Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 26.10.2004, Az.: 13 A 39/03

Bibliographie

Gericht
VG Oldenburg
Datum
26.10.2004
Aktenzeichen
13 A 39/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 43475
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGOLDBG:2004:1026.13A39.03.0A

Amtlicher Leitsatz

Lebt ein Kind mit einem Elternteil, mit dem es bislang in einem Haushalt gewohnt hat, zusammen und ziehen beide dann in den von seiner Großmutter geführten Haushalt, so liegt eine Unterbringung in einer anderen Familie i. S. des § 33 SGB VIII nicht vor.

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Erstattungen der Jugendhilfeleistungen, die sie in der Zeit vom 17. Juli 1998 bis einschließlich Oktober 2004 für Sonja H. erbracht hat und erstrebt weiter in der Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch künftig die Kosten der Jugendhilfeleistungen, die für Sonja H. anfallen, zu erstatten.

2

Sonja H. wurde am 12. November 1987 in Oldenburg geboren. Bis zum Herbst 1988 oder Februar 1989 lebte sie in Oldenburg zusammen mit ihrer Mutter Kerstin H. (später: F.) im Haus Herrenweg Nr. 71. Im Herbst 1988 oder Anfang 1989 zogen Frau H. und Sonja zu Frau Heidemarie H. in den Ort Much/Kranüchel (Siegkreis). Frau Heidemarie H. ist die Mutter von Kerstin H.. Nach den Angaben von Frau Heidemarie H. wohnte sie seit etwa 1986 in Much/Kranüchel in einem Ferienhaus, in die sie im Oktober 1988 ihre Tochter und ihr Enkelkind aufnahm. Ab diesem Zeitpunkt sei sie für Sonja die eigentliche Betreuungsperson geworden, da ihre Tochter Kerstin zu einer Betreuung des Kindes nicht in der Lage und "oft unterwegs" gewesen sei. Im April 1989 verzogen Frau H., ihre Tochter und Sonja H. innerhalb von Much in das Haus Scheit Nr. 34. Dort hat nach den Angaben von Frau Heidemarie H. ihre Tochter Kerstin eine "Unterwohnung" bewohnt, während Sonja und ihr am 25. Dezember 1990 geborene Bruder Tim zusammen mit ihr in der "Oberwohnung" gelebt hätten. Im Dezember 1992 verzogen Frau Heidemarie H., ihre Tochter und ihre Enkelkinder nach Mittenwald, wo sie zunächst zusammen in einer Wohnung im Haus Gebirgspionierstraße Nr. 15 lebten. Nach den Angaben von Frau Heidemarie H. hatte hier ihre Tochter eine Beschäftigung in der Gastronomie, wobei sie regelmäßig bis 2.00 Uhr nachts arbeiten musste; in Anbetracht dieser Umstände habe sie - Frau Heidemarie H. - sich im Wesentlichen um die Kinder gekümmert, sie für den Kindergarten und die Schule fertig gemacht bzw. dort hingebracht. Anfang Juni 1996 zogen Frau Heidemarie H., ihre Tochter Kerstin und die Kinder Sonja und Tim in das Haus Hochstraße Nr. 3 in Mittenwald um.

3

Am 3. August 1996 zog Frau Kerstin H. aus dieser Wohnung aus und lebte danach zusammen mit ihrem Lebensgefährten und späteren Ehemann im Haus Am Unteren Rain Nr. 29 in Mittenwald. Anfang 1997 verzog Frau Heidemarie H. mit Sonja und Tim innerhalb von Mittenwald in das Haus Mühlenweg Nr. 48, bevor sie im September 1997 ins Gebiet der Klägerin umzogen. Seit Herbst 1997 hält sich Frau Karin F. (frühere H.) in Spanien auf, wobei sie ihren Aufenthaltsort zunächst auf Teneriffa hatte und seit etwa 1998 auf Gran Canaria lebt.

