Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 21.12.2009, Az.: 7 B 6013/09
Anspruch auf Unterlassen der Ausschreibung von Rettungsdienstleistungen nach dem GWBVergaberechtsregime; Vergabe von Rettungsdienstleistungen nach den Vorschriften des 4. Teils Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), Vergabeverordnung (VgV) und den Bestimmungen der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/A) (GWBVergaberechtsregime); § 5 Abs. 1 S. 4 Niedersächsisches Rettungsdienstgesetz (NRettDG) als Anspruchsgrundlage trotz Streichung aufgrund einer Möglichkeit der Berücksichtigung dort normierter Kriterien im Auswahlverfahren
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 21.12.2009
- Aktenzeichen
- 7 B 6013/09
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2009, 29802
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGHANNO:2009:1221.7B6013.09.0A
Rechtsgrundlagen
- § 123 Abs. 1 VwGO
- § 123 Abs. 3 VwGO
- § 920 Abs. 2 ZPO
- § 3 Abs. 2 NRettDG,NI
- § 5 NRettDG,NI
- § 97 Abs. 1 GWB
Amtlicher Leitsatz
Es besteht kein Anspruch des Leistungserbringens gegen den Träger des Rettungsdienstes in Niedersachsen, dass dieser die Ausschreibung von Rettungsdienstleistungen nach dem GWBVergaberegime unterlässt.
Gründe
I .
Dem Antragsteller wurde mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. Oktober 2004 mitgeteilt, dass der Regionsausschuss beschlossen habe, ihn gemäß § 5 Abs. 1 des Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes - NRettDG - mit Wirkung ab 1. Januar 2005 mit der Durchführung von Leistungen des Rettungsdienstes in den Rettungswachenbereichen (RWB) D., E., F. und G. zu beauftragen. In den übrigen Rettungswachenbereichen/Losen, für die sich der Antragsteller damals beworben hatte, sollten andere Leistungserbringer beauftragt werden. In der Folge schlossen die Beteiligten am 25. November 2004 einen "Beauftragungsvertrag Rettungsdienst", dessen § 14 Abs.
1 Satz 4 lautet:
"Der Vertrag endet mit Ablauf des 31.12.2009, ohne dass es einer Kündigung bedarf."
Mit weiterem Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. September 2006 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass er mit Wirkung ab 1. Januar 2007 auch mit der Durchführung von Leistungen des Rettungsdienstes im RWB H. beauftragt werde. In der Folge schlossen die Beteiligten am 11. Oktober 2006 auch insoweit einen "Beauftragungsvertrag Rettungsdienst", dessen§ 14 Abs. 1 Satz 5 lautet:
"Ansonsten endet der Vertrag mit Ablauf des 31.12.2009, ohne dass es einer Kündigung bedarf.
Auf eine beschränkte, den Folgezeitraum des 1. Januar 2010 - 31. Dezember 2010 betreffende Ausschreibung bewarb sich der Antragsteller erneut. Mit Bescheid vom 6. November 2009 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass er entsprechend seinem Angebot für die Laufzeit vom
1. Januar 2010 - 31. Dezember 2010 für das Los 3 - RWB H., E. und D. - den Zuschlag erhalten und mit der Durchführung rettungsdienstlicher Leistungen beauftragt werde. Der Beauftragungsvertrag werde in Kürze nachgereicht.
Der Antragsteller macht unter Vorlage der Beschluss-Drucksache II I. /2009 der Antragsgegnerin glaubhaft, dass diese für den Beauftragungszeitraum 1. Januar 2011 - 31. Dezember 2015 ein nationales öffentliches Ausschreibungsverfahren über die Vergabe von Rettungsdienstleistungen nach den Vorschriften des 4. Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB -, der Vergabeverordnung - VgV - und den Bestimmungen der Verdingungsordnung für Leistungen - VOL/A - vorbereitet (im Folgenden: GWB-Vergaberegime). Außerdem trägt er vor, dass die Einleitung dieser Ausschreibung unmittelbar bevorstehe. Auf seine an die Antragsgegnerin gerichtete Forderung vom 4. Dezember 2009, sie möge eine Unterlassungserklärung abgeben, habe diese nicht reagiert.
