Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 27.03.1986, Az.: 4 U 64/85

Unterlassung des Freilaufs von Katzen ; Betreten eines Grundstücks durch eine Katze

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
27.03.1986
Aktenzeichen
4 U 64/85
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1986, 18334
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1986:0327.4U64.85.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG ... - AZ: 6 O. 359/84

Fundstellen

  • MDR 1986, 672 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 1986, 821-822 (Volltext mit red. LS)
  • VersR 1986, 973-974 (Volltext mit red. LS)

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat
auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 1986
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters ... sowie
der Richter ... und ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 28. Dezember 1984 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts ... unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und wie folgt gefaßt:

Die Beklagten werden verurteilt, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes dafür zu sorgen, daß das Grundstück des Klägers ... in ... nicht durch mehr als eine (und dieselbe) der von ihnen gehaltenen Katzen betreten wird.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die außergerichtlichen Auslagen der Widerbeklagten zu 2) werden den Beklagten auferlegt, die übrigen Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu 4/5 und der Kläger zu 1/5.

Die durch die Anrufung des Amtsgerichts ... entstandenen Kosten trägt der Kläger allein.

Der Streitwert wird auf 3.000 DM festgesetzt, die Beschwer der Beklagten beträgt 2.500 DM, die Beschwer des Klägers 500 DM.

Tatbestand

1

Die Parteien sind Nachbarn, die Beklagte zu 2) hält wenigstens drei Katzen, die das benachbarte Grundstück des Klägers betreten. Im Verlaufe des Rechtsstreits ist eine dieser Katzen gestorben oder jedenfalls verschwunden.

2

Die Parteien streiten darüber, wie viele Katzen die Beklagte zu 2) hält, ob sie fremde Tiere durch Fütterung anlockt, auch der Beklagte zu 1) als Halter der Katzen anzusehen ist und schließlich darüber, ob der Kläger das Betreten seines Grundstücks durch Katzen der Beklagten generell oder wenigstens unter Berücksichtigung des Umstandes dulden muß, daß er und seine Ehefrau früher mit einer Katzenhaltung einverstanden gewesen sein sollen.

3

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes oder Ordnungshaft für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu unterlassen, das Grundstück ... in ... durch ungehinderten Freilauf der von ihnen gehaltenen Katzen in Zukunft zu beeinträchtigen.

4

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen,

5

widerklagend,

den Kläger und die Widerbeklagte zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, dafür zu sorgen, daß sich der von ihrem Grundstück ... in ... augesäte Klee sowie das dort angepflanzte Unkraut - insbesondere Brennesseln und Franzosenkraut - infolge Samenfluges nicht auf das im Eigentum der Beklagten stehende Grundstück ... ausbreiten kann.

6

Der Kläger und die Widerbeklagte zu 2) haben beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

7

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen, auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

8

Mit ihrer Berufung vertiefen die Beklagten ihren Vortrag zu der Frage, ob der Kläger - insbesondere im Hinblick auf sein Jahre zuvor geäußertes Einverständnis mit der Katzenhaltung - verpflichtet ist, das Betreten seines Grundstücks durch ihre Katzen zu dulden. Außerdem greifen die Beklagten die Beweiswürdigung des Landgerichts zu der Frage an, ob vom Grundstück des Klägers Samenflug insbesondere von Rotklee, auf ihr Anwesen stattfindet.

9

Die Beklagten beantragen,

  1. 1.

    das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen,

  2. 2.

    auf die Widerklage den Kläger und die Widerbeklagte zu 2) zu verurteilen, geeignete Maßnahmen zu schaffen, die es unmöglich machen, daß der auf dem von ihnen bewohnten Grundstück ... in ... augesäte Klee, die dort weiter angepflanzten Brennesseln, Sauerampfer, Löwenzahn und Melde sich infolge Samenfluges auf das Nachbargrundstück der Beklagten ... ausbreiten können.

10

Der Kläger und die Widerbeklagte beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

11

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Die Berufung ist im wesentlichen nicht begründet.

13

I.

Der Kläger ist verpflichtet, das Betreten seines Grundstücks jedenfalls durch eine Katze der Beklagten zu dulden.

14

1.

