssumme des § 511 Abs. 2 ZPO gerade aufdrängt.

Der Senat teilt schließlich die Auffassung der Kammer des Landgerichts, dass der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Löschung des streitgegenständlichen Posts wirft Fragen zur Auslegung der Vertragsbeziehung zwischen den Parteien und des streitgegenständlichen Posts selbst auf. Zwar betrifft dies auf tatsächlicher Ebene zweifellos auch Fragen der tatrichterlichen Überzeugungsbildung und damit solche des Einzelfalls, die für sich genommen keine Rechtsfragen grundsätzlicher Natur aufwerfen. Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich bei der Auslegung des Vertragswerks wie auch vor dem Hintergrund der mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufdrängt. Die obergerichtliche Rechtsprechung hierzu wie auch zur Frage der Revisionszulassung in vergleichbaren Fällen ist uneinheitlich. Fest steht jedenfalls, dass zu dieser Frage bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung existiert, welche diese Fragen näher konkretisierend beantwortet.

II.

Die Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg und führt zur Abänderung des Urteils und Abweisung der Klage insgesamt (nachfolgend zu 1.). Dagegen hat die Berufung des Klägers in der Sache keinen Erfolg, da die landgerichtliche Entscheidung insoweit weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch die gem. § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine abweichende Entscheidung rechtfertigen (nachfolgend zu 2.)

1.

Die Berufung der Beklagten ist begründet.

a)

Zutreffend hat das Landgericht die im Berufungsrechtzug von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung der internationalen und örtlichen Zuständigkeit (vgl. BGH, Urteil vom 28.11.2002-III ZR 102/02, NJW 2003, 426 m. w. N.) bejaht.

Die Beklagte hat ihren Sitz in Irland, mithin in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union. Die Klage eines Verbrauchers gegen die andere Vertragspartei, die - wie die Beklagte - ihre Tätigkeit auf den Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, ausrichtet, kann am Wohnsitz des Verbrauchers erhoben werden. Diese folgt aus Art. 7 Nr. 1 a), 17 Abs. 1 lit. c), 18 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nummer 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) i. V. m. Ziffer 4 Nr. 4 2. Absatz der Nutzungsbedingungen der Beklagten. Die Regelungen umfassen sowohl geltend gemachte vertragliche Erfüllungsansprüche als auch Ansprüche aus unerlaubter Handlung.

b)

Aus prozessualen Gründen kann die Abweisung der Klage hinsichtlich des Antrages, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, den Kläger für das Einstellen des streitgegenständlichen Posts erneut zu sperren oder den Beitrag zu löschen, wenn sich dieser auf einen Bericht über die bisweilen als Seenotrettung verharmloste Schlepperei auf dem Mittelmeer bezieht (vgl. Antrag zu Ziffer 3 im Urteil = Antrag zu Ziffer 2 der Berufung des Klägers), jedoch keinen Bestand haben. Der Unterlassungsantrag ist mangels Bestimmtheit gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig, weshalb die Klage insoweit bereits als unzulässig abzuweisen ist.

Durch den konditionalen Zusatz im Antrag "wenn sich dieser (der Post) auf einen Bericht über die bisweilen als Seenotrettung verharmloste Schlepperei auf dem Mittelmeer bezieht" bliebe bei antragsgemäßer Verurteilung im Rahmen der Vollstreckung unklar, wann die Bedingung erfüllt wäre. Die vom Kläger bemühte Formulierung würde einen zu großen und nicht aufklärbaren Interpretationsspielraum im Vollstreckungsverfahren eröffnen. Ein Unterlassungsantrag muss konkret gefasst sein, damit nicht nur für die Rechtsverteidigung, sondern auch und erst Recht für die Vollstreckung hinreichend klar ist, worauf sich das Verbot erstrecken soll (BGH, NJW 2000, 1792, 1794 [BGH 24.11.1999 - I ZR 189/97]). Die zu unterlassende Verletzungshandlung muss dabei so genau wie möglich beschrieben werden (vgl. Greger in Zöller, ZPO-Kommentar, 33. Aufl., § 253 Rn. 13 b m.w.N.). Zwar kann grundsätzlich auch durch Auslegung anhand der Klagebegründung oder des sonstigen Sachvortrags unter Umständen die ausgleichende Bestimmtheit eines der Interpretation zugänglichen Unterlassungsantrages herbeigeführt werden (vgl. BGH NJW 1995, 3188 [BGH 29.06.1995 - I ZR 137/93]; NJW 2016, 863, 864 [BGH 18.12.2015 - V ZR 160/14]).

Dies führt vorliegend aber nicht zur Zulässigkeit, denn der durch den Klageantrag eröffnete Interpretationsspielraum wird durch die persönliche Meinung des Klägers beeinflusst, es handele sich bei der Seenotrettung im Mittelmeer in Wirklichkeit stets um verharmlosende Menschenschlepperei. Seine persönliche Meinung kann der Kläger jedoch nicht für sich in Anspruch nehmen bei der Vollstreckung durch - zur politischen und weltanschaulichen Neutralität verpflichteten - Vollstreckungsorgane. Die Erfüllung der Bedingung bliebe allein der Interpretationsleistung der Vollstreckungsorgane überlassen. Dies kann nicht Grundlage einer Vollstreckung sein.

Weitere von der Beklagten gerügte (verzichtbare) Verfahrensfehler (§§ 520 Abs. 3, 529 Abs. 2 ZPO) sind im Übrigen nicht ersichtlich.

c)

Entgegen der Ansicht des Landgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte kein Wiedereinstellungsanspruch hinsichtlich des streitgegenständlichen Posts gem. §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 311 Abs. 1, 241 Abs. 1 und 2 BGB zu.

aa)

Zutreffend hat das Landgericht die Anwendbarkeit des deutschen Sachrechts bejaht.

In Rechtsstreitigkeiten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag findet gemäß Art. I, III und VI der Verordnung (EG) Nummer 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) i.V.m. Ziffer 4 Nr. 5 der Nutzungsbedingungen der Beklagten deutsches Recht Anwendung. Auch kann mit dem Landgericht im Ergebnis dahinstehen, ob der zwischen den Parteien bestehende Nutzungsvertrag als Typenmischvertrag oder als Vertrag sui generis einzustufen ist. Allgemein anerkannt und entscheidend ist, dass mit wirksamer Registrierung in einem Netzwerk zwischen dem Netzwerkbetreiber und dem Nutzer ein schuldrechtlicher Nutzungsvertrag mit beiderseitigen Vertragspflichten geschlossen wird (vgl. BGH, Urteil vom 12.7.2018 - III ZR 183/17, juris Rn.19; Friehe in NJW 2020, 1697 m.w.N. zur Rechtsprechung).

bb)

Ebenfalls zutreffend hat das Landgericht keine Verpflichtung der Beklagten zur Löschung des streitgegenständlichen Posts gem. §§ 1 Abs. 3, 3 Abs. 2 Nr. 2 NetzDG angenommen.

Der streitgegenständliche Post stellt weder eine Volksverhetzung gem. § 130 StGB, noch eine öffentliche Aufforderung zu Straftaten gem. § 111 StGB oder eine - nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckte - strafbare Schmähkritik dar.

Zwar befürwortet der Kläger mit seiner Äußerung nach dem Wortlaut das Versenken von nicht in seinem Eigentum stehenden fremden Schiffen. Dass damit jedoch gerade die Motivation zur Begehung dieser Tat bei den Lesern geweckt werden soll, kann dem nicht entnommen werden und wird selbst von der Beklagten so nicht vorgetragen.

Ein Aufruf zu einer Straftat gemäß § 111 StGB liegt nicht vor, wenn der Äußerung der hierzu notwendige Appellcharakter fehlt. Dieser erfordert die bestimmte Erklärung an die Motivation anderer, bestimmte Straftaten zu begehen (vgl. BGHSt 32, 310 [BGH 14.03.1984 - 3 StR 36/84], Rn. 13; Dallmeyer in Beck-OK StGB, § 111 Rn. 4; LG Mainz, Urteil vom 25.6.2019 - 1 U 14/19).

Die Äußerung des Klägers stellt eine im Vordergrund stehende eigene Bewertung und zulässige Meinungsäußerung des Klägers dar, auch wenn in dem Begriff "Schlepperschiff" zugleich der pauschale Vorwurf strafbaren Verhaltens anklingt. Er bringt seine Meinung im Zuge einer breit geführten gesellschaftspolitischen Diskussion dahingehend zum Ausdruck, dass solche Organisationen in rechtwidriger Weise agierten und so mittelbar auch ursächlich für die Zahl (sterbender) Flüchtlinge sein könnten. Diese steht im Vordergrund.

Die Wertung eines Geschehens und dessen laienhafte Einordnung als strafbares Handeln steht einem Verständnis als Meinungsäußerung nicht entgegen (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 1.6.2018-4 217/18, Rn. 17; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.10.2016 I-16 W 63/16, Rn. 46; Landgericht Mainz, a.a.O.). Die Grenze zulässiger Meinungsäußerung ist nicht bereits bei polemischer Zuspitzung erreicht, die in sachlicher Hinsicht nicht erforderlich ist (BVerfG, Beschluss vom 29.6.2016 - 1 BvR 2646/15, Rn. 13; BVerfGE 82, 272 [BVerfG 26.06.1990 - 1 BvR 1165/89], Rn. 36 und 41; BVerfGE 85,1, Rn. 48). Auch genügt nicht, dass die Äußerung überzogen, geschmacklos oder ausfällig ist. Notwendig ist vielmehr, dass das sachliche Anliegen von einer persönlichen Kränkung völlig in den Hintergrund gedrängt wird (BGH, Urteil vom 27.2.2018 - VI ZR 489/16, Rn. 37 m.w.N.).

