Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 17.04.2009, Az.: 10 B 1485/09

Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen das Verbot eines versammlungsrechtlichen Aufzugs; Versammlung unter freiem Himmel nebst Aufzug unter dem Motto "Schluss mit Verarmung, Überfremdung und Meinungsdiktatur - nationaler Sozialismus jetzt!!!"; Prüfung des Vorliegens einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit; Durchführung eines rechtsextremen Aufzugs

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
17.04.2009
Aktenzeichen
10 B 1485/09
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2009, 13390
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGHANNO:2009:0417.10B1485.09.0A

Verfahrensgegenstand

Versammlungsverbot - 1. Mai 2009
Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Eine Gefährdung im Sinne von § 15 Abs. 1 VersG setzt das Vorliegen nachweisbarer Tatsachen voraus, aufgrund derer die Gefährdung nach dem gewöhnlichen Ablauf der Dinge unmittelbar bevorsteht und der Eintritt der Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit in aller Kürze zu erwarten ist.

  2. 2.

    Es kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass sich Teilnehmer rechtsextremer Versammlungen insgesamt opportunistisch verhalten und bemühen, es nicht zu Gewalt und Rechtsverstößen kommen zu lassen.

In der Verwaltungsrechtssache
...
hat das Verwaltungsgericht Hannover - 10. Kammer -
am 17. April 2009
beschlossen:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

1

I .

Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen das Verbot eines versammlungsrechtlichen Aufzugs.

2

Der Antragsteller ist ein führendes Mitglied der "Celler Kameradschaft 73" und trat zur letzten Landtagswahl für die NPD als Kandidat an. Er meldete für Freitag, den 1. Mai 2009 in der Zeit von 12.00 Uhr bis 20.00 Uhr eine Versammlung unter freiem Himmel nebst Aufzug unter dem Motto "Schluss mit Verarmung, Überfremdung und Meinungsdiktatur - nationaler Sozialismus jetzt!!!" in der Innenstadt von Hannover an. Laut Anmeldung soll der Aufzug nach einer Auftaktkundgebung auf dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) durch die Innenstadt im Verlauf von Lister Meile - Kurt-Schumacher-Straße - Steintorplatz - Münzstraße - Goethestraße - Brühlstraße - Königsworther Platz - Königsworther Straße - Spinnereistraße zum Küchengarten und von dort im Verlauf von Spinnereistraße - Braunstraße - Goetheplatz - Goethestraße - Münzstraße - Steintorplatz - Goseriede - Klagesmarktkreisel - Celler Straße - Hamburger Allee zurück zum ZOB führen. In der Brühlstraße und am Küchengarten sind jeweils Zwischenkundgebungen, am ZOB zudem eine Abschlusskundgebung vorgesehen. Als Versammlungsleiter benannte der Antragsteller in seiner Anmeldung sich selbst und Herrn D. als Vertreter. In einem sogenannten Kooperationsgespräch mit der Antragsgegnerin am 20.02.2009 bezifferte er die erwartete Teilnehmerzahl mit "1.000 + x".

3

Für den 1. Mai 2009 ist neben der Versammlung des Antragstellers die traditionelle Maikundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes auf dem Klagesmarkt angemeldet, deren Veranstalter ca. 20.000 Teilnehmer erwarten. In Reaktion auf die Anmeldung der Versammlung des Antragsstellers meldeten verschiedene Personen Gegenkundgebungen für den 30. April und den 1. Mai 2009 an. Zwei von der Partei "Die Linke" angemeldete Aufzüge sollen am 30. April vom Steintor zum Küchengarten und am 1. Mai 2009 vom Küchengarten zum Klagesmarkt führen. Weitere Aufzüge sind für den 1. Mai von 10.30 Uhr bis 20.00 Uhr vom S-Bahnhof Karl-Wiechert-Allee zum Trammplatz , von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr vom S-Bahnhof Messe/Laatzen zum Emmichplatz , von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr vom S-Bahnhof Nordstadt zum Klagesmarkt , von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr vom Hauptgüterbahnhof zum Klagesmarkt , von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr vom S-Bahnhof Langenhagen- Mitte zum Klagesmarkt , von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr vom Parkplatz des Hannover Congress Centrums zum Ernst-August-Platz und von 10.30 Uhr bis 20.00 Uhr vom S-Bahnhof Linden zum Steintor angemeldet. Die angemeldeten Routen dieser Aufzüge weisen zum Teil Schnittpunkte mit der Routenführung des Aufzugs des Antragstellers auf. Außerdem sind zwei Kundgebungen am Klagesmarkt (08.00 Uhr bis 20.00 Uhr) und am Rudolf-von-Bennigsen-Ufer (10.00 Uhr bis 20.00 Uhr) angemeldet.

