Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 22.06.2006, Az.: 2 A 338/05

Aufräumarbeiten; Ausführung der Baumaßnahme; Außenbereich; Bauaufsicht; Baufortschritt; Baugenehmigung; baurechtswidrig; Baustellensicherung; Bautätigkeit fortsetzen; Beseitigung; Brandschaden; dokumentiert; Erlöschen; Fertigstellungswillen; formell baurechtswidrig; Geltungsdauer; Gesundheitsschutz; Grundstück; Müll; Nachweis; Ruhen; Scheinaktivität; Verfügung; Wiederaufbau; Wohngebäude; Zwangsgeld; Überprüfung

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
22.06.2006
Aktenzeichen
2 A 338/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 53199
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Schuppens in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Verfahrenskosten; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.d. gegen ihn festzusetzenden Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

1

Der Kläger ist Eigentümer des im Außenbereich gelegenen Grundstücks C. Straße 2 in D. (Flurstück E., Flur 5, Gemarkung F.).

2

Die baulichen Anlagen auf dem Grundstück wurden durch einen Brand in der ersten Hälfte des Jahres 1998 fast vollständig zerstört. Unter dem 22.09.1998 erhielt der Kläger eine Baugenehmigung für den „Wiederaufbau eines Wohngebäudes nach Brandschaden“, die hinsichtlich der Zulässigkeit des Bauvorhabens im Außenbereich auf § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB gestützt wurde. Nach der Baugenehmigung durften auf dem Grundstück die baulichen Anlagen als Wohngebäude mit einer Gesamtwohn- und nutzfläche von 323,63 qm wieder aufgebaut werden. In der Baubeschreibung wurden die Rohbaukosten auf 487.900,00 DM und die Herstellungskosten auf weitere 374.000,00 DM geschätzt.

3

Noch im Jahre 1998 wurden erste Bauarbeiten durchgeführt. So wurde in einem Teil des Wohngebäudes innerhalb des nach dem Brand stehen gebliebenen äußeren Mauerwerks ein Innenmauerwerk aus Porotonsteinen hergestellt. Dieser Teil der Gebäude erhielt auch eine neue Stahlbetondecke. Im sogenannten Anbau wurden Maurerarbeiten durchgeführt, um kleinere Fenster einsetzen zu können. Schließlich führte der Kläger Arbeiten an den Fundamenten durch. In der Folgezeit beschränkte sich die Tätigkeit des Klägers auf dem Grundstück auf das Entfernen von Abfall, den Dritte immer wieder dorthin verbrachten.

4

Nachdem der Kläger am 17.01.2002 bei dem Beklagten eine Genehmigung zur Nutzung des wieder errichteten Gebäudes für die Vermietung als Fremden- bzw. Messezimmer beantragt hatte, teilte der Beklagte diesem mit Schreiben vom 25.01.2002 mit, die Baugenehmigung vom 22.09.1998 sei nach § 77 NBauO erloschen, da mit dem Bau nicht innerhalb von 3 Jahren begonnen worden sei. Nach dem von dem Kläger vorsorglich eingelegten „Widerspruch“, mit dem er die bisherigen Baumaßnahmen dargelegt hatte, ließ der Beklagte die Angelegenheit einstweilen auf sich beruhen, da die im Abstand von 6 Wochen durchgeführten Überprüfungen seitens der Bauaufsicht des Beklagten nicht dokumentiert worden waren. Der Beklagte konnte dem Kläger mithin nicht nachweisen, den Bau länger als 3 Jahre zum Ruhen gebracht zu haben.

5

Am 09.04.2002 wurde der Zustand der baulichen Anlagen fotografisch dokumentiert (Beiakte A). Auch an 13 weiteren Tagen zwischen April 2002 und April 2005 fanden örtliche Überprüfungen durch die Bauaufsicht statt. Am 21.08.2002, 23.04.2003, 07.07.2004, 15.03.2005 und 12.04.2005 wurden Fotos aufgenommen, die Eingang in die Verwaltungsvorgänge des Beklagten fanden. Innerhalb der gesamten 3 Jahre stellte Herr G. von der Bauaufsicht keine Bautätigkeit auf dem Grundstück fest (vgl. seinen Vermerk vom 13.04.2005, Beiakte A).