4

Bereits unter dem 17. Dezember 1996 hatte sich Kerstin F. schriftlich damit einverstanden erklärt, dass ihre Mutter Heidemarie H. sie "gemäß § 38 Abs. 1 Ziffer 1, 3, 4 und 5 KJHG" bei der "Wahrnehmung der Personensorge über ihre Kinder Tim und Sonja H." vertreten kann und sie befugt ist, für beide Kinder Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens abzuschließen und Ansprüche geltend zu machen, bei Gefahr im Verzug die erforderlichen Rechtshandlungen vorzunehmen, im ärztlich-medizinischen Bereich alle erforderlichen Untersuchungen und Behandlungen einzuleiten, wie für Impfungen und Operationen Zustimmung zu erteilen, Informationen und Ergebnisse der behandelnden Ärzte zu erfragen, Rechtshandlungen im Zusammenhang mit dem Besuch von Tageseinrichtungen und Schulen oder Aufnahme von Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnissen für Tim und Sonja vorzunehmen. Mit einer schriftlichen Erklärung vom gleichen Tage bestätigt Frau F., dass ihre Kinder ständig im Haushalt ihrer Mutter in Mittenwald leben und dort versorgt werden.

5

Nach dem Umzug von Frau Heidemarie H. und ihren Enkelkindern Sonja und Tim nach Lingen bewilligte die Klägerin für Sonja und Tim zunächst Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt. Am 17. Juli 1998 stellte Frau Kerstin F. bei der Klägerin mündlich einen Antrag auf Gewährung von Leistungen der Vollzeitpflege nach §§ 27, 33, 39 SGB VIII, wobei sie bat, Sonja und Tim bei ihrer Mutter unterzubringen und Leistungen zum Unterhalt der Kinder und zu den Kosten der Erziehung zu gewähren. Dieses Begehren machte sie auch zum Gegenstand eines schriftlichen Antrages, den sie bei der Klägerin nachreichte. Die Klägerin bewilligte darauf Frau F. für ihre Kinder Tim und Sonja Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege und gewährte Frau Heidemarie H. ein Pflegegeld nach § 39 SGB VIII. In der Zeit von 17. Juli 1998 bis einschließlich Oktober 2004entstanden dabei der Klägerin nicht durch Einnahmen gedeckte Kosten der für Sonja H. gewährten Hilfe zur Erziehung (insbesondere aufgrund der Zahlung des Pflegegeldes und der Bewilligung einmaliger Beihilfen) in Höhe von 37.961,58 €.

6

Mit einem am 22. Juli 1998 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben stellte die Klägerin "vorsorglich und fristwahrend einen Kostenerstattungsanspruch in der Jugendhilfeangelegenheit Sonja H." und machte zur Begründung geltend, ihr stehe ein Kostenerstattungsanspruch aus § 89 e SGB VIII gegen die Beklagte zu. Zur Begründung nahm sie Bezug auf eine Anlage des Schreibens, die auch eine nähere Sachverhaltsschilderung enthält.

7

Nach Aktenlage reagierte die Beklagte hierauf nicht.

8

Mit einem bei der Beklagten am 6. November 2002 eingegangenen Schreiben meldete die Klägerin (nochmals) einen Kostenerstattungsanspruch an und nahm auf das Schreiben vom 17. Juli 1998 Bezug. Zwar sei sie nach § 86 Abs. 6 SGB VIII für die für Sonja zu gewährenden Leistungen der Hilfe zur Erziehung zuständig; ihr stehe jedoch nach § 89 e Abs. 1 SGB VIII ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte zu. Im Rahmen der Kostenerstattung sei entscheidend, dass Sonja H. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Oldenburg gehabt habe, bevor sie in die Familie ihrer Großmutter aufgenommen worden und dort betreut worden sei. Frau Heidemarie H. habe nämlich Sonja seit Oktober 1988 in eigener Verantwortung betreut, auch wenn sich die Mutter von Sonja, Frau F., hin und wieder bei ihr aufgehalten habe. Weiter bat die Klägerin die Beklagte, den Verzicht auf die Einrede der Verjährung zu erklären, damit nicht umgehend Klage erhoben werden müsse.