Mit einem ebenfalls am 4. Dezember 2009 beim Verwaltungsgericht Hannover eingegangenen Schriftsatz sucht der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nach. Er hält die Einleitung einer Ausschreibung nach dem GWB-Vergaberegime für unzulässig, weil er aufgrund der Bescheide vom 6. Oktober 2004 und 26. September 2006 statusbegründend unbefristet beauftragt sei. Vor einem Widerruf dieser Bescheide dürfe keine Ausschreibung erfolgen. Dessen ungeachtet verstoße eine Ausschreibung nach dem GWB-Vergaberegime gegen § 5 NRettDG.
Der Antragsteller beantragt:
- 1.
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorläufig untersagt, auf ein Angebot [eines] oder mehrerer Drittanbieter für die Erbringung von Rettungsdienstleistungen für die Antragsgegnerin in einem vergaberechtlichen Verfahren den Zuschlag oder eine Genehmigung zu erteilen oder mit diesen Verträge zu schließen.
- 2.
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorläufig untersagt, ein vergaberechtliches Verfahren mit dem Ziel der Vergabe der Erbringung von Rettungsdienstleistungen für die Antragsgegnerin durchzuführen.
Hilfsweise:
- 3.
Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin an die Auswahlentscheidung [aus] den bestandskräftigen Verwaltungsakt[en] vom 6. Oktober 2004 und 26. September 2006 gebunden ist.
- 4.
Die Antragsgegnerin wird im Wege einer einstweiligen Anordnung bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren verpflichtet, die unter Ziffer 1) genannten streitgegenständlichen Leistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes zu vergeben.
- 5.
Die Antragsgegnerin wird im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, eine Auswahlentscheidung für Drittanbieter zur Erbringung von Rettungsdienstleistungen im Bereich der Antragsgegnerin nur nach Durchführung eines ordnungsgemäßen verwaltungsrechtlichen Auswahlverfahrens gemäß dem NRettDG zu treffen.
- 6.
Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers wird für notwendig erklärt.
- 7.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung des Antragstellers zu tragen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Anträge abzulehnen.
Sie verweist darauf, dass der Beauftragungsvertrag bis zum 31. Dezember 2009 befristet und der Antragsteller für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2010 erneut beauftragt worden ist. Für den Zeitraum ab 1. Januar 2011 bestehe jedoch keine Beauftragung des Antragstellers mehr. Auch widerspreche die von ihr angestrebte Form der Ausschreibung der Rettungsdienstleistungen mit Wirkung ab 1. Januar 2011 nicht § 5 NRettDG.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Den Anträgen muss der Erfolg versagt bleiben.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
Danach sind die Anträge abzulehnen.
Die Kammer lässt dahingestellt, ob die Anträge bereits mangels Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges bei fehlender Verweisungsmöglichkeit an die Vergabekammer unzulässig sind (so VG Köln, Beschluss vom 29.8.2008 - 7 L 1205/08 - www.justiz.nrw.de - und nachfolgend:
OVG Münster, Beschluss vom 30.9.2008 - 13 B 1384/08 - VergabeR 2009, S. 161 = www.justiz.nrw.de) oder es sich bei der Anfechtung einer beabsichtigten Ausschreibung um eine nach § 44a VwGO unzulässige Anfechtung einer Verfahrenshandlung handelt (so OVG Magdeburg, Beschluss vom 21.12.2000 - 1 M 316/00 - JMBl. LSA 2001, S. 79).
Denn der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Zu den Hauptanträgen:
1. und 2.
Der vom Antragsteller geltend gemachte Unterlassungsanspruch kann weder auf die beiden Verwaltungsakte vom 6. Oktober 2004 und 26. September 2006 (a), noch auf das von ihm geltend gemachte und von ihm aus § 5 NRettDG abgeleitete Verbot einer Ausschreibung nach dem GWB-Vergaberegime gestützt werden (b).
a.
Der vom Antragsteller geltend gemachte Unterlassungsanspruch kann nicht auf die von ihm vorgelegten beiden Bescheide vom 6. Oktober 2004 und 26. September 2006 gestützt werden. Bei diesen Bescheiden handelt es sich lediglich um die Bekanntgabe von Auswahlentscheidungen der Antragsgegnerin an den Antragsteller im Anschluss an ein früheres beschränktes Ausschreibungsverfahren, hingegen die eigentliche Beauftragung nach § 5 NRettDG durch die beiden Beauftragungsverträge vom 25. November 2004 und 11. Oktober 2006 erfolgt ist, die bis zum 31. Dezember 2009 befristet sind.