6

Daraufhin wurde der Kläger mit Schreiben des Beklagten vom 10.05.2005 zu einem Erlöschen der Baugenehmigung nach § 77 NBauO und einer restlosen Beseitigung der baulichen Anlagen angehört. Der Kläger äußerte sich mit anwaltlichem Schreiben vom 21.07.2005. Darin verwies er auf den immer wieder von Dritten abgelagerten Müll und Bauschutt, der vor Fortsetzung der Bautätigkeit habe beseitigt werden müssen. Durch häufige Diebstähle seien zwischenzeitliche Baufortschritte immer wieder zunichte gemacht worden. Im Sommer 2004 und damit vor Ablauf der Frist von 3 Jahren sei die Bautätigkeit fortgesetzt worden. Er habe ein Hauswasserwerk installiert. Im Mai 2004 seien in den Anbau Fenster eingebaut worden, die noch vor der örtlichen Überprüfung am 07.07.2004 entwendet worden seien. Ferner seien im Mai/Juni 2004 durch den Vater des Klägers, Herrn H., im Anbau Bad- und Küchenarbeiten durchgeführt worden. Ferner seien Elektroarbeiten vorgenommen worden. Eine Stromleitung vom Baustromkasten zum Anbau sei umgehend gestohlen worden - wie auch die Einbauten in Bad und Küche. Ferner sei im Juni 2004 das Grundstück durch eine neue Schranke gesichert worden. Diese sei aber umgehend aufgebrochen worden. Es sei nach wie vor beabsichtigt, die Baumaßnahme zu Ende zu bringen und das Grundstück als Wohngrundstück zu nutzen.

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Mit Bescheid vom 02.08.2005 ordnete der Beklagte gem. § 89 NBauO an, alle Gebäude, Gebäudeteile und Gegenstände von dem Grundstück C. Straße 2 bis zum 30.11.2005, spätestens jedoch 3 Monate nach Unanfechtbarkeit der Verfügung, restlos zu beseitigen. Dem Kläger wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000,00 € angedroht. Dem Bescheid vom 02.08.2005 war ein Lageplan beigefügt, auf dem sich auch ein Nebengebäude befand, dass tatsächlich auf dem Nachbargrundstück Flurstück 33/1 steht, auf dem Plan jedoch als zum Grundstück des Klägers gehörend eingezeichnet war.

8

Zur Begründung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 02.08.2005 wies der Kläger u.a. auf dieses Nebengebäude hin, dass ihm nicht gehöre. Abgesehen davon gehöre auch die Abfallentsorgung nach Ziff. 13 der Baugenehmigung vom 22.09.1998 ausdrücklich zur Bautätigkeit.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2005 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

10

Der Kläger hat am 21.12.2005 Klage erhoben. Zur Begründung vertieft er sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend trägt er vor, es gebe zahlreiche Kaufinteressenten für das Grundstück. Voraussetzung für eine erfolgreiche Veräußerung sei der Bestand der Baugenehmigung von 1998. Diese sei auf Grund zahlreicher Baumaßnahmen nicht gem. § 77 NBauO erloschen. Im Einzelnen seien im Juni 2004 folgende Arbeiten durchgeführt worden: Bauschutt entsorgt, Sperrmüll zum Recyclinghof verbracht, Fenster im Anbau eingebaut und eingemauert, Ausschalarbeiten geleistet, Treppenaufgang abgedichtet, Baustromkasten aufgestellt, Starkstromkabel fest angeschlossen und teilweise unterirdisch verlegt, Schranke zum Grundstück aufgestellt und angeschweißt, Hauswasserwerk fest installiert, Toilettenschüssel nebst Spülkasten installiert, Waschbecken nebst Armaturen installiert, Armaturen an der Badewanne installiert, Zu- und Abflüsse für die Küchenzeile montiert, nebst Maurerarbeiten. Dafür gebe es zahlreiche Zeugen, die bei den Arbeiten geholfen hätten. Der Kläger legte nebst schriftlichen Erklärungen der Zeugen auch eine Bestätigung des Installateurs und Heizungsbauers I. aus J. vom 19.01.2006 vor. Ferner reichte der Kläger eine Fotodokumentation zu den Akten. Überdies trägt er vor, der Beklagte habe den Baufortschritt nicht korrekt dokumentiert. Er sei seiner Verpflichtung, ca. alle 4 Wochen auf dem Grundstück Nachschau zu halten und Fotos zu fertigen, nicht ein einziges Mal nachgekommen. Der größte Abstand zwischen den gefertigten Fotos betrage 15 Monate. Er, der Kläger, habe sich um den Bau weder zeitlich noch finanziell hinreichend kümmern können, da er Student gewesen sei. Sein Vater sei als Bevollmächtigter eingesetzt worden. Dieser habe allerdings ebenfalls unvorhergesehene finanzielle Schwierigkeiten gehabt. Zudem sei er 3 Jahre inhaftiert gewesen. Alles, was nicht niet- und nagelfest sei, werde auf dem Grundstück zudem sofort wieder gestohlen. Deshalb habe zunächst der Anbau fertig gestellt werden sollen. Dann hätte Herr H. dort wohnen können, um weitere Beschädigungen und Diebstähle zu unterbinden. Andere Bauherren erhielten eine Warnung des Beklagten, wenn ein Erlöschen der Baugenehmigung nach § 77 NBauO drohe.