9

Unter dem 17. Dezember 2002 verzichtete die Beklagte auf die Einrede der Verjährung, teilte aber mit Schreiben vom 18. Dezember 2002 der Klägerin mit, sie werden dem Kostenerstattungsbegehren nicht entsprechen. Die Klägerin sei zur Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Erziehung an Sonja H. nach § 86 Abs. 4 SGB VIII zuständig. Ihr stehe auch aus § 89 e Abs. 1 SGB VIII ein Anspruch auf Kostenerstattung nicht zu, da es Zielsetzung dieser Vorschrift sei, Einrichtungsorte vor Kostenbelastungen zu schützen, die sich aus der Anknüpfung einer örtlichen Zuständigkeit aufgrund des Aufenthaltes in einer Einrichtung, hier der Pflegefamilie ergäben. Sonja habe sich aber vor dem 17. Juli 1998 nicht in einer Pflegefamilie aufgehalten, da Jugendhilfemaßnahmen vor diesem Zeitpunkt nicht erfolgt seien.

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Mit einem am 30. Dezember 2002 beim Verwaltungsgericht Osnabrück eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung macht sie geltend: Sie sei für die Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Erziehung an Sonja H. nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII zuständig. Ihr stehe gegen die Beklagte auch ein Kostenerstattungsanspruch aus § 89 e Abs. 1 SGB VIII zu. Da sich die Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes oder Jugendlichen richte, sei der örtliche Träger zur Erstattung der Kosten verpflichtet sei, in dessen Bereich das Kind oder der Jugendliche vor der Aufnahme in eine andere Familien seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. Vor Aufnahme in die Familie von Frau Heidemarie H. im Oktober 1988 habe Sonja H. ihren gewöhnlichen Aufenthalt zusammen mit ihrer Mutter im Bereich der Beklagten gehabt. Der ihr zustehende Kostenerstattungsanspruch folge auch aus § 89 a Abs.2 SGB VIII, der einen Durchgriff auf den letztlich kostenpflichtigen Träger - hier die Beklagte - ermögliche. Der Begriff "andere Familie" in §§ 33, 89 e Abs. 1 SGB VIII erfasse auch Großeltern und nahe Verwandte, wobei es nicht darauf ankomme, ob die Aufnahme in die andere Familie im Rahmen einer jugendhilferechtlichen Maßnahme erfolgt sei. Ohne Bedeutung sei auch, dass Sonja - mit Unterbrechungen - zusammen mit ihrer Mutter und Frau Heidemarie H. in der Zeit von 1988 bis August 1996 in einem Haus bzw. in einer Wohnung zusammengelebt habe. Frau Heidemarie H. habe ihr Enkelkind Sonja allein betreut und versorgt. Gegen das Erstattungsbegehren könne auch nicht eingewandt werden, dass in der Zeit vor Juli 1998 eine Hilfeplanung unter Beteilung von Frau F. nicht stattgefunden habe. Frau Festritzer sei damit einverstanden gewesen, das Frau H. ihre Kinder erziehe und betreue. Unabhängig davon führe das Fehlen eines Hilfeplans nicht dazu, dass die Hilfegewährung nicht rechtmäßig sei.

11

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 37.961,58 € zu zahlen,

12

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die ihr im Rahmen der Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Erziehung an Sonja H. künftig entstehenden Kosten zu erstatten.

13

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Sie macht geltend: Sie sei nicht nach § 89 e Abs. 1 SGB VIII zur Kostenerstattung verpflichtet, da diese Vorschrift dann keine Anwendung finde, wenn sich die Kostentragungspflicht des zuständigen öffentlichen Trägers nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Pflegeperson richte. Weiter sei zu berücksichtigen, dass Sonja H. und ihre Mutter Frau F. zusammen mit Frau Heidemarie H. zunächst in Much/Kranüchel und später in Mittenwald in einer Wohnung zusammengelebt hätten. Schließlich setzte eine Kostenerstattungsverpflichtung immer voraus, dass der Aufenthalt in einer anderen Familie nicht nur auf privater Ebene vereinbart werde, sondern unter Mitwirkung des Trägers der Jugendhilfe geschehe. Dies sei hier vor Beginn der Jugendhilfeleistung am 17. Juli 1998 nicht der Fall gewesen. Daher ergebe sich auch aus § 89 a SGB VIII kein Kostenerstattungsanspruch. Unabhängig davon bestünden Zweifel an Rechtmäßigkeit der nach §§ 27, 33 SGB VIII gewährten Hilfe zur Erziehung; bei dem Frau Heidemarie H. gewährtem Pflegegeld seien Kosten der Erziehung nicht angesetzt worden.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