Auf den vorliegenden Fall ist § 906 BGB nicht anwendbar, weil Tiere von erheblicher Größe - wie Katzen - nicht mehr als unwägbare Immissionen im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sind (ganz herrschende Lehre und Rechtsprechung, vgl. OLG Köln, Urt. v. 17.9.1982, 20 U 44/82 (nicht veröffentlicht) sowie ausführliche Nachweise bei Palandt-Bassenge, 46. Aufl. 1986, Rdn. 2 b cc zu § 906 BGB).

15

2.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH JZ 1963, 406 [BGH 28.09.1962 - V ZR 233/60]; NJW 1984, 729) kann ausnahmsweise eine Beeinträchtigung des eigenen Grundstücks aufgrund des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses hinzunehmen sein, das eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist, und zwar jedenfalls insoweit, als der Regelungsbereich des § 906 BGB nicht einschlägig ist.

16

In der Rechtsprechung ist die Frage, ob und inwieweit jemand verpflichtet ist, das Betreten seines Grundstücks durch Katzen der Nachbarn zu dulden, umstritten. Während das Amtsgericht Passau (NJW 1983, 2885) eine Duldungspflicht des Grundstückseigentümers verneint, haben das Landgericht Augsburg (NJW 1985, 499) sowie das Oberlandesgericht Köln (s.o.) entschieden, das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis beinhalte eine Duldungspflicht zum Betreten durch wenigstens eine Katze, während das Landgericht Nürnberg/Fürth (11 S 7844/84) sogar zwei Katzen für zumutbar hält.

17

Der Senat neigt dazu, in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht Köln und dem Landgericht Augsburg das Betreten eines Grundstücks durch eine Katze des Nachbarn generell für zumutbar zu halten, auf jeden Fall besteht diese Verpflichtung des Klägers angesichts der Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts.

18

a)

Die Parteien bewohnen Reihenhäuser mit Gärten, sie leben mithin in einem Gebiet mit dem Charakter eines Vorortes. Wollte man dem Verlangen des Klägers entsprechen, so würde dies im Ergebnis zu einem Verbot jeglicher Katzenhaltung führen, denn diese Tiere können nicht ständig im Hause gehalten oder an der Leine geführt werden, wobei dies im übrigen auch keine artgerechte Tierhaltung wäre. Da die Beklagten, wenn sie einem Tier freien Auslauf gewähren, immer damit rechnen müssen, daß ihre Katze - wenn auch nur gelegentlich - das Grundstück des Klägers betritt und sie damit Gefahr liefen, daß gegen sie ein Ordnungsgeld festgesetzt wird, so bliebe ihnen faktisch nichts anderes übrig, als das Tier abzuschaffen. Dies ist jedoch in der Regel mit den Geboten von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren, weil jedenfalls in Gebieten mit Vorortcharakter (ebenso OLG Köln, LG Nürnberg-Fürth, a.a.O.) Tierhaltung in gewissem Umfang geduldet werden muß, zumal ein Tier - gerade bei alten Menschen - auch als Ersatz für eine fehlende Bezugsperson in Betracht kommt. Im übrigen gehen von einem Tier auch regelmäßig nur geringfügige Belästigungen aus, denn normalerweise pflegen Katzen ihre Ausscheidungen zu vergraben und aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich im übrigen, daß er - bezogen auf ein einziges Tier - das Betreten seines Grundstücks nur ein- bis zweimal pro Monat festgestellt hat.

19

b)

Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß der Kläger und seine Ehefrau in den vergangenen Jahren der Katzenhaltung der Beklagten jedenfalls positiv und aufgeschlossen gegenübergestanden haben, mag auch im einzelnen zwischen den Parteien streitig sein, ob der Kläger und seine Ehefrau ein Verhalten an den Tag gelegt haben, das man als ausdrückliche Billigung der Katzenhaltung ansehen könnte. Aus der Beweisaufnahme erster Instanz läßt sich jedoch eindeutig entnehmen, daß der Kläger und seine Ehefrau jedenfalls im Jahre 1981 mit der Tatsache, daß die Beklagten drei Katzen hielten, durchaus einverstanden waren.

