Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 01.02.2021, Az.: 6 U 246/20

Wettbewerbswidrige Bewerbung von Futterergänzungsmittel für Hunde; Grundsätze für Kennzeichnung und Aufmachung von Futtermitteln; Irreführung durch Angabe einer wissenschaftlich nicht hinreichend gesicherten Wirkung; Beweislast für die inhaltliche Richtigkeit von Kennzeichnungsangaben

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
01.02.2021
Aktenzeichen
6 U 246/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 49786
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Osnabrück - 02.09.2020 - AZ: 18 O 96/20

In dem Rechtsstreit
AA GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer BB, Ort1,
Beklagte und Berufungsklägerin,
Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: (...)
gegen
CC e.V. vertreten durch den 1. Vorsitzenden Kaufmann DD, Ort2,
Kläger und Berufungsbeklagter,
Prozessbevollmächtigte:
(...),
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht (...), den Richter am Oberlandesgericht (...) und die Richterin am Amtsgericht (...)
am 01. Februar 2021
einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 02.09.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Osnabrück wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 30.000,00 Euro.

Gründe

Der Senat weist die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurück, weil sie offensichtlich unbegründet ist. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss vom 17.12.2020 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

Die Stellungnahme der Beklagten vom 25.01.2020 vermag eine abweichende rechtliche Bewertung nicht zu rechtfertigen.

I.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört. Er verfolgt gegen die Beklagte, eine Vertreiberin von Naturprodukten, Ansprüche aus unlauteren Wettbewerb. Die Beklagte bietet im Internet unter der Domain "(...)" unter der Bezeichnung "(...)" bzw. "(...)" ein Ergänzungsfuttermittel für Hunde an. Sie bewirbt dies mit folgender Aussage:

"Kennen Sie das? Manche Hunde leiden kaum unter Zecken und Co., andere Hunde werden regelrecht von den Plagegeistern heimgesucht. Oftmals merken wir Menschen auch den Unterschied. Der "Zeckensammler" können einen auffälligen Eigengeruch haben. Dies liegt häufig an einer aus Fehlernährung bedingten Hautstoffwechselstörung, Haut und Fell haben aber sehr wichtige Funktionen. Sie dienen als Barriere für äußere Einwirkungen wie Hitze, Kälte und andere Umweltreize. (...) ist genau für diese Ernährungssituation entwickelt worden. Die enthaltenen Kräuter und die Bierhefe - speziell die Vielzahl von natürlichen B-Vitaminen - unterstützen ernährungsbedingt den Hautstoffwechsel und tragen so zu einer positiven Entwicklung des Hautmilieus und -geruches bei. Dies kann auf Zecken und andere Plagegeister abschreckend wirken."

Diese Werbung beanstandete der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 15.11.2019 (Anlage K4) und forderte die Beklagte auf, sich bis zum 25.11.2019 zu verpflichten, die entsprechende Werbung für das Ergänzungsfuttermittel zu unterlassen und eine entsprechende Unterlassungserklärung (Anlage K4) abzugeben. Die Beklagte wies die Unterlassungsansprüche zurück.

Der Kläger ist der Ansicht gewesen, der durchschnittliche verständige und aufgeklärte Verbraucher könne die Produktbezeichnung "ZeckEx" bzw. "TickEx" nur dahingehend verstehen, dass das Mittel dazu dienen soll, Zecken zu vertreiben, zu töten oder wie auch immer vor Zecken zu schützen. Der Kläger hat gemeint, dass aufgrund des Umstandes, dass ein Zeckenbiss zu Rötungen, Ausstellungen und grippeartigen Erscheinungen führten und zudem Krankheitserreger wie Borrelien oder FSME-Virus übertragen könnten, schon der Zeckenbiss als solcher eine Krankheit darstelle. Daher verstoße die Werbung gegen Art. 13 Abs. 3 VO (EG) Nr. 767/2009, in welchem bestimmt sei, dass die Kennzeichnung und Aufmachung von Einzelfuttermitteln und Mischfuttermitteln keine krankheitsbezogene Werbung enthalten dürfe. Das streitgegenständliche Ergänzungsfuttermittel falle dabei gem. Art. 3 VO (EG) Nr. 767/2009, dort Abs. 2 lit. j) unter den Begriff des Mischfuttermittels. Des Weiteren seien die streitbefangenen Wirkungsauslobungen irreführend gem. § 3a UWG i.V.m. Art. 11 Abs. 1 lit. b), Art. 13 Abs. 3 lit. a) VO (EG) Nr. 767/2009, 20 LFGB, §§ 3, 5 UWG. Der Kläger hat behauptet, die von der Beklagten beworbenen Wirkweise von Schwarzkümmel, Bierhefe, Kokosraspeln und Petersilie auf Verhinderung von Zeckenbissen und/oder anderen Parasitenbefall sei weder gegeben, noch wissenschaftlich belegt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "(...)" Ergänzungsfuttermittel für Hunde zu werben mit den Bezeichnungen:

1. "ZeckEx",

2. Die enthaltenen Kräuter und Bierhefe ... unterstützen ernährungsbedingt den Hautstoffwechsel ... Dies kann auf Zecken und andere Plagegeister abschreckend wirken,

3. "TickEx"

Jeweils sofern dies geschieht wie in der Anlage wiedergegeben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, der Befall von Zecken stelle für sich genommen keine Krankheit dar. Zudem ist sie der Ansicht gewesen, aus der Produktbeschreibung und der gesamten Aufmachung gehe eindeutig hervor, dass es sich um ein Ergänzungsfuttermittel und nicht um ein Mittel zur Verhinderung, Behandlung oder Heilung von Krankheiten handele. In dem streitgegenständlichen Produkt sei lediglich eine gesundheitserhaltende oder gesundheitsunterstützende Wirkung angegeben. Eine solche sei gem. Art. 13 Abs. 4, Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. den Anforderungen an die Zulässigkeit von "functional claims" gem. Art. 25 VO (EG) Nr. 767/2009 zulässig. Der Beklagte hat behauptet, die ausgelobten Wirkungen seien wissenschaftlich begründet und bestätigt worden.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat ausgeführt, die Klage sei zulässig, insbesondere sei der Kläger nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Die Klage sei zudem begründet; dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3a UWG i.V.m. Art. 11 lit. b) VO (EG) Nr. 767/2009 zu. Die streitgegenständliche Werbung für das Ergänzungsfuttermittel für Hunde sei gem. Art. 2 Abs. 1 VO (EG) Nr. 767/2009 vom Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 767/2009 erfasst. Die Kennzeichnung und Aufmachung des streitgegenständlichen Produkts sei für den Verwender irreführend in Bezug auf Wirkungen, die das Produkt nicht besitze und mithin liege ein Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 lit. b) VO (EG) Nr. 767/2009 vor. Bereits der Name "ZeckEx" erwecke den Eindruck, es handele sich um ein Mittel gegen den bei Hunden weit verbreiteten Befall von Zecken, bei welchem es sich - im Hinblick auf die bekannten möglichen Folgen von Zeckenbissen - um eine Krankheit handele. Insbesondere durch die Aussagen "unterstützen ernährungsbedingt den Hautstoffwechsel" und "tragen so zu einer positiven Entwicklung des Hautmilieus und -geruchs bei" suggeriere die Beklagte, dass diese Faktoren insgesamt als wichtig für den Erhalt der Gesundheit von Hunden bzw. die Prophylaxe vor einem Befall seien. Bei dem Verbraucher entstehe der Eindruck, dass die Zufütterung des Produkts währen der Zeckensaison die Gesundheit des Hundes fördere und dem Befall vorbeuge bzw. einen Befall besser behandelbar mache. Eine Irreführung könne nicht nur darin liegen, dass das Produkt nicht die angegebene Wirkung habe, sondern auch darin, dass die angegebene Wirkung wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sei und in der Werbung nicht richtig über den fehlenden wissenschaftlichen Nachweis informiert werde. Die Darlegungs- und Beweislast für die wissenschaftliche Absicherung der Behauptungen trage ausweislich Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 767/2009 die Beklagte. Die Beklagte habe nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass sich ihre Werbung auf fachlich gesicherte Erkenntnisse stütze und sei mithin beweisfällig geblieben. Aus dem Inhalt des von der Beklagten vorgelegten Dokuments "Fachinformation und Bewertung der Produktentwicklung (...)" könne keine ausreichende Aussage dazu entnommen werden, dass die beworbenen Eigenschaften des Produktes wissenschaftlich abgesichert worden seien. Ein Sachverständigengutachten zur Wirksamkeit des Produkts sei nicht einzuholen, weil eine Beweisaufnahme nicht dazu diene, den rechtlich bedeutsamen Sachverhalt - ob die behauptete Wirkung wissenschaftlich abgesichert ist - überhaupt erst zu schaffen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.

