Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 20.12.1995, Az.: 3 U 275/94
Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung; Pflichtverletzung aufgrund eines Vertrages zugunsten Dritter; Vertragswidrige Informierung der Erben; Unwiderrufliches Schenkungsangebot
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 20.12.1995
- Aktenzeichen
- 3 U 275/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 18349
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1995:1220.3U275.94.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 30.08.1994 - AZ: 7 O 33/94
Rechtsgrundlagen
- § 328 BGB
- § 242 BGB
- § 276 BGB
Fundstellen
- WM 1996, 851-854 (Volltext mit amtl. LS)
- ZBB 1996, 245
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Das Schuldverhältnis, das durch einen Vertrag zugunsten Dritter und die Annahme des Forderungserwerbs auf seiten des Dritten entsteht, umfasst sowohl das Deckungsverhältnis zwischen dem Versprechenden und dem Versprechensempfänger als auch das Vollzugsverhältnis zwischen dem Versprechenden und dem Dritten. Demgemäß sollen in beiden Verhältnissen positive Forderungsverletzungen des Versprechenden vorkommen können. Hat der Versprechende im Vollzugsverhältnis durch die zu vertretende Verletzung einer Nebenleistungspflicht dem Dritten einen Schaden zugefügt, so hat der Dritte neben der primären Forderung auf die Leistung einen Anspruch auf Ersatz des sog. Begleitschadens.
- 2.
Der Erbe kann eine Erklärung des Erblassers grundsätzlich unter denselben Voraussetzungen widerrufen wie der Erblasser. Konnte der Erblasser, etwa infolge Widerrufsverzichts, nicht mehr widerrufen, so können es auch die Erben grundsätzlich nicht.
In dem Rechtsstreit
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 1995
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 30. August 1994 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger dürfen die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 12.600 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beide Parteien dürfen die Sicherheit in Form einer selbstschuldnerischen, nicht befristeten und nicht bedingten Bürgschaft einer deutschen Bank, die dem Einlagensicherungsfonds beim Bundesverband Deutscher Banken angehört, oder einer öffentlichen Sparkasse leisten.
Wert der Beschwer für die Kläger: 107.000 DM.
Tatbestand
Die Kläger verlangen von der Beklagten Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung wegen einer Pflichtverletzung aufgrund eines Vertrages zugunsten Dritter.
Der Erblasser ... und die Volksbank ... deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, schlossen am 13.07.1986 einen Vertrag zugunsten der Kläger (Bl. 6 GA), wonach die Rechte aus verschiedenen Konten des Erblassers mit dessen Tode, ohne daß sie in dessen Nachlaß fallen sollten, auf sie anteilig übergingen. Nr. 5 des Vertrages sieht folgende Regelung vor:
"Für den Fall des Rechtsübergangs durch Tod verzichtet der Kunde auf das Recht zum Widerruf des Schenkungsangebots, das diesem Vertrag zugrundeliegt, und erteilt der Bank den unwiderruflichen Auftrag, dieses Angebot nach Kenntnis von dem Rechtsübergang durch seinen Tod, an die letzte, der Bank bekannt gewordene Adresse des Begünstigten/Ersatzbegünstigten zu übermitteln; diese Erklärungen binden auch die Erben des Kunden. Die Bank soll von sich aus die Erben von diesem Vertrag nicht unterrichten."
Der Erblasser verstarb am 28.09.1990. Zu diesem Zeitpunkt wiesen die in dem Vertrag vom 13.07.1986 aufgenommenen Konten folgenden Stand auf:
Sparkonto Nr. ... | 35.850,85 DM Haben |
---|---|
Sparkonto Nr. ... | 35.963,77 DM Haben |
Kontokorrentkonto Nr. ... | 288,39 DM Soll. |
Über den Sparbrief ... war von dem Erblasser bereits vor seinem Tod verfügt worden.
Durch Testament vom 02.10.1986 hatte der Erblasser seinen Sohn ... und seine Tochter ... als Erben eingesetzt.
