Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 12.05.1999, Az.: 13 U 38/99
Aufnahme nicht selbst akquirierter Homepages in ein eigenes Verzeichnis und Herstellen von Verknüpfungen zu diesen Homepages; Unterlassensanspruch auf Grund der Wettbewerbswidrigkeit der Aufnahme; Gefahr der Entwertung der eigenen Homepage wegen nachlassender Abfragehäufigkeit; Abfragehäufigkeit als entscheidendens Kriterium für das Plazieren von Werbung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 12.05.1999
- Aktenzeichen
- 13 U 38/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 30773
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1999:0512.13U38.99.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 07.12.1998 - AZ: 10 O 117/98
Rechtsgrundlage
- § 1 UWG
Fundstellen
- AfP 2000, 121
- AfP 1999, 409
- CI 1999, 184
- CR 1999, 523-524
- K&R 1999, 370-371
- MMR 1999, 480-481 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
- NJW-CoR 1999, 366-367
- NJW-RR 2001, 334 (Volltext mit amtl. LS)
- OLGReport Gerichtsort 2000, 270-271
- WRP 1999, 865 (Volltext mit amtl. LS) "Deep Links"
Amtlicher Leitsatz
Ein Homepage-Informationsdienst, der ohne Genehmigung in sein Verzeichnis Homepags aufnimmt, die von einem Wettbewerber akquiriert und unter dessen Domain präsentiert worden sind, handelt unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren Leistungsübernahme unterlauter im Sinn des § 1 UWG.
In dem Rechtsstreitverfahren
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
unter Mitwirkung
der Richter ... und ...
auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 1999
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Verden vom 7. Dezember 1998 geändert:
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im Internet Links (Verknüpfungen) ohne schriftliche Genehmigung der Klägerin oder ohne Urheberrechtsnachweis der Klägerin auf deren Domain "W.-online.de" direkt oder auf dort genannte Inserenten beginnend mit "w.online.de/..." zu schalten.
Die Kosten des Verfügungsverfahrens trägt der Beklagte.
Gründe
Die zulässige Berufung der Verfügungsklägerin hat Erfolg.
I.
Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) kann gemäß § 1 UWG verlangen, dass der Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagter) es unterlässt, unter seiner Internet-Domain gewerbliche Inserenten der Klägerin aufzuführen, ohne dass deutlich wird, dass diese Homepages der Inserenten von einem anderen Anbieter, nämlich der Klägerin, stammen.
1.
Die Parteien sind Wettbewerber. Die Aufnahme nicht selbst akquirierter Homepages in ein eigenes Verzeichnis und das Herstellen von Verknüpfungen zu diesen Homepages ohne Hinweis auf die Internet-Adresse des Klägers geschieht zum Zwecke des Wettbewerbs. Das Verhalten des Beklagten bei der Gestaltung seines Hompage-Informationsdienstes ist objektiv geeignet, den Absatz seiner Produkte zum Nachteil der Klägerin zu begünstigen. Der Beklagte wird dabei tätig, um seinen eigenen Wettbewerb gegenüber der Klägerin zu fördern. Beide Parteien konkurrieren auf dem Markt der Präsentation von Homepages, die unter ihrer Domain zu finden sind. Von der Reichhaltigkeit des Umfanges ihres Angebotes ist abhängig, in welchem Umfang Hompage-Werbende über die Klägerin oder über den Beklagten ihre Leistungen anbieten oder andere Unternehmen im Zusammenhang mit dem jeweiligen Informationsdienst beim Beklagten oder der Klägerin werben wollen.
2.
Die Aufnahme von Homepages, die von der Klägerin akquiriert wurden und unter deren Domain präsentiert werden, in ein eigenes Homepage-Verzeichnis ist wettbewerblich unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren Leistungsübernahme unlauter. Der Beklagte macht sich das Arbeitsergebnis der Klägerin zu Nutze, um unter Ersparnis eigener Kosten und Aufwendungen die Leistung der Klägerin auf den Markt zu bringen (vgl. zur Leistungsübernahme Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl., § 1 Rn. 498 m.w.N.).
Die Klägerin hat glaubhaft dargestellt, dass sie unter ihrer Domain ein schutzwürdiges Ergebnis eigener Leistungen präsentiert. Sie wendet erhebliche Kosten auf, um Homepage-Anbieter zu akquirieren und um ein möglichst umfassendes Angebot in den jeweiligen gewerblichen Bereichen der Homepageanbieter gewährleisten zu können. Dieses Arbeitsergebnis übernimmt der Beklagte, wenn er unter seiner Domain dem Internet-Benutzer unterschiedslos eigene und fremde Homepages präsentiert. Er suggeriert dem Benutzer, er, der Beklagte, sei auf Grund eigener Leistung in der Lage, dieses umfassende Angebot zu unterbreiten und er verfüge über die geschäftlichen Kontakte zu allen von ihm in seinem Informationsdienst aufgeführten Unternehmen. Er will und kann auf diese Art und Weise erreichen, dass mehr Benutzer auf seine Internet-Adresse aufmerksam werden und die dort vorhandene Werbung wahrnehmen. Damit erhöht er das eigene Prestige.
Dieses Verhalten birgt für die Klägerin die Gefahr in sich, dass Internet-Benutzer auf die Nutzung ihrer Internet-Adresse verzichten, weil sie unmittelbar beim Beklagten dieselben und noch darüber hinausgehende gewerbliche Informationen erhalten. So steigert der Beklagte die Attraktivität seines Informationsdienstes und wird das Internet-Angebot der Klägerin wesentlich entwertet, weil die Internet-Adresse der Klägerin nicht mehr so häufig frequentiert wird. Da die Abfragehäufigkeit für die werbenden Unternehmen ein entscheidendes Kriterium für das Plazieren von Werbung ist, ist der Beklagte gegenüber der werbenden Wirtschaft im Raum ... in der Lage, werbewirksame Eigenschaften seines Unternehmens zu eröffnen, die er nicht selbst, sondern nur mittels des Leistungsergebnisses der Klägerin geschaffen hat. Dadurch wird die Klägerin letztendlich systematisch um die ihr zustehenden Früchte ihrer Arbeit, das Akquirieren und Zusammenstellen von Homepages für werbende Unternehmen gleichsam auf einem Marktplatz, gebracht. Dementsprechend ist die von dem Beklagten vorgenommene Gestaltung seines Informationsdienstes, die dem Benutzer keinerlei Hinweis auf die Internet-Adresse der Klägerin gibt, ungeachtet der grundsätzlichen Zulässigkeit von so genannten Links (Verknüpfungen) im Internet mit anderen Homepages zu verbieten.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil dieses Urteil rechtskräftig ist.