11

Im Gerichtsverfahren hat der Beklagte den Bescheid vom 02.08.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2005 insoweit aufgehoben, als die Beseitigungsverfügung auf Grund der Bezugnahme auf den Lageplan auch den zum Flurstück 33/1 gehörenden Schuppen erfasste. Die Beteiligten haben das Verfahren daraufhin insoweit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

12

Der Kläger beantragt,

13

den Bescheid des Beklagten vom 02.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2005 aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Er ist der Auffassung, die dargestellten Tätigkeiten vom Juni 2004 gehörten entweder nicht zur Durchführung der Baugenehmigung von 1998 oder seien bloße Scheinaktivitäten, welche ohne einen erkennbaren Fertigstellungswillen durchgeführt worden seien. Der Kläger habe nicht das Ziel verfolgt, die Baugenehmigung ernsthaft zu verwirklichen. Es müsse sich um Maßnahmen handeln, die dem genehmigten Vorhaben nachhaltig dienten und dieses in seiner Gesamtheit förderten. Davon könne hier nicht die Rede sein. Neben Aufräumarbeiten seien insbesondere Maßnahmen zu Baustellensicherung und Erhaltung der bereits angegriffenen Bausubstanz festzustellen. Die Kontrollen der Bauaufsicht seien ausreichend gewesen. 14 Überprüfungen in 3 Jahren genügten. Da sich die örtlichen Verhältnisse nicht verändert hätten, habe nicht jedes Mal eine Fotodokumentation angelegt werden müssen.

17

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die dem Gericht bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen. Diese Unterlagen haben dem Gericht bei der Entscheidung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Schuppens übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO in entsprechender Anwendung).

19

Die in Übrigen zulässige Klage ist unbegründet.

20

Der Bescheid des Beklagten vom 02.08.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 24.11.2005 ist - soweit er nicht im Gerichtsverfahren aufgehoben worden ist - rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

21

Der Beklagte hat rechtmäßig angeordnet, alle Gebäudeteile und Gegenstände auf dem Grundstück C. Straße 2 (Flurstück E., Flur 5, Gemarkung F.) bis zum 30.11. 2005, spätestens jedoch 3 Monate nach Unanfechtbarkeit der Verfügung restlos zu beseitigen. Auch die Androhung eines Zwangsgeldes ist rechtlich nicht zu beanstanden.

22

Rechtsgrundlage der Beseitigungsverfügung ist § 89 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 4 NBauO. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die Beseitigung von baulichen Anlagen und Bauprodukten anordnen, wenn diese dem öffentlichen Baurecht widersprechen. Der Beklagte hat das ihm nach dieser Vorschrift eingeräumte Ermessen rechtsfehlerfrei wahrgenommen. Denn die Baugenehmigung für den Wiederaufbau eines Wohngebäudes nach Brandschaden vom 22.09.1998 ist gem. § 77 Satz 1 NBauO erloschen. Die baulichen Anlagen sind daher formell baurechtswidrig. Es ist auch keine Rechtsgrundlage ersichtlich, nach der eine Baugenehmigung für das Außenbereichsgrundstück nunmehr noch erteilt werden könnte. Da es sich um größere bauliche Anlagen in einem schlechten Zustand handelt, wovon sich das Gericht bei der mündlichen Verhandlung vor Ort überzeugen konnte, verblieb dem Beklagten nur ein geringer Ermessensspielraum dahin, von einer Beseitigungsverfügung abzusehen. Die z.T. verfallenen Gebäude bieten nämlich auch einen Anreiz zum illegalen Ablagern von Abfall und zum Übernachten, was mit Gesundheitsgefahren verbunden ist. Dass sich der Beklagte für ein Einschreiten entschied, ist rechtlich unbedenklich.