Die Beauftragung zugunsten des Antragstellers nach § 5 des Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes in der bis zum 30. September 2007 geltenden Fassung - NRettDG a.F. - erfolgte in einem zweistufigen Verfahren. In Fällen wie dem von der Antragsgegnerin sicherzustellenden Rettungsdienst, in denen in der Vergangenheit mehrere Bewerber um die Beauftragung konkurrierten, musste der durchöffentlich-rechtlichen Vertrag erfolgenden Beauftragung notwendigerweise eine Auswahlentscheidung vorangehen. Die Beauftragung stellte sich demnach als zweistufiges Verfahren dar, welches eine Auswahlentscheidung und den auf dieser basierenden eigentlichen Beauftragungsvorgang umfasst. Beide Vorgänge können zwar zusammenfallen, sind aber rechtlich voneinander zu unterscheiden. Vorliegend enthalten die beiden Bescheide vom 6. Oktober 2004 und 26. September 2006 lediglich die Auswahl des Antragstellers zur Erbringung von Rettungsdienstleistungen in näher bezeichneten Rettungswachenbereichen, nicht jedoch die eigentliche Indienstnahme einschließlich der konkreten Regelungen der Beauftragung. Dies hat auch der Antragsteller erkannt, wenn er in dem Hilfsantrag zu 3) die beiden Verwaltungsakte ausdrücklich (lediglich) als Auswahlentscheidungen bezeichnet hat. Den vorgelegten Verwaltungsakten kann nicht entnommen werden, dass sich die Antragsgegnerin auf Ewigkeit an den Antragsteller binden wollte. Die beschließende Kammer hat bereits an anderer Stelle in Verfahren zum Rettungsdienst der Antragsgegnerin ausgeführt, aus demNiedersächsischen Rettungsdienstgesetz folge nicht, dass Auswahlentscheidungen auf Ewigkeit Bestand hätten oder Beauftragungsverträge unbefristet geschlossen werden müssten (VG Hannover, Beschluss vom 13.12.2006 - 7 B 6871/06 - Entscheidungsabdruck S. 7).
Da der Beauftragungszeitraum am 31. Dezember 2009 ausläuft und der Antragsteller - mit ersichtlich geändertem Leistungsumfang - auf seine Bewerbung erneut von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 6. November 2009 für den Folgezeitraum 1. Januar 2010 - 31. Dezember 2010 ausgewählt worden ist, verfügt der Antragsteller für den hier streitbefangenen Zeitraum ab 1. Januar 2011 über keine Rechtsposition, die ihm aus eigenen Rechten einen Abwehranspruch gegen die Antragsgegnerin auf Unterlassung einer bestimmten Verfahrensweise vermittelt.
b.
Auch lässt sich der geltend gemachte Anspruch, mit dem der Antragsgegnerin untersagt werden soll, für den Zeitraum ab 1. Januar 2011 eine Ausschreibung der bislang vom Antragsteller erbrachten Rettungsdienstleistungen nach dem GWB-Vergaberegime durchzuführen, nicht aus § 5 NRettDG herleiten. Diese Vorschrift ist durch Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung des NRettDG vom 12.7.2007 (Nds. GVBl. S. 316) geändert worden. Durch § 5 Abs. 1 Satz 4 NRettDG a.F. war gesetzlich noch vorgeschrieben, dass "bei der Auswahl der Beauftragten der Vielfalt der Anbieter und den gewachsenen Strukturen unter Berücksichtigung von Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit Rechnung zu tragen ist". Hieraus hatten sowohl das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung (Nds. OVG, Beschluss vom 14.9.1999 - 11 M 2747/99 - Nds.VBl. 1999, S. 285; Beschluss vom 7.2.2006 - 11 ME 26/05 - Nds.VBl. 2006, S. 165 = www.dbovg.niedersachsen.de) als auch das für Vergabesachen zuständige Oberlandesgericht Celle (OLG Celle, Beschluss vom 24.11.1999 - 13 Verg 7/99 - NZBau 2000, S. 299 = www.oberlandesgericht-celle.niedersachsen.de) gefolgert, dass die Vergabe von Rettungsdienstleistungen nicht nach dem GWB-Vergaberegime zu erfolgen habe. Durch das vorbezeichnete Änderungsgesetz ist jedoch u.a. der Satz 4 in § 5 Abs. 1 NRettDG mit Wirkung seit 1. Oktober 2007 gestrichen worden. Dieser Gesetzesänderung lag als Motiv des Landesgesetzgebers zugrunde, den Rettungsdienstträgern die Ausschreibung von Rettungsdienstleistungen nach dem GWB-Vergaberegime zu ermöglichen, wenn auch nicht zwingend vorzuschreiben. Hierzu heißt es im Schriftlichen Bericht zum Entwurf des Änderungsgesetzes (LT-Drs. 15/3953, S. 4f.):