Es kann daher im Ergebnis dahinstehen, ob sich die Seenotrettung organisierende Nichtregierungsorganisationen als Vereinigungen oder juristische Personen des Privatrechts auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Schmähkritik berufen können.

cc)

Nicht hingegen durfte das Landgericht bereits im Ansatz die Frage unbeantwortet lassen, welche Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards für das zwischen den Parteien bestehende schuldrechtliche Vertragsverhältnis konkret Anwendung finden und ob die anzuwendenden Regeln gem. §§ 305 ff. BGB unwirksam sind.

Die Prüfung einer vertraglichen Pflichtverletzung gem. § 280 Abs.1 BGB richtet sich zuvörderst nach dem anzuwendenden Vertrag. Das Recht zur Löschung eines Posts folgt aus den Nutzungsbedingungen in Verbindung mit den Gemeinschaftsstandards der Beklagten, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen anzusehen sind. Insoweit wäre der Frage nachzugehen gewesen, ob - wie die Beklagte meint - die neuen Gemeinschaftsstandards der Beklagten (Stand 19. April 2018) Anwendung finden. Soweit das Landgericht diese Frage nicht weiter vertieft mit der Begründung, dass der streitgegenständliche Post jedenfalls auch nach den im Lichte des Art. 5 GG auszulegenden strengeren neuen Gemeinschaftsstandards zulässig sei, ohne dass es auf die Frage der Wirksamkeit der anzuwendenden Regelungen gem. §§ 305 ff. BGB ankäme, überzeugt dies nicht.

Es bleibt schon unklar, was genau unter "streng" verstanden wird. Soweit hiermit die Schwelle für das Eingreifen eines Sanktionsregimes bei Verstößen gegen die Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards gemeint ist, kann ebenso die umgekehrte Auffassung vertreten werden, dass nämlich die bis zum 19.4.2018 verwendeten Vorgängerregelungen "strenger" sind. So wird hinsichtlich der bis zum 19.4.2018 verwendeten Regelungen etwa die Auffassung vertreten, dass es nach Ziffer 5.2 dieser Nutzungsbedingungen zur Beurteilung, ob ein Post gegen die Richtlinien der Beklagten verstoße, allein auf die Ansicht und subjektiven Vorstellungen der Beklagten ankomme, weshalb diese Regelung gem. § 307 Abs. 1 S.1 BGB unwirksam sei (vgl. OLG München, Beschluss vom 17.7.2018 - 18 W 858/18; Urteil vom 7.1.2020 - 18U 1491/19 Pre). Entsprechend wird die unter Ziffer 3.2.der Nutzungsbedingungen neuer Fassung geltende Regelung zur Sanktionierung bei Verstößen gegen die geltenden Regeln gerade deshalb nicht als unwirksam gem. § 307 Abs. 1 S. 2 oder Abs. 2 BGB angesehen, weil sie - im Gegensatz zur Vorgängerregelung - nicht mehr an ein einseitiges Bestimmungsrecht der Beklagten anknüpfe (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 8.8.2018 - 4 W 577/18; Holznagel, CR 2018, 369, 372 Fn.53).

Im Übrigen übersieht das Landgericht, dass ein Verstoß gegen die §§ 305 ff. BGB bereits die Unwirksamkeit der jeweils spezifisch zu prüfenden Regelung ohne geltungserhaltende Reduktion zur Folge hat. Die Anwendung des § 305 c Abs. 2 BGB im Sinne einer grundrechtsfreundlichen bzw. verbraucherfreundlichen Auslegung kann sich im Übrigen nur auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nicht jedoch auf die im konkreten Einzelfall vom Erstgericht - festzustellenden Subsumenda beziehen.

dd)

Das Recht der Beklagten zur Sanktionierung von Verstößen des Klägers gegen die Vertragsbestimmungen richtet sich nach den zum Zeitpunkt der Löschung des streitgegenständlichen Posts geltenden Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards in der seit dem 19.4.2018 geltenden Fassung.

Der Kläger hat am 24. April 2018 ausdrücklich seine Zustimmung zur Einbeziehung der von der Beklagten seit dem 19.4.2018 verwendeten neuen Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards erklärt, nachdem er zuvor - wie alle Nutzer - per E- Mail und erstem Zugriff auf sein Nutzerkonto ab dem 19.4.2018 mit einer Pop-Up-Nachricht über die aus den Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards bestehenden Geschäftsbedingungen zur Nutzung des von der Beklagten betriebenen sozialen Netzwerks in der seit 19.4.2018 geltenden Fassung informiert worden war.

Damit hat der Kläger der Änderung der Nutzungsbedingungen und Richtlinien ausdrücklich zugestimmt. Die Neufassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wurde damit nach den allgemeinen Regeln über Willenserklärungen und Rechtsgeschäfte zwischen den Parteien wirksamer Vertragsbestandteil (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 20.8.2020 - 4 U 784/20; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.12.2018 -7 W 66/18; Schleswig- Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 26.2.2020 - 9 U 125/19; OLG Nürnberg, Urteil vom 4.8.2020- 3 U 2641/19; Basedow in Münchener Kommentar, 8. Aufl., § 305 Rn. 86 und 90 m.w.N.). Erfolgt die Änderung nicht aufgrund einer Änderungsklausel, sondern, wie hier, aufgrund einer individuellen Willenserklärung, findet eine Überprüfung nach §§ 305 ff. BGB nicht statt. Die individuelle Willenserklärung unterliegt nicht der Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB (BGH, Urteil vom 7.11.2001 - VIII ZR 13/01, Rn. 42 f.; BGH, Urteil vom 13.2.1985 - IV b ZR 72/83). Dies gilt auch dann, wenn Erklärungen dieser Art selbst vorformuliert sind (BGH, a.a.O.; OLG Dresden, a.a.O.; OLG Karlsruhe, a.a.O; Schleswig- Holsteinisches Oberlandesgericht, a.a.O.; OLG Nürnberg, a.a.O; Basedow in Münchener Kommentar, 8. Aufl., a.a.O.).

Die Einbeziehung der neuen Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards ist auch nicht sittenwidrig und deshalb gem. § 138 Abs. 1 BGB unwirksam. Im Gegensatz zu den Vorgängerregelungen hat die Beklagte mit den neuen Regelungen ihr Ermessen zur Sanktionierung von Vertragsverstößen konkretisiert und Sanktionen nicht mehr an ein (überwiegend) einseitiges Bestimmungsrecht der Beklagten angeknüpft. Zudem hat der Kläger jederzeit das Recht, die Vertragsbeziehung mit der Beklagten einseitig zu beenden. Damit ist ein Verstoß gegen das Rechts- und Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden nicht ersichtlich.

Nicht nachvollziehbar ist im Übrigen der lediglich pauschale Hinweis des Klägers zum mangelnden Rechtsbindungswillen bei Abgabe seiner Zustimmung. Der Kläger hat diese auch nicht angefochten.

Da die neuen Nutzungsbedingungen Geltung entfalten, kommt es auch nicht darauf an, ob - wie der Kläger meint - die Änderungsklauseln der Vorgängerregelung zu Ziffer 13 der Nutzungsbedingungen in Verbindung mit Ziffer 3 der Sonderbedingungen für Deutschland (DE) wegen Verstoßes gegen §§ 308 Nrn. 4 und 5, 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam wären.

ee)

Die für die Löschung des Posts anzuwendenden einschlägigen Regelungen zu Ziffer 3.2 der Nutzungsbedingungen sowie der Einleitung und Bestimmungen zu Teil I Ziffer 3 und 4 und Teil III Ziffer 12 der einbezogenen Gemeinschaftsstandards sind wirksam.

Es handelt sich bei allgemeinen Geschäftsbedingungen um über Individualerklärungen hinausgehende typisierende Erklärungen, bei denen ein von den Parteien und Einzelumständen losgelöster Auslegungsmaßstab heranzuziehen ist. Sie werden deshalb auch revisionsrechtlich "wie Rechtsnormen" behandelt. Selbiges gilt für die Berufungsinstanz, in der allgemeine Geschäftsbedingungen unabhängig vom Erstgericht frei ausgelegt werden können (Heßler in Zöller, ZPO- Kommentar, 33. Aufl., § 513 Rn. 2 m.w.N.). Insoweit unterfällt nicht nur die Überprüfung der neuen Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards anhand der §§ 305 ff. BGB, sondern auch ihre Auslegung der uneingeschränkten Rechtsüberprüfung durch das Berufungsgericht.

Die einschlägigen Regelungen der wirksam einbezogenen neuen Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards lauten zunächst wie folgt:

Zu Ziffer 3.2 der Nutzungsbedingungen heißt es unter der Überschrift

"Deine Verpflichtungen gegenüber Facebook und unserer Gemeinschaft":

"...

Du darfst unsere Produkte nicht nutzen, um etwas zu tun oder zu teilen, auf das Folgendes zutrifft:

Es verstößt gegen diese Nutzungsbedingungen, unsere Gemeinschaftsstandards und sonstige Bedingungen und Richtlinien, die für deine Nutzung von Facebook

Es ist rechtswidrig, irreführend, diskriminierend oder betrügerisch.

Es verletzt bzw. verstößt gegen die Rechte einer anderen Person.

..."

Weiter heißt es unter Ziffer 3.2.:

"... Wir können Inhalte entfernen, die du unter Verstoß gegen diese Bestimmungen geteilt hast, sowie gegebenenfalls aus den nachfolgend beschriebenen Gründen Maßnahmen bezüglich deines Kontos ergreifen. Wir können außerdem dein Konto deaktivieren, wenn du wiederholt die geistigen Eigentumsrechte anderer Personen verletzt.

In der Einleitung der neuen Gemeinschaftsstandards heißt es:

"...

