Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 07.02.1997, Az.: 4 U 188/95
Verkauf eines Grundstücks und Kontaminationsverdacht; Arglistige Täuschung beim Verkauf eines möglicherweise verseuchten Grundstücks; Abbedingung der Haftung für Sachmängel; Offenbarungspflichtiger Mangel ; Rücktritt vom Vertrag wegen Verunreinigung des Bodens; Grundsätze der Offenbarungspflicht bei Altlasten und Kontamination
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 07.02.1997
- Aktenzeichen
- 4 U 188/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 24026
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1997:0207.4U188.95.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 13.09.1995 - AZ: 8 O 2/95
Rechtsgrundlage
- § 463 S. 2 BGB
Fundstellen
- IBR 1997, 347 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- NJW-RR 1997, 848-850 (Volltext mit amtl. LS)
In dem Rechtsstreit
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter ... und
die Richter ... und ...
auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 1997
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 13. September 1995 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 18.000 DM abwenden, falls nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten. Die Sicherheit darf auch durch die unwiderrufliche, unbefristete, selbstschuldnerische und schriftliche Bürgschaft einer Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, oder einer öffentlichen Sparkasse geleistet werden.
Beschwer des Klägers: 185.691,85 DM.
Tatbestand
Der Kläger kaufte durch notariellen Vertrag vom 29. Oktober 1993 von der inzwischen in Liquidation befindlichen Beklagten zu 1 - der Beklagte zu 2 ist deren Liquidator und ehemaliger Geschäftsführer - eine Eigentumswohnung an der ... (B 6) in ... für 180.000 DM. Die Wohnungseigentumsanlage war aufgrund einer am 22. Mai 1992 erteilten Baugenehmigung von der Klägerin in einem Mischwohngebiet auf einem Grundstück errichtet worden, auf dem seit Mitte der 50er Jahre eine Tankstelle mit Werkstatt und daran anschließend eine chemische Reinigung betrieben worden waren. Nachdem im Jahre 1994 vom Landkreis ... in Auftrag gegebene Untersuchungsberichte eine gesundheitsgefährdende Konzentration von Tetrachlorethen (Per) festgestellt haben, die für die Vornutzung des Geländes als Standort einer chemischen Reinigung typisch sei, begehrt der Kläger mit der anhängigen Klage Schadensersatz (Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung der Eigentumswohnung sowie Ersatz der Erwerbskosten und für einen eingebrachten Teppichboden) wegen Betruges und arglistigen Verschweigens eines Mangels. Im einzelnen geht es um folgendes:
Die Beklagte zu 1 hatte das fragliche Grundstück durch Vertrag vom 27.02.1991 von den früheren Eigentümern ... und ..., die zuletzt die chemische Reinigung betrieben, erworben. Im April 1992 beantragte sie beim Landkreis ... zunächst die Genehmigung zum Abriß der auf dem Grundstück befindlichen Lagerhalle und anschließend die Baugenehmigung, die auch erteilt wurde. Bereits bevor es zum Kaufvertrag zwischen den Parteien kam, war über zahlreiche Mängel an der Wohnungseigentumsanlage, die in einer Mängelliste der Wohnungsverwalterin vom 31. August 1993 und einem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 11. Oktober 1993 Niederschlag gefunden hatten, geklagt worden; unter Nr. 31 der Mängelliste ist die Vermutung geäußert worden, daß sich an der Einfahrt "alte Benzin- und Dieseltanks im Erdreich (befinden), die nicht ordnungsgemäß entsorgt wurden"; in der Wohnungseigentümerversammlung ist die Erwägung erörtert worden, gegen den Beklagten zu 2 Strafanzeige wegen Betruges zu erstatten, da beim Bau "ganz bewußt gegen die Bauvorschriften" verstoßen worden sei (Bl. 24, 31 d.A.). Mit Rücksicht auf diese in § 4 des Kaufvertrages der Parteien vom 29. Oktober 1993 ausdrücklich erwähnten Mängellisten ist der Kaufpreis "mit nur DM 180.000,- vereinbart". Soweit die Mängel das Sondereigentum des Klägers betreffen, hat er auf Gewährleistungsansprüche verzichtet; im übrigen ist nach § 4 Nr. 1 des Vertrages eine Haftung des Verkäufers "für Grund und Boden" ausgeschlossen.