4

Mit Bescheid vom 18. März 2009 untersagte die Antragsgegnerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung den Aufzug des Antragstellers sowie jede Form der Ersatzveranstaltung in Hannover. Der angemeldete Aufzug begründe eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Bereits das Motto der Versammlung, insbesondere die Formulierung "nationaler Sozialismus jetzt!" und die Bezugnahme auf "Überfremdung" erfülle den Tatbestand des § 130 Abs. 4 StGB, weil es die nationalsozialistische Gewaltherrschaft billige und die auch gegen freie Gewerkschaften gerichtete Gleichschaltungspolitik verherrliche. Das ergebe sich insbesondere aus dem Kontext der historischen Ausführungen auf der Internetseite www.arbeiterkampftag.info, die nach polizeilichen Erkenntnissen der vom Antragsteller benannte stellvertretende Versammlungsleiter Herr D. betreibe und die einzig auf die angemeldete Versammlung ausgerichtet sei. Die Internetseite habe der Antragsteller zudem in dem Vorbereitungsgespräch ausdrücklich als die seine bezeichnet, er müsse sich als Versammlungsanmelder den Inhalt der Seite im Übrigen zurechnen lassen.

5

Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sei außerdem von einem mit hinreichender Sicherheit zu erwartenden unfriedlichen Verlauf des Aufzugs zu befürchten. Es deuteten Tatsachen darauf hin, dass es zu schweren Ausschreitungen und dabei zu Körperverletzungen und Sachbeschädigungen kommen werde. In der Vergangenheit sei es bei Demonstrationen mit rechtsextremem Aussagegehalt immer wieder zu teils heftigen Zusammenstößen zwischen rechtsextremen Demonstranten und linksextremen Gegendemonstranten und Störern gekommen. Häufig sei dabei zu beobachten gewesen, dass sich die Teilnehmer auf der rechtsextremen Seite opportunistisch verhalten hätten und bemüht gewesen seien, es nicht zu Gewalt oder Rechtsverstößen kommen zu lassen. Jedoch habe sich nun gezeigt, dass innerhalb der rechten Szene die Bereitschaft gestiegen sei, das eigene Versammlungsrecht auch mit Gewalt durchzusetzen. Mit Übergriffen auf Gegendemonstranten, aber auch mit zielgerichteten Angriffen auf Polizeibeamte müsse jederzeit gerechnet werden. Ein taktisches Verhalten sei auffällig, an polizeiliche Auflagen hielten sich die Demonstrationsteilnehmer nur solange, wie eine Übermacht von Polizeikräften sie unter Kontrolle hielte. Anhaltspunkte dafür, dass im Falle der für den 1. Mai angemeldeten Demonstration Gewalttaten in erheblichem Maße auch aus dem Aufzug heraus zu erwarten seien, ergäben sich dabei insbesondere auch aus dem Ablauf der vergleichbaren versammlungsrechtlichen Aktion am 1. Mai 2008 in Hamburg. Dort sei es zu schwersten Ausschreitungen sowohl durch Teilnehmer des linksextremen, als auch des rechtsextremen Spektrums gekommen. Unter den rechtsextremen Teilnehmern sei insbesondere ein geschlossener Block, optisch wie Linksautonome gekleidet, gewesen. Das Auftreten und Dulden des "Schwarzen Blocks" innerhalb der Versammlung in Hamburg stelle nach polizeilicher Beurteilung einen markanten Bruch in der Strategie der Rechtsextremen dar. Nach polizeilichen Beobachtungen habe es sich bei dem Block überwiegend um sogenannte "Autonome Nationalisten" gehandelt. Als "Autonome Nationalisten" bezeichneten sich zumeist jüngere Neonazis aus den Reihen der "Freien Kameradschaften". Diese zeigten häufig ein im Vergleich zu den "traditionellen" Rechtsextremisten aggressiveres Auftreten gegenüber Teilnehmern antifaschistischer Gegendemonstrationen und der Polizei. Mit ihrem Auftreten sei eine neue Qualität der Gewaltbereitschaft aus den Aufzügen der rechten Szene heraus festzustellen. Zudem würden "Widerstand und Gegenwehr" bei Demonstrationen als legitime Reaktion auf behauptete Gewalt seitens der Polizei und der Gegendemonstranten deklariert. In Hamburg seien vor und nach dem eigentlichen Aufzug polizeiliche Weisungen ignoriert und es sei nur der eigenen Hierarchie gefolgt worden.

6

Der Versammlungstag, der ideologische Hintergrund und der Kreis der auf der Internetseite www.arbeiterkampftag.info verzeichneten Unterstützer ließen erkennen, dass der Aufzug des Antragstellers am 1. Mai 2009 an die Veranstaltung am 1. Mai 2008 in Hamburg anknüpfe und mit höchster Wahrscheinlichkeit erwarten lasse, dass die Versammlung einen ähnlichen unfriedlichen Verlauf nehmen werde. Bereits im Vorjahr sei eine räumliche Aufteilung des rechtsextremistischen Demonstrationsgeschehens festzustellen gewesen zwischen einer Demonstration der NPD im Süden und der Demonstrationsanmeldung aus dem Spektrum der sogenannten "Freien Kräfte" in Hamburg. Auch in diesem Jahr gebe es eine angemeldete Demonstration der NPD im Süden in Ulm und für den Norden die Anmeldung aus dem Bereich der sogenannten "Freien Kameradschaften" in Gestalt des vom Antragstellers angemeldeten Aufzugs. Die seinerzeit für Hamburg geschaltete Internetseite www.erstermai.org werbe seit einiger Zeit in kaum verändertem Erscheinungsbild für den angemeldeten Aufzug in Hannover. Auch in weiteren, einschlägigen Foren im Internet kursierten Aufrufe, die Ausschreitungen von Hamburg 2008 zu wiederholen, und regelrechte Verabredungen zu gewalttätigen Ausschreitungen. Zwar seien diese Äußerungen dem Antragsteller nicht direkt zuzurechnen. Sie verdeutlichten aber eindrucksvoll eine bestimmte Erwartungshaltung aus dem Kreis der potentiellen Teilnehmer.