Wir wissen, wie wichtig es ist, dass Facebook ein Ort ist und bleibt, an dem die Menschen sicher und unbesorgt miteinander kommunizieren können. Deshalb nehmen wir unsere Aufgabe sehr ernst, unseren Dienst vor jeglicher Art von Missbrauch zu schützen. Aus diesem Grund haben wir Gemeinschaftsstandards formuliert, die festlegen, was auf Facebook gestattet ist und was nicht. Unsere Standards gelten weltweit und für alle Arten von Inhalten. Sie sind bewusst umfassend, d.h. zum Beispiel, dass Inhalte die eventuell nicht als Hassrede eingestuft werden, dennoch wegen eines Verstoßes gegen unsere Bullying- Richtlinien entfernt werden.

..."

Nach Beschreibung der Grundsätze zu "Sicherheit", "Ausdrucksmöglichkeiten" und "Gleichheit" heißt es weiter:

"Verstöße gegen unsere Gemeinschaftsstandards haben Folgen. Wie diese Folgen konkret aussehen, hängt von der Schwere des Verstoßes und dem bisherigen Verhalten der jeweiligen Person auf Facebook ab. So können wir bei einem ersten Verstoß eine Verwarnung aussprechen. Bei einem Folgeverstoß können wir die Posting-Rechte des Nutzers/der Nutzerin einschränken oder das entsprechende Profil deaktivieren. Sind wir der Ansicht, dass nachvollziehbar eine Gefahr für Leib und Leben einer Person oder eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht, behalten wir uns vor, die Polizei zu informieren.

Unsere Gemeinschaftsstandards dienen als Leitfaden für die Kommunikation auf Facebook ..."

Der nachfolgende Teil I beschreibt die Richtlinien zu "Gewalt und kriminelles Verhalten". Dort heißt es unter Ziffer 3 "Begünstigung und Propagieren von Verbrechen" insbesondere:

"...

Folgende Inhalte sind untersagt: Inhalte, die folgende kriminelle Handlungen, die von dir oder von mit dir in Verbindung stehenden Personen begangen wurden, darstellen, zu geben oder begünstigen:

Körperverletzung

...

Vandalismus oder Sachbeschädigung

..."

Unter Ziffer 4 "Koordiniertes Zufügen von Schaden" heißt es:

"Grundgedanke dieser Richtlinie

Wir möchten Schaden in der realen Welt verhindern und untersagen daher die Förderung oder Koordination künftiger krimineller Handlungen, die Menschen, Unternehmen oder Tieren Schaden zufügen können oder sollen. Nutzerinnen und Nutzer können auf möglicherweise schädliche Aktivitäten, die sie beobachten oder erleben, hinweisen, sofern sie den Schaden nicht befürworten oder koordinieren.

...

Folgende Inhalte sind untersagt:

Absichtserklärungen, Handlungsaufrufe oder Befürwortung folgender Taten:

Körperverletzung

...

Vandalismus/Sachschäden

..."

Nach den Regelungen zu Teil II "Sicherheit" heißt es unter Teil III "Anstößige Inhalte", dort unter Ziffer 12. "Hassrede" insbesondere:

"Grundgedanke dieser Richtlinie

Wir lassen Hassrede auf Facebook grundsätzlich nicht zu. Hassrede schafft ein Umfeld der Einschüchterung, schließt Menschen aus und kann in gewissen Fällen Gewalt in der realen Welt fördern.

Wir definieren Hassrede als direkten Angriff auf Personen aufgrund geschützter Eigenschaften: ethnische Zugehörigkeit, nationale Herkunft, religiöse Zugehörigkeit, sexuelle Orientierung, Geschlecht, Geschlechtsidentität, Behinderung oder Krankheit. Auch Einwanderungsstatus ist in gewissem Umfang eine geschützte Eigenschaft. Wir definieren Angriff als gewalttätige oder entmenschlichende Sprache, Aussagen über Minderwertigkeit oder Aufrufe, Personen auszuschließen oder zu isolieren. Wir teilen Angriffe wie unten beschrieben in drei Schweregrade ein.

Manchmal teilen Menschen Inhalte, die Hassrede einer anderen Person enthalten, um für ein bestimmtes Thema zu sensibilisieren oder Aufklärung zu leisten. So kann es vorkommen, dass Worte oder Begriffe, die ansonsten gegen unsere Standards verstoßen könnten, erklärend oder als Ausdruck von Unterstützung verwendet werden. Dann lassen wir die Inhalte zu, erwarten jedoch, dass die Person, die solche Inhalte teilt, ihre Absicht deutlich macht, so dass wir den Hintergrund besser verstehen können. Ist diese Absicht unklar, so wird der Inhalt unter Umständen entfernt."

Es folgen Ausführungen zu den vorbezeichneten Schweregraden 1-3 sowie Regelungen zu Teil IV "Integrität und Authentizität", Teil V "Wahrung des geistigen Eigentums" und Teil VI "Inhaltsbezogene Anfragen".

Die vorgenannten Regelungen zur Löschung und Sperrung in den Nutzungsbedingungen sowie den Gemeinschaftsstandards unterliegen der Inhaltskontrolle der §§ 307 Abs.1 und 2, 308, 309 BGB. Es handelt sich nicht um bloße kontrollfreie Leistungsbeschreibungen zu Art, Umfang und Güte der vertraglichen Hauptleistung (§ 307 Abs. 3 BGB) (BGH, Urteil vom 9.4.2014 - VIII ZR 404/12, juris - Rn. 44; OLG München, Urteil vom 7.1.2020 - 18 U 1491/19 Pre, juris Rn. 101 unter Berufung auf BGH, Urteil vom 5.10.2017 - III ZR 56/17, Rn. 15; Grüneberg in Palandt, BGB-Kommentar, 79. Aufl., § 307 Rn. 44).

(1)

Die vorgenannten Klauseln der Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards sind nicht wegen eines einseitigen Sanktionsbestimmungsrechts der Beklagten gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

Selbst bei gem. § 305 c Abs. 2 BGB gebotener verbraucherfreundlicher Auslegung ist kein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Nutzers entgegen dem Gebot von Treu und Glauben darin zusehen, dass es hinsichtlich der Löschung eines Posts ausschließlich auf die Ansicht, mithin die subjektiven Vorstellungen der Beklagten ankommt. Ziffer 3.2.der Nutzungsbedingungen knüpft die Entfernung von Beiträgen sowie weitere Sanktionen nicht an ein einseitiges und in das Belieben der Beklagten gestelltes Ermessen. Die Sanktionen greifen bei Verstößen gegen die Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards, die ihrerseits an konkrete und ausreichend objektivierbare Kriterien anknüpfen. Damit bedarf es in jedem Einzelfall der Subsumtion unter die konkret beschriebenen einschlägigen Regelungen zu Teil I Ziffer 2 (Verbot von "Begünstigung und Propagieren von Verbrechen") und Ziffer 4 (Verbot von "koordiniertes Zufügen von Schaden" sowie Teil II Ziffer 2 (Verbot von "Hassrede") (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.2.2019 - 6W 81/18, juris-Rn. 56; OLG Dresden, Beschluss vom 8.8.2018 -4 W 577/18, juris-Rn.18; dies ablehnend zur Vorgängerregelung: OLG München, Beschluss vom 17.7.2018 - 41O 7430/18; Urteil vom 7.1.2020 -18 U 1491/19).

(2)

Die Regelungen sind insbesondere auch nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB oder wegen der abweichenden Regelungen zur Melde- und Handlungspflicht der Beklagten nach den §§ 1 Abs. 3, 3 NetzDG gem. § 307 Abs. 1 S.1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

Die dynamische Verweisung in den Nutzungsbedingungen auf die geltenden Gemeinschaftsstandards steht der Transparenz von vornherein nicht entgegen, soweit die Gesamtregelung verständlich bleibt (BGH NJW 1996, 2374 [BGH 01.02.1996 - I ZR 44/94]; Grüneberg in Palandt, BGB Kommentar, 78. Aufl., § 307 Rn. 22vgl. OLG Dresden und OLG Karlsruhe a.a.O.). Die in den Nutzungsbedingungen und insbesondere in den Gemeinschaftsstandards spezifiziert normierten Regelungen sind äußerst ausführlich, strukturiert und in klar verständlicher Sprache abgefasst. Den Nutzern wird so anschaulich zunächst in den Nutzungsbedingungen vor Augen geführt, was das Ziel der Kommunikationsrichtlinien ist, nämlich Kommunikationsregeln zu Gunsten der Beklagten und der Kommunikationsgemeinschaft aufzustellen. Nicht nur in den Gemeinschaftsstandards, sondern schon in den Nutzungsbedingungen wird deutlich, dass die Sanktionen einem Sanktionsregime folgen und diese auch in Abhängigkeit vom Schweregrad der Kommunikationsverstöße unterschiedlich ausfallen können. Insbesondere wird dem Nutzer deutlich gemacht, anhand welcher Kriterien Regelverstöße festgestellt werden dürfen und welche Konsequenzen im Einzelfall drohen können. Unübersehbar wird auch zum Ausdruck gebracht, dass eindeutig unterhalb der Strafbarkeitsschwelle liegende und keine Schmähkritik darstellende Meinungsäußerungen sanktioniert werden können, um im "Geiste der Nutzungsvereinbarung" eine dem Ziel der Beklagten entsprechende Kommunikationskultur garantieren zu können. So trennen die Nutzungsbedingungen sowohl textlich als auch inhaltlich übersichtlich zwischen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle liegenden, gegen die Kommunikationsstandards verstoßenden Inhalten und strafbaren und rechtswidrigen Verstößen nach dem NetzDG (vgl. 3.2. und 5. der Nutzungsbedingungen).