Der Kläger behauptet, der für die Beklagte zu 1 handelnde Beklagte zu 2 habe mit dem Vorhandensein von Altlasten, die auf den Betrieb einer chemischen Reinigung zurückzuführen seien, von vornherein gerechnet. Das ergebe sich insbesondere daraus, daß die Beklagte zu 1 sich ihrerseits beim Erwerb des Grundstücks vom Voreigentümer in § 2 des betreffenden Vertrages ausdrücklich mit einer Gewährfrist von 2 Jahren habe zusichern lassen, daß der Boden des Grundstücks "nicht mit festen oder flüssigen Bestandteilen irgendeiner Art durchsetzt (verseucht) sei, deren Entsorgung/Entfernung gesetzlich vorgesehen ist oder von einer zuständigen Stelle verlangt werden sollte" (Bl. 172). Wer sich so etwas zusichern lasse, müsse einen konkreten Verdacht haben. Darüber hinaus hätten die Beklagten Ende September 1993 erfahren, daß sich Bewohner der Anlage an den Landkreis mit Beschwerden über Bodenverunreinigungen gewandt hätten. Bei dieser Sachlage habe eine Offenbarungspflicht beständen, die die Beklagten verletzt hätten.
Die Beklagten haben im ersten Rechtszug jedwede Kenntnis der früheren Nutzung des Grundstücks als Tankstelle und chemische Reinigung bestritten; einen Verdacht auf Bodenverunreinigungen hätten sie nicht gehabt. Das Bauvorhaben sei von einer Planungsfirma betreut worden, die sich um alles gekümmert habe. Sie hätten im übrigen auf die Baugenehmigung vertraut.
Das Landgericht hat u.a. den Voreigentümer ... als Zeugen vernommen. Dieser hat bekundet, der Beklagte zu 2 habe ihn vor dem Kauf durch die Beklagte zu 1 darauf angesprochen, ob wegen der früher auf dem Grundstück betriebenen chemischen Reinigung Verunreinigungen in den Boden gelangt sein könnten; diese Frage habe er, ... "mit gutem Gewissen" verneint, da er oft genug vom Gewerbeaufsichtsamt geprüft worden sei; er habe dem Beklagten zu 2 mitgeteilt, daß bei den sehr häufigen Überprüfungen durch das Gewerbeaufsichtsamt keinerlei Verunreinigungen gefunden worden seien. Auf die Gewährleistungsklausel hinsichtlich eventueller Bodenbelastungen habe der Beklagte zu 2 deswegen Wert gelegt, weil er für den Fall, daß er in zwei Jahren das Grundstück überprüfen lassen würde und etwas gefunden würde, die Möglichkeit haben wollte, die Verkäufer in Regreß zu nehmen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 02.08.1995 (Bl. 215 d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; dem Kläger sei der Beweis nicht gelungen, daß die Beklagten vor dem Verkauf an den Kläger einen konkreten Verdacht auf Bodenbelastungen gehabt haben. Darauf, daß auf dem Grundstück früher eine chemische Reinigung betrieben worden sei, hätten die Beklagten nach den vom Bundesgerichtshof zu Altlasten entwickelten Grundsätzen (BGH NJW 1995, 1549; NJW 1994, 253) nicht hinzuweisen brauchen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die rechtzeitig eingelegte und begründete Berufung des Klägers, mit der er sein Klageziel weiterverfolgt. Er wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen und rügt, das Landgericht habe verkannt, daß entgegen der Auffassung des Landgerichts schon die bloße Tatsache, daß auf einem nun zu Wohnzwecken bebauten Grundstück früher eine chemische Reinigung betrieben worden sei, habe offenbart werden müssen. Im übrigen habe das Landgericht nicht hinreichend gewürdigt, daß die in § 2 des Vertrages zwischen der Beklagten zu 1 und dem Voreigentümer ... vereinbarte Gewährleistungsklausel hinsichtlich etwaiger Bodenbelastungen ein handfestes Indiz für einen entsprechenden Verdacht der Beklagten sei; deshalb sei es nicht glaubwürdig, wenn die Beklagten unter Berufung auf die Aussage des Zeugen ... behaupteten, auf dessen Angaben vertraut zu haben, zumal sie ursprünglich sogar bestritten hätten, von der Nutzung zu Zwecken einer chemischen Reinigung überhaupt gewußt zu haben.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und
- 1.