20

Darüber hinaus bevorzugen die Katzen nach dem Vortrag des Klägers sein Grundstück gerade deshalb, weil der Kläger und seine Frau auf ihrem Anwesen ein Feuchtbiotop geschaffen haben, das Sträuchern und Pflanzen ein natürliches Wachstum ermöglicht. Gerade wenn der Kläger auf dem Standpunkt steht, es stehe ihm frei, Gräser und Pflanzen auf seinem Grundstück "wild" wachsen zu lassen und keine bzw. kaum gärtnerische Maßnahmen zu treffen, so widerspricht es Treu und Glauben, wenn der Kläger sich im gleichen Atemzuge über den Umstand beschwert, daß dieser Zustand für die Katzen eine besondere Anziehungskraft ausstrahlt.

21

Schließlich sind die Parteien im Jahre 1981 übereingekommen, darauf zu verzichten, den bauseitig vorgesehenen Zaun zu ziehen, damit nicht lauter käfigartige Kleingrundstücke entstehen. Auch dieser Gesichtspunkt spricht zugunsten einer Duldungspflicht des Klägers, denn es geht nicht an, daß der Kläger - noch in der mündlichen Verhandlung - seine Zustimmung zur Errichtung eines auf der Grenze stehenden Zaunes verweigert und gleichzeitig eine Beeinträchtigung durch die Katzenhaltung der Beklagten beanstandet, denn zweifellos würde die Zahl der Fälle, in denen Katzen der Beklagten sein Grundstück betreten, wesentlich geringer sein, wenn zwischen diesen beiden Grundstücken ein Zaun gezogen wäre.

22

3.

Der Kläger ist allerdings nicht verpflichtet, mehr als eine Katze zu dulden, sein Abwehranspruch ergibt sich insoweit aus § 1004 BGB.

23

Der Senat vermag sich nicht der Auffassung des Landgerichts Nürnberg-Fürth anzuschließen, daß jeder Grundstückseigentümer auch das Betreten seines Anwesens durch zwei Katzen der Nachbarn hinnehmen müsse, denn bei dem Gedanken des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz, wonach jedermann Einwirkungen auf sein Eigentum untersagen darf. Es ist auch nicht zweifelhaft, daß von den Katzen gewisse Beeinträchtigungen ausgehen, ferner ist kein zwingender Grund ersichtlich, warum jemand sich mit mehr als einem Tier umgeben muß und schließlich darf nicht außer Betracht gelassen werden, daß sich die Zahl der Katzen dadurch, daß auch andere Nachbarn diese Tiere halten, erheblich erhöhen und dementsprechend unzumutbare Beeinträchtigungen entstehen könnten, zumal der Kläger und seine Frau jetzt ein kleines Kind haben, das sie unbeaufsichtigt im Garten spielen lassen wollen. Insofern gewinnt ihr Argument Gewicht, sie befürchteten, das Kind könne Katzenkot ausgraben oder Reste finden.

24

4.

Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht auch keine Duldungspflicht für mehr als eine Katze, weil der Kläger und seine Frau im Jahre 1981 über die Katzenhaltung erfreut waren Grundsätzlich entsteht aus dem Umstand, daß jemand einen Zustand, den er nicht zu dulden verpflichtet ist, hinnimmt, kein Rechtsanspruch der anderen Partei auf Beibehaltung dieses Zustandes für unabsehbare Zeit. Anders kann es lediglich dann sein, wenn einer der Partner im Vertrauen auf das Verhalten des anderen Dispositionen getroffen hat, die die Aufrechterhaltung der derzeitigen Situation als nach Treu und Glauben geboten erscheinen lassen. Die Katzen der Beklagten waren jedoch von Anfang an vorhanden, sind nicht erst mit Zustimmung des Klägers und seiner Ehefrau angeschafft worden, und wenn der Kläger und seine Frau zunächst im Rahmen gutnachbarlicher Beziehungen darauf verzichtet haben, ihre Rechte wahrzunehmen, so entsteht daraus, wie auch schon das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat, keine rechtliche Verpflichtung für die Zukunft, jedenfalls dann nicht, wenn sich die Umstände (Familienzuwachs) wesentlich ändern.

25

5.