Die Beklagte muss als Betreiberin einer Kommunikationsplattform ferner das privatautonome Recht haben, auch außerhalb des Straftatenkatalogs des § 1 Abs. 3 NetzDG liegende Beiträge, wozu Straftaten gem. §§ 86, 86a, 89a, 91, 100a, 111, 126, 129 bis 129b, 130, 131, 140, 166, 184b i.V.m. 184d, 185 bis 187, 201a, 241 oder 269 StGB, mithin insbesondere Beleidigungs-, und Verleumdungstatbestände, Volksverhetzung oder Verstöße gegen das Urheberrechtsgesetz zählen, reagieren zu können. Das Recht und die Pflicht zur Löschung solcher Beiträge folgt bereits aus der Rechtswidrigkeit der Inhalte und dem Verstoß gegen absolute Rechte Dritter (vgl. BT- Dr.18/12356, 21; Friehe in NJW 2020, 1697 f.). Würde ein Plattformbetreiber in Kenntnis rechtswidriger Inhalte nichts unternehmen, würde dies gegebenenfalls die Strafbarkeit wegen Beihilfe durch Unterlassen gem. §§ 27,13 StGB zur Folge haben, zivilrechtlich würde eine Haftung als Telemedienanbieter aus § 10 TMG folgen (vgl. Friehe a.a.O.; Freund in Münchener- Kommentar zum StGB, 3.Aufl., § 13 Rn. 162 f.).

(3)

Die einschlägigen Regelungen sind auch nicht als unzulässige Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. §§ 241 Abs. 2, 242 BGB unwirksam.

Die einschlägigen Kommunikations- und Sanktionsregeln stellen keine unangemessene Benachteiligung in der Weise dar, dass die wesentlichen Rechte des Vertragspartners der Beklagten hierdurch entgegen dem Gebot von Treu und Glauben in der Weise einschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet sein könnte. Eine missbräuchliche Verfolgung eigener Interessen auf Kosten seiner Vertragspartner, ohne von vornherein auch deren Belange hinreichend zu berücksichtigen und in einen angemessenen Ausgleich zu bringen (so ständige Rechtsprechung, etwa BGH Urteil vom 19.5.2016 - III ZR 274/15, Rn. 29 m.w.N.), ist nicht darin zu sehen, dass die Beklagte als Betreiberin einer Kommunikationsplattform standardisierte und allgemeinverbindliche Regeln für die Nutzung der Plattform aufstellt, die auch unterhalb der Strafbarkeitsschwelle liegende Meinungsäußerungen der Nutzer sanktioniert.

Die Kommunikationsstandards der Beklagten wirken innerhalb eines privaten Rechtsverhältnisses, in welchem sich die Parteien - vertraglich frei verbunden - als Private gegenüberstehen. Streiten die Vertragsparteien über die Reichweite vertraglich vereinbarter Verbote und daran anknüpfender Sanktionen, so betrifft dies ein privatrechtliches Rechtsverhältnis. Die Grundrechte sind als Abwehrrechte gegen den Staat konzipiert, die im Verhältnis zwischen Privaten nicht unmittelbar Geltung entfalten. Aus ihnen lassen sich jedoch staatliche Schutzpflichten ableiten, die zugleich als verfassungsrechtliche Werteentscheidungen auf das Privatrecht ausstrahlen und insbesondere bei der Interpretation zivilrechtlicher Generalklauseln und vertraglicher Bestimmungen Berücksichtigung finden können. Eine solch mittelbare Drittwirkung der Grundrechte ist insbesondere auch bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berücksichtigen (vgl. Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB- Recht, 12. Aufl., § 307 Rn. 161 m.w.N.). Deshalb können nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Grundrechte auch in privatrechtlichen Streitigkeiten im Wege einer mittelbaren Drittwirkung ihre Wirksamkeit entfalten (grundlegend: BVerfGE 7, 198 (203 ff.) [BVerfG 15.01.1958 - 1 BvR 400/51] - Lüth- Urteil; 42, 143, 148 ff.; 89, 214, 231 ff. - Bürgschaftsvertrag Beschluss; 103, 89, 100; 128, 226 - Fraport-Urteil; 137, 273, 313; 148, 267 Stadionverbot- Beschluss). Die Grundrechte sollen dabei nicht etwa auf die Minimierung von freiheitsbeschränkenden Eingriffen abzielen, sondern sich als Grundsatzentscheidungen im Ausgleich gleichberechtigter Freiheit entfalten (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.2.2019 - 6 W 81/18). Da die Schaffung einer privaten Ordnung unter dem Grundgesetz "nicht verboten, sondern im Gegenteil von den Freiheitsrechten geschützt" (Lüdemann in MMR 2019, 279) wird, ist bei der Überprüfung privatautonomer Entscheidungen zuvörderst die Freiheit des einen mit der Freiheit des anderen in der Weise auszuloten, dass womöglich kollidierende Grundrechtspositionen in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz so in Ausgleich zu bringen sind, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden.

Danach stellen im Prüfungsprogramm zur Unwirksamkeit die streitgegenständlichen Regeln gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB die §§ 241 Abs. 2, 242 BGB die konkretisierungsbedürftigen Generalklauseln dar, bei deren Auslegung auch den Grundrechten des Vertragspartners der Beklagten Rechnung zu tragen ist.

Ausgehend hiervon wird die Frage zur Anwendbarkeit der einschlägigen von der Beklagten verwendeten Regelungen zu den Kommunikationsstandards von der erstinstanzlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet:

Teile der Rechtsprechung leiten hieraus im Sinne einer "punktgenauen" (Holznagel, CR 2018, 369, 371) "kongruenten" (Löber/Roßnagel, MMR 2019, 71, 75) Beachtung von Art. 5 Abs.1 GG (Friehe, NJW 2020, 1697, 1699) ein generelles Verbot kommunikationsregelnder Standards ab (vgl. nur Landgericht Karlsruhe, Beschluss vom 12.6.2018 - 11 O 54/18; Landgericht Frankfurt, Beschluss vom 14.5.2018 - 1- 03 O 182/18; VG München, Urteil vom 27.10.2017 - 26 K 16. 5928, juris - Rn. 17; Landgericht Köln, Urteil vom 4.5. 2005 - 9 S 17/05; ebenso, jedoch ohne jeweils die Unwirksamkeit der Regelungen festzustellen: OLG Oldenburg, Beschluss vom 1.7.2019 -13W 16/19, juris-Rn.9 und KG Berlin, Beschluss vom 22.3.2019 -10 W 172/18).

Differenzierter und bezogen auf die von der Beklagten verwendete Vorgängerregelung wird darüber hinaus die Auffassung vertreten, dass im Hinblick auf die fundamentale Bedeutung, die der Meinungsfreiheit zukomme, der Beklagten als Betreiberin einer dem allgemeinen Informations- und Meinungsaustausch dienenden Social- Media- Plattform kein nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum ("virtuelles Hausrecht") zugebilligt werden könne, ob eine von einem Nutzer auf der Plattform eingestellte Äußerung entfernt werden dürfe oder nicht, wenn der Beitrag bei objektiver Beurteilung die Grenzen zulässiger Meinungsäußerung nicht überschreite (OLG München, Urteil vom 7.1.2020 -18 U 1491/19, juris - Rn. 108). Einem Plattformbetreiber stehe es jedoch frei, ein Forum zu eröffnen, das nach seiner Zweckbestimmung ausschließlich der Erörterung bestimmter Themen vorbehalten sein solle (OLG München, a.a.O., juris-Rn. 118).

Demgegenüber wird die Wirksamkeit kommunikationsregelnder Standards unter Berücksichtigung des "virtuellen Hausrechts" des Betreibers einer Plattform und dessen Grundrechtsposition gem. Art. 2 Abs.1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG aus verfassungsrechtlich Gründen nicht in Frage gestellt (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 8.8.2018 - 4 W 577/18, Urteil vom 20.8.2020 - 4 U 784/20; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.2.2019 - 6 W 81/18; OLG Stuttgart, Beschluss vom 6.9.2018 - 4 W 63/18; OLG Nürnberg, Urteil vom 4.8.2020 - 3 U 3641/19). Eine unangemessene Benachteiligung des Nutzers liege dann nicht vor, wenn sich aus den Bedingungen ergebe, dass Löschungen nicht willkürlich vorgenommen und Nutzer nicht vorschnell oder dauerhaft gesperrt würden (OLG Dresden, Beschluss vom 8.8.2018 - 4W 577/18, juris-Rn. 22 und 25).

Beim vorzunehmenden Ausgleich der in ihrer Wechselwirkung nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz zu erfassenden Grundrechtsverhältnisse sind neben dem Recht auf freie Meinungsäußerung des Nutzers gemäß Art. 5 Abs. 1 GG die Freiheits- und Eigentumsrechte der Beklagten gemäß Art. 14 Abs. 1, 12 Abs. 1, 5 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG einzubringen, die der Beklagten als Tochterunternehmen und Gesellschaft irischen Rechts mit Sitz in Irland wegen des unionsrechtlichen Diskriminierungsverbots gemäß Art. 19 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 12 EG-Vertrag ebenso wie einer inländischen juristischen Person zustehen (BVerfGE 129,78 (98); OLG Stuttgart, Beschluss vom 6.9.2018 - 4W 63/18 Rn. 73; Maunz/Dürig, Grundgesetz- Kommentar, 82. EGL Januar 2018, Art. 19 Abs. 3, Rn. 92 ff..; Friehe in NJW 2020, 1697, 1700; Lüdemann in MMR 2019, 279, 281).