7

Der Polizei würden nicht genügend Kräfte zur Verfügung stehen, um die zu erwartende Einsatzlage zu bewältigen. Zur Kräfteeinschätzung sei grundsätzlich zu berücksichtigen, dass eine klare räumliche Trennung zwischen den versammlungsrechtlichen Aktionen von rechts und links notwendig sei, keine identische Streckenführung vorliegen dürfe, sich die Aufzugsrouten nicht räumlich oder zeitlich überschneiden dürften und ein Mindestabstand von 200 m zwischen dem Aufzug des Antragstellers und Gegendemonstrationen eingehalten werden müsse. Aufgrund von Einsatzerfahrungen der Vergangenheit ergebe sich für den 1. Mai ein Kräftebedarf von etwa 7.600 Polizeieinsatzkräften. Für den Gesamtzeitraum vom 30. April bis zum 2. Mai ergebe sich sogar ein Gesamtkräftebedarf von etwa 8.300 Einsatzkräften. Die Einsatzbewältigung sei allein mit Kräften des Landes Niedersachsen nicht möglich. Für derartige Einsatzanlässe stünden in Niedersachsen nur etwa 2.600 Polizeivollzugsbeamte zur Verfügung. Tatsächlich könne voraussichtlich nur auf etwa 2.000 Beamte zurückgegriffen werden, da weitere Beamte für die Präsenz in der Alltagsorganisation erforderlich seien. Durch andere Großeinsatzlagen bundesweit seien jedoch polizeiliche Kräfte in großer Anzahl in den anderen Bundesländern ebenfalls gebunden.

8

Ein milderes Mittel als das Versammlungsverbot komme nicht in Betracht. Insbesondere sei eine Änderung der Aufzugsstrecke kein geeignetes Mittel, da die dargestellten Gefahren und der erforderliche Kräfteeinsatz auf jede vergleichbare Strecke übertragbar seien. Auch die Beschränkung auf eine stationäre Kundgebung führe zu keiner anderen Gefahrenprognose. Der benötigte KräfteeinSatz 1iege dann bei 6.000 Beamten, was eine Unterstützung mit 4.000 Beamten aus anderen Bundesländern erforderlich mache, welche nicht zu erwarten sei. Allein die versammlungsrechtliche Inanspruchnahme der Gegenveranstaltungen sei ebenfalls kein geeignetes Mittel zur Gefahrenverhinderung, weil dies nichts im Hinblick auf das Störerpotential aus dem rechten Spektrum ändern würde.

9

Der Antragsteller hat am 6. April 2009 Klage erhoben und zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er benennt nunmehr Herrn E. als Versammlungsleiter und Herrn F. als dessen Stellvertreter und erklärt, einstweilen auf das Motto "Nationaler Sozialismus jetzt!" zu verzichten, soweit das Gericht hierin einen Verstoß gegen § 130 StGB sehe und diese Rechtsfrage allein dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten.

10

Im Übrigen trägt er vor, zu Unrecht begründe die Antragsgegnerin das Verbot mit den Inhalten der Internetseite www.arbeiterkampftag.info. Die Seite sei schon vom Verwaltungsgericht Sigmaringen, das Verbot der NPD-Versammlung am 1. Mai in Ulm betreffend, als nicht erheblich angesehen worden. Zu Unrecht begründe die Antragsgegnerin das Verbot mit unfriedlichen Demonstrationen aus den letzten Jahren. Er selbst habe sich an diesen unfriedlichen Versammlungen nicht beteiligt. Wieso die von der Antragsgegnerin angeführten Versammlungen für den von ihm angemeldeten Aufzug maßgebend sein sollten, bleibe offen. Zu Unrecht behaupte die Antragsgegnerin auch, dass in der letzten Zeit innerhalb der rechten Szene die Bereitschaft gestiegen sei, das eigene Versammlungsrecht mit Gewalt durchzusetzen. Die rechte Szene sei zu heterogen, um aus der Unfriedlichkeit Einzelner eine Gefahrenlage zu konstruieren. Die Antragsgegnerin habe nicht dargelegt, von welchen Teilnehmern im Einzelnen am 1. Mai in Hannover Unfriedlichkeiten zu erwarten seien. Insbesondere bestehe keine Parallele zu den Ausschreitungen am 1. Mai 2008 in Hamburg. Die damalige Versammlung sei weder von ihm angemeldet noch durchgeführt worden. Weder sei es zu erheblicher Gewalt seitens rechtsgerichteter Demonstranten - auch nicht der "Autonomen Nationalisten" - gekommen, noch seien die Teilnehmer den Anweisungen der Versammlungsleitung nicht gefolgt. Vielmehr hätten auch die "Autonomen Nationalisten" den Weisungen von Polizei und Versammlungsleiterin Folge geleistet und sich lediglich gegen gewalttätige Gegendemonstranten verteidigt, als die Polizei nicht in der Lage gewesen sei, sie zu schützen. Ein polizeilicher Notstand sei nicht nachvollziehbar. Sogar während der Ausnahmesituation der Fußballweltmeisterschaft 2006 sei es der Polizei gelungen, Versammlungen der NPD störungsfrei zu sichern.

