Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 09.10.2018, Az.: 1 A 133/16

Bundesbehörden; Deutsche Telekom AG; mittlerer Dienst; Dokumentationspflicht; betriebliches Eingliederungsmanagement; Leistungseinschränkung, konkrete; Suchanfrage; Suchpflicht

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
09.10.2018
Aktenzeichen
1 A 133/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2018, 74292
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die pauschale Aussage der Beklagten, im Bereich eines weltweit konkurrierenden und auf Gewinnoptimierung ausgerichteten Unternehmens wie der Deutschen Telekom AG gebe es auch für den mittleren Dienst keine „Schon-Arbeitsplätze“ mit Tätigkeiten ohne Zeit- und Termindruck, vermag die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Suche nach einer anderweitigen Verwendung des als leistungsgemindert eingestuften Beamten nicht zu relativieren.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Versetzung der Klägerin in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit.

Die am XX. XX XXXX geborene und zuletzt in D. -E. wohnende Klägerin trat am 1. September 1980 in ein Beschäftigungsverhältnis bei der damaligen Deutschen Bundespost – Fernmeldewesen – ein. Am 1. November 1985 erfolgte ihre Verbeamtung im mittleren nichttechnischen Fernmeldedienst der Deutschen Bundespost. Zuletzt bekleidete sie das Amt einer Fernmeldeobersekretärin (Besoldungsgruppe A 7) und war bei der Deutschen Telekom AG mit Dienstort in H. eingesetzt.

In den vergangenen Jahren wurde die Klägerin wie folgt dienstlich verwendet:

Ab dem 1. Januar 2004 war sie in Vollzeit bei der „Kundenniederlassung Spezial“ in H. als Agentin Hotline-Office zur telefonischen Kundenbetreuung eingesetzt. Aufgrund des Betriebsübergangs wurde sie zum 1. September 2007 vorläufig der V. C. Services GmbH zugewiesen und in der Zeit vom 1. Januar bis zum 23. November 2008 zur Weiterbeschäftigung auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz gemäß § 13 Abs. 1 SUrlV beurlaubt. Ab dem 24. November 2008 wurde die Klägerin zur Bundesagentur für Arbeit, Standort I. abgeordnet und dort bis zum 24. Mai 2009 als Fachassistentin in der Leistungsgewährung verwendet. Anschließend war die Klägerin in der Zeit ab dem 8. September 2009 der TELDAS GmbH zugewiesen und wurde von dieser offenbar bis zum 30. September 2010 als Kundenberaterin „Back-Office“ im Service Center H. eingesetzt. Danach erfolgte bis zum 31. Dezember 2011 eine Abordnung zum Landkreis H., wo die Klägerin als Sachbearbeiterin im Team „Zensus 2011“ tätig war. Diese Abordnung wurde aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig beendet, nachdem die Klägerin im November 2011 eine schwere psychische Dekompensation mit Panikattacken sowie eine Verschlechterung ihrer Kopfschmerzsymptomatik erleiden musste. Seit dem 1. Januar 2012 führte der Personalbereich der Deutschen Telekom AG die Klägerin mit dem Status „Beschäftigungslosigkeit“ bzw. „steht zur Arbeitsvermittlung zur Verfügung“.

Nach einem längeren Klinikaufenthalt unterzog sich die Klägerin bei der Deutschen Telekom AG einer betrieblichen Wiedereingliederungsmaßnahme am Standort H., die insgesamt sechs Wochen dauerte, beginnend mit zwei Wochen, in denen die tägliche Dienstzeit zwei Stunden betrug. Der Umfang der Arbeitszeit der Klägerin wurde im 2-Wochen-Rhythmus um jeweils zwei weitere Stunden auf zuletzt sechs Stunden täglichen Dienstes gesteigert. Dabei war der Klägerin ein Arbeitsplatz in der Dienststelle J. am Standort der Deutschen Telekom AG in H. zugewiesen, der speziell für das betriebliche Eingliederungsmanagement geschaffen worden war. Dort war die Klägerin mit der Übertragung von Liegenschaftsregister- und grundbuchrelevanten Daten befasst. Diese betriebliche Wiedereingliederungsmaßnahme wurde sowohl vom Leiter dieser Dienststelle als auch von dem mit dem betrieblichen Eingliederungsmanagement der Deutschen Telekom AG betrauten betriebsärztlichen Dienstleister B.A.D. (Gesundheitszentrum K.) als erfolgreich verlaufen festgestellt.

Im Anschluss hieran unternahm der Personalbereich der Deutschen Telekom AG im April 2013 den Versuch, die Klägerin als Sachbearbeiterin Back Office bei der V. C. Service am Standort K. in einer Entfernung von etwa 59 Kilometern vom Wohnort der Klägerin einzusetzen. Hierzu versagte der zuständige Betriebsrat seine Zustimmung. Daraufhin wurde von der Deutschen Telekom AG ein Einigungsstellenverfahren eingeleitet, im Zuge dessen sich die Klägerin am 7. Januar 2014 beim Gesundheitsamt des Landkreises I. einer ersten amtsärztlichen Untersuchung im Hinblick auf ihre Dienstfähigkeit und etwaiger Einschränkungen derselben unterziehen musste. Der zuständige Amtsarzt Dr. L. gelangte in seiner Stellungnahme vom 28. Januar 2014 zu der Feststellung, dass die Klägerin seit vielen Jahren an Migräne und Spannungskopfschmerzen sowie wiederholten Episoden psychophysischer Erschöpfungszustände bzw. Erschöpfungsdepressionen (Burnout) leide und sich deswegen seit vielen Jahren in ambulanter fachärztlicher Behandlung befinde sowie mehrfach stationärer Behandlungs- und Kuraufenthalte zu unterziehen gehabt habe. Unter Berücksichtigung dieser Symptomatik gelangte Dr. L. zu der Einschätzung, es könne der Klägerin grundsätzlich eine Dienstfähigkeit attestiert werden, bestimmte Einschränkungen seien aber zu berücksichtigen. Vorrangig seien wesentliche psychische Belastungen und Konflikte im Aufgabenbereich des zukünftigen Dienstpostens zu vermeiden. Schichtdiensttätigkeit sei nicht zu empfehlen. Zudem sei eine unverhältnismäßige zeitliche Belastung im Zusammenhang mit dem täglichen Pendeln zum Arbeitsplatz zu vermeiden. Eine möglichst wohnortnahe Diensttätigkeit sei anzustreben, wobei die Bewältigung eines täglichen Arbeitswegs bis zu 30 Minuten einfache Strecke mit dem eigenen PKW oder öffentlichen Personennahverkehr zumutbar sei. Daneben sei zur Stabilisierung der gesundheitlichen Situation der Klägerin wöchentliches auswärtiges Übernachten sowie ein Umzug zum künftigen Dienstort aus amtsärztlicher Sicht nicht zu empfehlen.

Aufgrund dieser amtsärztlichen Stellungnahme gelangte die Einigungsstelle der Deutschen Telekom AG am 12. Mai 2014 zu der Empfehlung an den Arbeitgeber, die von ihm beabsichtigte Personalmaßnahme – den künftigen Einsatz der Klägerin bei dem Unternehmen V. in K. – zu unterlassen.