23

Die Voraussetzungen des § 77 Satz 1 NBauO liegen vor. Danach erlischt die Baugenehmigung, wenn innerhalb von 3 Jahren nach ihrer Erteilung mit der Ausführung der Baumaßnahme nicht begonnen oder wenn die Ausführung 3 Jahre unterbrochen worden ist. Vorliegend hat der Kläger zwar im Herbst 1998 mit der Baumaßnahme begonnen (s.o. Tatbestand). Danach war die Bauausführung aber länger als 3 Jahre unterbrochen. Dies kann jedenfalls für den Zeitraum vom 9. April 2002 bis zum 12. April 2005 festgestellt werden.

24

Die Ausführung der Baugenehmigung ist im Sinne des § 77 Satz 1 NBauO unterbrochen, wenn die baulichen Maßnahmen nicht mehr mit dem erkennbaren Ziel durchgeführt werden, gerade das genehmigte Vorhaben zu verwirklichen. Allein der Wille dazu genügt ebenso wenig wie bloße Vorbereitungs- und Sicherungsarbeiten (OVG Saarland, Urteil vom 03.12.1982 - 2 R 182/01 - BRS 39, 427; vgl. auch BayVGH, Urteil vom 29.06.1987 - 14 B 86.02133 - BRS 47, 363; Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, Kommentar, 7. Auflage, § 77 Rn. 9 zu Vorbereitungsarbeiten).

25

Erforderlich ist jedenfalls ein zielführender Baufortschritt; die Bauarbeiten müssen nachhaltig aufgenommen werden, dass heißt, mit dem Ziel, die Baugenehmigung ernsthaft zu verwirklichen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21.10.2005 - 2 S 104/05 - LKV 2006, 282). Die Rechtsfolge des § 77 Satz 1 NBauO tritt nicht ein, wenn der Ausnutzung der Baugenehmigung Umstände entgegenstehen, die außerhalb des Einwirkungsbereichs des Bauherren liegen (VGH Mannheim, Urteil vom 05.03.1999 - 8 S 218/99 - NVwZ-RR 2000, 845 [BGH 06.07.2000 - V ZB 50/99] m.w.N.).

26

Nach diesen Maßstäben war in den 3 Jahren von April 2002 bis April 2005 nicht erkennbar, dass der Kläger Bauarbeiten mit dem Ziel aufgenommen hat, das Bauvorhaben nachhaltig zu verwirklichen. Zielführende Baumaßnahmen haben nach den Feststellungen des Beklagten (vgl. den Vermerk vom 13.04.2005) in dieser Zeit nicht stattgefunden. Auf den nach den Angaben seines Vaters in der mündlichen Verhandlung auch heute noch bestehenden Willen, die Baugenehmigung umzusetzen, kommt es daher nicht entscheidend an. Denn diesen Willen hat der Kläger nicht durch regelmäßige oder nennenswerte Baumaßnahmen dokumentiert.

27

Im Juni 2005 haben derartige Baumaßnahmen nicht stattgefunden. Zum Ausnutzen der Baugenehmigung im Sinne des § 77 Satz 1 NBauO war der Einbau von vier Fenstern im Anbau nicht ausreichend. Ebenso wenig genügte, dass geringfügige Ausschalarbeiten im Hauptgebäude stattgefunden haben (vgl. das Sitzungsprotokoll, auch zum Abdichten des Treppenaufgangs). Des Gleichen waren der Einbau eines Waschbeckens nebst Armaturen sowie der Badewannenarmaturen, einer WC-Schüssel und der Zu- und Abflüsse für die Küchenzeile nebst Maurerarbeiten kein zielführendes Ausnutzen der Baugenehmigung. Bei all diesen Maßnahmen handelt es sich um stückwerkhafte Maßnahmen, die nicht in einem Zusammenhang mit anderen, sich daran anschließenden Maßnahmen standen. Innerhalb der 3 Jahre von April 2002 bis April 2005 hat der Kläger nur einmal, im Verhältnis zum Gesamtvorhaben nicht nennenswerte Aktivitäten entfaltet. Der Kläger hat nicht einmal das Ziel verwirklicht, den Anbau als Wohnraum herzustellen, um das Grundstück gegen die illegale Abfallablagerung und Diebstahl zu sichern, was als Voraussetzung für einen erfolgreichen Abschluss der Baumaßnahme von dem Kläger für erforderlich gehalten wird. Die Entsorgung von Bauschutt und Sperrmüll wird nicht von der Baugenehmigung vom 22.09.1998 erfasst. Sofern der Hinweis Nr. 13 der Baugenehmigung darauf verweist, die geordnete Wertstofferfassung, Abfallentsorgung und Schadstoffentfrachtung des Abfalls sei Bestandteil der Bautätigkeit so ist damit nur der Abfall gemeint, der während der Baumaßnahme entsteht. Selbst wenn hier auf Grund des Brandschadens auch Abfälle erfasst sind, die vor Baudurchführung von dem Grundstück entfernt werden mussten, so haben solche Maßnahmen entweder unmittelbar 1998 und jedenfalls vor April 2002 stattgefunden. Sofern derartige Abfälle nach April 2002 beseitigt werden mussten, so stellt dieses ebenfalls keine zielführende Maßnahme dar.