- a)
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 185.691,85 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 01.11.1994 zu zahlen, und zwar hinsichtlich der Beklagten zu 1 Zug um Zug gegen Rückübereignung des im Grundbuch des im Amtsgericht ... von ... Band 181 Blatt 6021 eingetragenen 1295/10000-Miteigentumsanteils an dem Grundstück der Gemarkung ... Flur 28, Flurstück 24/14, Lage ..., Größe 1.351 qm, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichneten Wohnung im Erdgeschoß nebst Keller Nr. 2 an die Beklagte zu 1;
- b)
festzustellen, daß sich die Beklagte zu 1 seit dem 01.11.1994 mit der Mitwirkung an der Rückübereignung des vorstehend bezeichneten Wohnungseigentums in Verzug befindet;
- 2.
als Sicherheit im Rahmen des § 711 ZPO die unwiderrufliche, unbefristete, selbstschuldnerische und schriftliche Bürgschaft einer Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, oder einer öffentlichen Sparkasse zuzulassen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie tragen vor, der Kläger habe sehr wohl gewußt, daß auf dem fraglichen Grundstück früher eine chemische Reinigung betrieben worden sei. Der Kläger wohne seit längerer Zeit im selben Ort nicht weit entfernt und habe überdies an derselben Straße, der Hauptstraße des Ortes, etwa 300 m versetzt einen eigenen Betrieb (Dentallabor) geführt, so daß ihm schlechterdings nicht entgangen sein könne, wie das fragliche Grundstück früher genutzt worden sei. Insoweit habe der Kläger selbst bessere Kenntnisse als die Beklagten gehabt. Diese hätten auf die Baugenehmigung des Landkreises vertraut. Bereits aus Nr. 31 des Protokolls der Eigentümerversammlung, auf die der notarielle Kaufvertrag der Parteien ausdrücklich Bezug nehme, ergebe sich die Tatsache eines Kontaminationsverdachts, wenngleich sich dieser Verdacht auch zunächst auf nicht ordnungsgemäß entsorgte Benzin- und Dieseltanks der früheren Tankstelle bezog. Nicht zuletzt wegen dieses und der weiteren in den Anlagen des Kaufvertrages erwähnten Mängel sei der Kaufpreis so niedrig vereinbart worden.
Hilfsweise machen die Beklagten geltend, daß der Kläger sich für dreijährige Nutzung der Eigentumswohnung einen Gebrauchsvorteil in Höhe von 42.000 DM anrechnen lassen müsse.
In seiner Replik räumt der Kläger ein, von dem Betrieb einer chemischen Reinigung Kenntnis gehabt zu haben; jedoch habe er keinen konkreten Kontaminationsverdacht gehabt. Der Kaufpreis sei auch nicht mit Rücksicht auf nicht ordnungsgemäß entsorgte Benzin- und Dieseltanks ermäßigt worden.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht, dessen Entscheidungsgründen sich der Senat anschließt, hat aufgrund zutreffender rechtlicher Beurteilung und überzeugender tatsächlicher Würdigung die Klage mit Recht abgewiesen. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine Änderung der Entscheidung zugunsten des Klägers.