11

Zum Verlauf der Versammlung am 1. Mai 2008 in Hamburg legt der Antragsteller eidesstattliche Versicherungen dreier Zeugen vor, regt deren Vernehmung in einer mündlichen Verhandlung an und begehrt die Einholung einer Auskunft von der Polizei Hamburg zu etwaigen Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der damaligen Versammlung.

12

Der Antragsteller beantragt,

die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 06.04.2009 wiederherzustellen.

13

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

14

Sie trägt ergänzend vor, der Antragsteller müsse sich den Inhalt der in das Internet eingestellten Materialien zurechnen lassen. Der von ihm angemeldete Aufzug in Hannover sei nicht mit dem am gleichen Tage in Ulm stattfindenden Aufzug der NPD vergleichbar, sondern stehe in offensichtlicher Kontinuität zu der unfriedlich verlaufenen Versammlung in Hamburg am 1. Mai 2008. Der Antragsteller stelle deren Verlauf wahrheitswidrig dar, um sich als friedlich zu gerieren. Auch die als neue Versammlungsleiter benannten Herren E. und F. seien einschlägig polizeilich bekannt und böten keine Gewähr für den friedlichen Verlauf der Versammlung und die Mäßigung oder den Ausschluss unfriedlicher Teilnehmer.

15

Sie, die Antragsgegnerin, sehe sich nicht in der Lage, die bereits in der Verbotsverfügung dargestellten Gefahren zu verhindern. Aufgrund anderer Einsatzlagen in allen Ländern stünden ihr lediglich 10 Abteilungsführungsgruppen, 31 Einsatzhundertschaften sowie 1 Beweissicherungs- und Festnahmehundertschaft und 6 Beweissicherungs-, Festnahmeund Technische Einsatzeinheiten zur Verfügung (Stand Schriftsatz vom 16.04.2009). Bei einem Kräftebedarf von fünf Einsatzhundertschaften im Vorlauf stünden aufgrund dessen für die Kerneinsatzzeit deutlich weniger als 4.000 Einsatzbeamte zur Verfügung und selbst diese Stärke nur bei Arbeitszeiten von mindestens 12 Stunden. Eine Verringerung der Kräfte könne sich noch ergeben, wenn die anderen Bundesländer ihre Polizeikräfte in eigenen Gefährdungssituationen benötigten. Im Gegensatz zu der vom Antragsteller herangezogenen Situation der Polizei in Gelsenkirchen im Jahr 2006 könne sie insoweit gerade nicht erklären, dass ihr genügend Polizeieinsatzkräfte zur Verfügung stünden.

16

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. Der Inhalt sämtlicher Akten war Gegenstand der Entscheidungsfindung.

17

II

Der gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag des Antragstellers bleibt ohne Erfolg.

18

Die Antragsgegnerin hat zunächst das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen versammlungsrechtlichen Verfügung in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet. So hat sie unter anderem ausgeführt, dass bei einem Zuwarten oder Einschreiten erst im Rahmen der Versammlung am Veranstaltungstag die Realisierung der sich aus der hinreichend konkreten Gefahrenprognose abzuleitenden Gefahr nicht mehr zu verhindern sei.

19

Bei Versammlungen, die - wie hier - auf einen einmaligen Anlass bezogen sind, müssen die Verwaltungsgerichte im Eilverfahren dem Umstand Rechnung tragen, dass der Sofortvollzug der angegriffenen Maßnahme in der Regel zur endgültigen Verhinderung der Versammlung in der beabsichtigten Form führt. Soweit möglich, ist die Rechtmäßigkeit der Maßnahme zu prüfen, im Übrigen kommt es auf eine sorgsame Interessenabwägung an (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 233, 341/81 -, BVerfGE 69, 315, 363f.).

20

Gemessen an diesem Prüfungsmaßstab stellt sich die Verbotsverfügung der Antragsgegnerin vom 18. März 2009 als voraussichtlich rechtmäßig dar und muss darüber hinaus das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Verfügung hinter das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung des Versammlungsverbots zurücktreten.

21

Nach § 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz - VersG - kann die zuständige Behörde eine Versammlung oder einen Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei der Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist.

22

Die im pflichtgemäßen Ermessen der Ordnungsbehörde stehende Beschränkung der in Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes gewährleisteten Versammlungsfreiheit durch die Erteilung von Auflagen bis hin zur Untersagung der Versammlung setzt eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung voraus. Aus der Bedeutung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit folgt, dass nicht jede Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung das Verbot einer Versammlung rechtfertigt. Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hat vielmehr eine Güterabwägung stattzufinden mit der Folge, dass ein Verbot nur zulässig ist, wenn es zum Schutz anderer, dem Versammlungsrecht mindestens gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist. Zur Annahme einer Gefährdung im Sinne von § 15 Abs. 1 VersG genügt nicht eine abstrakte Gefahr; die Gefährdung muss vielmehr nach dem gewöhnlichen Ablauf der Dinge unmittelbar bevorstehen, der Eintritt der Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit in aller Kürze zu erwarten sein. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung müssen erkennbare Umstände dafür vorliegen, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Das setzt nachweisbare Tatsachen als Grundlage der Gefahrenprognose voraus, bloße Vermutungen reichen nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.06.2006 - 1 BvR 1429/06 -; auch bereits BVerfGE 69, 315, 353).

