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  • ab 01.05.2024 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 3 GWBewRdErl - Einhaltung des Bewirtschaftungsrahmens

Bibliographie

Titel
Mengenmäßige Bewirtschaftung des Grundwassers
Redaktionelle Abkürzung
GWBewRdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
28200

3.1
Grundsätzliches

Die zuständige Wasserbehörde hat im Rahmen der Prüfung eines Antrags auf Erteilung einer Erlaubnis oder Bewilligung (§ 8 WHG) oder einer gehobenen Erlaubnis (§ 15 WHG) zur Entnahme von Grundwasser unter anderem zu prüfen, ob die Ziele hinsichtlich der mengenmäßigen Bewirtschaftung gemäß § 47 Abs. 1 WHG i. V. m. § 4 Abs. 2 GrwV eingehalten oder künftig erreicht werden können.

Um die Berücksichtigung der vorgenannten Anforderungen in den Zulassungsverfahren zu erleichtern, ist landesweit für die zu bewirtschaftenden Grundwasserkörper die nutzbare Grundwasserdargebotsreserve mit einem vom Gewässerkundlichen Landesdienst (GLD) dokumentierten Abschätzverfahren ermittelt worden und in den Anlagen 2 und 3 dargestellt. Ergänzend wurden auf Basis der rasterbasierten Methode zur Abschätzung der nutzbaren Grundwasserdargebotsreserve Daten auch auf Ebene der Teilkörper ermittelt und Angaben zur maßgeblichen nutzbaren Grundwasserdargebotsreserve auf Ebene der Grundwasserteilkörper der unteren Wasserbehörden in Anlage 4 dargestellt.

Die Ziele hinsichtlich der mengenmäßigen Bewirtschaftung eines Grundwasserkörpers gemäß § 47 Abs. 1 WHG sollen grundsätzlich dadurch erreicht werden, dass die Summe aller Benutzungen, die künftig zusätzlich zu den bereits zugelassenen (Anlage 2, Spalte G) erlaubt bzw. bewilligt werden und die sich auf die Grundwassermenge auswirken, die in Anlage 2, Spalte K dargestellte maßgebliche nutzbare Grundwasserdargebotsreserve im jeweiligen Grundwasserkörper nicht überschreitet. Die genannte Zielsetzung ist bei der mengenmäßigen Bewirtschaftung des Grundwassers durch die unteren Wasserbehörden zu beachten. Zusätzlich sind im Einzelfall die örtlichen Auswirkungen einer Grundwassernutzung nach den unter Nummer 5 dargestellten Kriterien zu prüfen.

Die Angaben zur maßgeblichen nutzbaren Grundwasserdargebotsreserve auf der Ebene von Teilkörpern, die in Anlage 4 enthalten sind, sollen (wie in der Vergangenheit) die unteren Wasserbehörden bei der Umsetzung der vorstehenden, auf Grundwasserkörper bezogenen Vorgabe unterstützen. Eine Überschreitung der maßgeblichen nutzbaren Grundwasserdargebotsreserve, die die Anlage 4 für das Gebiet einer unteren Wasserbehörde ausweist, kommt demnach in Betracht, wenn dabei die Zielvorgabe auf der Grundwasserkörperebene gewahrt bleibt. Dies setzt zum einen eine Vereinbarung unter den unteren Wasserbehörden, die an dem Grundwasserkörper beteiligt sind, über eine veränderte Aufteilung voraus. Da die Teilkörpermengen auf der Basis eines rasterbasierten Ansatzes ermittelt wurden, wird zum anderen dezidiert empfohlen, im Fall einer solchen "Umverteilung" ihre Auswirkungen für den gesamten Grundwasserkörper zu prüfen und dabei den GLD einzubinden.

Aufgrund des Bearbeitungsmaßstabes (Grundwasserkörper oder Teilkörper) wurden die Kriterien des § 4 Abs. 2 Nr. 2 GrwV bei der Abschätzung der nutzbaren Grundwasserdargebotsreserve nur allgemein berücksichtigt. Eine Ableitung für konkrete einzelne Zulassungsverfahren zu diesen Zielaspekten ist auf dieser Grundlage daher nicht möglich.

Bei der Prüfung eines Wasserrechtsantrags sind daher in einem gesonderten Fachbeitrag die konkreten örtlichen Auswirkungen ergänzend daraufhin zu bewerten, ob eine Verschlechterung des Zustandes des jeweiligen Grundwasserkörpers oder nach den Kriterien des § 4 Abs. 2 Nr. 2 GrwV ein sonstiger Konflikt mit den Bewirtschaftungszielen in Betracht kommt ("Fachbeitrag WRRL"). Der Inhalt einer solchen Einzelfallprüfung ist - über die allgemeinen Aussagen unter Nummer 5 hinaus - nicht Gegenstand dieses RdErl. Auf entsprechende Veröffentlichungen wird in diesem Kontext verwiesen (u. a. "Arbeitshilfe zur Berücksichtigung der Bewirtschaftungsziele für Oberflächengewässer im Rahmen von Zulassungsverfahren für Grundwasserentnahmen", Oberirdische Gewässer Band 43, NLWKN [https://www.nlwkn.niedersachsen.de/fliessgewaesser/veroeffentlichungen-zum-thema-fliegewaesser-zum-downloaden-150818.html] und "Niedersächsischer Beitrag zu den Maßnahmenprogrammen 2021 bis 2027 der Flussgebiete Elbe, Weser, Ems und Rhein", S. 37 [https://www.nlwkn.niedersachsen.de/Bewirtschaftungsplan_Massnahmenprogramm2021_2027/aktualisierte-wrrl-bewirtschaftungsplane-und-massnahmenprogramme-fur-den-zeitraum-2021-bis-2027128758.html]).