Dem Betreiber einer Kommunikationsplattform ist im Rahmen seines "virtuellen Hausrechts" (Art. 14 Abs. 1 GG) auch das Recht auf unternehmerische Freiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) sowie die allgemeine unternehmerische Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) nicht abzusprechen. Eine vorbehaltslose Verbreitungspflicht der Netzwerkbetreiber würde elementaren geschäftlichen Interessen eines Netzwerkbetreibers zuwider zu laufen. Wie das Landgericht insoweit zutreffend ausführt, liegt es im anerkennenswerten wirtschaftlichen Interesse der Beklagten, Kommunikationsstandards unterhalb der Strafbarkeitsschwelle zu formulieren, um auch weiterhin eine Vielzahl von Nutzern im eigenen geschäftlichen Interesse für sich halten oder gewinnen zu können. Hierbei nehmen gerade die Kommunikationsstandards eine tragende Säule in der Kommunikationsarchitektur sozialer Netzwerke ein (Lüdemann in MMR 2019, 279, 280). Bereits deshalb kann der erstgenannten und ein generelles Verbot kommunikationsregelnder Standards für unterhalb der Strafbarkeitsschwelle liegende Meinungsäußerungen bejahenden Meinung nicht gefolgt werden.

Ob der Besonderheit des Nutzungsvertrages, die darin besteht, an einem sozialen Netzwerk teilzuhaben, welches eine Vielzahl weiterer Nutzer voraussetzt, sind auch die Grundrechte anderer Netzwerkmitglieder zu gewichten (Lüdemann, MMR 2019, 278, 282). Die durch die Besonderheiten digitaler Netzwerkkommunikation bedingte Multipolarität der betroffenen Grundrechtsverhältnisse erweitert den Kreis der zu berücksichtigenden Grundrechtsträger, deren Grundrechte beim vorzunehmenden Ausgleich der in ihrer Wechselwirkung zu erfassenden Grundrechtsverhältnisse zur Geltung kommen müssen. Mit dieser Ausstrahlungswirkung ist das Vertragsverhältnis zwischen Nutzern und Betreibern einer Kommunikationsplattform im Rahmen der Wirksamkeitsbeurteilung nach den §§ 305 ff. BGB keineswegs vergleichbar mit einem Kauf-, Dienst-, oder Werkvertrag, bei dem betroffene Grundrechtspositionen sich regelmäßig bipolar gegenüberstehen. Die kommunikationsregelnden Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards können dem Interesse aller Netzwerkmitglieder dienen, die wiederum im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Reglungen ein berechtigtes und schützenswertes Interesse im Rahmen ihrer Meinungsbildung und Meinungsäußerung beanspruchen können. Deshalb sind nicht nur deren freiheitsrechtliche Belange in Form der negativen Meinungsfreiheit gem. Art 5 Abs. 1 GG, sondern auch gleichheitsrechtliche Belange gem. Art. 3 Abs.1 GG insoweit betroffen, dass die Beklagte bei Regelverstößen - dem vertraglich vereinbarten Sanktionsregime folgend - Sanktionen nicht willkürlich vornimmt oder unterlässt.

Nach dem Gebot der praktischen Konkordanz sind die in ihrer Wechselwirkung zu erfassenden kollidierenden Grundrechtspositionen dergestalt in einen Ausgleich zu bringen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend Wirkung entfalten können. Dabei geht es nicht um die möglichst konsequente Minimierung freiheitsbeschränkender Eingriffe, sondern die Grundrechte sind im Ausgleich gleichberechtigter Freiheit zu entfalten. Das auf die - gem. Art. 5 Abs.1 und Abs. 2 GG nicht schrankenlos garantierte - Meinungsfreiheit eines Nutzers gegründete Generalverbot kommunikationsregelnder Standards nähme den Vertragspartnern einer Kommunikationsplattform von Verfassungs wegen die Möglichkeit zur Gestaltung einer privaten Ordnung (Lüdemann a.a.O., S. 283). Grundsätzlich gehört es zur Freiheit jeder Person, nach eigenen Präferenzen autonom darüber bestimmen zu können, mit wem sie wann und unter welchen Bedingungen welche Verträge abschließt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.4.2018 - 1BvR 3080/09 - Stadionverbot, juris-Rn. 40). Die konkrete Reichweite der mittelbaren Grundrechtswirkung kann sich nach den Umständen des Einzelfalls insbesondere nach der Unausweichlichkeit von Situationen, dem Ungleichgewicht zwischen sich gegenüberstehenden Parteien, der gesellschaftlichen Bedeutung von bestimmten Leistungen oder der sozialen Mächtigkeit einer Seite richten (BVerfG a.a.O., juris-Rn. 33). Selbst wenn man der Beklagten eine erhebliche Marktmacht zuschriebe (OLG München und OLG Dresden jeweils a.a.O), ließe sich damit zwar eine besondere rechtliche Verantwortung begründen. Daraus muss jedoch nicht mit den Worten des Landgerichts gleichsam eine "erhöhte Grundrechtsbindung" oder "hohe Intensität der Grundrechtsbindung" der Beklagten und ein Gebot der "meinungsfreundlichen Auslegung" (unter Berufung auf Landgericht Bamberg MMR 2019, 56, 58; Holznagel, CR 2019, 518, 520; Seyderhelm in Anm. NVwZ 2019, 962) einhergehen. Eine im Einzelfall selbst durch beeinflussende Faktoren bestimmte unterschiedliche Reichweite der Grundrechtsbindung ist nicht gleichbedeutend mit der Unterschiedsfeststellung zwischen einer "einfachen" und einer "erhöhten Grundrechtsbindung". Im Übrigen ist schon nicht ersichtlich, worin der Unterschied zwischen einer "einfachen" und "erhöhten Grundrechtsbindung" überhaupt bestehen soll. Mit Blick auf die ebenso gewichtigen wie schützenswerten Grundrechtspositionen der Beklagten und anderer Netzwerkbetreiber folgt selbst unter Berücksichtigung einer Marktmacht der Beklagten und einer hierdurch bedingten Beeinflussung der Reichweite der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte keine verfassungsrechtlich gebotene Unwirksamkeitsfeststellung der einschlägigen Regelungen. In der Entscheidung zum sogenannten Stadionverbots- Fall (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.4.2018 -1 BvR 3080) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Zivilgerichte mit Blick auf das Gebot der Gleichbehandlung sicherzustellen haben, dass Stadionverbote nicht willkürlich festgesetzt werden. Die Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen den Grundrechten des Eigentümers und den Betroffenen folgt dabei dem Gebot der angewandten praktischen Konkordanz unter dem gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG. Danach können "gleichheitsrechtliche Anforderungen für das Verhältnis zwischen Privaten" sich "aus Art. 3 Abs. 1 GG jedoch für spezifische Konstellationen ergeben." (BVerfG, a.a.O, juris-Rn.41). Dies kommt nach der Entscheidung etwa dann zum Tragen, wenn einzelne Personen in Ausübung des privatrechtlichen Hausrechts von Veranstaltungen ausgeschlossen werden, die von Privaten aufgrund eigener Entscheidung einem großen Publikum ohne Ansehen der Person geöffnet werden und der Ausschluss für die Betroffenen in erheblichem Umfang über die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben entscheidet. In einem solchen Fall dürfe der Veranstalter seine Entscheidungsmacht nicht dazu nutzen, bestimmte Personen ohne sachlichen Grund von einem solchen Ereignis auszuschließen (BVerfG, a.a.O, Rn. 41). Nach Maßgabe dieser hier zu übertragenden Kriterien darf die Löschung eines Posts oder eine Sperrung des Nutzerkontos durch die Beklagten aus gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht willkürlich und ohne sachlichen Grund erfolgen. Dazu zählt auch, dass sich die kommunikationsregelnden Standards der Beklagten nicht gegen bestimmte Meinungen richten und vorschnell ergriffen werden dürfen (vgl. auch OLG Dresden und OLG Nürnberg, jeweils a.a.O.). Hieraus folgt, dass eine Sperrung und/oder Löschung nach den Nutzungsbedingungen der Beklagten meinungsneutral erfolgen und sichergestellt sein muss, dass Sanktionen nicht willkürlich festgesetzt und Nutzer vorschnell und dauerhaft gesperrt werden.

Diesen Anforderungen werden die streitgegenständlichen Regelungen gerecht. Sie zielen insbesondere auf den Schutz der Freiheit und der körperlichen Unversehrtheit von Personen und des Eigentums ab. Einer willkürlichen Festsetzung der Sanktionen steht das Regelwerk insoweit entgegen, als die Bestimmungen jeweils an sachliche Voraussetzungen anknüpfen. Teil I Ziffer 4 der Gemeinschaftsstandards erlaubt es sogar ausdrücklich, über Straftaten zu berichten, solange sie nicht befürwortet werden. Sanktionen werden auch nur abhängig "von der Schwere des Verstoßes und dem bisherigen Verhalten der Person" getroffen (vgl. Einleitung der Gemeinschaftsstandards). Genannt werden hier neben der Verwarnung die Einschränkung der Postingrechte bei Folgeverstößen und in letzter Konsequenz die Deaktivierung des Kontos. Darin kommt zugleich das Verhältnismäßigkeitsprinzip zum Ausdruck. Aufgrund der dargelegten Multipolarität der betroffenen Grundrechtsverhältnisse könnte sich eine Sanktionierung bei einem entdeckten Verstoß gegen die Kommunikationsstandards seitens der Beklagten im Einzelfall sogar aufdrängen.

Dem steht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.5.2019 (Beschluss vom 22.5.2029 - 1 BvQ 42/19) nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich offengelassen, ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Forderungen sich für Betreiber sozialer Netzwerke im Internet - etwa in Abhängigkeit vom Grad deren marktbeherrschender Stellung, der Ausrichtung der Plattform, des Grads der Angewiesenheit auf eben jene Plattform und der betroffenen Interessen der Plattformbetreiber und sonstiger Dritter ergeben. Dies gilt insbesondere, soweit das Bundesverfassungsgericht dem Plattformbetreiber eine marktbeherrschende Rolle zuschreibt und die zu berücksichtigenden Interessen Dritter einschließt. Der Senat hat - wie ausgeführt - die marktbeherrschende Rolle der Beklagten im Rahmen der Gesamtabwägung als wahr unterstellt und in ausreichender Weise die zu berücksichtigenden Interessen Dritter (hier: anderer Nutzer) einfließen lassen.