Von dem Tod hatte die Beklagte spätestens am 01.10.1990 Kenntnis, wie aus der Erbschaftsteuermeldung vom selben Tage (Bl. 7 GA) folgt. Anfang November 1990 unterrichtete die Beklagte die Erben von dem Vertrag zugunsten Dritter, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob dies die Beklagte von sich aus tat - so die Kläger - oder ob die Beklagte von einem Erben hierauf angesprochen wurde - so die Beklagte -. Die Kläger als Begünstigte wurden von der Beklagten zunächst nicht informiert; sie erfuhren von der Zuwendung an sie erst am 14.11.1990, nachdem die Erben durch Anwaltsschreiben vom 13.11.1990 ihnen gegenüber das Schenkungsangebot widerrufen hatten (Bl. 8 f und 10 f GA). Daraufhin nahmen die Kläger das Schenkungsangebot mit anwaltlichem Schreiben vom 16.11.1990 gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beklagten an, was sie auch mit Schreiben vom 19.11.1990 den Erben mitteilten.
In einem Vorprozeß haben die Kläger die Erben auf Zustimmung zur Auszahlung der Guthabenbeträge der Konten in Anspruch genommen (7 O 107/91 LG Verden). Die Klage wurde durch Teilurteil des Landgerichts Verden vom 01.10.1991 (BA Bl. 99 f), das von dem 22. Senat des Oberlandesgerichts Celle durch Urteil vom 23.12.1992 (BA Bl. 191 f GA) bestätigt wurde, abgewiesen, weil die Erben den Vertrag wirksam widerrufen hätten und ein Schenkungsvertrag zwischen Erblasser und den Klägern demgemäß nicht zustandegekommen sei. Die von den Klägern eingelegte Revision zum Bundesgerichtshof wurde mangels Begründung verworfen (IV ZR 41/93 vom 07.07.1993, BA Bd. II Bl. 14).
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, daß die Beklagte Vertragspflichten aus Nr. 5 des Vertrages vom 13.06.1986 gegenüber den Klägern verletzt habe, indem sie das Schenkungsangebot nicht unverzüglich an die Kläger übermittelt und zudem vertragswidrig die Erben von dem Vertrag informiert habe. Die Beklagte sei daher zum Schadensersatz verpflichtet, der wie folgt ersetzt verlangt wird:
1. | Sparkonto Nr. ... | 35.850,85 DM |
---|---|---|
2. | Sparkonto Nr. ... | 35.963,77 DM |
3. | Kontokorrentkonto Nr. ... | - 288,39 DM |
4. | Zinsschaden auf den Sparkonten seit dem Tode des Erblassers mindestens | 15.000,00 DM |
5. | Kosten der Rechtsverfolgung aus dem Vorprozeß gegen die Erben ca. | 22.000,00 DM |
insgesamt mithin: | 107.000,00 DM. |
Die Kläger haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 107.000 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, daß die Urteile aus dem Vorprozeß unrichtig seien, vielmehr der vereinbarte Widerrufsverzicht auch gegenüber den Erben wirksam sei, zumindest fehle es am Verschulden der Beklagten, da sie aufgrund der vertraglichen Formulierung hiervon habe ausgehen können. Nach dem Vertrag sei sie auch nicht zum unverzüglichen Tätigwerden gegenüber den Klägern verpflichtet gewesen. Schließlich hätte selbst bei wirksamem Widerruf den Klägern kein Recht aus dem Vertrag, sondern nur eine Erwerbschance zugestanden, so daß aus dem Vertrag kein Schadensersatzanspruch folge.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, daß ein Anspruch auf Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung mangels unmittelbarem Rechtsverhältnis zwischen den Parteien nicht bestünde, den Klägern vielmehr aus dem Vertrag vom 13.06.1986 nur eine Hoffnung auf einen künftigen Rechtserwerb zustehe. Die Erben hätten das Schenkungsangebot durch anwaltliches Schreiben vom 13.11.1990 wirksam widerrufen, da sie an der Verpflichtung zum Unterlassen des Widerrufs aus dem Vertrag nicht gebunden gewesen seien. Demgemäß sei die Annahme des Schenkungsangebots durch die Kläger mit Erklärung vom 19.11.1990 wirkungslos.