Der Unterlassungsanspruch besteht auch gegenüber beiden Beklagten, denn es ist gleichgültig, wer Eigentümer der Katzen ist. Unstreitig werden die Tiere zumindest teilweise auch von dem Beklagten zu 1) gefüttert und beaufsichtigt, er ist im übrigen mit der Katzenhaltung seiner Ehefrau einverstanden und als Miteigentümer des Grundstücks damit ebenfalls Störer im Sinne von § 1004 BGB.

26

II.

Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten, die ihre Katzenhaltung allenfalls dann einschränken wollen, wenn der Kläger der Errichtung eines Zaunes auf der gemeinsamen Grundstücksgrenze zustimmt, ist nicht gerechtfertigt.

27

Nach dem übereinstimmenden Vortrag haben sich die Parteien anläßlich des Bezuges der Häuser darauf geeinigt, den bauseitig vorgesehenen Zaun nicht zu errichten und stattdessen Büsche zu pflanzen, weil beide verhindern wollten, daß die Grundstücke ein käfigartiges Aussehen erhalten.

28

Das von den Beklagten geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht dient ersichtlich dem Zweck, auf diese Weise zu erreichen, daß sie auch in Zukunft ihren beiden noch vorhandenen Katzen freien Auslauf gewähren dürfen. Nachdem der Senat aber nunmehr entschieden hat, daß der Kläger und seine Ehefrau das Betreten ihres Grundstücks lediglich durch eine Katze dulden müssen, gibt es kein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag der Beklagten mehr. Für den Zaun gilt zwar im Grundsatz dasselbe wie für die Katzenhaltung, d.h. das Einverständnis mit einem bestimmten Zustand kann aus wichtigem Grund zurückgezogen werden. Solange die Beklagten die Hoffnung hegen konnten, der Senat werde ihnen freien Auslauf von zwei Katzen zubilligen, sofern die Grundstücke durch einen Zaun getrennt sind, solange war es auch gerechtfertigt, dies von dem Kläger zu verlangen. Nachdem nunmehr jedoch nur eine Katze erlaubt ist, gibt es selbst aus der Sicht der Beklagten kein berechtigtes Interesse mehr daran, vom Kläger ein Einverständnis mit der Errichtung des Zaunes zu verlangen, denn die Beklagten sind nach ihrem eigenen Vorbringen damals wie heute an diesem Zaun als solchem überhaupt nicht interessiert. Richtig ist zwar, daß die Beeinträchtigungen des Grundstücks des Klägers bei Errichtung eines Zaunes abnehmen würden. Dieses Ergebnis können die Beklagten aber nicht erzwingen, weil dadurch nicht ihr Rechtskreis berührt wird. Wenn der Kläger bisher davon ausging, das Betreten seines Grundstücks durch fremde Katzen werde insgesamt untersagt, so muß es in seinem Belieben stehen, ob er nunmehr der Errichtung eines Zaunes zustimmt, um dadurch die Beeinträchtigungen durch eine Katze zu verringern oder ob er sich in Zukunft auf den Standpunkt stellt, daß ihn der zweifellos unerfreuliche Anblick eines Drahtzaunes mehr stört als das Betreten seines Grundstücks durch eine Katze. Die Beklagten versuchen im Ergebnis, den Kläger vor sich selbst zu schützen.

29

Ein Anspruch der Beklagten auf Zustimmung des Klägers zur Errichtung des bauseitig vorgesehenen Zaunes könnte sich allerdings dann ergeben, wenn es zu weiteren Auseinandersetzungen der Parteien über die Katzenhaltung kommen sollte. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, dürfen die Beklagten ihr ursprüngliches Einverständnis, statt des Zaunes Büsche auf die Grenze zu setzen, zurückziehen, sofern es dafür einen vernünftigen Grund gibt. Zur Zeit besteht dieser Anspruch noch nicht, weil nicht auszuschließen ist, daß der Kläger nunmehr die Haltung einer Katze durch die Beklagten im Hinblick auf die inzwischen relativ einhellige Rechtsprechung zu dieser Frage akzeptiert. Sollte dies jedoch nicht der Fall sein und sollte es in Zukunft zu weiteren Streitigkeiten zwischen den Parteien in dem Sinne kommen, daß sich der Kläger über das zu häufige Betreten seines Grundstücks durch diese eine Katze beschwert, die Gefährdung seines Kindes mit der Begründung geltend macht, das Kind könne möglicherweise Katzenkot ausgraben und dann die Finger in den Mund stecken, oder Schadensersatzansprüche wegen etwaiger Schäden ankündigt, dann allerdings hätten die Beklagten einen Anspruch auf Zustimmung des Klägers zur Errichtung eines Zaunes, denn ihr berechtigtes Interesse an diesem Zaun ist jedenfalls dann anzuerkennen, wenn dieser Zaun geeignet ist, weitere Streitigkeiten mit dem Nachbarn über die Katzenhaltung entweder zu verhindern oder doch wesentlich einzuschränken.