23

Auch gemessen an diesen hohen Anforderungen an die Rechtsgüterabwägung ist hinsichtlich des vom Antragsteller für den 1. Mai 2009 in Hannover angemeldeten Aufzugs festzustellen, dass mit diesem Aufzug eine solche unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit droht, welche das Verbot der Versammlung rechtfertigt, um gleichwertige Rechtsgüter zu schützen.

24

Ob dabei eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bereits in dem Versammlungsmotto "Schluss mit Verarmung, Überfremdung und Meinungsdiktatur - nationaler Sozialismus jetzt!!!" liegt, kann für diese Entscheidung dahinstehen. Die Kammer hat insoweit allerdings Zweifel, ob die Begründung der Antragsgegnerin, das Motto verletze den Straftatbestand des § 130 Abs. 4 StGB, tatsächlich trägt.

25

Den Zweifeln ist jedoch nicht weiter nachzugehen, weil eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit für die Kammer jedenfalls insoweit vorliegt, als mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit aus der vom Antragsteller angemeldeten Versammlung heraus Gewalt gegen Menschen und Sachen zu erwarten ist, welche in Form von Körperverletzungen und Sachbeschädigungen Verstöße gegen die geltenden Strafgesetze und im Übrigen Verletzungen mindestens gleichwertiger Rechtsgüter Dritter darstellen wird. Diese bereits von der Antragsgegnerin angestellte Gefahrenprognose lässt sich im Einzelnen auf folgende konkrete Anhaltspunkte stützen:

26

Bereits die Größe des angemeldeten Aufzugs trägt eine Gefahr von gewalttätigen Ausschreitungen in sich. Der Antragsteller hat in dem Vorbereitungsgespräch gegenüber den Vertretern der Antragsgegnerin angegeben, mit "1.000 + x" Versammlungsteilnehmern zu rechnen und die Antragsgegnerin hält diese Angabe ihrerseits für realistisch. Auch der im Landespräventionsrat für den Bereich "Prävention rechtsextremer Erscheinungsformen" zuständige Herr G. rechnet mit einer Teilnehmerzahl in dieser Größenordnung. Diese Anzahl an Teilnehmern bedeutet aber ersichtlich, dass es der Polizei selbst bei einer lückenlosen Umschließung der Menge nicht möglich sein würde, alle Teilnehmer ständig unter Kontrolle zu halten, da sich die Teilnehmer gegenseitig verdecken würden. Dies hätte zur Folge, dass aus der Menge heraus agiert werden könnte, ohne dass einzelne gewalttätige Personen erkannt und polizeilich verfolgt werden könnten, was wiederum für den gewaltbereiten Teil der Demonstrationsteilnehmer eine Motivation für Ausschreitungen darstellen wird. Dabei ist nach Ansicht der Kammer auch sicher davon auszugehen, dass eine nicht unerhebliche Anzahl von Demonstranten zu erwarten ist, die allein mit dem Ziel zu der Versammlung anreisen, bei sich bietender Gelegenheit aus der Versammlung heraus in gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei oder Anhängern linksextremer Gruppierungen zu treten. Anders als in der Vergangenheit kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass Teilnehmer rechtsextremer Versammlungen sich insgesamt opportunistisch verhalten und bemühen, es nicht zu Gewalt und Rechtsverstößen kommen zu lassen (so allerdings noch die Ausführungen des BVerfG in seinem Beschluss vom 09.06.2006 - 1 BvR 1429/06 -).

27

Vielmehr ist mit der Antragsgegnerin inzwischen darauf abzustellen, dass es im Allgemeinen wie auch im Besonderen des angemeldeten rechtsextremen Aufzugs zum 1. Mai 2009 sogenannte "schwarze Blöcke" in den Reihen rechtsextremer Demonstranten gibt, von denen Gewalttätigkeiten ausgehen. So führt Herr G. vom Landespräventionsrat als szenekundige Person aus, dass nach seinen Erkenntnissen am 1. Mai in Hannover mit der Beteiligung von Demonstranten vorwiegend aus der Kameradschaftsszene und der Gruppe der "Autonomen Nationalisten" zu rechnen sei. Nachvollziehbar führt er in seiner Stellungnahme vom 27. Januar 2009 aus, dass die Beteiligung von "Autonomen Nationalisten" am 1. Mai 2009 mehr als wahrscheinlich sei, weil sich in Niedersachsen in mehreren regionalen Bereichen kleinere Gruppierungen der Autonomen Nationalisten gebildet hätten. Diese Einschätzung deckt sich im Weiteren mit der Tatsache, dass auf der die Versammlung betreffenden Internetseite www.arbeitexxxxxxg.info allein 7 Gruppierungen "Autonomer Nationalisten" als Unterstützer eingetragen sind (Stand der Internetseite vom 15. April 2009).