Das Bundesverfassungsgericht hat ferner in dieser Entscheidung ausgeführt, dass sich bei vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten "aus Art. 3 Abs. 1 GG jedenfalls in spezifischen Konstellationen auch gleichheitsrechtliche Anforderungen für das Verhältnis zwischen Privaten ergeben" (BVerfG, a.a.O.) können. Auch dies hat der Senat bei der Gesamtabwägung zur Frage der Wirksamkeit der streitgegenständlichen Regelungen - wie ausgeführt - eingestellt.

Abweichendes folgt auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass die Beklagte eine Plattform betreibt, die dem allgemeinen Information- und Meinungsaustausch der Nutzer ohne thematische Eingrenzung dient (vgl. OLG München, a.a.O.). Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts München, welcher die - mit vorliegendem Fall nicht vergleichbare - Vorgängerregelung zugrunde lag wäre der Betreiber einer themenbegrenzenden Plattform im Umkehrschluss zur Einschränkung der Meinungsfreiheit durch Kommunikationsregeln berechtigt. Die Themenbezogenheit einer Kommunikationsplattform erscheint dem Senat jedoch als ungeeignetes Kriterium zur Beurteilung der Frage, ob Sanktionsregelungen für unterhalb der Strafbarkeitsschwelle liegende Meinungsäußerungen die Unwirksamkeit der Kommunikationsregeln des Plattformbetreibers zur Folge haben. Warum den Interessen und Grundrechtspositionen der Vertragspartner und Dritter anderes Gewicht beigemessen werden sollte, wenn diese sich für eine themenbezogene Plattform entscheiden, leuchtet nicht ein. Dem Senat drängt sich im Übrigen schon kein Kommunikationsthema auf, bei dem nicht auch dieselben allgemeingültigen Kommunikationsstandards zum Schutze der körperlichen Unversehrtheit, der Freiheits- und Eigentumsrechte nach privatautonomer Entscheidung der Vertragsparteien ihre Berechtigung finden könnten und dürften.

ff)

Zutreffend hat das Landgericht zunächst den streitgegenständlichen Post erschöpfend gewürdigt und im Kontext zum Kommentar "Defend Europe!!!" sowie des Ausgangsartikels dahingehend ausgelegt, dass dieser nicht darauf abziele, ein besetztes Schiff mit Besatzung zu versenken, sondern als Aufforderung zu verstehen ist, das Schiff für künftige, erst geplante Rettungseinsätze unbrauchbar zu machen. Es ist damit nicht zu beanstanden, dass das Landgericht eine Hassrede gegen Flüchtlinge (Menschen mit Einwanderungsstatus) und damit einen Verstoß gegen Teil III Ziffer 12 der Gemeinschaftsstandards verneint.

Fehlerhaft gelangt das Landgericht jedoch zu dem Ergebnis, dass der Kläger mit dem streitgegenständlichen Post nicht zu kriminellen Handlungen auffordern wollte und deshalb einen Verstoß gegen Teil I Ziffer 4 ("Koordiniertes Zufügen von Schaden") verneint.

Hierbei wird zunächst übersehen, dass Teil I Ziffer 4 (Koordiniertes Zufügen von Schaden") nicht nur Inhalte sanktioniert, die begangene kriminelle Handlungen darstellen, zugeben oder begünstigen (vgl. Teil I Ziffer 3 ("Begünstigen und Propagieren von Verbrechen"), sondern bereits auch Absichtserklärungen, Handlungsaufrufe oder die Befürwortung insbesondere von Vandalismus/Sachschäden.

Im Übrigen ist eine Auslegungsregel zu Gunsten des Klägers im konkreten Fall verfassungsrechtlich nicht geboten. Abweichendes kann der Rechtsprechung zur rechtlichen Beurteilung von mehrdeutigen kontextbezogenen Meinungsäußerungen (BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 - Stolpe-Beschluss; vgl. auch zur kontextbezogenen Auslegung: BGH, Urteil vom 16.1.2018 - VI ZR 498/16, juris Rn. 20; BGH Urteil vom 4.4.2017 - VI ZR 123/16, juris Rn. 30; BGH Urteil vom 12.4.2016 - VI ZR 505/14, juris Rn.11) nicht entnommen werden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Sanktion gegen den Äußernden diejenigen in Betracht kommenden Deutungen mit schlüssigen Gründen ausgeschlossen werden, die die Sanktionen nicht zu rechtfertigen vermögen (BVerfG, a.a.O.; vgl. auch BGH, Urteil vom 20.9.2011 - 4 StR 129/11, juris-Rn. 24; OLG Celle, Urteil vom 16.8.2019 - 2 Ss 55/19, juris Rn. 27; OVG Thüringen, Beschluss vom 22.10.2019 - 3 EO 715/19, juris Rn.5).

Im vorliegenden Fall wird jedoch nicht der Kläger, sondern die Beklagte in Anspruch genommen. Der Kläger macht die Verletzung seines Persönlichkeitsrechts aufgrund der Löschung des Posts geltend; es geht dagegen nicht um die Verletzung des Persönlichkeitsrechts eines Dritten, der durch die Meinungsäußerung des Klägers verletzt werden könnte.

Darüber hinaus war dem Kläger als Nutzer der Plattform aufgrund der wirksam vereinbarten Kommunikationsstandards bereits hinreichend klar, welche Äußerungen er nicht tätigen durfte und wie etwaige Verstöße sanktioniert werden konnten. Insoweit ist der Schutzbedarf des Klägers im konkreten Fall vergleichbar mit der Entscheidung über die Unterlassung künftiger Äußerungen. Hierzu stellt das Bundesverfassungsgericht klar, dass kein gleicher Schutzbedarf für die individuelle Grundrechtsausübung und die Funktionsfähigkeit des Meinungsbildungsprozesses bei Entscheidungen über die Unterlassung künftiger Äußerungen gelte. Es sei zu berücksichtigen, dass der Äußernde schließlich die Möglichkeit habe, sich in Zukunft eindeutig auszudrücken und damit zugleich klarzustellen, welcher Äußerungsgehalt der rechtlichen Prüfung einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts zugrunde zu legen sei (BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005 - 1 BvR 1696/98 - Stolpe - Beschluss, juris-Rn. 34). Auch dem Kläger war aufgrund der wirksam vereinbarten Kommunikationsstandards klar, dass seine Äußerungen der Überprüfung unterfallen könnte und er sich ggf. klarstellend von der Befürwortung bestimmter Straftaten hätte distanzieren müssen.

Unter Anwendung der für wirksam befundenen Kommunikationsregeln ist der streitgegenständliche Post zwar nicht als Aufruf/Appell zur Begehung einer Sachbeschädigung durch Versenkung eines Schiffes auszulegen. Eine solche - ausschließlich am Wortlaut haftende Auslegung - würde zu weit gehen. Dennoch lässt die Äußerung auch im Kontext bereits eine klare Sympathie dafür erkennen, das betroffene Schiff für künftige Rettungseinsätze unbrauchbar zu machen, um eine weitere Nutzung zur Rettung von Flüchtlingen zu verhindern. Der Kläger hat hierzu im Rahmen seiner Berufungserwiderung vom 6.4.2020 (Blatt 416 f. d.A., Bd. II) ausgeführt, dass er der Meinung sei, dass solche Schiffe ohne Besatzung und Passagiere versenkt werden sollten, damit diese zu solchen Zwecken nicht mehr eingesetzt werden können. Soweit der Kläger hierzu die Meinung vertritt, dass die zu Ziffer 4 der Gemeinschaftsstandards formulierten Kommunikationsregeln zum Gewaltbegriff auf Handlungen und Einwirkungen auf Menschen gerichtet seien, so ist dem entgegenzuhalten, dass Ziff. 4 bei den untersagten Inhalten auch Vandalismus und Sachbeschädigung nennt.

Darüber hinaus stellt der Kläger in seiner Berufungserwiderung unmissverständlich klar, dass es ihm um eine Zerstörung einer Sache ging. Wörtlich heißt es hierzu (vgl. Bl. 416 d.A., Bd. II): "Hier geht es um eine Zerstörung einer Sache, nämlich die vollständige Brauchbarkeitsaufhebung durch Versenkung." Dies stellt die bewusste und unmissverständliche Befürwortung einer Sachbeschädigung dar, die ohne eine inhaltliche Distanzierung oder Klarstellung des Klägers einen Verstoß gegen Ziffer 4 der Gemeinschaftsstandards darstellt und von der Beklagten rechtmäßig mit der Löschung des Posts und der zeitlich beschränkten (Teil)sperrung seines Nutzerkontos sanktioniert werden durfte.

2.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Hinsichtlich der Klagabweisung beruht das landgerichtliche Urteil, ausgenommen die Abweisung der Klage hinsichtlich des Unterlassungsantrages (s.o.), weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die gem. § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine abweichende Entscheidung.

a)

Das Landgericht hat den Feststellungsantrag zutreffend mangels Feststellungsinteresse gem. § 256 ZPO als unzulässig abgewiesen.

Die Feststellungsklage des Klägers ist in Ermangelung eines notwendigen Feststellungsinteresses gem. § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig, es gilt der Vorrang der Leistungsklage.