Auch ein Anspruch aus culpa in contrahendo bestünde mangels vorvertraglichen Verhältnisses zwischen den Parteien nicht, da es sich bei dem Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall nicht um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter handele.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin vollumfänglich den erstinstanzlich geltend gemachten Schadensersatz verlangen, unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages. Die Beklagte habe sich schadenersatzpflichtig gemacht, weil sie nicht nur nicht unverzüglich nach dem Tod des Erblassers die Kläger unterrichtet, sondern vertragswidrig von sich aus die Erben von dem Vertrag vom 13.06.1986 informiert habe, ohne daß diese bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten nachgefragt hätten. Aus dem Widerrufsschreiben der Erben vom 13.11.1990 folge, daß diese Kenntnis davon hatten, daß die Kläger das Schenkungsangebot zu diesem Zeitpunkt noch nicht angenommen hatten, was nur auf einer Information durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten beruhen könne. Soweit der Erbe ... wegen einer vorzeitigen Auszahlung von 100.000 DM aus dem Guthaben des Erblassers bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten nachgefragt habe, sei es gerade nicht um ein Auskunftsbegehren über die Konten des Erblassers gegangen. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, unverzüglich i. S.v. § 121 Abs. 1 BGB das Schenkungsangebot des Erblassers nach dessen Tode an die Kläger zu übermitteln, was diese jedoch erst mit Schreiben vom 10.08.1992 getan habe, insoweit unbestritten. Kenntnis hätten die Kläger daher erst durch den Widerruf des Schenkungsangebots durch die Erben vom 13.11.1990 erhalten, insoweit unbestritten.
Das vertragswidrige Verhalten der Beklagten habe auch Schadensersatzansprüche ausgelöst, da das Leistungsverhältnis zwischen dem Erblasser als Versprechendem und den Klägern als Dritten im Vertrag zugunsten Dritter ein vertragsähnliches Verhältnis darstelle und die Beklagte ihre Nebenpflicht aus Nr. 5 des Vertrages vom 13.06.1986 schuldhaft verletzt habe. Auf die Unwiderruflichkeit des Schenkungsangebots des Erblassers habe sich die Beklagte nicht verlassen dürfen, sondern hätte den sichersten Weg zur Vertragserfüllung, und damit die unverzügliche Übermittlung des Angebots an die Kläger wählen müssen.
Durch die Verletzung der vertraglichen Nebenpflichten sei der Schaden in Höhe von 107.000 DM entstanden.
Die Kläger beantragen,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Verden die Beklagte zu verurteilen, an sie 107.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 27.01.1994 zu zahlen, hilfsweise Sicherheit durch Bankbürgschaft leisten zu dürfen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen;
hilfsweise im Fall einer Maßnahme nach § 711 ZPO anzuordnen, daß Sicherheit auch in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank erbracht werden kann.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages.
Die Beklagte meint, daß der Vorprozeß falsch entschieden worden sei, da, wie eine Gesamtwürdigung ergebe, das Schenkungsangebot nicht widerruflich gewesen und damit durch die Annahme der Kläger der Schenkungsvertrag wirksam zustandegekommen sei, so daß das Verhalten der Rechtsvorgängerin der Beklagten für den Schaden der Kläger nicht ursächlich gewesen sei. Die Entscheidungen aus dem Vorprozeß widersprächen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (WM 1976, 1130 f), wonach ein Widerrufsverzicht, den der Versprechensempfänger in einem Vertrag zugunsten Dritter erklärt hat, auch wirksam einseitig erklärt werden könne und nach dem Tod des Versprechensempfängers dessen Erben binde, so daß die Erben ein Schenkungsangebot grundsätzlich nicht mehr widerrufen könnten, wenn der Erblasser - wie vorliegend - infolge Widerrufsverzichts selbst nicht mehr widerrufen könne.
Im übrigen habe die Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht schuldhaft Pflichten verletzt, da sie bei der Benachrichtigung der Begünstigten in aller Ruhe habe vorgehen können, weil es wegen der Bindungswirkung des Widerrufsverzichts für die Erben nicht auf den Zeitpunkt der Übermittlung des Schenkungsangebots angekommen sei. Die Bediensteten der Rechtsvorgängerin der Beklagten hätten die Erben von dem Vertrag vom 13.06.1986 auch nicht von sich aus unterrichtet, sondern auf Nachfrage des Erben .... Hierdurch habe die Rechtsvorgängerin keine Pflichten verletzt, da sie den Erben zur Auskunft über die Konten des Erblassers verpflichtet gewesen sei.