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Das Gleiche gilt für das Aufstellen eines Baustromkastens und den Anschluss eines Starkstromkabels daran. Dieses sind überdies Vorbereitungsarbeiten, die von § 77 NBauO nicht erfasst werden. Das Anbringen einer Schranke an der Grundstückszufahrt ist keine von der Baugenehmigung vom 22.09.1998 erfasste Maßnahme. Allenfalls kann es eine Vorbereitungs- und Sicherungsarbeit sein, die ebenfalls nicht zu der Bauausführung im Sinne des § 77 Satz 1 NBauO gehört.

29

Die Unterbrechung ist auf Umstände zurückzuführen, die im (Verantwortungs- und) Einwirkungsbereich des Klägers liegen. Finanzielle Schwierigkeiten und seine Ausbildung sind keine Rechtfertigung dafür, die Rechtsfolgen des § 77 Satz 1 NBauO nicht eintreten zu lassen. Die Verhinderung seines Bevollmächtigten (des Vaters) durch eine Inhaftierung muss sich der Kläger zurechnen lassen. Er hätte auch jemand anderen mit der Koordination der Baumaßnahme beauftragen können.

30

Um einen zielführenden Baufortschritt handelt es sich bei den Maßnahmen des Juni 2004 auch deshalb nicht, weil der Kläger 1998 die Genehmigung erhalten hat, auf dem Grundstück ein Wohngebäude mit einer Gesamtwohn- und Nutzfläche von immerhin 323,62 qm zu errichten. Die Gesamtkosten hat er mit 862.000,00 € angegeben (Baubeschreibung des Bauantrages, Beiakte B). Im Verhältnis dazu sind die wenigen Bauarbeiten, die ihren Schwerpunkt im Einsetzen von Fenstern und Anbringen von Armaturen etc. haben, keine bemerkenswerte Maßnahme zur Umsetzung der umfangreichen Baugenehmigung. Es kommt hinzu, dass von April 2002 bis Juni 2004 auf dem Grundstück auch nach den eigenen Angaben des Klägers nichts geschehen ist. Danach haben bis April 2005 wiederum keinerlei Maßnahmen stattgefunden. Bis heute ist der Zustand der Gebäude unverändert. Die Dokumentation der Beklagten in den Verwaltungsvorgängen ist im übrigen nicht zu beanstanden, zumal der Beklagte die Maßnahmen vom Juni 2004 mittlerweile nicht mehr bestreitet. Eine weitere „Warnung“ vor den Rechtsfolgen des § 77 NBauO musste der Kläger nicht erhalten, da er auf diese Vorschrift schon mit dem Schreiben vom 25.01.2002 aufmerksam gemacht worden war. Die Frist von 3 Monaten ist angemessen.

31

Das Zwangsgeld ist nach § 89 Abs. 4 Satz 1 NBauO in Verbindung mit §§ 67, 70 NSOG rechtmäßig angedroht worden. Die Höhe von 2.000,00 € ist rechtlich nicht zu beanstanden.

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Hinsichtlich des nicht erledigten Verfahrensteils hat der Kläger die Verfahrenskosten nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Kosten für den erledigten Verfahrensteil hat zwar nach § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen der Beklagten zu übernehmen, weil die Verfügung vom 02.08.2005 insofern zu unbestimmt gewesen ist. Im Rahmen der einheitlichen Kostenentscheidung wendet das Gericht jedoch § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO an, wonach einem Beteiligten die Kosten ganz auferlegt werden können, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Das ist hier der Fall, weil der kleine Schuppen an der nördlichen Grundstücksgrenze auf dem Lagerplatz im Verhältnis zu den umfangreichen Beseitigungsarbeiten für die anderen Gebäude nicht ins Gewicht fällt.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

34

Der Streitwert ist in Anwendung des Streitwertkatalogs der Bausenate des Nds. OVG (NdsVBl 2002, 192) auf einen Wert festgesetzt worden, der den geschätzten, mindestens aufzuwendenden Abbruch - und Entsorgungskosten entspricht.