Das aus Sicht der Deutschen Telekom AG gescheiterte Einigungsstellenverfahren nahm diese im Mai 2014 zum Anlass, ein Verfahren der Zurruhesetzung der Klägerin wegen dauernder Dienstunfähigkeit einzuleiten. Im Zuge dieses Verfahrens hatte sich die Klägerin am 17. Juli 2014 einer erneuten amtsärztlichen Untersuchung durch Dr. L. zu unterziehen. In seinen gutachterlichen Stellungnahmen vom 21. Juli 2014 und ergänzend vom 29. August 2014 gelangte derselbe Amtsarzt zu der Einschätzung, es sei bei der Klägerin weiterhin von einer grundsätzlichen Leistungsfähigkeit bis zu 30 Wochenstunden auszugehen, sofern entsprechende Rahmenbedingungen Berücksichtigung fänden. Diese lägen insbesondere in der Vermeidung unregelmäßiger und ausgeprägter psychischer Belastungsfaktoren und Konflikten im Aufgabenbereich des zukünftigen Dienstpostens. Zudem solle eine Schichtdiensttätigkeit vermieden werden. Zudem sei die Klägerin aufgrund ihrer fortbestehenden Gesundheitsbeeinträchtigung nicht in der Lage, einen längeren Arbeitsweg, d.h. mehr als 30 Minuten Fahrzeit einfache Strecke, zu ihrem künftigen Dienstort zurückzulegen. Dies bedeute, dass die Klägerin auch nicht in der Lage sei, ohne Berücksichtigung eines wohnortnahen Einsatzes ihren dienstlichen Verpflichtungen in dem geforderten Umfang nachzukommen. Dies gelte auch für eine begrenzte Dienstfähigkeit (mindestens 17 Wochenstunden Dienstzeit). Zudem sei ein vollständiger Umzug der Klägerin von ihrem bisherigen Wohnort an den künftigen Dienstort aus amtsärztlicher Sicht nicht zu empfehlen, da eine Destabilisierung der gesundheitlichen Situation der Klägerin anderenfalls mit großer Wahrscheinlichkeit zu befürchten sei.

Seinen verbalen amtsärztlichen Stellungnahmen fügte Dr. L. gemäß den Vorgaben der Deutschen Telekom AG als Anlage ein Formblatt bei, auf dem er unter anderem ankreuzte:

- Arbeiten und Zeitdruck: Leistungsvermögen nicht vorhanden

- Arbeiten unter Termindruck: Leistungsvermögen nicht vorhanden

- Arbeiten unter Verkaufsdruck: Leistungsvermögen nicht vorhanden

- konfliktbehafteter (interner und externer) Kundenkontakt: Leistungsvermögen nicht vorhanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der amtsärztlichen Stellungnahmen und der beigefügten Anlage wird auf die Stellungnahmen vom 21. Juli 2014 (Blatt 29 ff. der Beiakte 001) und vom 29. August 2014 (Blatt 34 ff. der Beiakte 001) verwiesen.

Mit Verfügung vom 4. September 2014 stellte der zuständige Personalsachbearbeiter der Deutschen Telekom AG fest, dass die Klägerin dauernd dienstunfähig im Sinne des § 44 Abs. 1 BBG sei. Unter Berücksichtigung der zitierten amtsärztlichen Stellungnahmen komme er zu dem Schluss, dass die Klägerin den durchschnittlichen Anforderungen an das Amt einer Fernmeldeobersekretärin im beamtenrechtlich relevanten Zeitraum nicht mehr gewachsen sei. Zu dem amtsärztlich festgestellten Restleistungsvermögen sei zu sagen, dass eine solche Tätigkeit weder den Anforderungen des mittleren Dienstes entspreche und dass es im Konzern der Deutschen Telekom AG, und damit in einem Bereich eines weltweit konkurrierenden und auf Gewinnoptimierung ausgerichteten Unternehmens, derartige „Schon- Arbeitsplätze“ mit Tätigkeiten ohne Zeit- und Termindruck nicht gebe. Damit könne die Klägerin weder in einer ihrem Amt zugeordneten Funktion noch in einer gleichbesoldeten oder geringerwertigen Tätigkeit eingesetzt werden. Da die Klägerin auch über kein ausreichendes Teilleistungsvermögen mehr verfüge, komme eine Teildienstfähigkeit nicht in Betracht.

Auf dieser Grundlage hörte der zuständige Personalsachbearbeiter die Klägerin mit Schreiben vom selben Tage zu der beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand an.

Hiergegen erhob die Klägerin – anwaltlich vertreten – Einwendungen und bezog sich dabei im Wesentlichen auf die vom Amtsarzt festgestellte Dienstfähigkeit im Umfang von 30 Wochenstunden. Es gebiete daher die Fürsorgepflicht des Dienstherrn, ihr eine Stelle zuzuweisen, die unter Beachtung der amtsärztlich festgestellten Einschränkungen ihrem Amt entspreche. Hierfür reiche es nicht aus, dass die Deutsche Telekom AG lediglich pauschal ausführe, es gäbe in ihrem Bereich solche Stellen nicht. Vielmehr habe der Dienstherr dies darzulegen und zu belegen.

Die Stellungnahme der Klägerin bot der Deutschen Telekom AG erneut Anlass, eine dritte amtsärztliche Untersuchung anzuordnen, der sich die Klägerin am 28. April 2015 im Gesundheitsamt des Landkreises I. unterzog. Auf dieser Grundlage erstellte der zuständige Amtsarzt Dr. L. unter dem 27. Mai 2015 eine weitere Stellungnahme, die sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen lässt:

Aufgrund der im Wesentlichen unverändert vorhandenen chronischen Gesundheitsstörung der Klägerin bestünden fortwährend Leistungseinschränkungen dergestalt, dass regelmäßige und ausgeprägte psychische Belastungen und Konflikte im Aufgabenbereich des künftigen Dienstpostens der Klägerin zu vermeiden seien, ebenso Schichtdiensttätigkeit sowie ein längerer Arbeitsweg als 30 Minuten Fahrzeit für die einfache Strecke. Zudem sei ein vollständiger Umzug an einen neuen Dienstort aus gesundheitlichen Gründen nicht zu empfehlen. Ebenso sei ein aushäusiges Verbleiben am Dienstort (Zweitwohnung) amtsärztlich nicht zuzumuten. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen liege gleichwohl eine ausreichende Leistungsfähigkeit für Tätigkeiten bis zu 30 Wochenstunden vor. Lediglich ohne Berücksichtigung dieser Rahmenbedingungen sei keine ausreichende Leistungsfähigkeit vorhanden. Dies gelte auch für eine begrenzte Diensttätigkeit in einem Umfang vom mindestens 17 Wochenstunden. Eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustands der Klägerin sei nicht zu prognostizieren.

Dieser textlichen Stellungnahme fügte Dr. L. erneut die von der Deutschen Telekom AG vorgegebene „Anlage 2“ bei, die der Amtsarzt entsprechend derselben vom Juli und August 2014 ausfüllte.