Gegen das Urteil wendet sich die Beklagte mit dem Rechtsmittel der Berufung. Die Beklagte meint, dass Landgericht habe die zwingend notwendige Differenzierung unterlassen, ob bereits ein Zeckenbiss selbst eine Krankheit darstelle, oder lediglich diejenigen Krankheiten, die möglicherweise im Einzelfall durch einen Zeckenbiss übertragen werden können. Der Beklagte behauptet, bei einem einzelnen Zeckenbiss handele es sich noch nicht um eine Krankheit. Die Beklagte meint, die werbende Aussage "unterstützen ernährungsbedingt den Hautstoffwechsel" und "tragen so zu einer positiven Entwicklung des Hautmilieus und -geruchs bei" handele es sich lediglich um gesundheitsbezogene Angaben, die gem. Art. 13 Abs. 1 VO (EG) Nr. 767/2009 ausdrücklich zulässig seien. Ob eine gesundheitsbezogene Wirkung wissenschaftlich nachweisbar i.S.d. Art. 13 Abs. 1 lit. b) VO (EG) Nr. 767/2009 ist, habe der Kläger zu beweisen. Die Beweislastregelung in Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 767/2009 zu Lasten des Beklagten greife nicht, weil diese Norm lediglich im Verhältnis zwischen Futtermittelunternehmen und der zuständigen Überwachungsbehörde gelte. Eine Beweislastumkehr könne allenfalls dann angenommen werden, wenn der Kläger das Fehlen wissenschaftlicher Grundlagen substantiiert vorgetragen habe, was der Kläger vorliegend nicht getan habe. Die Beklagte behauptet, die streitgegenständlichen Werbeaussagen seien hinreichend wissenschaftlich abgesichert. Dazu reiche es aus, wenn die Werbeaussage der herrschenden Meinung entspreche. Dies sei entsprechend der Auswertung wissenschaftlicher Veröffentlichungen (Anlage BK2) gegeben. Gegenmeinungen zu der Wirkung der eingesetzten Bestandteile des Ergänzungsfuttermittels auf den Hautstoffwechsel des Tieres seien nicht bekannt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründungschrift nebst Anlagen (Bl. 137 ff. d.A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 02.09.2020, Az. 18 O 96/20 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO).

II.

Der Senat weist die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurück, weil sie offensichtlich unbegründet ist.

Zur Begründung wird zunächst auf den Hinweisbeschluss des Senates vom 17.12.2020 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

Die Beklagte hat zu diesem Hinweisbeschluss mit Schriftsatz vom 25.01.2021 Stellung genommen. Die dortigen Ausführungen geben dem Senat allerdings keine Veranlassung, von seiner in dem Hinweisbeschluss dargelegten Rechtsauffassung abzuweichen.

Soweit die Beklagte geltend macht, es sei nicht Art. 11 Absatz 1 b) der Verordnung (EG) Nummer 767/2009, sondern ausschließlich Art. 13 als lex specialis anwendbar, so kann dem nicht gefolgt werden. Bereits aus dem Wortlaut der Vorschriften ergibt sich, dass in Art. 11 Grundsätze für Kennzeichnung und Aufmachung von Futtermitteln aufgestellt werden. Es wird ausgeführt, dass Kennzeichnung und Aufmachung von Futtermitteln den Verwender nicht irreführen dürfen, insbesondere durch Angabe von Wirkungen oder Eigenschaften, die das Futtermittel nicht besitzt (Art. 11 Absatz 1b)). In Art. 13 Abs. 3 wird weiterhin klargestellt, dass durch die Kennzeichnung oder Aufmachung von speziellen Futtermitteln, nämlich Einzelfuttermitteln und Mischfuttermitteln, nicht behauptet werden darf, dass diese eine Krankheit verhindern, behandeln oder heilen (Art. 13 Absatz 3a)). Auch wenn in Art. 13 spezifische Angaben bezüglich Einzelfuttermitteln und Mischfuttermitteln erwähnt werden, so bleiben die in Art. 11 aufgestellten Grundsätze nach wie vor anwendbar. Etwas anderes ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Vorschriften, noch aus den Erwägungsgründen zur Verordnung (EG) Nummer 767/2009.