"Autonome Nationalisten" zeichnen sich jedoch durch eine signifikant höhere Gewaltbereitschaft gegenüber Polizeikräften und dem politischen Gegner aus (Verfassungsschutzbericht 2007, www.bmi.bund.de). Dabei deklarieren die "Autonomen Nationalisten" ihre Gewalt als Reaktion auf staatliche Gewalt und Notwehr (Bundesamt für Verfassungsschutz, "Autonome Nationalisten", Stand Mai 2007). Diese hohe Gewaltbereitschaft lässt sich teilweise sogar schwarz auf weiß den einschlägigen Internetseiten der einzelnen Gruppierungen entnehmen. So heißt es dort unter anderem unter http://logr.org/leerostfriesland/uber-uns/: "Da wir uns zum militanten Teil der nationalen Bewegung zählen, ... Durch die einheitliche schwarze Kleidung erschweren wir z.B. der Polizei eine Identifizierung der Demonstrationsteilnehmer bei z.B. einer Vermummung oder durch Werfen von Gegenständen aus dem Block.", unter www.logr.org/delmenhorst/nationaler-sozialismus: "...sowie die Übernahme des "schwarzen Blocks" als wohl auffälligste Aktionsform, der Repression und Polizeiwillkür auf Demonstrationen effektiv entgegenwirken kann. Das bedeutet in der Praxis beispielsweise, die Durchsetzungsfähigkeit unserer Rechte zu stärken, Verhaftungen zu verhindern oder Schikanen und Gewaltanwendung entschlossen entgegenzutreten." und unter http://www.ab-west.net: "Wer aber meint, er müsse uns mit Gewalt davon abhalten, der wird sehr schnell die passende Antwort erhalten ... Wer uns auf die rechte Wange schlägt, der bekommt anschließend Rechts und Links eine!" (Letzteres zitiert aus: Bundesamt für Verfassungsschutz, "Autonome Nationalisten", Stand Mai 2007).

Nachvollziehbar stützt die Antragsgegnerin die Prognose der Teilnahme gewaltbereiter Demonstrationsteilnehmer in Hannover darüber hinaus auch auf die Teilnahme solcher gewaltbereiter Demonstranten an der zum 1. Mai letzten Jahres in Hamburg durchgeführten Versammlung Rechtsextremer. Dass entgegen dem Vortrag des Antragstellers im letzten Jahr in Hamburg Gewalt auch von den rechtsextremen Versammlungsteilnehmern ausging und diese nicht ausschließlich als Notwehr zu qualifizieren war, steht für die Kammer außer Frage. So gab der Polizeisprecher der Hamburger Polizei in der Nachschau der Ereignisse in Hamburg an, dass etwa 80% der Teilnehmer des rechten Aufzugs von der Polizei als gewaltbereit eingestuft worden seien (vgl. DIE WELT vom 02.05.2009). Diese Einschätzung der Polizei wird beispielsweise bestätigt durch den Internetauftritt eines damaligen Versammlungsteilnehmers unter http://www.widerstand.info/2465/1mai-in-hamburg-der-nationale-widerstand-kaempftesich- erfolgreich-durch-barmbek/, der unter anderem ausführt, dass es "einer der erlebnisreichsten, kämpferischsten Einsätze der letzten Jahre, der geprägt war von teilweise offenen Konfrontationen mit gewaltbereiten Linken," gewesen sei. Weiter wird dort ausgeführt, "die Kameraden stürmten entschlossen auf die Linksautonomen zu", "in aktiver Selbsthilfe säuberten die Kameraden den Bahnhof von Linken" und dass es bei fast einem Jahr Mobilisierungszeit zu erwarten gewesen sei, "dass es in Barmbek einen heißen Tanz geben würde".

28

Darüber hinaus stellt das angegriffene Versammlungsverbot auf eine Vielzahl von einzelnen Geschehnissen in Hamburg ab, die von der Polizei festgestellt oder angezeigt wurden. Zwar greift der Antragsteller in seiner Antragsschrift diese Aufzählung im Einzelnen und unter Bezugnahme auf die eidesstattlichen Versicherungen der damaligen Versammlungsleiterin, ihres Stellvertreters sowie von Herrn H. an. Sein diesbezüglicher Vortrag überzeugt die Kammer jedoch nicht. Der Antragsteller war nach eigenem Bekunden nicht am 1. Mai 2008 in Hamburg. In der vom damaligen stellvertretenden Versammlungsleiter I. im vorliegenden Verfahren abgegebenen eidesstattlichen Versicherung findet sich zu der Frage der Gewalttätigkeiten von Rechts überhaupt keine Stellungnahme. Soweit sich aber die Versicherung der damaligen Versammlungsleiterin J. zu den einzelnen von der Antragsgegnerin aufgeführten Ereignissen verhält, kann sie die festgestellten Ereignisse nicht glaubhaft widerlegen, denn der Versicherung ist nicht in jedem Fall zu entnehmen, dass die Zeugin die jeweiligen Situationen tatsächlich erlebt hat, was angesichts der verschiedenen Örtlichkeiten auch kaum vorstellbar ist. Dementsprechend schränkt die damalige Versammlungsleiterin ihre Angaben nachvollziehbar auch insoweit ein, als es ihres Wissens nach keinerlei Störungen von Seiten des rechten Personenkreises gegeben habe, was immerhin die Möglichkeit zulässt, dass solche eben doch - unbeobachtet von der Versammlungsleiterin - aufgetreten waren. Gleiches gilt im Übrigen, soweit sie angibt, dass die "Autonomen Nationalisten" das letzte Drittel der Strecke an der Spitze des Aufzugs und damit in ihrer Nähe gewesen seien und es - in dieser Zeit - keine Übergriffe gegen Polizeibeamte oder Gegendemonstranten gegeben habe. Der Kammer aus der Presse insoweit bekannt, begannen die Übergriffe des sogenannten "Schwarzen Blocks" der Rechtsextremen tatsächlich auch bereits vor der angemeldeten Versammlung. Soweit Frau J. weiterhin die von der Polizei festgestellte aggressive Grundstimmung verneint, steht dies auch in Widerspruch zu der von ihr ebenfalls abgegebenen Erklärung, die eingesetzten Polizeibeamten hätten nichts unternommen, um die Sicherheit der Demonstrationsteilnehmer zu gewährleisten, so dass nur die Möglichkeit geblieben sei, "die Angriffe durch entschlossenes Auftreten selbst abzuwehren". Die eidesstattliche Versicherung von Herrn H. gibt schließlich dessen eigene Versammlungsteilnahme wieder, ohne sich explizit auf die von der Antragsgegnerin angeführten Ereignisse zu beziehen. Sie verhält sich zu keinen Ereignissen, die außerhalb der Wahrnehmung des Zeugen lagen und stellt damit die von der Polizei in Hamburg festgestellten Vorfälle nicht in ihrer Gesamtheit in Frage. Darüber hinaus räumt Herr H. ein, gehört zu haben, dass ein bekannter "Linksjournalist" von rechten Demonstrationsteilnehmern getreten und geschlagen worden sei. Damit bestätigt er zumindest einen gewalttätigen Übergriff auf einen unbeteiligten Dritten, auch wenn er äußert, dessen Verletzungen könnten "allenfalls leichter Natur gewesen sein", weil er vor Ort keinen Rettungswagen gesehen habe.