In der Folgezeit unternahm die Deutsche Telekom AG den Versuch, innerhalb ihres Konzerns einen nach den amtsärztlichen Maßgaben geeigneten Dienstposten für die Klägerin zu finden. Hierzu ermittelte sie 24 Organisationseinheiten innerhalb des Konzerns, die sich im amtsärztlich vorgesehenen Einzugsbereich vom Wohnort der Klägerin aus befinden (vgl. Bl. 655 f. der Beiakte 004). Der zuständige Personalsachbearbeiter verwendete dazu einen formularmäßig erstellten Dateianhang „Prüfung anderweitiger Verwendung gemäß §§ 44 Abs. 2 bis 4 bzw. 45 BBG“, der einer entsprechenden Rundmail an diese Organisationseinheiten beigefügt war. Darin heißt es unter anderem:

Nach ärztlicher Aussage besteht bei der/dem Beschäftigtem folgendes Leistungsbild:

Beschreibung der Leistungsminderung

Leistungsminderung:

- Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit.

Leistungsvermögen nicht vorhanden:

- Arbeiten unter Zeitdruck/ Termindruck/ Verkaufsdruck,

- Arbeitszeit: vollschichtig/ Wechselschicht/ Nachtschicht,

- Kundenkontakt: konfliktbehaftet,

- Arbeitshaltung/Heben/Tragen: Zwangshaltung (über Kopf, hockend)/ Heben und Tragen > 15 Kilo.

Verbleibendes Leistungsvermögen:

Teamfähigkeit,

- Leistungsfähigkeit für Tätigkeiten bis 30 WAZ,

- Tagschicht (07:00 bis 18:00 Uhr),

- Kundenkontakt: direkt/ telefonisch,

- Arbeitshaltung/ Heben/ Tragen: überwiegend stehend, gehend, sitzend, im Wechsel,

- Fahrzeit: einfache Wegstrecke bis 30 Minuten (kein Umzug und Pendeln möglich).“

Wegen der Einzelheiten wird auf den exemplarischen Ausdruck vom 11. Juni 2015 (Blatt 87 der Beiakte 001) verwiesen.

Auf diese Anfragen antworteten ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (Bl. 650 ff der Beiakte 004 sowie Blatt 77 ff. der Beiakte 001) offenbar nur sieben der 24 angeschriebenen Organisationseinheiten. Sämtliche dieser sieben Organisationseinheiten erstatteten Fehlanzeige. Zudem antwortete mit E-Mail vom 22. Juni 2015 das Wasser- und Schifffahrtsamt M. und teilte mit, dass bei ihm derzeit keine freien Planstellen für Beamtinnen und Beamte zur Verfügung stünden.

Am 20. August 2015 setzte die Deutsche Telekom AG das Zurruhesetzungsverfahren betreffend die Klägerin fort und stellte fest, dass ihre Prüfung einer anderweitigen Verwendung erfolglos geblieben sei. Zugleich beantragte sie die Erteilung der erforderlichen aufsichtsbehördlichen Zustimmung. Unter dem 26. August 2015 stimmte die Bundesanstalt für Post- und Telekommunikation als Aufsichtsbehörde der Zurruhesetzung der Klägerin zu.

Unter dem 28. August 2015 erließ die Deutsche Telekom AG die streitgegenständliche Zurruhesetzungsverfügung, die der Klägerin am 1. September 2015 zugestellt wurde. Zur Begründung führte die Deutsche Telekom AG darin aus, die von der Klägerin erhobenen Einwendungen im Zurruhesetzungsverfahren seien nicht geeignet, Zweifel an der festgestellten Dienstunfähigkeit aufkommen zu lassen. Aufgrund der amtsärztlichen Stellungnahme vom 27. Mai 2015 sei festzustellen, dass die Klägerin den durchschnittlichen Anforderungen an eine Fernmeldeobersekretärin nicht mehr gewachsen sei. Das amtsärztlich festgestellte Restleistungsvermögen der Klägerin entspreche weder den Anforderungen des mittleren Dienstes, noch gebe es im Konzern der Deutschen Telekom AG, und damit in einem Bereich eines weltweit konkurrierenden und auf Gewinnoptimierung ausgerichteten Unternehmens, derartige „Schon-Arbeitsplätze“ mit Tätigkeiten ohne Zeit- und Termindruck. Die Prüfung einer anderweitigen Verwendung auch bei anderen Behörden sei im Rahmen eines Radius von 30 Kilometern um den Wohnort der Klägerin ebenfalls ohne Erfolg geblieben. Bei den Infrage kommenden Bundesbehörden habe eine den gesundheitlichen Anforderungen der Klägerin entsprechende Tätigkeit ebenfalls nicht zur Verfügung gestanden. Die Voraussetzungen für die Feststellung einer begrenzten Dienstfähigkeit lägen nicht vor.

Hiergegen hat die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 29. September 2015 Widerspruch erheben lassen, den sie trotz mehrfacher Verlängerung nicht weiter begründete. Daraufhin wies die Deutsche Telekom AG mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2016, der Klägerin am 29. April 2016 zugestellt, deren Widerspruch als unbegründet zurück und nahm dabei im Wesentlichen auf die gleichlautende Begründung des Ausgangsbescheids Bezug.