Das Landgericht hat zulässigerweise seine Entscheidung ersichtlich nur auf die Verletzung des Art. 11 Absatz 1b) gestützt.

Wie schon das OLG Stuttgart (GRUR 2020,12) hat auch der Senat im Hinweisbeschluss offengelassen, ob es sich bei einem Zeckenbiss selbst um eine Krankheit handelt, genauso wie die Frage, ob es sich um ein Einzel- oder Mischfuttermitteln handelt, denn das Verbot des Art. 13 Absatz 3a) der Verordnung (EG) 767/2009 gilt nur für Einzel- oder Mischfuttermitteln. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich jedoch bereits aus dem Verstoß gegen Art. 11 Absatz 1b) der Verordnung (EG) Nummer 767/2009.

Weiterhin geht die Beklagte fehl in der Annahme, das Landgericht hätte über die Frage Beweis erheben müssen, ob sämtliche vom Kläger angegriffenen Aussagen wissenschaftlich belegbar sind. Der Werbende muss, wenn er in Anspruch genommen wird und die Gegenseite das Fehlen einer wissenschaftlichen Grundlage hinreichend substantiiert vorgetragen hat, darlegen können, dass er über entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse verfügt und dass die gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis für die Werbeaussage bereits in dem Zeitpunkt vorgelegen hat, in dem sie aufgestellt wurde. Der erst im Prozess angebotene Beweis dazu ein Sachverständigengutachten einzuholen, das den Nachweis der behaupteten Wirkungsweise überhaupt erst ergeben soll, genügt nicht und ist nicht zu erheben (Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 39. Aufl., 2021, § 5, Rn. 1.248). Das Landgericht hat folglich zu Recht ausgeführt, dass eine Beweisaufnahme stets nur der Beantwortung der Frage dient, ob ein bestimmter rechtlich bedeutsamer Sachverhalt vorliegt, nicht aber dazu, einen rechtlich bedeutsamen Sachverhalt - hier: die wissenschaftliche Absicherung einer bestimmten Wirkung - überhaupt erst zu schaffen.

Die Irreführung im Sinne des Art. 11 Absatz 1b) der Verordnung (EG) 767/2009 ist darin zu sehen, dass die angegebene Wirkung wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert ist. Eine Irreführung kann nicht nur darin liegen, dass das Produkt nicht die angegebene Wirkung hat, sondern auch darin, dass die angegebene Wirkung wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert ist (OLG Stuttgart GRUR-RR 2020,12, Rn. 65).

Die Beweislast dafür, dass die angegebene Wirkung wissenschaftlich hinreichend gesichert ist, trägt die Beklagte.

Dies ergibt sich bereits aus Art. 12 Abs. 1 der Verordnung (EG) 767/2009. Hiernach gewährleistet der für die Kennzeichnung verantwortliche Futtermittelunternehmer die inhaltliche Richtigkeit der Kennzeichnungsangaben. Warum die Vorschrift, wie von der Beklagten behauptet, lediglich Geltung zwischen dem Futtermittelunternehmer und der Behörde haben soll, erschließt sich dem Senat nicht und ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus den Erwägungsgründen zur Verordnung.

Zudem gilt nach der Rechtsprechung des BGH für Angaben mit fachlichen Aussagen generell, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn dem Werbenden jegliche wissenschaftliche gesicherte Erkenntnis fehlt, um die werbliche Behauptung stützen zu können, oder mit einer fachlich umstrittenen Meinung geworben wird, ohne die Gegenmeinung zu erwähnen (BGH, Urteil vom 6. Februar 2013, IZR 62/11).