Da in dem notariellen Kaufvertrag vom 29. Oktober 1993 die Haftung der Beklagten zu 1 für Sachmängel, einschließlich der Beschaffenheit des Untergrundes, wirksam abbedungen ist, hängt die Entscheidung, wie auch der Kläger nicht bezweifelt, allein davon ab, ob die Beklagten die später im Jahre 1994 festgestellte Kontamination des Grundstücks arglistig im Sinne von § 463 Satz 2 BGB verschwiegen haben. Das läßt sich aber nicht feststellen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, handelt im Sinne einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels arglistig, wer einen Fehler mindestens für möglich hält, gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, daß der Vertragsgegner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Damit erfaßt das Tatbestandsmerkmal der Arglist nicht nur ein Handeln des Veräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, bei denen es an einer betrügerischen Absicht fehlt, die vielmehr auf bedingten Vorsatz - im Sinne eines (bloßen) "Für Möglichhaltens" und "Inkaufnehmens" - reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muß (BGH NJW 1994, 253, 254 [BGH 14.10.1993 - III ZR 156/92] - "Chemiefabrik und Gaswerk" -; BGH NJW 1995, 1549 - "Werksdeponie" -). Nach diesen Grundsätzen hätten die Beklagten gewiß arglistig gehandelt, wenn sie bei Abschluß des Kaufvertrages im Oktober 1993 bereits einen konkreten Verdacht im Hinblick auf eine tatsächliche Kontamination des Bodens gehegt hätten, der durch Rückstände der dort betriebenen chemischen Reinigung verursacht worden wäre. Die dahingehende Behauptung des Klägers ist indessen nicht bewiesen. Die Beweiswürdigung des Landgerichts überzeugt: Die den Beklagten vom Voreigentümer, dem Zeugen ... gemachten Angaben gingen dahin, daß der Betrieb ständig behördlich überprüft und für ordnungsgemäß befunden worden sei und daß es, soweit der Zeuge ... zurückdenken konnte - er hat seit Ende 1968 die Reinigung betrieben - nie zu Verunreinigungen des Bodens gekommen sei; es hätten Raumluftuntersuchungen und auch Begutachtungen des Bodens im Bereich der Halle auf Rückstände stattgefunden; die Ergebnisse seien immer negativ gewesen. Wenn man ferner bedenkt, daß der Landkreis ... die Genehmigung zum Abbruch der vorhanden gewesenen Halle und die Genehmigung zum Bau der Wohneigentumsanlage unter Einschluß eines Kleinkinderspielplatzes ersichtlich ohne Probleme erteilt hat, läßt sich kein Sachverhalt feststellen, bei dem den Beklagten der Vorwurf gemacht werden könnte, sie hätten mindestens mit bedingtem Vorsatz angenommen, der Boden sei durch Rückstände der früher dort betriebenen chemischen Reinigung kontaminiert. So hat denn auch der Bundesgerichtshof in der vom Kläger selbst zitierten Entscheidung eine für den hier maßgeblichen Vorwurf der Arglist nach § 463 Satz 2 BGB nicht ausreichende allenfalls fahrlässige Unkenntnis des Verkäufers hinsichtlich der Altlasten angenommen: In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte eine Stadt ein Gelände als Wohngebiet verkauft, auf dem früher eine Anilin- und chemische Fabrik und anschließend ein Gaswerk, welches Teer als Ausgangsstoff für die Herstellung von Farben lieferte, betrieben worden waren und das anschließend als Kaserne - zuletzt von den amerikanischen Streitkräften - genutzt wurde; in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war die beklagte Stadt vor dem Verkauf bereits durch Schreiben der Landesanstalt für Umwelt ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß bei ehemaligen Gaswerkgrundstücken Schadstoffe, besonders zyanidhaltige Reinigermasse, eine Verunreinigung des Untergrundes bewirken könnten; gleichwohl hat der Bundesgerichtshof überzeugend darauf hingewiesen, daß die bloße Erkennbarkeit einer Schadstoffbelastung lediglich einen Fahrlässigkeitsvorwurf begründen konnte, ohne daß die Schwelle zum bedingten Vorsatz überschritten worden wäre (BGH NJW 1994, 253, 254) [BGH 14.10.1993 - III ZR 156/92].