Hiergegen hat die Klägerin am 26. Mai 2016 Klage zum erkennenden Gericht erhoben. Zu deren Begründung macht Sie im Wesentlichen geltend, sie wende sich gegen die pauschale Behauptung der Beklagten, es gebe keine, ihrem Restleistungsvermögen entsprechende Stellen im Konzern der Deutschen Telekom AG. Deren Agieren verstoße gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Am Standort H. gebe es zahlreiche Dienstposten im Bereich Technik (Glasfasertechnik, Störungsstelle usw.), die sie auch unter Berücksichtigung ihrer gesundheitlichen Einschränkungen wahrnehmen könne. Auf einige dieser Dienstposten habe sie sich auch erfolglos beworben. Die Deutsche Telekom AG habe bei der angefochtenen Entscheidung die erfolgreich abgeschlossene Wiedereingliederungsmaßnahme ausgeblendet, die sie in deren Niederlassung in der J. in H. absolviert habe. Zudem habe die Beklagte lediglich in einem sehr beschränkten Zeitraum von Juni bis August 2015 nach geeigneten Dienstposten gesucht. Die Ergebnisse dieser Suche hätten zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung nicht mehr zugrunde gelegt werden können. Schließlich sei die Entscheidung der Beklagten ermessensfehlerhaft, weil diese ihren Einsatz auf geringwertigen Tätigkeiten nicht erwogen und keine Ausführungen zu § 45 BBG gemacht habe. Sie habe sich wiederholt eigeninitiativ auf verschiedene freie Stellen beworben, die in den verschiedenen betrieblichen Niederlassungen der Deutschen Telekom AG am Standort H. zur Besetzung ausgeschriebenen gewesen seien. Zudem habe sie sich verschiedenen Fortbildungsmaßnahmen erfolgreich unterzogen. Sie könne sich nunmehr etwa Tätigkeiten stellen, die beim „T-Punkt“ in einem Back Office vorzunehmen seien. Zudem könne sie sich eine Verkaufstätigkeit im „T-Punkt“ eher vorstellen als in einem Call-Center. Sie selbst habe nach Wirksamwerden der angefochtenen Zurruhesetzungsverfügung seit dem 21. Oktober 2015 einen Minijob in einer Postagentur wahrgenommen. Dies zunächst für einige Monate in der Postagentur in H. -N.. Später sei sie in die Postagentur gewechselt, die in den O. in der P. in H. integriert sei. Zuletzt habe sie eine Tätigkeit als Verkäuferin in der Postagentur im Q. in R. wahrgenommen. Diesen Minijob habe sie erst im April 2018 aus privaten Gründen aufgegeben.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 28. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 25. April 2016 aufzuheben und die Hinzuziehung ihres Bevollmächtigten im Vorverfahren zur notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wiederholt und vertieft sie die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid und dem Widerspruchsbescheid der Deutschen Telekom AG. Sie habe eine ordnungsgemäße Suche nach einem freien Dienstposten in Wohnortnähe der Klägerin sowohl im Konzern der Deutschen Telekom AG als auch bei Bundesbehörden durchgeführt. Diese Suche habe aufgrund der amtsärztlich festgestellten Einschränkungen jedoch erfolglos verlaufen müssen, da es praktisch keine Tätigkeit gebe, die unter Berücksichtigung der attestierten Leistungsminderungen und des Leistungswegfalls ausgefüllt werden könnten. Zum Umfang ihrer Pflicht zur Suche nach geeigneten Dienstposten ist sie der Ansicht, dass sie hierbei nicht nur auf die Konzernstruktur der Deutschen Telekom beschränkt sei, sondern diese – wie vorliegend geschehen – auch auf Bundesbehörden und weiteren Dienststellen erstrecke, die dem Dienstherrn Bund zuzuordnen seien. Es könne vor diesem Hintergrund allerdings nicht mehr aufgeklärt werden, warum im vorliegenden Einzelfall der Klägerin nur das Wasser- und Schifffahrtsamt in M. angefragt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen fünf Bände Personalakten der Beklagten (Beiakten 001 bis 005) verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet, denn der Bescheid der Deutschen Telekom AG vom 28. August 2015 in der Gestalt deren Widerspruchsbescheids vom 25. April 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Voraussetzungen für eine Versetzung der Klägerin in den Ruhestand aufgrund dauernder Dienstunfähigkeit gemäß § 44 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) in der hier maßgeblichen Fassung vom 6. März 2015 (BGBl. I S. 250) lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2016 nicht vor.

Gemäß § 44 Abs. 1 BBG ist die Beamtin auf Lebenszeit oder der Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur öffentlichen Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge von Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiter sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Nach Satz 3 und Absätzen 2 bis 4 dieser Vorschrift wird in den Ruhestand nicht versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Kann der Beamte den Anforderungen seines Amtes und denjenigen einer anderweitigen Verwendung nicht mehr voll entsprechen, aber unter Beibehaltung des übertragenen Amtes seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen, soll er für begrenzt dienstfähig erklärt werden (vgl. § 45 BBG).

Zur Annahme einer Dienstunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs. 1 BBG reicht es nicht aus, dass der Beamte die Aufgaben des von ihm wahrgenommenen Amtes im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) nicht mehr erfüllen kann. Denn Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Es umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen der Beamte amtsangemessen beschäftigt werden kann. Daher setzt Dienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (ständige Rechtsprechung des BVerwG, vgl. etwa Urteil vom 26. März 2009 – 2 C 73.08 –, BVerwGE 133, 297, zit. nach juris Rn. 14).

Im Bereich der privatrechtlich organisierten Deutschen Telekom AG gibt es keine Ämterstruktur mehr, wie sie § 18 BBesG für Behörden vorsieht. Die Bewertung der Funktionen und die Zuordnung der Aufgabenkreise zu einem bestimmten Statusamt, die Grundlage für die Bestimmung des amtsangemessenen und damit maßgeblichen Aufgabenkreises ist, liegt hier nicht vor. Daher müssen die in § 18 BBesG verwendeten Begriffe der Ämter und ihrer Wertigkeit an die organisatorischen Gegebenheiten der Postnachfolgeunternehmen angepasst werden. Diese Aufgabe erfüllt § 8 PostPersRG, der anordnet, dass gleichwertige Tätigkeiten bei den Aktiengesellschaften als amtsgemäße Funktionen gelten. Die Gleichwertigkeit der einem Beamten übertragenen Tätigkeit ist aufgrund eines Funktionsvergleichs mit den Tätigkeiten bei der früheren Bundespost zu beurteilen. Eine nach diesem Maßstab gleichwertige Tätigkeit gilt als amtsangemessene Beschäftigung (VG des Saarlandes, Urteil vom 10. Februar 2015 – 2 K 924/13 –, zit. nach juris Rn. 45).

Die Klägerin war bis zu ihrer zweimaligen Zuweisung nebst Beurlaubung sowie Abordnung an zwei andere Behörden bei der Deutschen Telekom AG in der Kundenniederlassung Spezial am Standort H. als Agentin Hotline-Office zur telefonischen Kundenbetreuung eingesetzt. Zwischen den Beteiligten besteht Einigkeit, dass diese frühere Beschäftigungsbehörde aufgrund des erfolgten Betriebsübergangs am Standort H. im Bereich der Deutschen Telekom AG nicht mehr existiert. Ihr „abstrakt-funktionelles Amt“ ist damit weggefallen, sodass sich die Beantwortung der Frage der gesundheitlichen Eignung der Klägerin in Bezug auf ihr zumutbare und gleichwertige Dienstposten bei anderen Organisationseinheiten der Deutschen Telekom AG fokussiert.

Den aus § 44 Abs. 1 Satz 3 BBG folgenden Grundsatz der „Weiterverwendung vor Versorgung“ hat die Beklagte im vorliegenden Fall der Klägerin nicht hinreichend Rechnung getragen, denn sie hat der hieraus folgenden Suchpflicht des Dienstherrn, deren Umfang und Ausgestaltung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist, nicht vollumfänglich entsprochen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 19. März 2015 – 2 C 37/13 –, Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 7, zit. nach juris) hat sich die gesetzlich vorgeschriebene Suche nach einer anderweitigen Verwendung des in seiner Beschäftigungsbehörde als dienstunfähig eingestuften Beamten regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken (a. a. O., Rn. 17). Die Suche muss sich zusätzlich auf die Dienstposten erstrecken, die gegenwärtig frei sind oder in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Die Pflicht zur vorrausschauenden Suche erstreckt das Bundesverwaltungsgericht auf einen Zeitraum von sechs Monaten. Es besteht lediglich keine Verpflichtung des Dienstherrn, bei anderen Behörden personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung des dienstunfähigen Beamten erst zu ermöglichen (a. a. O., Rn. 18).

Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich daneben formelle Anforderungen an die Suchanfrage der Beschäftigungsbehörde des Beamten. Die Suchanfrage muss eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten. Diese Kurzbeschreibung muss den angefragten Behörden die Einschätzung erlauben, ob der betroffene Beamte für eine Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich in Betracht kommt. Hierfür genügt es regelmäßig, die konkreten Leistungseinschränkungen mitzuteilen. Hingegen ist die Offenbarung der Diagnose oder gar von detaillierten Krankheitsbefunden weder erforderlich noch unter datenschutzrechtlichen Aspekten zulässig (a. a. O., Rn. 19).