29

Soweit der Antragsteller im Übrigen hinsichtlich der einzelnen von der Antragsgegnerin aufgeführten Ereignisse in Hamburg weiteren Aufklärungsbedarf sieht und insoweit die Vernehmung der von ihm angebotenen Zeugen und eine weitere Sachverhaltsermittlung durch die Einholung von Auskünften begehrt, sind Entscheidungen darüber lediglich im Hauptsacheverfahren möglich. Aufgrund der Dringlichkeit des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist kein Raum für eine mündliche Verhandlung und Beweiserhebung, selbst wenn die Kammer dem Umstand Rechnung trägt, dass die Entscheidung in diesem Verfahren - in dieser oder einer nächsten Instanz - bereits vollendete Tatsachen schaffen wird.

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Die vom Antragsteller angemeldete und von der Antragsgegnerin verbotene Versammlung lässt sich entgegen der Ansicht des Antragstellers auch sehr wohl mit der Versammlung Rechtsextremer am 1. Mai letzten Jahres in Hamburg vergleichen. Neben dem gleichen Datum spricht dafür auch der Umstand, dass es bereits letztes Jahr eine Versammlung zum 1. Mai in Süddeutschland von der NPD und eine weitere in Norddeutschland - in Hamburg - gegeben hat, welche nicht von der NPD, sondern von "Freien Kräften" angemeldet worden war (nach der eidesstattlichen Versicherung des damaligen stellvertretenden Versammlungsleiters wurde sie "sowohl von parteifreien, als auch von parteigebundenen Nationalisten durchgeführt"). Dieses Jahr ist diese Aufteilung wiederum zu beobachten, denn für Ulm hat die NPD eine Versammlung angemeldet und als der Hamburger Versammlung entsprechend ist die Anmeldung des Antragstellers zu sehen. Der Antragsteller ist immerhin führendes Mitglied der "Celler Kameradschaft 73". Darüber hinaus wirbt die von der "Versammlungsleitung 1. Mai 2008 Hamburg" verantwortete Internetseite www.erstermai.org nunmehr für die Versammlung in Hannover, in dem es dort heißt, "Wir unterstützen den 1. Mai 2009 in Hannover". Auf der Seite findet sich im Weiteren die Angabe der für die Versammlung in Hannover eingerichteten Internetseite www.arbeiterkampftag.info, welche der Antragsteller im Kooperationsgespräch als seine eigene Seite bezeichnet hatte. Letztlich lässt sich ein Vergleich der Versammlung in Hamburg letztes Jahr mit der für Hannover angemeldeten Versammlung auch darauf stützen, dass an vielen Stellen im Internet von offensichtlich rechtsextremen Internetnutzern dieser Vergleich gezogen wird. Beispielhaft lässt sich der Titel der Internetseite http://de.altermedia.info/general/hannover-statt-hamburg sowie die auf der Seite verzeichneten Eintragungen anführen.

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Dass in Hannover gewalttätige Ausschreitungen aus der vom Antragsteller angemeldeten Demonstration zu erwarten wären, ergibt sich im Übrigen aus den Eintragungen auf der Internetseite http://de.altermedia.info/general/nationale-mai-grossdemo-in-hannover. Dort heißt es unter anderem "Antifa-Zecken konsequent wegsperren - dann gibt's auch keinen Ärger", "Der Widerstand lässt sich nicht verbieten! Kapiert es endlich! Wir werden am 1. Mai in Hannover aufmarschieren! Basta!", "Also auf nach Hannover! Und nicht vergessen Freunde !!!!! immer kräftig druff auf die Antifa-Fresse."