Der Nachweis, dass eine gesundheitsbezogene Angabe nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht, obliegt grundsätzlich dem Kläger als Unterlassungsgläubiger.

Dem Kläger kommen jedoch Darlegungs- und Beweiserleichterungen zugute, wenn es um die Aufklärung von Tatsachen geht, die in den Verantwortungsbereich des Beklagten fallen. In solchen Fällen entspricht es dem auch im Prozess geltenden Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB), dass der Beklagte die erforderliche Aufklärung leistet, sofern sie ihm nach den Umständen zuzumuten ist. Kommt der Beklagte der Darlegungs- und Beweispflicht nicht nach, so kann das Gericht davon ausgehen, dass die Behauptung unrichtig oder jedenfalls irreführend ist (§ 138 ZPO, BGH GRUR 2020, 307 [BGH 17.10.2019 - I ZR 44/19], Rn. 16; Bornkamm/Feddersen a.a.O. § 5, Rn. 1.245).

Bei Werbeangaben auf dem Gebiet des Gesundheitswesens sind Angaben nur zuzulassen, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprechen (Bornkamm/Feddersen a.a.O. § 5, 1.248). Wie bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt gelten diese Grundsätze insbesondere bei Werbeangaben auf dem Gebiet des Gesundheitswesens (Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 5 Rn. 1247), beanspruchen aber auch für andere fachlich umstrittene, wissenschaftlich nicht abgesicherte Behauptungen Geltung, sodass an ihrer Anwendbarkeit im vorliegenden Fall, in dem der Bereich der Tiergesundheit betroffen ist, daher keine Zweifel bestehen.

Das Landgericht hat mithin zu Recht angenommen, dass die Beklagte beweisbelastet ist.

Ein entsprechender Hinweis gemäß § 139 Abs. 2 ZPO war nicht erforderlich, denn bereits in der Klageschrift wie auch in der Klageerwiderung wurden Rechtsansichten bezüglich einer Beweislastumkehr erörtert.

Ein Hinweis im Sinne des § 139 Abs. 2 ZPO ist nicht erforderlich, wenn die Partei durch eingehenden und von ihr erfassten Vortrag der Gegenpartei zutreffend über die Sach- und Rechtslage unterrichtet war (vergleiche Greger/Zöller, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 139, Randnummer 6a). Dies ist hier der Fall, denn eine rechtliche Erörterung zwischen den Parteien fand ausführlich statt, sodass die Beklagte ersichtlich über die Sach- und Rechtslage unterrichtet war.

Welche Anforderungen an den Nachweis einer gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei sind Studienergebnisse, die in der Werbung oder im Prozess als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden, grundsätzlich nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden. Dafür ist es im Regelfall erforderlich, dass eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung vorliegt, die durch Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist (BGH, Urteile vom 2. Oktober 2008 - I ZR 51/06, GRUR 2009, 75, Rn. 26 - Prioritäten und vom 6. Februar 2013, a. a. O., Rn 19 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil).

Die Beklagte hat indes noch nicht einmal schlüssig dargelegt, dass dem in Rede stehenden Futtermittel die ausgelobte Wirkung zukommt. Wie bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt ist nicht ersichtlich, dass die vorgelegten Untersuchungen den Anforderungen an den Nachweis einer wissenschaftlichen Erkenntnis genügen. Auch die nunmehr vorgelegten Untersuchungen (Anlage BK5) lassen nicht erkennen, ob sie wissenschaftlichen Standards genügen.

Zudem ergibt sich aus den Formulierungen, dass es sich lediglich um "Voruntersuchungen", nicht jedoch um abschließende Studien handelt.

Ob sich die Beklagte bewusst oder unbewusst auf eine fachlich umstrittene Behauptung gestützt hat, kann daher dahinstehen.

Der Streitwert ist in Verfahren über Ansprüche nach dem UWG nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen, § 51 Abs. 2 GKG. Der Kläger hat in der Klageschrift einen Streitwert von 30.000,00 € angegeben (Bl. 2 d.A.). Der Umfang des Begehrens aus der Klageschrift hat sich bis zur Entscheidung nicht verändert. Mithin ist dieser Wert zugrunde zu legen.

Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 97 Abs. 1ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.