Es ist schließlich Sache des Dienstherrn schlüssig darzulegen, dass er bei der ihm obliegenden Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die gesetzlichen Vorgaben des § 44 Abs. 1 Satz 3 BBG beachtet hat. Denn es geht hierbei um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zu Lasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob seine Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (a. a. O., Rn. 20 m. w. N.).

Die Verpflichtung zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten entfällt lediglich dann, wenn ihr Zweck im konkreten Einzelfall von vornherein nicht erreicht werden kann. Das kann dann der Fall sein, wenn der Beamte auf absehbare Zeit oder auf Dauer keinerlei Dienst leisten kann. Ist der Beamte generell dienstunfähig, ist eine Suche nach in Betracht kommenden anderweitigen Dienstposten oder Tätigkeitsfeldern nicht erforderlich. Eine solche generelle Dienstunfähigkeit ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass er für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die er wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet oder wenn bei dem Beamten keinerlei Restleistungsvermögen mehr festzustellen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. November 2017 – 2 A 5/16 –, Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 12, zit. nach juris Rn. 34 m. w. N.).

Dass die für die Beklagte hier handelnde Deutsche Telekom AG – HR Business Services mit Sitz in Darmstadt – diese höchstrichterlichen Vorgaben zur Suche nach einem geeigneten Dienstposten im vorliegenden Fall der Klägerin vollständig beachtet hat, konnte der Einzelrichter aufgrund des Vortrags der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung sowie nach Würdigung des gesamten Akteninhalts nicht feststellen. Dass der vom Bundesverwaltungsgericht beschriebene Ausnahmefall einer generellen Dienstunfähigkeit im vorliegenden Einzelfall einschlägig wäre, hat selbst die Beklagte nicht vorgetragen und kann angesichts des in den amtsärztlichen Stellungnahmen des Dr. S. wiederholt und nachvollziehbar festgestellten Restleistungsvermögens der Klägern von bis zu 30 Stunden wöchentlichen Dienstes sowie der von ihr erfolgreich absolvierten Phase betrieblichen Wiedereingliederungsmanagements als abwegig gelten. Dazu bedarf es keiner vertieften Ausführungen.

Zur fehlerbehafteten Suche der Beklagten nach einem für die Klägerin gesundheitlich geeigneten und ihr konkret zumutbaren Dienstposten im Einzelnen:

1.) Anhand der in den beigezogenen Personalakten nur teilweise enthaltenen Suchanfragen ist schon nicht feststellbar, dass die verantwortliche Personalstelle neben den zum Zeitpunkt ihrer Suche (Juni 2015) aktuell freien Dienstposten bei den angeschriebenen Organisationseinheiten der Deutschen Telekom AG auch solche abgefragt hat, die in den nächsten sechs Monaten, gerechnet ab dem Zeitpunkt ihrer Suchanfrage, konkret frei werden. So heißt es etwa in der E-Mail der zuständigen Sachbearbeiterin Mader vom 15. Juni 2015 an den Bereich „Technik“ (Bl. 80 der Beiakte 001):

„Dabei sind alle freien bzw. zukünftig frei werdende (z.B. durch Zurruhesetzung, Verrentungen, Passivphase Altersteilzeit) Arbeitsposten zu prüfen. In der Anlage erhalten Sie eine Liste der in Ihrem Betrieb in Frage kommenden freien Arbeitsposten bzw. eine Liste der Einheiten Ihres Betriebes, die im geographischen Einzugsgebiet der Beamtin liegen.“

Dieser Passus lässt völlig offen, welchen Suchzeitraum die damalige Personalsachbearbeiterin mit der Wendung „zukünftig“ vor Augen hatte und für den sie eine konkrete Antwort der abgefragten Organisationseinheiten erwartete. Da auch die in diesem Passus angesprochene „Liste“ der „freien Arbeitsposten“ zu der jeweiligen Suchanfrage nicht aktenkundig gemacht wurde, kann der Einzelrichter nicht feststellen, dass die Beklagte den vom Bundesverwaltungsgericht vorgegebenen Suchzeitraum von sechs Monaten mit ihren Abfragen abgedeckt hat.

Auch das diesen E-Mails als Dateianhang beigefügte Formular „Prüfung anderweitige Verwendung gemäß § 44 Abs. 2-4 bzw. § 45 BBG“ (vgl. exemplarisch Bl. 87 der Beiakte 001) spricht dafür, dass die zuständige Personalsachbearbeiterin seinerzeit ihre Suchanfrage nur auf die gegenwärtig freien Dienstposten beschränkt hat. Dort heißt es am Ende wörtlich:

„Wir bitten zu prüfen, ob für die / den Beamtin / -ten eine potenzielle Einsatzmöglichkeit besteht bzw. ob sie / er entsprechen ihres / seines verbleibenden Leistungsvermögens eingesetzt werden kann.“

Auch hier fehlt jegliche Bezugnahme zu dem maßgeblichen zeitlichen Horizont, auf den sich die Suchanfrage erstrecken soll. Mit der Verwendung des Verbs „besteht“ wird vielmehr betont, dass sich die Suche nach freien Dienstposten nur auf solche erstreckt, die gegenwärtig zur Besetzung zur Verfügung stehen.

Für die einzig abgefragte Bundesbehörde kann aufgrund der aktenkundigen E-Mail vom 11. Juni 2015 an das Wasser- und Schifffahrtsamt in M. (Blatt 653 der Beiakte 004) dagegen sicher ausgeschlossen werden, dass die damalige Personalsachbearbeiterin auch die in dieser Behörde des Bundes innerhalb der nächsten sechs Monate zur Besetzung freien Dienstposten abgefragt hat. So heißt es in dieser E-Mail lapidar:

„Bitte teilen sie uns bis zum 26. Juni 2015 mit, ob die Beamtin bei ihnen eingesetzt werden kann. In diesem Fall können weitere Einzelheiten bzw. Rückfragen mit uns abgestimmt werden.“

Eine Bezugnahme auf die in den nächsten sechs Monaten freiwerdenden Dienstposten im Wasser- und Schifffahrtsamt ist hierin nicht zu erblicken. Vor diesem Hintergrund nimmt nicht Wunder, dass die Antwort des Wasser- und Schifffahrtsamt M. mit E-Mail vom 22. Juni 2015 (Bl. 76 der Beiakte 001) lediglich pauschal mit der Begründung negiert wurde, „derzeit“ stünden keine freien Planstellen für Beamtinnen und Beamte zur Verfügung. Ob das Wasser- und Schifffahrtsamt freiwerdende Planstellen innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten überhaupt in den Blick genommen hat, bleibt bei dieser Formulierung im vagen. Dieser Umstand geht zu Lasten der Beklagten.