Umsoweniger läßt sich ein Vorwurf der Arglist gegen die Beklagten begründen. Der Hinweis des Klägers auf die Vereinbarung einer zweijährigen Gewährfrist in § 2 des Vertrages der Beklagten zu 1 mit dem Voreigentümer rechtfertigt nicht die daraus vom Kläger gezogene Schlußfolgerung, daß die Beklagten bereits einen konkreten Verdacht auf eine vom Betrieb der chemischen Reinigung ausgehende Kontamination des Bodens gehabt hätten. Der Kläger übersieht, daß auf dem fraglichen Grundstück zuvor bereits eine Tankstelle betrieben worden war und sich deshalb ein besonderer Anlaß zur Absicherung auch gegenüber etwaigen Altlasten der Tankstelle ergab. Daß die Beklagten in diesem Zusammenhang auf eine Absicherung gegen Altlasten der Tankstelle bedacht waren, lag nach den konkreten Umständen auch nicht fern: Zumindest bei laienhafter Betrachtungsweise wird mit der Wahrscheinlichkeit von Bodenverunreinigungen bei einem ehemaligen Tankstellengrundstück an einer belebten Durchgangsstraße (Bundesstraße ...) wohl noch eher als bei einem in einer Halle betriebenen Reinigungsbetrieb gerechnet. So vermittelt der erste vom Landkreis ... eingeholte Untersuchungsbericht vom 7. März 1994 ebenfalls den Eindruck, als ob zunächst dem Verdacht auf Bodenverunreinigungen vornehmlich mit Zielrichtung auf die ehemalige Tankstelle nachgegangen worden ist: Im Bereich der ehemaligen Zapfsäulen, der Dieselerdtanks und des ehemaligen Werkstattbereichs der Tankstelle sind vier Rammkernsondierungen abgeteuft worden; aus dem Sondierprofil sind Bodenproben entnommen worden, während eine "mögliche Umweltrelevanz der chemischen Reinigung" lediglich "mittels dreier Bodenluftproben aus der ungesättigten Bodenzone überprüft werden" sollte (Bl. 38). Erst nach dem Ergebnis des ersten Untersuchungsberichtes vom 7. März 1994 verdichtete sich der Verdacht auf die chemische Reinigung als Verursacher der Beeinträchtigungen. Darüber hinaus lag eine Absicherung der Beklagten gegenüber Bodenbelastungen durch den Betrieb der früheren Tankstelle und nicht gerade gegenüber Bodenbelastungen durch den Betrieb der chemischen Reinigung auch deswegen nahe, weil, wie der Zeuge ... bekundet hat, sich die Beklagten vom Voreigentümer eingehend haben schildern lassen, ob es während des Betriebes der chemischen Reinigung zu dauerhaften Belastungen des Grundstücks gekommen sein könnte. Wenn sich nachträglich die Angaben des unmittelbaren Vorgängers der Beklagten als unrichtig erweisen würden, wäre die Rechtsposition der Beklagten zu 1 auch ohne ausdrückliche vertragliche Absicherung in Ansehung von Belastungen durch die chemische Reinigung nicht ungünstig, weil sie dann gegen ihren Vorgänger ihrerseits Ansprüche aus § 463 Satz 2 BGB geltend machen könnte. Dagegen konnten die unmittelbaren Vorgänger der Beklagten zu 1 über etwaige auf den Betrieb der Tankstelle zurückgehende Bodenbelastungen keine Angaben machen. Selbst der Zeuge ... der die chemische Reinigung immerhin seit 1968 betrieb, war nicht unmittelbarer Nachfolger des früheren Tankstellenbetriebes. Die Vereinbarung einer besonderen Gewährleistung für Bodenverunreinigungen in § 2 des Vertrages zwischen der Beklagten zu 1 und dem Voreigentümer läßt deshalb nicht zwingend den Schluß zu, daß die Beklagten bereits einen konkreten Verdacht in Richtung Verunreinigungen gerade durch den Betrieb einer chemischen Reinigung gehegt hätten.
