Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 15.08.1995, Az.: 2 WF 79/95

Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch; Ermittlung des Unterhaltsanspruchs anhand der Differenzmethode; Maßstab für die Bedarfsberechnung eines Unterhaltsanspruchs

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
15.08.1995
Aktenzeichen
2 WF 79/95
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1995, 17548
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1995:0815.2WF79.95.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AZ: 20 F 43/95

Fundstelle

  • NJW-RR 1996, 454 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Ehegattentrennungsunterhalt

Prozessführer

Frau ...

Prozessgegner

Herr ...

In der Familiensache
hat der 2. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Braunschweig
durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ... sowie
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 15. August 1995
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts ... vom 8.6.1995 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO) ist unbegründet, da das Amtsgericht der Klägerin im Ergebnis zu Recht Prozeßkostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht versagt hat.

2

1.

Für die Zeit von Januar bis Mai 1995 steht der Klägerin gegen den Beklagten schon deswegen kein Anspruch auf Trennungsunterhalt zu, weil ihr Unterhaltsbedarf durch ihr eigenes Erwerbseinkommen gedeckt war.

3

Da es lediglich um Unterhalt seit Januar 1995 geht, ist schon für die Bedarfsberechnung das Einkommen des Beklagten aus dem Jahre 1995 zugrunde zu legen und nicht das im Hinblick auf die andere Steuerklasse wesentlich höhere Einkommen des Jahres 1994, mit dem die Klägerin in der Beschwerdebegründung rechnet. Das Amtsgericht hat in dem angefochtenen Beschluß ein durchschnittliches Nettoeinkommen des Beklagten von 3.232,00 DM im Monat zugrunde gelegt. Hiervon ist weiterhin auszugehen, da die Klägerin in der Beschwerdebegründung nichts Abweichendes vorträgt. Von diesem Nettoeinkommen sind die Unterhaltsleistungen des Beklagten für die beiden Töchter der Parteien in Abzug zu bringen, und zwar ohne Anrechnung anteiligen Kindergeldes. Für ... sind dies entsprechend dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Teilvergleich 530,00 DM monatlich. Zu Unterhaltsleistungen an die volljährige Tochter ... ist nichts vorgetragen; da sowohl das Amtsgericht als auch die Klägerin in der Beschwerdebegründung auch für ... jeweils Unterhaltszahlungen absetzen, ist davon auszugehen, daß der Beklagte wenigstens den nach seinen eigenen Einkünften errechneten Unterhalt nach der Einkommensstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle, die auch dem Vergleich über den Unterhalt für ... zugrunde gelegt ist, aufbringt. Dies sind ohne Berücksichtigung des Kindergeldes 610,00 DM im Monat (Betrag aus der dritten Altersstufe von 530,00 DM zuzüglich 80,00 DM Differenz zur zweiten Altersstufe). Zieht man diese Beträge ab, so verbleiben noch 2.092.00 DM.

4

Die Klägerin hat in den Monaten Januar und Februar 1995 ein durchschnittliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.481,36 DM erzielt, wie sich aus der von ihr mit Schriftsatz vom 12.4.1995 eingereichten Verdienstbescheinigung ergibt (3.800,00 DM Bruttobezüge abzüglich 82,00 DM Lohnsteuer, 2,88 DM Kirchensteuer, 752,40 DM Sozialversicherungsbeiträge, davon die Hälfte; nicht abzuziehen ist der mitgeteilte Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung). Von dem Nettoeinkommen der Klägerin ist nur ein Betrag von 837,50 DM im Wege der Differenzmethode zu berücksichtigen. Denn das Amtsgericht hat festgestellt, daß die Klägerin während des ehelichen Zusammenlebens nur Nettoeinkünfte in dieser Höhe erzielt hat und daß die ehelichen Lebensverhältnisse durch die über diesen Betrag hinausgehenden Einkünfte nicht geprägt worden sind; hiergegen hat die Klägerin in der Beschwerdeschrift nichts vorgebracht, auch wenn sie ohne nähere Begründung insgesamt mit der Differenzmethode rechnet. Zieht man dementsprechend die 837,50 DM von den 2.092,00 DM ab, so verbleiben 1.254,50 DM, wovon sich der Unterhaltsbedarf der Klägerin mit 3/7 auf 537,64 DM bestimmt. Hierauf ist jedoch das Resteinkommen der Klägerin, nämlich 1.481,36 DM ./. 837,50 DM = 643,86 DM im Monat mit 6/7, also in Höhe von 551,88 DM, anzurechnen. Ein Unterhaltsanspruch verbleibt dann nicht mehr.

5

Für März bis Mai 1995 hat die Klägerin bei der Firma ... sogar noch höhere Einkünfte erzielt (nach der für März 1995 vorgelegten Verdienstbescheinigung ca. 1.570,00 DM netto). Auch für diese Zeit läßt sich ein nicht durch eigene Einkünfte der Klägerin gedeckter Unterhaltsbedarf demnach nicht feststellen.

6

2.

Auch für die Zeit ab Juni 1995 lassen sich die Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch der Klägerin nicht feststellen. Die Klägerin bezieht zwar lediglich Arbeitslosengeld in Höhe von 161,40 DM wöchentlich = 699,40 DM im Monat (161,40 DM × 52: 12). Ihr ist jedoch ein fiktives Arbeitsentgelt in mindestens der bisher erzielten Höhe anzurechnen, so daß auch weiterhin kein ungedeckter Unterhaltsbedarf besteht. Die Klägerin trifft zumindest seit März 1995, nach Ablauf eines Jahres seit der Trennung der Parteien, die uneingeschränkte Obliegenheit, ihren Unterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen. Dementsprechend könnte sie nur dann als unterhaltsbedürftig angesehen werden, wenn sie trotz ausreichender Bemühungen nicht imstande gewesen wäre, eine angemessene und ausreichend bezahlte Beschäftigung zu finden. Dies kann jedoch nicht angenommen werden. Es erscheint zweifelhaft, ob die von der Klägerin für die Zeit ab 29.5.1995 vorgetragenen Bewerbungen ausreichen. Dies kann indessen auf sich beruhen. Die Klägerin, die bislang keine Vollzeittätigkeit ausgeübt hatte, hätte sich schon ab Jahresbeginn 1995 darum bemühen müssen, für die Zeit ab 1.3.1995 eine Vollzeittätigkeit zu finden. Zu Bemühungen in dem gesamten Zeitraum zwischen Januar 1995 und Ende Mai 1995 ist nichts vorgetragen worden. Der Senat kann auch nicht davon ausgeben, daß entsprechende Bewerbungen ohnehin chancenlos gewesen wären, da auch hierzu konkretes Vorbringen fehlt. Hätte die Klägerin sich damals mit Erfolg bemüht, wäre sie jetzt möglicherweise nicht arbeitslos. Dies geht zu Lasten der Klägerin, die für ihre Unterhaltsbedürftigkeit die Darlegungs- und Beweislast trägt.

7

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 127 Abs. 4 ZPO.