Der zeitliche Horizont von sechs Monaten, den das Bundesverwaltungsgericht für die erforderliche Suchanfrage vorgegeben hat, impliziert zugleich, dass das – aus Sicht der Klägerin negative – Ergebnis der von der Deutschen Telekom AG im Juni 2015 gestarteten und im August 2015 abgeschlossenen Suche nicht mehr der angefochtenen Widerspruchsentscheidung zugrunde gelegt werden konnte, die erst am 25. April 2016 getroffen wurde (zur Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung im Rahmen des § 44 BBG vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 – 2 C 7/97 –, BVerwGE 105, 267, zit. nach juris Rn. 16). Insoweit wäre die zuständige Personalsachbearbeitung der Deutschen Telekom AG verpflichtet gewesen, die spätestens zum Jahreswechsel 2015 / 2016 nicht mehr aktuellen Rückmeldungen der von ihr im Juni 2015 angeschriebenen Organisationseinheiten und Bundesbehörden keinesfalls für die von ihr zu treffende Widerspruchsentscheidung erneut heranzuziehen. Vielmehr wäre sie gehalten gewesen, die Organisationseinheiten und Dienststellen des Bundes im zumutbaren Einzugsbereich erneut abzufragen, ehe sie den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurückweist.

2.) Daneben genügen die von der zuständigen Personalsachbearbeitung im Juni 2015 vorgenommenen schablonenhaften Suchanfragen, wie sie im Tatbestand dieses Urteils wörtlich wiedergegeben sind, auch nicht der vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Anforderung, dass die konkreten Leistungseinschränkungen der Klägerin und das bei ihr konkret gegebene Restleistungsvermögen, wie es vom Amtsarzt Dr. S. in seinen textlichen Stellungnahmen spezifisch herausgearbeitet wurde, den angefragten Organisationseinheiten der Deutschen Telekom AG und dem Wasser-und Schifffahrtsamt in M. im Wege einer Kurzbeschreibung hätten mitgeteilt werden müssen. Dem hätte die zuständige Personalsachbearbeitung nur dadurch Genüge getan, indem sie die unter der Überschrift „Beurteilung anhand der gutachterlichen Zielfragen“ auf Seite 3 der letzten Stellungnahme des Dr. S. vom 27. Mai 2015 unter „Ad 1“ und „Ad2“ enthaltenen Passagen entweder wörtlich oder aber vollständig sinnentsprechend in ihre Suchanfragen übernommen hätte. Jedenfalls hätte die Kernaussage zur Einschränkung des klägerischen Leistungsvermögens in die Suchanfragen übernommen werden müssen, insbesondere, dass – bei wohnortnaher Verwendung außerhalb eines Schichtbetriebs – die maßgebliche Rahmenbedingung für ein bis zu 30 Wochenstunden umfassendes Restleistungsvermögen wie folgt amtsärztlich festgestellt wurde:

„Vermeidung regelmäßiger und ausgeprägter psychischer Belastung und Konflikten im Aufgabenbereich des Dienstpostens.“

Stattdessen hat sich die zuständige Personalsachbearbeitung im Rahmen der von ihr formulierten Suchanfrage durch bloße Verwendung des als Dateianhang ihren E-Mails beigefügten Formulars mit dem Titel „Prüfung anderweitige Verwendung gemäß § 44 Abs. 2-4 bzw. § 45 BBG“ darauf beschränkt, ausschließlich die amtsärztlichen Einschätzungen und Feststellungen weiterzugeben, die sie dem Formular „Anlage 2 zum Gutachten“ entnommen hat. Dieses zweiseitige Formular (exemplarisch Bl. 62 der Beiakte 001), welches einem von der Deutschen Telekom AG beauftragten Betriebs- oder Amtsarzt ausschließlich ein Ankreuzen erlaubt und so zwangsläufig zu einer unzureichenden, weil schablonenhaften Darstellung eines Leistungsvermögens – in den Kategorien „Leistungsvermögen vorhanden“, „Leistungsminderung“ und „Leistungsvermögen nicht vorhanden“ – führen muss, hatte sie jeweils den drei Gutachtenaufträgen an Dr. S. beigefügt und in diese Gutachtenaufträge die Maßgabe aufgenommen, der Amtsarzt habe „die Angaben zu den Leistungseinschränkungen wieder auf der beigefügten Anlage“ zu tätigen (vgl. Bl. 59 der Beiakte 001). Ein derartiges Formular zum ausschließlichen Ankreuzen von amtsärztlichen Feststellungen dürfte in einer Vielzahl von Fällen schon deswegen nicht zu im Einzelfall sachgerechten Ergebnissen führen, weil der Formularersteller die von ihm in den einzelnen Kategorien verwendeten Begrifflichkeiten wie „Arbeiten unter Zeitdruck“, „Arbeiten unter Termindruck“ und „Arbeiten unter Verkaufsdruck“ an keiner Stelle näher definiert, und deshalb zu missverständlicher Auslegung durch den Formularnutzer geradezu einlädt.

Der vorliegende Sachverhalt ist exemplarisch dafür, dass das amtsärztliche Verständnis von gesundheitlich unzumutbaren Arbeiten unter Zeit-, Termin- oder Verkaufsdruck im Falle der Klägerin ein anderes war, als von den angefragten Organisationseinheiten und dem Wasser- und Schifffahrtsamt offensichtlich angenommen. Während es auf der Hand liegt, dass der Amtsarzt mit seiner Formulierung „Vermeidung regelmäßiger und ausgeprägter psychischer Belastung und Konflikten“ in erster Linie eine hochfrequente kundenkontaktintensive Tätigkeit etwa in florierenden Ladengeschäften der Deutschen Telekom (z.B. am Verkaufstresen im „T-Punkt“) oder in deren zum Beschwerdemanagement eingesetzten Call-Centern als der Klägerin gesundheitlich nicht mehr zumutbar attestieren wollte, es ihm indes ersichtlich nicht darum ging, jeglichen Kundenkontakt oder jegliche termingebundene Bürotätigkeiten zugunsten der Klägern ebenfalls auszuschließen – etwa solche Tätigkeiten, wie von der Klägerin im Wege ihrer Abordnung als Sachbearbeiterin zur Vorbereitung des Zensus oder von ihr im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements als Sachbearbeiterin im Bereich der Liegenschaftsdatenverarbeitung wahrgenommen, aber auch Verkaufstätigkeiten wie von der Klägerin im Rahmen ihrer angezeigten Nebentätigkeiten als Servicekraft in Postagenturen –, hat die zuständige Personalsachbearbeitung der Deutschen Telekom AG durch bloße Übernahme der im Wege eines Ankreuzverfahrens gewonnenen amtsärztlichen Feststellungen bei den angefragten Stellen den Eindruck erweckt, die Klägerin könne im Verkauf oder in Call-Centern generell keine brauchbaren Leistungen mehr erbringen. Die zuständige Personalsachbearbeitung hat insbesondere bei der Übernahme der Feststellung „Arbeiten unter Termindruck – Leistungsvermögen nicht vorhanden“ verkannt, dass termingerechtes Arbeiten nicht pauschal mit dem Arbeiten unter „Termindruck“ gleichzusetzen ist, jedenfalls in dem hier entscheidungsrelevanten Kontext, in dem es aus amtsärztlicher Sicht einzig um den Ausschluss „ausgeprägter psychischer Belastung“ am Arbeitsplatz zugunsten der Klägerin ging. Sofern dies den für die Klägerin zuständigen Personalsachbearbeitern im Gesamtkontext nach Analyse der Aktenlage nicht hinreichend klar gewesen sein sollte, hätte es ihnen oblegen, bei dem beauftragten Amtsarzt konkret nachzufassen und unter Zugrundelegung von vorhandenen Arbeitsplatzbeschreibungen spezifische Back-Office-Tätigkeiten im Geschäftsbereich der Deutschen Telekom AG amtsärztlich als zumutbar oder unzumutbar bewerten zu lassen, um sich ein hinreichend klares Bild zum Restleistungsvermögen der Klägerin zu verschaffen, welches erst eine sachgerechte Suchanfrage an einzelne Organisationseinheiten und Bundesbehörden im zumutbaren Einzugsbereich des klägerischen Wohnortes erlaubt.