17

Dabei kann dahinstehen, ob in der "vorsorglich und fristwahrend" erfolgten "Stellung" des Kostenerstattungsanspruchs mit dem am 22. Juli 1998 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben bereits eine unbedingte Geltendmachung im Sinne des § 111 S. 1 SGB X gesehen werden kann (vgl. BVerwG Urteil vom 10. April 2003 - 5 C 18/02 - FEVS 54, 495). Ebenfalls kann offen bleiben, ob §§ 89 a, 89 e Abs. 1 SGB VIII für eine Kostenerstattungspflicht nach Aufnahme in eine Pflegestelle erfordern, dass der Aufenthalt in eine "andere Familie" unter Mitwirkung des Trägers der Jugendhilfe erfolgt ist (so OVG Münster Urteil vom 17.Juli 2003 - 12 A 183/00 - NDV-RD 2004, 45; a. A. Schellhorn, Kommentar SGB VIII, § 89 e Rn. 5).

18

Der Klägerin steht der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch nicht zu, weil weder die Voraussetzungen des § 89 a SGB VIII noch die des § 89 e SGB VIII gegeben sind.

19

Der Kostenerstattungsanspruch nach § 89 a Abs. 1 SGB VIII besteht hinsichtlich der Kosten, die ein örtlicher Träger aufgrund einer Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII aufgewendet und richtet sich gegen den örtlichen Träger, der "zuvor zuständig war oder gewesen wäre". Die Leistungen der Jugendhilfe für Sonja H. setzten am 17. Juli 1998 ein. Soweit angenommen wird, dass die Klägerin für Leistungen für Sonja nach § 86 Abs. 6 SGB VIII seit diesem Zeitpunkt zuständig ist, richtet sich die Kostenerstattungspflicht gegen den Träger, der zuvor zuständig war.

20

Dies kann nach der hier gegebenen Sachlage - neben der Klägerin selbst - allenfalls der für Mittenwald zuständige Träger der Jugendhilfe sein. Sonja H. lebte nämlich (zusammen mit ihrem Bruder Tim) in der Zeit von Dezember 1992 bis Juni 1996 gemeinsam mit ihrer Mutter und Frau Heidemarie H. in Mittenwald in Wohnungen der Häuser G. Nr. 15 und H. Nr. 3. In diesem Zeitraum war Sonja nicht bei einer Pflegeperson im Sinne des § 86 Abs. 6 SGB VIII untergebracht. Lebt nämlich ein Kind mit einem Elternteil zusammen, mit dem es bereits früher - hier in Oldenburg sowie in Much/Kranüchel (und danach) - in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat und wohnen dann beide in dem sogenannten Pflegehaushalt, so liegt eine Unterbringung in einer anderen Familie i. S. des § 33 SGB VIII nicht vor (Kunkel in LPK-SGB VIII, § 33 Rn. 4; Gutachten des Deutschen Vereins vom 12. Januar 2001 - NDV 2001, 303, 304).

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Zwar mag zutreffen, dass Frau F. vielfach für weniger Tage oder sogar für Wochen sich nicht in der gemeinsamen von ihr mit ihren Kindern und ihrer Mutter bewohnten Wohnungen aufgehalten hat. Dies ändert nichts daran, dass es sich bei diesen Wohnungen eindeutig um den Lebensmittelpunkt von Frau F. gehandelt und daher ein "Zusammenleben" mit ihren Kindern und ihrer Mutter vorlag. In dieser Einschätzung sieht sich die Kammer bestätigt durch das Vorbringen der Klägerin, dass dann, wenn Frau F. abwesend gewesen sei, sie sich immer nach kurzer Zeit gemeldet und ihrer Mutter und ihren Kindern mitgeteilt habe, dass "nichts passiert" gewesen sei.