Schließlich sei selbst bei Widerruflichkeit des Schenkungsangebotes kein Schadensersatzanspruch der Kläger gegeben, da zwischen den Parteien keinerlei vertragliche oder sonstige rechtsgeschäftlichen Beziehungen bestanden hätten. Ein vertragsähnliches Verhältnis habe frühestens entstehen können, wenn die Kläger den Anspruch gegen die Bank aufgrund eines wirksam zustandegekommenen Schenkungsvertrages einrede frei erworben hätten.
Die Beklagte bestreitet auch die Höhe des Schadensersatzanspruches, insbesondere den geltend gemachten Zinsanspruch in Höhe von 15.000 DM, da zumindest teilweise hiermit Zinseszinsen verlangt würden. Schließlich seien auch die Prozeßkosten bisher nicht substantiiert dargelegt worden.
Hinsichtlich des weiteren Vortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie im übrigen auf das Urteil des 22. Senats des Oberlandesgerichts Celle vom 23.12.1992 zu 22 U 298/91 (BA Bl. 191 f) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht einen Anspruch der Kläger gegen die Beklagte verneint, da weder die Voraussetzungen einer positiven Vertragsverletzung (pVV) noch einer c.i.c. gegeben sind.
I.
PVV
1.
Pflichtverletzung
a)
Unterlassung, die Kläger unverzüglich nach Tod des Erblassers zu informieren:
Der Vertrag zugunsten Dritter vom 13.06.1986 zwischen der Beklagten und dem Erblasser (Bl. 6 GA) sah in Nr. 5 vor, daß die Beklagte von dem Erblasser unwiderruflich beauftragt wird, das Schenkungsangebot des Erblassers nach Kenntnis von dem Rechtsübergang durch seinen Tod, an die letzte, der Bank bekannt gewordene Adresse des Begünstigten zu übermitteln, was die Beklagte offenkundig nicht getan hat, da sie überhaupt erst mit Schreiben vom 10.08.1992 (Bl. 105 GA) als Rechtsnachfolgerin der Volksbank ... mithin fast zwei Jahre nach dem Tod des Erblassers dies vorgenommen hat. Insoweit kommt es nicht auf die Frage an, ob Nr. 5 eine Pflicht dahingehend statuiert, daß die Benachrichtigung unverzüglich i. S.v. § 121 BGB erfolgen muß oder nicht.
b)
Vertragswidrige Informierung der Erben vom Vertrag zugunsten Dritter:
Auch insoweit dürfte die Beklagte gegen Nr. 5 des Vertrages vom 13.06.1986 verstoßen haben, da hiernach die Bank von sich aus die Erben von dem Vertrag nicht unterrichten sollte.
Zwar ist dies zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte hat jedoch selbst auch nur vorgetragen, daß der Erbe ... vor dem 08.11.1990 von dem Angestellten der Beklagten ... vorab 100.000 DM aus dem Erbe begehrte, weil der Erblasser sich ihm gegenüber in einem notariellen Pflichtteilverzichtsvertrag vom 25.04.1990 (BA Bl. 60) hierzu verpflichtet habe. Erst nach dieser Anfrage habe ihm der Angestellte ... erklärt, daß dieser Betrag nicht ausgezahlt werden könne, weil ein Vertrag zugunsten Dritter vorläge, ohne mitzuteilen, wer aus diesem Vertrag begünstigt sei. Selbst wenn diese - streitige - Behauptung der Beklagten zuträfe, hätte insoweit keine Veranlassung bestanden, das Begehren des Erben auf vorzeitige Teil aus Zahlung unter Hinweis auf den Vertrag zugunsten Dritter abzuweisen, da für eine vorzeitige Auszahlung - vor Klärung des Erbfalles - eine Verpflichtung der Bank ohnehin nicht ersichtlich ist. Der an sich zutreffende Hinweis darauf, daß die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin den Erben zur Auskunft über die Konten des Erblassers verpflichtet ist (vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, 3. Aufl., 1. Teil Rn 217), ändert hieran nichts, da die Nachfrage des Erben gar nicht hierauf gerichtet war, sondern auf eine vorzeitige Auszahlung von 100.000 DM.