Der vorliegende Fall veranlasst das erkennende Gericht auch zu dem Hinweis, dass es in der Sache den von der Deutschen Telekom AG in den angefochtenen Bescheiden gezogenen pauschalen Schluss schon im Ansatz nicht für tragfähig hält, wonach eine dem Restleistungsvermögen der Klägerin entsprechende Tätigkeit in einem „weltweit konkurrierenden und auf Gewinnoptimierung ausgerichteten Unternehmen“ wie der Deutschen Telekom AG, generell nicht vorhanden sei, es mithin keine „Schon-Arbeitsplätze“ ohne Zeit- und Termindruck gebe. Zu diesem Argumentationsmuster der Personalsachbearbeitung der Deutschen Telekom AG hat bereits das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes in seinem Urteil vom 16. November 2015 – 1 A 56/15 – zutreffend ausgeführt, dass eine solche Wertung nicht geeignet sein kann, eine im einschlägigen Beamtengesetz im Interesse dienstunfähig gewordener Beamter verankerte Suchpflicht des Dienstherrn auszuhebeln (a. a. O., zit. nach juris Rn. 12). Insbesondere soweit es um vermindert leistungsfähige Beamte des ehemaligen mittleren Dienstes der früheren Deutschen Bundespost geht, löst die pauschale Behauptung der Deutschen Telekom AG, dass alle in ihrem Geschäftsbereich vorhandenen Dienstposten unter anderem ein hohes Maß an Flexibilität, Stressresistenz und Arbeiten unter Zeitdruck voraussetzten, es mithin auch insoweit keinen Arbeitsplatz gebe, der bei Vorhandensein eines Leistungsvermögens für allgemeine Bürotätigkeiten ausgefüllt werden könne, aus gerichtlicher Sicht – vorsichtig formuliert – Erstaunen aus. Eine derartige Aussage muss als außerordentlich vage bezeichnet werden, denn es fehlt ihr mangels Unterfütterung mit sie tragenden Tatsachenfeststellungen an Überzeugungskraft (vgl. OVG des Saarlandes, a. a. O., zit. nach juris Rn. 11).

Hinzuweisen ist daneben auf den Umstand, dass die angefochtene Entscheidung der Beklagten auch deshalb nicht zu überzeugen vermag, weil bei der Würdigung des Restleistungsvermögens der Klägerin nicht eingestellt wurde, dass diese bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids wiederholt die Aufnahme von Nebentätigkeiten angezeigt hatte, die den Verkauf und direkten Kundenkontakt zum Gegenstand hatten (Postagentur in der P. in H. sowie im Q. in R.). Der Einzelrichter geht davon aus, dass eine Beamtin, die täglich stundenweise in einer Postagentur Kunden am Schalter bedient, ihr vorhandenes Restleistungsvermögen für eine vergleichbare Tätigkeit in einem „T-Punkt“ jedenfalls während des laufenden Zurruhesetzungsverfahrens hinreichend unter Beweis gestellt hat.

Überdies wird in den angefochtenen Bescheiden – worauf die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zurecht hingewiesen hat – vollständig ausgeblendet, dass sie nach betriebsärztlicher Einschätzung, bestätigt durch den Leiter der Dienststelle J. am Standort der Deutschen Telekom AG in H., die sechswöchige Maßnahme zur betrieblichen Wiedereingliederung erfolgreich abgeschlossen hat. Dieses Ergebnis hat die zuständige Personalsachbearbeitung im Rahmen des Zurruhesetzungsverfahrens schlichtweg nicht gewürdigt; die erforderliche Beiziehung der betreffenden Akten zur Sachverhaltsaufklärung hat sie unterlassen. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit ist. In seinem Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 C 22/13 –, BVerwGE 150, 1, hat es allerdings herausgearbeitet, dass die betriebliche Wiedereingliederung und das Verfahren der Zurruhesetzung in den Fällen krankheitsbedingter Fehlzeiten in einem zeitlich gestaffelten Stufenverhältnis zueinander stehen. Während das betriebliche Eingliederungsmanagement als frühzeitiges Instrumentarium auf die Wiederherstellung und dauerhafte Sicherung der Beschäftigungsmöglichkeit und damit auf die Vermeidung einer Dienstunfähigkeit zielt, knüpft das dienstrechtliche Instrumentarium an eine gesundheitsbedingte Dienstunfähigkeit an (a. a. O., zit. nach juris Rn. 40). Nur für den Fall, dass auch mit Hilfe des durch § 84 Abs. 2 SGB IX a.F. (heute: § 167 Abs. 2 SGB IX 2018) vorgegebenen Suchprozesses alternative Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nicht aufgezeigt werden können, der Wiedereingliederungsprozess mithin erfolglos verläuft, schließt sich dem präventiv ausgerichteten betrieblichen Eingliederungsmanagement ein dienstrechtliches Verfahren an, das die Prüfung der Dienstunfähigkeit in den Blick nimmt und - als ultima ratio - zur Versetzung in den Ruhestand führen kann (a. a. O., zit. nach juris Rn. 42). Dafür bestand im Falle der Klägerin keine Veranlassung, weil ihre Wiedereingliederung – was zwischen den Beteiligten unstreitig ist – erfolgreich verlief. Wie der gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX a.F. auch im Falle der Klägerin gebotene Prozess der Suche nach einem gesundheitlich geeigneten Arbeitsplatz im Einzelnen verlief, entzieht sich der Kenntnis des Einzelrichters, weil weder die vorgelegten Akten noch die Angaben der Vertreterin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu dieser Frage etwas Erhellendes zutage gefördert haben. Nach den Angaben der Klägerin konnte sie wohl schon deshalb nicht weiter auf dem Arbeitsplatz in der Dienststelle J. am Standort der Deutschen Telekom AG in H. beschäftigt werden, weil es sich hierbei um einen spezifischen Arbeitsplatz für das betriebliche Eingliederungsmanagement innerhalb der Deutschen Telekom AG gehandelt habe, der nach Auslaufen der Wiedereingliederungsphase für andere Beamtinnen oder Beamten freizuhalten gewesen sei, die sich ebenfalls einer Wiedereingliederung unterziehen. Allein dieser Umstand impliziert, dass die Deutsche Telekom AG im Rahmen ihrer Planung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements offensichtlich davon ausgeht, dass es in ihrem Geschäftsbereich Arbeitsplätze gibt, an denen sachbearbeitende Bürotätigkeiten anfallen, die eben nicht dauerhaft mit stressauslösenden Drucksituationen einhergehen. Die in den angefochtenen Bescheiden enthaltenen Formulierungen, es gebe bei der Deutschen Telekom AG keine „Schon-Arbeitsplätze“, erfährt schon vor diesem Hintergrund eine Relativierung.