22

Bereits dies zeigt deutlich, dass auch aus Sicht von Frau F. die gemeinsam bewohnten Wohnungen Mittelpunkt ihrer gesamten Lebensführung waren und dies durch eine tage- oder wochenweise Abwesenheit - gleich aus welchen Gründen sie erfolgte - nicht in Frage gestellt war. Für diese Annahme spricht weiter, das Frau F. erst Ende des Jahres 1996, nachdem sie aus der gemeinsam mit ihren Kindern und Frau H. genutzten Wohnung aus- und zu einem Lebenspartner umgezogen war, die Notwendigkeit gesehen hat, schriftlich Frau H. zu ermächtigen, sie bei der Wahrnehmung der Personensorge für Sonja und Tim zu vertreten und andere Rechtshandlungen im Hinblick auf beide Kinder vorzunehmen.

23

Selbst wenn zugunsten der Klägerin annimmt, dass es für die Kostenerstattungsvorschrift des § 89 a SGB VIII nicht entscheidend ist, ob bei einer Betreuung von Kindern durch eine Pflegeperson in der Vergangenheit Leistungen der Jugendhilfe gewährt worden sind, kommt ein Erstattungsanspruch auch nicht aus § 89 a Abs. 2 SGB VIII in Betracht. Nach dieser Vorschrift bleibt oder wird abweichend von der Regelung in § 89 Abs. 1 SGB VIII der Träger dem nunmehr nach § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständigen örtlichen Träger kostenerstattungspflichtig, gegen den der an sich nach § 89 a Abs. 1 SGB VIII kostenerstattungspflichtig werdende örtliche Träger während der Gewährung der Leistung selbst einen Kostenerstattungsanspruch hat oder hatte. Ein solcher Kostenerstattungsanspruch, der dem für Mittenwald zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe hätte zustehen könnte, hätte sich jedenfalls nicht gegen die Beklagte gerichtet, da in der Zeit vor August 1996 eine Unterbringung von Sonja in einer anderen Familie nicht vorlag und sowohl die Pflegeperson - Frau Heidemarie H. - als auch die Klägerin und ihre Mutter zusammen in den zwei bereits genannten Wohnungen in Mittenwald lebten.

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Bei dieser Sachlage steht der Klägerin auch ein Kostenerstattungsanspruch nach § 89 e Abs. 1 SGB VIII gegen die Beklagte nicht zu. Dabei kann offen bleiben, ob die Voraussetzungen des § 89 e Abs. 1 1. Halbsatz SGB VIII vorliegen und die Zuständigkeit der Klägerin sich aus § 86 Abs. 4 SGB VIII ergibt. Dieser Anspruch richtet sich nur gegen den örtlichen Träger, in dessen Bereich die Person vor der Aufnahme in eine andere Familie den gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Dies war, selbst wenn man - entgegen der Auffassung des OVG Münster (a.a.O.) - annimmt, dass eine Aufnahme in eine andere Familie im Sinne des § 89 e Abs. 1 SGB VIII auch ohne Zustimmung des Trägers der Jugendhilfe erfolgen kann, nicht im Gebiet der Beklagten, da Sonja H. - wie oben dargelegt - in der Zeit, bevor sie nur mit ihrem Bruder Tim zusammen mit Frau Heidemarie H. wohnte, in Mittenwald und zuvor in Much/Kranüchel zusammen mit ihrer Mutter, ihrem Bruder und ihrer Großmutter zusammen in einem Haushalt gelebt hat.

25

Da nach alledem - unabhängig von der Frage, ob die gewährten Leistungen den §§ 27, 33 SGB VIII entsprechen - weder der geltend gemachte Zahlungsanspruch noch der Feststellungsanspruch der Klägerin besteht, konnte die gegen die Beklagte gerichtete Klage keinen Erfolg haben.