Soweit die Beklagte behauptet, ihr Angestellter habe die Namen der Begünstigten nicht mitgeteilt, erscheint dies allerdings wenig nachvollziehbar, da die Kläger zu Recht darauf hinweisen, daß die Widerrufsschreiben der Erben vom 13.11.1990 (Bl. 8 f und 10 f GA) an die Kläger zeitnah nach dem Gespräch eingingen. Woher die Erben - wenn nicht von der Beklagten - die Namen der Begünstigten aus dem Vertrag zugunsten Dritter erfahren haben sollen, wäre nicht erklärlich, da der Erblasser als Informationsquelle naturgemäß ausfällt.
c)
Fraglich könnte allerdings sein, ob die Pflichten aus Nr. 5 des Vertrages auch gegenüber den Klägern als Begünstigte des Vertrages zugunsten Dritter bestehen, obwohl sie selbst nicht Vertragspartei sind.
Durch den Vertrag zugunsten Dritter und die Annahme des Forderungserwerbs auf seiten des Dritten entsteht ein Schuldverhältnis i.w.S. zwischen den Beteiligten; es umfaßt sowohl das Deckungsverhältnis zwischen dem Versprechenden und dem Versprechensempfänger als auch das Vollzugsverhältnis zwischen dem Versprechenden und dem Dritten. Demgemäß sollen in beiden Verhältnissen positive Forderungsverletzungen des Versprechenden vorkommen können. Es ist festzustellen, wem gegenüber eine bestimmte Nebenleistungspflicht (§ 242 BGB) des Versprechenden bestand, die in von ihm zu vertretender Weise (§§ 276 f BGB) verletzt worden ist (vgl. Soergel-Hadding, BGB, 12. Aufl., § 328 Rn 63). Hat der Versprechende im Vollzugsverhältnis durch die zu vertretende Verletzung einer Nebenleistungspflicht dem Dritten einen Schaden zugefügt, so hat der Dritte neben der primären Forderung auf die Leistung (§ 328 Abs. 1 BGB) einen Anspruch auf Ersatz des sog. Begleitschadens (pFV <Soergel- Hadding, a.a.O.>).
Letztlich kann es nicht zweifelhaft sein, daß zumindest Nebenpflichten aus diesem Vertrag zugunsten der Kläger als Dritte bestanden, da nur sie ein Interesse an der Erfüllung dieses Vertrages hatten. Der Erblasser ist naturgemäß zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben und seine Erben dürften in der Regel - wie vorliegend - gerade ein gegenläufiges Interesse, nämlich am Nicht Vollzug der Schenkung, haben, da ihnen dann dieser Betrag als Erben zufiele.
2.
Verschulden der Beklagten:
Vorliegend fehlt es jedoch am Verschulden, da die Beklagte zu Recht davon ausgehen durfte, daß auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (WM 1976, 1130) das Schenkungsangebot des Erblassers unwideruflich war, so daß es aus Sicht der Beklagten nicht darauf ankam, daß die Kläger als Begünstigte vor den Erben Kenntnis von dem Schenkungsangebot erhielt, um es anzunehmen, bevor die Erben dieses widerriefen, da - wie gesagt - die Beklagte von der Unwiderruflichkeit ausgehen durfte.
a)
In dem vorgenannten Urteil hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß Rechtsgrund für das Behalten eine rechtswirksame Schenkung sei. Eine Einigung über die unentgeltliche Zuwendung käme nach dem Tod des Erblassers dann zustande, wenn die Bank in Ausführung des Auftrages des Erblassers dem Begünstigten das Schenkungsangebot und ihre Bereitschaft zur Auszahlung übermittelt, sofern dem Begünstigten nicht vorher oder gleichzeitig ein wirksamer Widerruf des Erben zugeht (Leitsatz 4).