"Die vom Ausschuss mehrheitlich empfohlene Streichung der im bisherigen Absatz 1 Satz 4 vorgesehenen Verpflichtung, bei der Auswahl der Beauftragten der ,Vielfalt der Anbieter und den gewachsenen Strukturen unter Berücksichtigung von Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit Rechnung zu tragen', soll das mit dieser Vorgabe verbundene Risiko eines europarechtswidrigen Auswahlverfahrens beseitigen und gleichzeitig den Handlungsspielraum der Rettungsdienstträger erweitern. Nach der ständigen Rechtsprechung des OVG Lüneburg schließt die Verpflichtung, die gewachsenen Strukturen zu berücksichtigen, eine Auswahl unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten aus. Es ist zweifelhaft, ob dies europarechtlich zulässig ist, denn die EU-Kommission vertritt im laufenden Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2005/4077 entgegen der Bundesrepublik die Auffassung, dass auf die Auftragsvergabe im öffentlichen Rettungsdienst - Niedersachsen wird insoweit ausdrücklich erwähnt - die europarechtlichen Vergaberichtlinien anzuwenden sind. Die vorgeschlagene Streichung des Satzes 4 ermöglicht für den Fall, dass sich die Auffassung der Kommission durchsetzt, eine europarechtskonforme Ausgestaltung des Auswahlverfahrens durch Anwendung der §§ 97ff. GWB. Allerdings verpflichtet der Vorschlag die Rettungsdienstträger nicht ausdrücklich zur Anwendung dieser Vorschriften. Dies entspricht dem Wunsch des Ausschusses, dem Rettungsdienstträger auch zukünftig die Möglichkeit zu erhalten, die Kriterien der gewachsenen Strukturen und der Vielfalt der Anbieter berücksichtigen zu dürfen, wenn sich im Vertragsverletzungsverfahren die Position der Bundesrepublik bestätigt, dass Wettbewerbsbeschränkungen wegen der Besonderheiten der Rettungsdienstleistungen grundsätzlich zulässig sind. Der vorgeschlagene gänzliche Verzicht auf ausdrückliche gesetzliche Vorgaben für das Auswahlverfahren führt dazu, dass entsprechend der Rechtsprechung des OVG Lüneburg (vgl. NdsVBl. 2006, 165, 166) bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern im Rahmen der Ermessensentscheidung der Grundsatz der Chancengleichheit und das Transparenzgebot zu beachten sind. Diese Vorgaben lassen nach Auffassung der Ausschussmehrheit eine Berücksichtigung der Vielfalt der Anbieter bzw. der gewachsenen Strukturen grundsätzlich zu, der Rettungsdienstträger ist aber nicht mehr von Gesetzes wegen zu einer vorrangigen Beachtung dieser Kriterien verpflichtet".
In der Folge dieser Gesetzesänderung hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschieden, dass nach der Streichung von § 5 Abs. 1 Satz 4 NRettDG im Auswahlverfahren weiterhin die Berücksichtigung der Auswahlkriterien der gestrichenen Vorschrift zulässig bleibt (Nds. OVG, Urteil vom 24.4.2008 - 11 LB 266/07 - NordÖR 2008, S. 350 = Nds.VBl. 2009, S. 16), sie ist jedoch nicht mehr zwingend. Deshalb kann ein Unterlassungsanspruch auf§ 5 Abs. 1 NRettDG nicht mehr gestützt werden.
Dass hierdurch unterschiedliche Vergabepraxen bei den Rettungsdienstträgern in Niedersachsen entstehen können, wird vom Landesgesetzgeber jedenfalls bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes im Verfahren EU-Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Rs. C- 160/08 - (ABl. EU vom 15.8.2008 Nr. C 209/19) in Kauf genommen. Unterschiedliche Verfahrensweisen sind nach der niedersächsischen Rechtslage von vornherein auch nicht ausgeschlossen, zumal die kommunalen Träger des Rettungsdienstes gemäß § 3 Abs. 2 NRettDG - anders als in anderen Bundesländern - im eigenen Wirkungskreis handeln.