Nur vorsorglich weist der Senat darauf hin, daß ein konkreter Verdacht der Beklagten auf eine Bodenverunreinigung aufgrund des früheren Betriebs einer Tankstelle in diesem Zusammenhang aus zwei Gründen unerheblich wäre: Zum einen steht fest, daß die in den vom Landkreis ... eingeholten Untersuchungsberichten festgestellte Kontamination eben nicht von der Tankstelle ausgeht und deshalb ein durch Bodenbelastungen der Tankstelle gekennzeichneter Mangel des Grundstücks gar nicht vorliegt. Zum anderen wußte der Kläger ausweislich von Nr. ... des im notariellen Kaufvertrag der Parteien vom 2.9. Oktober 1993 in Bezug genommenen Mängelberichts vom 31. August 1993, daß sich vermutlich alte Benzin- und Dieseltanks im Erdreich befanden, die nicht ordnungsgemäß entsorgt wurden (§ 464 BGB).
Gerade weil als mögliche Verursacherin von Bodenverunreinigungen auch - und anfänglich sogar vornehmlich - die Tankstelle in Betracht kam, kann der Kläger auch nichts im Sinne eines konkreten Verdachts der Beklagten auf Bodenverunreinigungen durch die chemische Reinigung daraus herleiten, daß im September sich Bewohner an den Landkreis gewandt und über Bodenverunreinigungen im fraglichen Bereich geklagt hätten. Selbst wenn den Beklagten dies alsbald noch vor Abschluß des Vertrages der Parteien vom 29. Oktober 1993 bekannt geworden wäre, mußten sie daraus nicht auf Verunreinigungen des Bodens durch den Betrieb einer chemischen Reinigung schließen. Auch hier gilt: Die Vermutung noch im Erdreich befindlicher und nicht ordnungsgemäß entsorgter Benzin- und Dieseltanks der ehemaligen Tankstelle war dem Kläger bekannt. Auch der Kläger behauptet nicht, daß diese im September 1993 vorgebrachten Klagen sich bereits in Richtung eines konkreten, auf die chemische Reinigung bezogenen Verdachts erhärtet hätten. Im Hinblick auf die dem Kläger obliegende Beweislast läßt sich deshalb nicht feststellen, die Beklagten hätten zu diesem Zeitpunkt im Hinblick auf eine mögliche Bodenbelastung schon konkretere Kenntnisse gehabt, als sie in der in Nr. ... der Mängelliste vom 31. August 1993 geäußerten Vermutung über nicht ordnungsgemäß entsorgte Benzin- und Dieseltanks im Erdreich ohnehin ihren Niederschlag gefunden haben.
Mit der Berufung will der Kläger denn auch vor allem darauf hinaus, daß die Beklagten schon die bloße Tatsache, daß auf dem verkauften Grundstück eine chemische Reinigung betrieben worden sei, hätten offenbaren müssen; die Beklagten meinen, die frühere Nutzung eines zu Wohnzwecken verkauften Grundstückes für den Betrieb einer chemischen Reinigung sei in gleicher Weise wie eine frühere Nutzung, als Deponie "altlastenverdächtig", so daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu ehemaligen Deponiegrundstücken (BGH NJW 1995, 1549) allein ein solcher Verdacht einen ggfls. offenbarungspflichtigen Mangel darstelle. Diese Argumentation greift indessen schon aus tatsächlichen Gründen nicht durch. Der Senat vermag ihr aber auch in rechtlicher Hinsicht nicht zu folgen.