Der Erbe könne eine Erklärung des Erblassers grundsätzlich unter denselben Voraussetzungen widerrufen, wie der Erblasser. Der Erblasser könne nicht ohne weiteres anordnen, daß zwar er, nicht aber der Erbe widerrufen darf, wenn er nicht die Form der letztwilligen Verfügung wählt oder den Erben an den betreffenden Rechtsgeschäften beteiligt (Leitsatz 5). Konnte der Erblasser, etwa infolge Widerrufsverzichts, nicht mehr widerrufen, so können es auch die Erben grundsätzlich nicht (vgl. BGH a.a.O., Seite 1132).
Anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall stand dem Erblasser vorliegend ein Widerrufsrecht nicht zu, da er der Bank nach Nr. 5 des Vertrages den unwiderruflichen Auftrag, das Schenkungsangebot an die Begünstigten nach seinem Tod zu übermitteln, erteilt hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs durfte daher die Beklagte davon ausgehen, daß das Schenkungsangebot unwiderruflich war, so daß es auf irgendwelche Zeitpunkte und Reihenfolgen der Übermittlung von dem Vertrag zugunsten Dritter nicht ankam.
b)
Anderer Auffassung war allerdings der 22. Senat in seiner Entscheidung vom 23.12.1992 (BA Bl. 191 f), der das Schenkungsangebot als widerruflich angesehen hat, und, da der Widerruf durch die Erben vor der Annahme durch die Kläger als Begünstigte erfolgte, das wirksame Zustandekommen eines Schenkungsvertrages verneint hat und deshalb die Klage der Begünstigten gegen die Erben auf Zustimmung zur Auszahlung abgewiesen hat. Da die Kläger zwar Revision eingelegt, diese jedoch nicht begründet haben, ist es bei dieser Entscheidung verblieben und der Schaden war damit eingetreten.
Zur Begründung der Widerruflichkeit hat der 22. Senat ausgeführt, daß der Anspruch der Erben aus ungerechtfertigter Bereicherung unabhängig davon bestehe, ob Nr. 5 des Vertrages vom 13.06.1986 so auszulegen sei, daß der Erblasser sich zum Unterlassen des Widerrufs seines an die Kläger gerichteten Schenkungsangebots nur unter der aufschiebenden Bedingung verpflichten wollte, daß diese ihn überlebten, oder dahin, daß die Verpflichtung bereits mit Vertragsschluß Rechtswirkung erlangen und die Formulierung "für den Fall des Rechtsübergangs durch Tod" nur eine Erläuterung des Beweggrundes der Verpflichtung sein sollte. Für letztere Möglichkeit der Auslegung spräche, daß nur in diesem Fall ein "Verzicht" des Kunden (Erblassers) selbst auf den Widerruf des Schenkungsangebots vorläge und das mit der Vertragsklausel verfolgte Ziel - entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichts -, die Erben an das Schenkungsangebot zu binden, nach der Vorstellung der Vertragsschließenden nur auf diese Weise zu erreichen sei.
In beiden Fällen meint der 22. Senat fehle es jedoch an einem Schenkungsvertrag und damit an einem Rechtsgrund für die Zuwendung der Darlehensforderung gegen die Bank an die Kläger, da das Schenkungsangebot mit Rechtswirkung widerrufen sei.