Weil dem Antragsteller kein Unterlassungsanspruch zur Seite steht, kann die Kammer deshalb die Frage offen lassen, ob aufgrund der zeitlich dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nachfolgenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes, der entschieden hat, dass ein zur Übertragung der Durchführung von Notfallrettung und Krankentransport nach § 31 des Sächsischen Brand-, Rettungsdienst- undKatastrophenschutzgesetzes - SächsBRKG - vorgesehenes Auswahlverfahren zwingend als Vergabeverfahren nach § 97 Abs. 1 GWB durchzuführen ist, wenn der Wert des abzuschließenden Vertrages den Schwellenwert übersteigt, auch auf die niedersächsische Rechtslage anzuwenden ist mit der Folge, dass der vom Antragsteller geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch aus diesem Grund scheitert. Denn der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Kompetenz des Bundeslandes (hier: Sachsen) zur Einschränkung des bundeseinheitlichen Vergaberechts nicht mehr bestand, nachdem der Bund den Vierten Teil des GWB geschaffen hatte (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1, 11, 16, Art. 109 Abs. 3 GG) (BGH, Beschluss vom 1.12.2008 - X ZB 31/08 - BGHZ 179, S. 84 = NVwZ 2009, S. 605 = www.bundesgerichtshof.de).
Danach kann eine einstweilige Anordnung mit den Hauptanträgen nicht erlassen werden.
Zu den Hilfsanträgen:
3.
Der Hilfsantrag zu Ziffer 3) ist bereits wegen Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig. Dessen ungeachtet ist er auch unbegründet. Weil der Antragsteller in der Antragstellung selbst ausführt, dass es sich bei den beiden Verwaltungsakten vom 6. Oktober 2004 und 26. September 2006 um eine Auswahlentscheidung auf der ersten Stufe des zweistufigen Auswahlverfahrens nach § 5 Abs. 1 NRettDG a.F. gehandelt habe, und die Einzelheiten der Beauftragung, insbesondere ihre Dauer, erst auf der zweiten Stufe durch öffentlich-rechtlichen Vertrag geregelt werden, begründet die Auswahlentscheidung keinen Anspruch auf Beibehaltung der Beauftragung auf unbefristete Dauer (s.o. Ziffern 1] und 2]).
4.
Auch der Hilfsantrag zu Ziffer 4) ist wegen Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig. Eine endgültige Vergabe der Rettungsdienstleistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts kann im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht erreicht werden.
5.
Auch der Hilfsantrag zu 5) ist wegen Vorwegnahme der Hauptsache unzulässig. Dessen ungeachtet ist er ist aus den Gründen zu oben Ziffern 1) und 2) abzulehnen.
6.
Der Hilfsantrag zu 6), die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, braucht bereits im Hinblick auf die Ablehnung der Sachanträge nicht entschieden zu werden. Dessen ungeachtet ist er unzulässig, weil kein Vorverfahren im Sinne von §§ 68ff. VwGO anhängig gewesen ist. Zudem könnte die beantragte Entscheidung nur im Hauptsacheverfahren und nicht im Verfahren nach § 123 VwGO ergehen.
7.
Auf den Hilfsantrag zu 7) ergeht die Kostenentscheidung nach dem Gesetz (§ 154 Abs. 1 VwGO).
Nach alledem sind die Anträge mit der Kostenfolge aus§ 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die übrigen Anträge aus der Antragsschrift (Beiziehung der Verwaltungsakten, Akteneinsicht, Hängebeschluss) sind erledigt.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG. Abweichend vom Oberverwaltungsgericht Münster (a.a.O.) setzt die Kammer den Streitwert nicht mit 50.000,00 EUR an, sondern beschränkt sich - wie bei einem Verfahren auf Beauftragung mit Rettungsdienstleistungen auch - auf die Festsetzung eines Betrages in Höhe von 15.000,00 EUR. Dieser Betrag ist wegen der verschiedentlich beantragten Vorwegnahme der Hauptsache jedoch nicht weiter zu reduzieren.