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III.

Die Widerklage ist nicht begründet, weil jedenfalls eine wesentliche Beeinträchtigung nicht festzustellen ist.

31

Zunächst einmal läßt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit Sicherheit feststellen, daß der Kläger Rotklee ausgesät hat. Der Zeuge Kratzke hat zwar bekundet, er habe beobachtet, wie der Kläger ein Saatgemisch ausgesät habe; für den Senat ist aber ebensowenig wie für das Landgericht nachvollziehbar, aufgrund welcher Umstände der Zeuge in der Lage gewesen sein soll, zu beurteilen, daß es sich gerade um Samen von Rotklee gehandelt hat.

32

Allerdings bestehen Zweifel daran, ob man mit dem Landgericht davon ausgehen kann, der Samenflug vom Grundstück des Klägers sei nicht bewiesen, zumal den Beklagten insoweit § 287 ZPO zur Seite stehen dürfte. Immerhin haben die Eheleute Kratzke übereinstimmend bekundet, auf dem Grundstück des Klägers wachse Rotklee in großen Mengen und von der städtischen Anlage könne dies nicht herrühren, weil sich ihr Grundstück auch am Rande der städtischen Anlage befinde, ohne daß dort Rotklee zu finden sei. Da das Landgericht keine Bedenken an der Glaubwürdigkeit dieser Zeugen hatte, hätte man diese Aussagen als einen ausreichenden Beweis ansehen können.

33

Ein Unterlassungsanspruch der Beklagten liegt im vorliegenden Fall nicht ganz fern, denn die Tatsache, daß auf dem Grundstück des Klägers und seiner Ehefrau viel Rotklee wächst, spricht doch dafür, daß der Rotklee nicht nur von der städtischen Anlage herrührt und der Kläger jedenfalls mehr getan hat, als Gras lediglich wachsen zu lassen. Gerade wenn der Kläger, wie er selbst vorträgt, das Grundstück zweimal im Jahr nach biologischen Grundsätzen mäht, dann läßt sich sagen, daß er das Wachsen von Rotklee in eine bewußt gestaltete Gartenkultur einbezieht und dementsprechend ein positives Tun vorliegt, das grundsätzlich geeignet ist, einen Unterlassungsanspruch auszulösen.

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Im vorliegenden Fall konnte der Klage aber jedenfalls deshalb nicht stattgegeben werden, weil Anhaltspunkte dafür, daß eine mehr als wesentliche Beeinträchtigung gegeben ist, nicht vorhanden sind. Gerade wenn im Rahmen des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses gewisse Beeinträchtigungen hinzunehmen sind, so muß dies nicht nur für das Betreten durch eine Katze, sondern umgekehrt auch für Samenflug gelten. Da die Frage der Wesentlichkeit aus der Sphäre der Beklagten herrührt, hätte es ihnen unbeschadet der an sich umgekehrten Beweislast oblegen, zunächst einmal im einzelnen darzulegen, in welchem Umfang sich Rotklee auf ihrem Grundstück ausbreitet und welche Arbeiten in welchen Abständen sie vornehmen müssen, um den Garten wieder in einen ihren Wünschen entsprechenden Zustand zu versetzen. Dies hätte beispielsweise zum einen durch Fotos, zum anderen durch Angaben hinsichtlich der Arbeitszeit geschehen können. Nach alledem läßt sich eine wesentliche Beeinträchtigung jedenfalls zur Zeit nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen.

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Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92, 708 Nr. 10 und 713 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert wird auf 3.000 DM festgesetzt, die Beschwer der Beklagten beträgt 2.500 DM, die Beschwer des Klägers 500 DM.