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Gewalttätige Ausschreitungen aus der vom Antragsteller angemeldeten Versammlung sind schließlich auch deshalb zu befürchten, weil sich weder der Antragsteller selbst noch die von ihm nunmehr benannten Versammlungsleiter von solchen Ausschreitungen überzeugend distanziert haben und zu befürchten ist, dass insbesondere von der Versammlungsleitung vor Ort nicht darauf hingewirkt würde, dass die Versammlung friedlich bleibt. Insbesondere in einem Fall wie dem Vorliegenden, in dem Aufrufe Dritter zu Gewalt Einfluss auf die Teilnehmerschaft und das zu erwartende Verhalten der Versammlungsteilnehmer haben werden, ist aber von einem Veranstalter und auch von den Versammlungsleitern zu erwarten, dass diese bereits im Vorfeld öffentlich deutliche Signale setzen, die auf die Gewaltfreiheit der Versammlung ausgerichtet sind (BVerfG, Beschluss vom 14.07.2000 - 1 BvR 1245/00 -, NJW 2000, S. 3051 [BVerfG 14.07.2000 - 1 BvR 1245/00]). Solche Signale aber könnte der Antragsteller auch kaum glaubhaft setzen, da er in der Zeit von 1996 bis 2007 insgesamt 17 polizeilich bekannte Gewaltdelikte verübt hat oder an solchen beteiligt war, wobei die Straftaten teilweise gegen Polizeibeamte gerichtet waren. Der nunmehr vom Antragsteller benannte Versammlungsleiter E. und der stellvertretende Leiter F. haben sich bisher weder im anhängigen Verfahren noch, soweit dem Gericht bekannt, überhaupt zu der angemeldeten Versammlung geäußert, geschweige denn sich gegen Gewalttätigkeiten anlässlich der angemeldeten Versammlung ausgesprochen. Beide sind allerdings bereits wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz strafrechtlich verurteilt worden.

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Angesichts der dargestellten zu erwartenden Lage ist von Gefahren für Leib und Leben von Polizeivollzugsbeamten, linksgerichteter Gegendemonstranten und unbeteiligter Dritter sowie erheblichen Sachbeschädigungen durch die angemeldete Versammlung auszugehen, wobei es nicht darauf ankommen kann, ob es der Polizei gelingen könnte, die Begehung von Gewalttätigkeiten aus der Versammlung heraus zu verhindern. Es ist nicht Aufgabe der Polizei, die Durchführbarkeit einer Versammlung insoweit zu schützen, als aus ihr heraus Gewalttätigkeiten begangen werden (BVerfG, Beschluss vom 14.07.2000 a.a.O.).

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Diese Gefahrenlage, welche von der vom Antragsteller angemeldeten Versammlung ausgeht, bedeutet schlussendlich, dass der Antragsteller als Störer das Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht für sich in Anspruch nehmen kann. Dahinstehen kann für die Entscheidung in der Konsequenz die Frage, ob der Antragsteller unter dem Gesichtspunkt des polizeilichen Notstands als Nichtstörer mit einem Versammlungsverbot überzogen werden könnte.

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Würde die Kammer die festgestellte Störereigenschaft des Antragstellers allerdings negieren, spräche Einiges für die Annahme eines polizeilichen Notstands.

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Sollte es zu einer auch nur stationären Versammlung der Rechtsextremen kommen, bestünde eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit gewalttätiger Aktionen durch militante Gegendemonstranten selbst dann, wenn die Antragsgegnerin sämtliche bereits angemeldeten Gegendemonstrationen mit Versammlungsverboten belegen würde. Für diesen Fall wäre anzunehmen, dass es auch beim Einsatz von mehreren Tausend Polizeikräften nicht gelingen könnte, Gewaltfreiheit zu sichern. Auch wenn die Antragsgegnerin bisher nicht zu der gedanklich notwendigen Alternative, dass sämtliche Versammlungen mit Ausnahme der vom Antragsteller angemeldeten verboten würden, vorgetragen hat, ist es trotzdem höchst wahrscheinlich, dass die Antragsgegnerin auch unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden Polizeivollzugskräfte aus Niedersachsen und anderen Bundesländern nicht in der Lage sein würde, die Gesamtsituation zu beherrschen.

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Angesichts der von der Kammer für den Fall der Durchführung der vom Antragsteller angemeldeten Versammlung befürchteten erheblichen Gefahren für Leib und Leben zahlreicher Personen ist schließlich im Rahmen der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren notwendigen Folgenabwägung von einem Überwiegen derjenigen Nachteile auszugehen, die bei einer Durchführung der Versammlung zu erwarten sind. Dahinter zurückzutreten haben die Vorteile, die sich aus der Durchführung für den Antragsteller ersichtlich ergeben würden.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Der bei einem Versammlungsverbot anzusetzende Auffangstreitwert ist für das vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren nicht zu reduzieren, da mit der Entscheidung eine Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache einhergeht.

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Rechtsmittelbelehrung

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Soweit über den Sachantrag entschieden worden ist, steht den Beteiligten die Beschwerde gegen diesen Beschluss an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht, Uelzener Straße 40, 21335 Lüneburg, zu.

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