3.) Wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, hat sich die gesetzlich vorgeschriebene Suche nach einer anderweitigen Verwendung der Klägerin schließlich auch nicht auf den gesamten Bereich des Dienstherrn Bund erstreckt.

Zwar konnte nicht abschießend aufgeklärt werden, ob die zuständige Personalsachbearbeitung im Juni 2015 tatsächlich alle Organisationseinheiten der Deutschen Telekom AG angefragt hat, die in zumutbarer Entfernung vom Wohnort der Klägerin liegen. Zweifel hieran vermag der Umstand zu begründen, dass sich in den vorgelegten Personalakten der Klägerin eine Liste vom 12. Juni 2015 mit der Überschrift „MA Suche (fiktiver Posten)“ befindet, die insgesamt 24 Organisationseinheiten enthält (vgl. Bl. 655 f. der Beiakte 004). Demgegenüber sind lediglich sieben Rückmeldungen von Organisationseinheiten aktenkundig gemacht worden.

Jedenfalls hat die zuständige Personalsachbearbeitung der Deutschen Telekom AG aus Gründen, die in der mündlichen Verhandlung nicht aufgeklärt werden konnten, mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt in M. lediglich eine Dienststelle des Bundes angefragt, obwohl hier ersichtlich weitere Dienststellen von Bundesbehörden in Betracht kommen, die innerhalb des amtsärztlich vorgegebenen Radius – maximal 30 Minuten Fahrzeit vom Wohnort der Klägerin aus – liegen. Bereits aufgrund der Antwort der Bundesregierung vom 7. März 2018 auf eine im Deutschen Bundestag gestellte Kleine Anfrage zu den Standorten der Bundesbehörden in Deutschland (BT-Drs. 19/1108, Seite 5 ff.) ergibt sich, dass im Falle der Klägerin sowohl die etwa 32 Kilometer entfernte Dienststelle der Bundespolizei in Duderstadt (Landkreis H. -T.) als auch die in etwa 30 Kilometern Entfernung liegende Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Friedland, die vom Wohnort der Klägerin aus über die Autobahnen A 7 und A 38 verkehrstechnisch günstig zu erreichen ist, als zumutbare Dienststellen abzufragen gewesen wären. Hinzu kommen weitere Dienststellen des Bundes im Stadtgebiet H., auf die unter anderem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zutreffend hingewiesen hat: die Bundesagentur für Arbeit in H. und die in ihrem Gebäude untergebrachten Dienste der Bundeswehr (Karriereberatung), die an die Stelle des früheren Kreiswehrersatzamtes in H. getreten sind. Daneben ist die Zollverwaltung des Bundes mit dem Zollamt in H. präsent. Vom Wohnort der Klägerin aus ist die Stadt H. in 10 bis 15 Minuten mit dem PKW erreichbar. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass sie insbesondere jeden stressfreien Arbeitsplatz in H. – sei es in Organisationseinheiten der Deutschen Telekom AG oder aber bei Dienststellen des Bundes – für persönlich zumutbar erachtet. Sie hat dazu dargelegt, sich wiederholt eigeninitiativ auf freie Stellen bei Organisationseinheiten der Deutschen Telekom AG beworben zu haben, ohne hierbei berücksichtigt worden zu sein. Auch dieser Umstand ist geeignet, Zweifel an der Wirksamkeit des betrieblichen Eingliederungsmanagements der Deutschen Telekom AG – jedenfalls im Falle der Klägerin – zu begründen.

Keiner vertieften Ausführungen bedarf es im vorliegenden Fall zu der Frage, ob sich die Suchpflicht der Beklagten über den Bereich des Postnachfolgeunternehmens hinaus auch auf andere Dienststellen unmittelbarer oder mittelbarer Bundesverwaltung zu erstrecken hat. Die Beteiligten – namentlich auch die Beklagte auf Nachfrage des Einzelrichters an deren Vertreterin in der mündlichen Verhandlung – haben diese Frage in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des erkennenden Einzelrichters bejaht.

Soweit die erkennende Kammer in einer früheren Entscheidung (vgl. Urteil vom 14. Oktober 2015 – 1 A 241/13 –, zit. nach juris Rn 69 ff.) in anderer Besetzung eine hiervon abweichende Rechtsauffassung vertreten hat, wird sie in Ansehung der später ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Nichtannahmebeschluss vom 2. Mai 2016 – 2 BvR 1137/14 –, zit. nach juris) bei – vorliegend nicht gegebener – Entscheidungserheblichkeit zu überprüfen haben, ob hieran noch weiter festzuhalten ist. Denn das Bundesverfassungsgericht hat in dem zitierten Beschluss klar herausgearbeitet, dass die privaten Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost keine Dienstherrneigenschaft haben; Dienstherr der Beamtinnen und Beamten der früheren Deutschen Bundespost bleibt die Bundesrepublik Deutschland. Die Postnachfolgeunternehmen üben lediglich im Wege der Beleihung Dienstherrnbefugnisse aus (a. a. O., Rn. 19). Weiter hat es ausgeführt, dass Nichtbeamte als Dienstvorgesetzte in gleicher Weise bei der Ausübung der Dienstvorgesetztenbefugnisse an die einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben des Beamtenrechts gebunden sind wie Beamte in dieser Position (a. a. O., Rn. 20). Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG sichere den Beamten bei den Postnachfolgeunternehmen die Wahrung ihrer Rechtsstellung zu. Damit werde den ehemals bei der Deutschen Bundespost beschäftigten Beamten nicht nur der bloße Status als Bundesbeamter, sondern auch die mit diesem Status verbundene sich aus ihm ableitende umfassende Rechtsstellung der Bundesbeamten garantiert. Die von der Umwandlung betroffenen Bundesbeamten behielten, obgleich sie in privaten Unternehmen tätig würden, die ihnen kraft des nicht beendeten Dienstverhältnisses zum Bund zustehenden Statusrechte. Somit seien auch bei Beamten der Postnachfolgeunternehmen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu berücksichtigen. Hierbei handele es sich um einen Kernbestand von Strukturprinzipien, die allgemein oder doch ganz überwiegend und während eines längeren Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden seien (a. a. O., Rn. 21 m. w. N.).

Mit diesen Kernaussagen zum Fortbestand der statusrechtlichen Stellung der im Bereich der Deutschen Telekom AG tätigen Beamtinnen und Beamten lässt sich nach Auffassung des erkennenden Einzelrichters eine Auslegung des § 44 BBG kaum vereinbaren, die – soweit es die Suchpflicht gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 BBG betrifft – die Rechtsstellung der in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkten Beamten der Deutschen Telekom AG spürbar gegenüber den in der unmittelbaren oder mittelbaren Verwaltung eingesetzten Bundesbeamten schmälert.

Ist der Tatbestand des § 44 Abs. 1 Satz 3 BBG im Falle der Klägerin schon nicht erfüllt, kommt es auf die Frage der Fehlerfreiheit der von der Beklagten gemäß § 44 Abs. 3 BBG getroffenen Ermessensentscheidung (Bl. 40 f. der Beiakte 001) nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.