Der Antrag des Klägers bezieht sich auf eine in der Vergangenheit abgeschlossene Sperre seines Nutzerkontos. Soweit der Kläger ein Feststellungsinteresse damit begründet, dass die Sperrung in die Zukunft bei künftigen Verstößen fortwirken könne, da die Sperrung im System der Beklagten im Datensatz des Klägers vermerkt sei, mithin es ihm darum gehe, künftige Sperren seines Kontos durch die Beklagte zu verhindern, so überzeugt dies nicht. Ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses kommt ausnahmsweise nur in Betracht, wenn an der Feststellung des vergangenen Rechtsverhältnisses auch ein gegenwärtiges Interesse besteht (vgl. BGH, Urteil vom 17.6.2016-V ZR 272/15-, NJW-RR 2016, 1404, Rn. 13). Der Argumentation des Klägers ist - wie vom Landgericht zutreffend angenommen - folgerichtig entgegenzuhalten, dass die bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrung nicht die Entfernung des Vermerks aus dem Datensatz des Klägers zur Folge hätte (vgl. auch OLG München, Urteil vom 7.1.2020- 18 U 1310/19, Rn. 85 ff.). Diese hätte der Kläger im Wege der Leistungsklage geltend machen müssen, die gegenüber dem Feststellungsantrag vorrangig ist. Darüber hinaus hätte der Feststellungsantrag aber keine über den bereits geltend gemachten Wiederherstellungsanspruch hinausgehende Wirkung.

Soweit der Kläger die Feststellungsklage auf ein Rehabilitierungsinteresse stützt, so ist dem entgegenzuhalten, dass schwerwiegende Folgewirkungen vom beibringungspflichtigen Kläger nicht ansatzweise dargelegt wurden. Solche sind auch im Übrigen nicht ersichtlich. Der Kläger postete seinen Beitrag lediglich unter seinem Vornamen "P.". Anhaltspunkte, die auf eine Individualisierung des Klägers im Netz hindeuteten, bestehen nicht.

Ein Rehabilitierungsinteresse ist ausschließlich dann anzunehmen, wenn der Kläger bei vernünftiger Würdigung der Verhältnisse im Einzelfall als schutzwürdig anzuerkennen ist. Hierzu müssten bei objektiver und vernünftiger Betrachtungsweise abträgliche Nachwirkungen der Maßnahme fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit wirksam begegnet werden könnte (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 19). Eine solch diskriminierende Nachwirkung wäre etwa darin zu sehen, wenn der Kläger in seiner gesellschaftlichen Stellung als Person beeinträchtigt und herabgewürdigt worden wäre, weil eine außerordentliche öffentliche Bloßstellung vorgelegen hätte (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 20), was hier jedoch nicht der Fall ist.

b)

Das Landgericht hat ferner rechtsfehlerfrei beide Auskunftsanträge des Klägers als unbegründet abgewiesen.

Derlei Auskunftsansprüche folgen weder aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Nutzungsvertrag, noch lassen sich solche aus dem Vertrag ableiten.

Ein aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gem.§ 242 BGB resultierender Auskunftsanspruch besteht ebenfalls nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger einen direkten vertraglichen oder deliktischen durchsetzbaren Anspruch gegen ein Unternehmen haben könnte, welches als Erfüllungsgehilfin gem. § 278 BGB in Erfüllung einer ausschließlich der Beklagten obliegenden vertraglichen Erfüllungspflicht bzw. als Verrichtungsgehilfin i.S.d. § 831 BGB agieren könnte, wurden weder dargelegt noch sind sie sonst ersichtlich.

Entsprechendes gilt für den Auskunftsantrag hinsichtlich gemutmaßter Weisungen, Hinweise, Ratschläge oder anderweitiger Vorschläge seitens der Bundesregierung oder nachgeordneter Dienststellen.

§ 242 BGB gewährt einen Auskunftsanspruch, wenn die zwischen den Parteien bestehende Rechtsbeziehung mit sich bringt, dass der Berechtigte schuldlos über Bestehen oder Umfang eines Rechts im Unwissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann. Nur unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht der in Anspruch Genommene selbst, sondern ein Dritter Schuldner des Hauptanspruchs ist, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung erst ermöglichen soll (vgl. BGH, Urteil vom 9.7.2015 - III ZR 329/14, juris Rn. 11; BGH Urteil vom 1.8.2013 - VII ZR 268/11, juris Rn. 20). An einem hierfür erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt es jedoch, wenn der Kläger mit seinem Auskunftsverlangen unter keinen Umständen einen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann (vgl. BGH, a.a.O., juris Rn.10), so wenn die Auskunft für den infrage stehenden Anspruch unter keinem Aspekt relevant ist (OLG Dresden, Beschluss vom 11.12.2019 - 4U 1680/19, juris Rn. 19; OLG München, Urteil vom 7.1.2010 - 18 U 1491/19).

Im Übrigen würde ein auf die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts gestützter Anspruch gegen Dritte aus bereits dargelegten Gründen schon daran scheitern, dass der Vortrag des beibringungspflichtigen Klägers hierzu weder eine diskriminierende Wirkung noch schwerwiegende Folgewirkungen erkennen lässt.

c)

Mangels Pflichtverletzung bzw. Nichterfüllung ihrer vertraglichen Pflichten aus dem zwischen den Parteien bestehenden Nutzungsvertrag scheiden auch Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte gem. §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 311 Abs. 1, 241 Abs. 1 und 2 BGB wie auch gem. §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1, 4, 346 Abs. 1 BGB aus.

Die Beklagte hat mit der Löschung des Posts und der beschränkten 30-tägigen (Teil)sperrung des Nutzerkontos des Klägers weder ihre vertraglichen Verpflichtungen verletzt, noch ist ihr eine Nichterfüllung der vertraglichen Verpflichtungen vorzuwerfen. Vielmehr durfte die Beklagte die teilweise Erfüllung ihrer Leistung wegen des Verstoßes gegen die Kommunikationsstandards verweigern. Insoweit kann dahinstehen, ob überhaupt eine Gegenleistung des Klägers in der Zurverfügungstellung seiner Daten zu sehen ist und es sich beim Nutzungsvertrag um einen entgeltlichen (vgl. Specht-Riemenschneider in Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB- Kommentar,5.Aufl. Plattformnutzungsverträge, Rn. 21) oder einen unentgeltlichen Vertrag (Redeker in Hoeren/Siebert/Holznagel, Multimedia-Recht, Stand 50. EGL 2019, Teil 12 Rn.422 ff.) handelt.

d)

Mangels Hauptforderung hat der Kläger auch keinen Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs.1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre rechtliche Grundlage in den Regelungen der §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.

D.

Die Revision war zuzulassen, § 543 Abs.1 Nr. 1 ZPO.

Zwar betrifft die Wertung des streitgegenständlichen Posts auf tatsächlicher Ebene ausschließlich den konkreten Einzelfall. Der Rechtsstreit wirft dennoch grundsätzliche Fragen zur Auslegung der Vertragsbeziehung, insbesondere hinsichtlich der einwirkenden mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten auf. Die obergerichtliche Rechtsprechung hierzu ist uneinheitlich und bislang nicht höchstrichterlich geklärt.

Die Revision war deshalb wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. ZPO) zuzulassen.

E.

I.

Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung des Landgerichts Braunschweig war von Amts wegen abzuändern und der Streitwert - wie erkannt - auf die Gebührenstufe bis 4.000,00 € neu festzusetzen.

Die erstinstanzliche Streitwertbestimmung richtet sich mit Ausnahme des Zahlungsantrages (erstinstanzlicher Antrag zu Ziffer 7) nach § 48 Abs. 2 GKG. Die weiteren Anträge des Klägers betreffen nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten. Die Nutzung der Internet-Plattform dient weder erkennbar wirtschaftlichen Belangen des Klägers, noch verfolgt dieser mit der Feststellung der Unwirksamkeit der Sperre, der Wiedereinstellung seines Beitrages, der Unterlassung weiterer Sperren und der Auskunftsanträge wirtschaftliche Zwecke. Gem. § 48 Abs. 2 GKG ist der Streitwert in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Beachtlich sind damit auch die Schwierigkeit von Rechtsfragen sowie die Bedeutung der Sache aufgrund der Stellung einer Partei im öffentlichen Leben und ihres Ansehens, Namens und der Auswirkungen wirtschaftlicher Art auf ein Unternehmen (Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, 49. Aufl., § 48 GKG, Rn. 25, 27). Ausgangspunkt für die Bemessung ist in entsprechender Anwendung der §§ 52 Abs. 2 GKG, 36 Abs. 3 GNotKG und 23 Abs. 3 Satz 2 RVG der jeweils benannte Regelwert in Höhe von 5.000,00 €, der im Einzelfall erhöht oder vermindert werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 09.04.2018 - 4 W 296/18, juris-Rn. 2; Beschluss vom 17.11.2015 - II ZB 8/14, juris-Rn. 13; OLG Dresden, Beschluss vom 19.1.2019 - 4 W 1074/18 -, juris-Rn.3).

In der Rechtsprechung ist die Festsetzung des Streitwertes für vergleichbare Streitfälle uneinheitlich. Während das Oberlandesgericht München in einem einstweiligen Verfügungsverfahren wegen der Sperrung eines Nutzerkontos den Streitwert auf 15.000,00 € festgesetzt hat (OLG München, Beschluss vom 17.9. 2018 - 18 W 1383/18), hat das Oberlandesgericht Dresden den Streitwert in einem einstweiligen Verfügungsverfahren wegen der Unterlassung der Löschung einer Äußerung und der Versetzung des Nutzerkontos in den read-only Modus für 30 Tage mit 7.500,00 € bewertet (OLG Dresden, Beschluss vom 19.1.2019 - 4 W 1074/18 -, juris-Rn.5; so auch das OLG Stuttgart, Beschluss vom 6.9.2018 - 4 W 63/18). Demgegenüber haben das Oberlandesgericht Frankfurt und das Oberlandesgericht Koblenz den Streitwert wegen der Sperre eines Nutzerkontos, ebenfalls in einem einstweiligen Verfügungsverfahren, auf 2.500,00 € sowie das OLG Frankfurt für das Löschen eines einzelnen Beitrags auf 500,00 € festgesetzt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 7.9.2018 - 16 W 38/18 -, juris-Rn. 23; OLG Koblenz, Beschluss vom 26.11.2018 - 1 W 519/18 -, juris-Rn.16). Im Übrigen werden die Streitwerte von den Gerichten in Hauptsacheverfahren - meist ohne weitere Begründung - höchst unterschiedlich festgesetzt (vgl. zum Streitstand ausführlich OLG Braunschweig, Beschluss vom 28. September 2020 - 1 W 3/20 -, Rn. 37, juris).