Zwar besteht aufgrund der Aussage des Zeugen ... kein Zweifel daran, daß die Beklagten entgegen ihrem ursprünglichen Vorbringen von der früheren Nutzung des Grundstücks für den Betrieb einer chemischen Reinigung gewußt haben. Durch die Verschweigung dieser Nutzung konnte aber der Kläger schon deswegen nicht getäuscht werden, weil er selbst davon wußte. Die Beklagten haben in der Berufungserwiderung eingehend vorgetragen, daß der Kläger in dem überschaubaren Ortsteil ... nicht weit von dem fraglichen Grundstück seit längerem gewohnt und sogar an derselben Straße seitlich 300 m versetzt selbst einen eigenen Gewerbebetrieb (Dentallabor) untehalten hat. Nach der Lebenserfahrung kann ihm dann die frühere Nutzung des Grundstücks nicht entgangen sein. Er räumt nunmehr seine Kenntnis von der früheren Nutzung des Grundstücks für Zwecke des Reinigungsbetriebes ein. Damit steht in Einklang, daß der Kläger im ersten Rechtszuge den Beklagten vor allem zum Vorwurf gemacht hat, sie hätten ihm eine tatsächlich vorhandene Kontamination verschwiegen; eine dahingehende Kenntnis konnte aber den Beklagten nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Landgericht nicht nachgewiesen werden. Wenn die Berufung nunmehr darauf gestützt wird, daß die Beklagten auch das bloße Vorhandensein eines Reinigungsbetriebes verschwiegen hätten, beruht dies ersichtlich lediglich auf rechtlichen Überlegungen, die indessen die tatsächlich ohnehin beim Kläger vorhandene Kenntnis übersehen haben.
Im übrigen vermag der Senat aber auch in rechtlicher Hinsicht nicht der Auffassung des Klägers zu folgen, wonach schon die bloße frühere Nutzung eines zu Wohnzwecken verkauften Grundstückes für Zwecke einer chemischen Reinigung selbst dann einen offenbarungspflichtigen Mangel darstellt, wenn keinerlei konkrete Anhaltspunkte für Bodenbelastungen erkennbar geworden sind. Es kann dahingestellt bleiben, ob der vom Kläger zitierte Aufsatz von Knoche (NJW 1995, 1985, 1991) mit der darin geäußerten Kritik an der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in NJW 1994, 253 tatsächlich dahin zu verstehen ist, daß schon jede frühere gewerbliche Nutzung eines zu Wohnzwecken verkauften Grundstückes einen offenbarungspflichtigen Mangel darstelle, sofern nur die entfernte Möglichkeit einer Kontamination in Betracht kommt. Der Bundesgerichtshof ist jedenfalls nicht soweit gegangen und hat in der bereits erwähnten Entscheidung die (wenn auch länger zurückliegende) Nutzung eines Grundstücks für Zwecke einer Chemiefabrik mit Gaswerk nicht mit dem Verkauf eines ehemals als Mülldeponie benutzten Grundstückes gleichgestellt. Nicht jedes Industriegelände sei von vornherein als altlastenverdächtig einzustufen. Diese Unterscheidung überzeugt auch mit Rücksicht auf die im jetzt zu entscheidenden Fall zu berücksichtigenden Umstände: Der Altlastenverdacht bei Grundstücken, die früher als Deponie genutzt wurden, beruht nicht zuletzt auf der fehlenden Kontrolle und Kontrollierbarkeit dessen, was in einem solchen Grundstück abgelagert worden ist. Demgegenüber hat der Zeuge ... geschildert, welchen externen Kontrollen durch Behörden und internen Kontrollen im eigenen Interesse des Betriebsinhabers der Reinigungsbetrieb unterliegt. Die Gefahr unbemerkter Bodenkontaminationen ist deshalb bei Deponien unvergleichlich größer als bei einem Reinigungsbetrieb. Wenn schon die frühere Nutzung eines späteren Kasernengeländes für Zwecke einer Farbenfabrik mit Gaswerk, bei dem auch zyanidhaltige Reinigermasse frei wird, in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall (BGH NJW 1994, 253) nicht als von vornherein altlastenverdächtig einzustufen war, kann ein derartiger nicht durch konkrete Hinweise verdichteter Verdacht umsoweniger in Richtung des Betriebes einer chemischen Reinigung bejaht werden.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1 ZPO, § 708 Nr. 10, § 546 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Beschwer des Klägers: 185.691,85 DM.