c)
Diese Auffassung teilt der erkennende Senat vorliegend nicht. Nach Leitsatz 5 des Urteils des Bundesgerichtshofs (a.a.O.) kann - wie gesagt - ein Erbe das Schenkungsangebot grundsätzlich unter denselben Voraussetzungen widerrufen, wie der Erblasser. Da vorliegend Nr. 5 des Vertrages ein Widerrufsrecht des Erblassers ausschließt, gilt dies auch für die Erben, so daß das Schenkungsangebot vorliegend auch für diese nicht widerruflich war. Der zweite Satz des Leitsatzes Ziff. 5 soll nur den Fall klären, daß ein Erblasser sich selbst nicht binden will, aber seine Erben; also ihm selbst soll ein Widerrufsrecht zustehen, den Erben jedoch nicht. Nur für diesen Fall hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, daß der Erblasser dies nur dann erreichen kann, wenn er entweder die Form der letztwilligen Verfügung wählt (erbrechtliche Regelung) oder die Erben an dem betreffenden Rechtsgeschäft beteiligt (schuldrechtliche Lösung). Da sich der Erblasser vorliegend aber - wie dargelegt - selbst unwiderruflich verpflichtet hat, kommt es auf diese Fallgestaltung nicht an, sondern es muß dabei verbleiben, daß das Schenkungsangebot unwiderruflich war. Für diese Auslegung der Nr. 5 der Klausel, also sofortiger Verzicht des Kunden, des Erblasser, spricht zum einen bereits die Überschrift des Formulars: "Vertrag zugunsten Dritter ohne Widerrufsvorbehalt" zum anderen aber auch Sinn und Zweck der ganzen Vereinbarung. Hiermit soll die Zuwendung zum Zeitpunkt des Todes erfolgen, der Verzicht des Kunden, also des Erblassers auf das Recht zum Widerruf des Schenkungsangebots, jedoch sofort. Anderenfalls, also bei anderem Verständnis der Klausel, enthielte diese überhaupt keinen Verzicht des Kunden. Sollte der Verzicht erst zum Zeitpunkt des Todes gelten, hätte der Kunde, der Erblasser, überhaupt nicht verzichtet, da im Zeitpunkt des Todes die Rechte ohnehin auf die Erben übergehen. Das kann weder nach der Überschrift - ohne Widerrufsvorbehalt - noch nach der ratio der Klausel gemeint sein. Die Formulierung "für den Fall des Rechtsübergangs durch Tod" stellt mithin keine Bedingung im Rechtssinn, sondern lediglich eine Zeitbestimmung und Klarstellung dahin dar, daß der Kunde und Erblasser für die Zeit davor frei über sein Vermögen, verfügen kann. Hinsichtlich des Schenkungsangebots hat er sich jedoch sofort mit Abschluß des Vertrags zugunsten Dritter ohne Widerrufsvorbehalt gebunden.
Da die Beklagte zumindest nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs von der Unwiderruflichkeit ausgehen durfte, fehlt es jedenfalls an ihrem Verschulden. Einen Grundsatz derart, daß eine Bank aus größter Vorsorge unverzüglich das Schenkungsangebot an die Begünstigten übermitteln muß, um von vornherein einem etwaigen Widerruf der Erben zuvorzukommen, hält der Senat nicht für zutreffend. Dies würde nur dazu führen, daß eine Bank etwa verpflichtet sein könnte, berechtigten Auskunftsansprüchen der Erben solange nicht nachzukommen, bis die aus dem Vertrag zugunsten Dritter Begünstigten das Schenkungsangebot angenommen haben, wozu eine Bank nicht verpflichtet sein kann.
Geht man - wie der Senat - davon aus, daß mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorliegend Unwiderruflichkeit vorlag, wären etwaige Pflichtverletzungen nicht kausal für den behaupteten Schaden. Selbst wenn man - wie der 22. Senat - von einer Widerruflichkeit ausginge, trifft die Beklagte durch die Verwendung ihrer Klausel im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls kein Verschulden.
3.
Schaden:
Der Schaden hätte - jedenfalls nach Ansicht des Senats - vorliegend auch vermieden werden können, wenn die Kläger die in dem Vorprozeß eingelegte Revision durchgeführt hätten.
II.
Anspruch aus c.i.c.:
Insoweit könnte ein Anspruch nur dann in Betracht kommen, wenn, der Auffassung des Landgerichts folgend, aus dem Vertrag zugunsten Dritter für die Kläger noch keine Ansprüche herzuleiten wären und bis zum Vollzugsgeschäft aufgrund der Schenkung zwischen Kläger und Beklagter nur vorvertragliche Pflichten bestünden. Zwar scheint diese Auffassung zweifelhaft, letztlich kann eine Entscheidung insoweit aber dahinstehen, da es jedenfalls aus den Gründen zu I. 2. ebenfalls an einem Verschulden der Beklagten fehlt.
III.
Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Wert der Beschwer für die Kläger: 107.000 DM.
Die Festsetzung des Wertes der Beschwer beruht auf § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.