Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 15.08.1995, Az.: 2 UF 65/95
Anspruch auf Übernahme der Zahnarztkosten gegen den getrennt lebenden Ehegatten; Prozeßkostenhilfe im Berufungsverfahren
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 15.08.1995
- Aktenzeichen
- 2 UF 65/95
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1995, 17547
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:1995:0815.2UF65.95.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AZ: 1 F 27/94
Rechtsgrundlagen
- § 114 ZPO
- § 1360 BGB
- § 1360a BGB
Fundstelle
- FamRZ 1996, 288 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Ehegattenunterhalt
Prozessführer
Frau ...,
Prozessgegner
Herr ...,
In der Familiensache
hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig
durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ... sowie
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 15. August 1995
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts ... vom 14. Februar 1995 Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.
Dem Beklagten wird zur Verteidigung gegen die Berufung der Klägerin Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt. Ihm wird Rechtsanwalt ... zur Vertretung im Berufungsverfahren beigeordnet.
Gründe
Der Klägerin kann Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren nicht bewilligt werden, da die von ihr eingelegte Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).
Die Parteien sind Eheleute. Die Klägerin ließ, als die Parteien noch zusammenlebten, in der Zeit zwischen November 1991 und Januar 1993 eine zahnärztliche Behandlung durchführen, bei der Implantate eingebracht wurden. Nachdem die Krankenkasse bereits vor der Behandlung die Kostenübernahme abgelehnt hatte, berechnete der Zahnarzt der Klägerin die Behandlungskosten. Die Klägerin hat den Beklagten, von dem sie zwischenzeitlich getrennt lebt, auf Bezahlung der Zahnarztrechnung verklagt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da die Behandlung nach dem eingeholten Sachverständigengutachten in einem medizinisch nicht indizierten Bereich gelegen habe. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie geltend macht, daß ihr ihr damaliger Zahnarzt statt einer herausnehmbaren Prothese die Implantatbehandlung vorgeschlagen habe und daß die Durchführung der Behandlung vor deren Beginn mit dem Beklagten abgesprochen gewesen sei. Der Beklagte nimmt dies in Abrede.
Bei der gegebenen Sachlage ist davon auszugehen, daß der Klägerin kein Anspruch auf Übernahme der Zahnarztkosten gegen den Beklagten zusteht. Grundsätzlich können zwar die Kosten einer ärztlichen Behandlung zum Unterhaltsbedarf nach §§ 1360, 1360 a BGB gehören, zu dessen Deckung der Beklagte als damaliger Alleinverdiener verpflichtet gewesen wäre. Dies setzt jedoch, wie das Amtsgericht zutreffend angenommen hat, voraus, daß die Behandlung aus medizinischer Sicht geboten erscheint (vgl. BGH NJW 1992, 909, 910) [BGH 27.11.1991 - XII ZR 226/90]. Diese Voraussetzung hat das Amtsgericht aufgrund des eingeholten Gutachtens verneint. Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine hiervon abweichende Beurteilung. Allein der Umstand, daß der Zahnarzt der Klägerin die Implantatbehandlung vorgeschlagen haben soll, läßt nicht den Rückschluß auf ihre Notwendigkeit zu. Vielmehr standen auch nach dem Berufungsvorbringen Behandlungsalternativen offen, deren Ungeeignetheit die Klägerin nicht dargelegt hat. Zudem fehlt jeder konkrete Vortrag zu Anlaß und Ursachen der Behandlung ebenso wie zu gewichtigen Nachteilen, die mit anderen Behandlungsweisen verbunden gewesen wären.
Allerdings müßte der Beklagte für die Zahnarztkosten dennoch als unterhaltsrechtlichen Sonderbedarf im Sinne der §§ 1360, 1360 a BGB aufkommen, wenn die Behandlung, wie die Klägerin behauptet, mit ihm abgesprochen war (vgl. BGH a.a.O. zu § 1357 BGB). Diese Behauptung wird die Klägerin jedoch voraussichtlich nicht beweisen können. Sie hat sich lediglich auf Parteivernehmung berufen. Nachdem der Beklagte in der Berufungserwiderung ausdrücklich jegliche Kenntnis der Behandlungsabsicht bestritten hat, ist nicht anzunehmen, daß er bei seiner Parteivernehmung demzuwider die Behauptung der Klägerin bestätigen wird. Unter diesen Umständen kann im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussicht schon vor Durchführung der Beweisaufnahme davon ausgegangen werden, daß diese für die Klägerin unergiebig verlaufen wird.
Nach allem ist der Prozeßkostenhilfeantrag der Klägerin für das Berufungsverfahren zurückzuweisen, während dem Beklagten auf seinen Antrag Prozeßkostenhilfe zur Verteidigung gegen die Berufung zu bewilligen ist.