Bei der Festsetzung des erstinstanzlichen Streitwerts lässt sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten:

Für alle Anträge gilt, dass das jeweilige Interesse in das Gesamtgefüge der nichtvermögensrechtlichen Ansprüche einzuordnen und insbesondere in das Verhältnis zum Bestehen des Nutzungsvertrags als Ganzem zu setzen ist. Gemessen hieran betreffen die erstinstanzlichen Anträge jeweils nur einen Teilaspekt und können deshalb als notwendiges Minus nicht mit demselben Streitwert bemessen werden wie etwa ein Rechtsstreit über die Beendigung des Nutzungsvertrags (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 28.9.2020 -1 W 3/20; OLG Braunschweig, Beschluss vom 25.06.2019 - 8 W 14/19). Ein solcher Rechtsstreit über die Beendigung des Nutzungsvertrags wäre vorliegend mit dem Auffangstreitwert von 5.000,- € zu schätzen. Dass dieser Wert für eine durchschnittliche nichtvermögensrechtliche Rechtsstreitigkeit im vorliegenden Fall anzuheben wäre, ist nicht ersichtlich.

Weder hat der Kläger vorgetragen, dass er in besonderer Weise auf die Plattform der Beklagten angewiesen wäre, noch, dass er eine prominente Person des öffentlichen Lebens wäre, deren Beiträge einen besonders hohen Wirkungskreis entfalteten. Es sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Plattform für den Kläger zur Entfaltung einer politischen Aktivität erforderlich oder die Nutzung gerade der Internet-Plattform der Beklagten für die Lebensführung des Klägers besonders wichtig wäre oder er sie überhaupt nur besonders intensiv nutzen würde.

So war schon das Informationsbedürfnis des Klägers durch die beschränkte (Teil)sperre nicht berührt. Durch den Status eines sogenannten "Read Only"-Modus war er weiter in der Lage, die Beiträge übriger Nutzer zu lesen. Aber auch wenn der Kläger für die Zeit der Sperre an der aktiven Kommunikation auf der Plattform der Beklagten gehindert war und mit dem streitgegenständlichen Beitrag sowie weiteren Beiträgen keine anderen Nutzer mehr dort erreichen konnte, so wiegt der Eingriff im Hinblick auf die Meinungsäußerungsfreiheit des Klägers keineswegs schwer. Es war es ihm ohne weiteres möglich, auf anderem Wege am gesellschaftlichen Diskurs teilzunehmen, etwa auf anderen Portalen. Auch der Umstand, dass der Kläger für den Zeitraum der (Teil)sperre auf Beiträge der anderen Nutzer auf dem eigenen Profil nicht reagieren konnte, er der Kommunikation Anderer ausgesetzt wäre, weil beispielsweise Beiträge, die seiner Selbstdarstellung widersprechen würden, unkommentiert auf dem Profil hätten verbleiben können, führt nicht erhöhend ins Gewicht. Dass diese Gefahr unmittelbar gedroht oder sich realisiert habe, so dass der Kläger die Notwendigkeit für einen "Gegenschlag" gesehen hätte, wurde weder vorgetragen, noch war dies sonst wie ersichtlich. Deshalb ist das abstrakte Interesse des Klägers, in einer solchen Situation seine Sicht der Dinge darzulegen, auch nicht vergleichbar mit dem konkreten Interesse an einer presserechtlichen Gegendarstellung (vgl.OLG Braunschweig, Beschluss vom 28.9.2020 -1W 3/20; a.A. OLG Dresden, Beschluss vom 19.1. 2019 - 4 W 1074/18, Rn. 4, juris). Auch ist die Löschung des streitgegenständlichen Posts nicht etwa vergleichbar mit der Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen und/oder Schmähkritik durch Dritte. Die Löschung des Posts war nicht öffentlich hervorgehoben, so dass - im Gegensatz zur Verbreitung von Schmähkritik - nicht davon auszugehen ist, dass sie von anderen Nutzern verstärkt oder als ehrenrührig wahrgenommen werden konnte.

1.

Ausgehend hiervon waren der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der beschränkten (Teil)sperre (Ziffer 1), der Antrag auf Wiedereinstellung des streitgegenständlichen Posts (Ziffer 2) und der Unterlassungsantrag (Ziffer 3) bei der Streitwertfestsetzung zusammenzufassen und insgesamt mit 1.500,00 € zu bemessen. Aufgrund der vorgenannten und zu berücksichtigenden konkreten Umstände im Einzelfall kommt eine höhere Bewertung mit 2.000,00 hier nicht in Betracht, weshalb - wie auch die Annahme der wirtschaftlichen und ideellen Identität - die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem nicht entgegensteht (vgl. BGH, Beschluss vom 27.11.2020 - III ZR 124/20; Beschluss vom 17.12.2020 - III ZR 60/20).

Dem Kläger kommt es bei allen Anträgen darauf an, dass der streitgegenständliche gelöschte Post für andere Nutzer sichtbar wird und bleibt. Wenn er die Feststellung der Rechtswidrigkeit in der Vergangenheit, die Wiedereinstellung in der Gegenwart und das Unterlassen der Löschung des streitgegenständlichen Beitrags für die Zukunft begehrt, werden damit lediglich drei unterschiedliche Zeitpunkte für sein Begehren benannt. Alle Anträge beruhen auf demselben Ereignis, nämlich der Löschung des Beitrags und der beschränkten (Teil)sperrung des klägerischen Nutzerkontos.

In demselben Verfahren werden bei objektiver Klage- und Antragshäufung die Werte mehrerer Streitgegenstände nicht addiert, wenn die verfolgten Ansprüche wirtschaftlich identisch sind (vgl. BGH, Beschluss vom 25.11.2003 - VI ZR 418/02, Rn. 5, juris; BGH, Beschluss vom 16.7. 2015 - IX ZR 136/14, Rn. 4, juris; OLG Braunschweig, Beschluss vom 28. September 2020 - 1 W 3/20 -, Rn. 49, juris; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 4.6. 2019 - 2 W 8/19 -, Rn. 4, juris; OLG Hamm, Urteil vom 18.9. 2012 - 19 U 32/12, Rn. 32, juris). Entsprechendes gilt, wenn ihnen jeweils keine selbständige Bedeutung zukommt, weil sie auf das gleiche Interesse abzielen und somit von einer ideellen Identität auszugehen ist (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 04.08.2020 - 3 U 3641/19 Rn. 221).

2.

Die Auskunftsanträge (Ziffern 4 und 5) waren jeweils mit 300,00 €, mithin in Höhe von insgesamt 600,00 € zu bemessen.

Der Streitwert einer Auskunftsklage richtet sich nach dem wirtschaftlichen Interesse, das der Kläger an der Erteilung der Auskunft hat. Einen Aspekt bildet dabei der Hauptsacheanspruch, zu dessen Durchsetzung die Auskunft benötigt wird, wobei der Wert des Auskunftsanspruchs in der Regel nur mit einem Teilwert des Hauptsacheanspruchs zu bemessen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19.4. 2018 - IX ZB 62/17 -, Rn. 10, juris; BGH, Beschluss vom 17.11. 2015 - II ZB 28/14 -, Rn. 8, juris; BGH, Beschluss vom 12.10. 2011 - XII ZB 127/11 -, Rn. 14, juris). Vorliegend hat der Kläger nicht deutlich gemacht, welche Hauptsacheansprüche er gegen die Unternehmen oder die Bundesregierung geltend zu machen gedenkt. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger den ihm entstandenen Schaden im bezifferten Zahlungsantrag (Ziffer 6) mit 1.500,00 € bemisst, zieht der Senat diesen Betrag als Schätzgrundlage auch für etwaige Hauptsacheansprüche gegen die Bundesregierung oder Unternehmen heran. Die Auskunftsansprüche waren demnach jeweils auf ein Fünftel dieses Wertes festzusetzen, mithin auf jeweils 300,00 €.

3.

Der Schadensersatzantrag (Ziffer 6) war in bezifferter Höhe mit 1.500,00 € zu bemessen. Der Antrag zur Nebenforderung (Ziffer 7) war nicht streitwerterhöhend, § 43 Abs. 1 GKG.

4.

Der erstinstanzliche Streitwert war deshalb in Höhe von insgesamt 3.600,00 € zu bemessen und von Amts wegen auf eine Wertstufe bis 4.000,00 abzuändern, § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG.

II.

Der Wert des Berufungsverfahrens war infolge der selbstständig eingelegten Berufungen des Klägers und der Beklagten sowie des insoweit identischen Beschwerdegegenstandes entsprechend ebenfalls auf eine Wertstufe bis 4.000,00 € festzusetzen. Dass der Senat hinsichtlich der Berufung der Beklagten den Wert des Beschwerdegegenstandes (Beseitigung der Verurteilung zur Wiedereinstellung des streitgegenständlichen Posts) - wie ausgeführt - isoliert mit 1.000,00 € bemisst, steht dem nicht entgegen.