Bei allen Wasserrechtsanträgen für Entnahmen aus dem Grundwasser muss das Einzugsgebiet sicher bestimmt werden, um eine klare Zuordnung der Entnahmemengen zu den Grundwasserkörpern sicherzustellen. Wenn bei größeren Entnahmemengen wesentliche Auswirkungen auf den Wasserhaushalt zu erwarten sind oder bei komplexen hydrogeologischen Verhältnissen ist für die Bestimmung des Einzugsgebietes und für die Bewertung der Auswirkungen einer Entnahme von Grundwasser auf den Grundwasserhaushalt in der Regel ein Grundwassermodell zu fordern. Sofern die Datenlage (z. B. Messnetz) und daraus abgeleitete Erkenntnisse hinreichend belastbare Aussagen über die Auswirkungen einer zukünftigen Entnahme von Grundwasser zulassen, kann auf ein Grundwassermodell verzichtet werden.

Die grundsätzlichen hydrogeologischen und bodenkundlichen Anforderungen an Anträge zur Grundwasserentnahme sind den GeoBerichten 15 des LBEG (https://www.lbeg.niedersachsen.de/karten_daten_publikationen/publikationen/geoberichte/geoberichte-857.html) zu entnehmen. Für die Feldberegnung werden diese Anforderungen in den Geofakten 3 (https://www.lbeg.niedersachsen.de/karten_daten_publikationen/publikationen/geofakten/geofakten-872.html) und in den GeoBerichten 15 des LBEG spezifiziert.

3.2
Berücksichtigung der Klassifizierung der nutzbaren Grundwasserdargebotsreserve für zusätzliche Grundwasserentnahmen

3.2.1 Klassifizierung

Die Prüfung zusätzlicher Entnahmen bezüglich des Bewirtschaftungsrahmens erfolgt anhand der "maßgeblichen nutzbaren Grundwasserdargebotsreserve", der grundsätzlich mittlere Verhältnisse zugrunde liegen.

Im Zusammenhang mit dem Klimawandel wird eine Zunahme von Trockenperioden erwartet, das heißt, eine Zunahme von aufeinanderfolgenden Jahren mit unterdurchschnittlicher Grundwasserneubildung. Solche Trockenperioden wirken sich unterschiedlich stark auf die Grundwasserkörper aus. Um zu veranschaulichen, wie sensibel die einzelnen Grundwasserkörper diesbezüglich eingeschätzt werden, wurde eine Klassifizierung vorgenommen.

Die Abschätzung der nutzbaren Grundwasserdargebotsreserve zum Zweck der Klassifizierung für den Projektionszeitraum 2031-2060 erfolgt auf Basis von Rasterzellen (500 m × 500 m). In jeder Rasterzelle ist eine nutzbare Dargebotsreserve für trockene und mittlere Verhältnisse berechnet worden. Die trockenen Verhältnisse ergeben sich aus dem 15er-Perzentil des entsprechenden vieljährigen Zeitabschnitts. Der jeweilige Anteil an Reserven in den Rasterzellen, die zu einem Grundwasserkörper gehören, spiegelt sich aggregiert in der Klassifizierung der Grundwasserkörper (siehe Tabelle) wider. Das Vorgehen ist in der "Verfahrensweise zur Abschätzung der nutzbaren Dargebotsreserve" beschrieben. Die Klassifizierung der nutzbaren Grundwasserdargebotsreserve auf Ebene der Grundwasserkörper ist der Anlage 3 sowie den Spalten I und J in der Anlage 2 *) zu entnehmen.

Klassifizierung der nutzbaren Grundwasserdargebotsreserve auf Ebene der Grundwasserkörper

KlassifizierungHinweise für Wasserrechtsverfahren mit zusätzlichen Entnahmen; PrüfbedarfBedeutung für zusätzliche Grundwasserentnahmen; potentieller Regelungsbedarf

1 - überwiegend nutzbare GW-Dargebotsreserve für mittlere Verhältnisse vorhanden

Keine besonderen Anforderungen

Geobericht 15

2 - überwiegend keine nutzbare GW-Dargebotsreserve für mittlere Verhältnisse vorhanden

Regionale Betrachtungen erforderlich

Geobericht 15

Trockenperioden sind zu berücksichtigen
Bei einer Einordnung in die Klasse 2 sind Regelungen im Zulassungsbescheid möglich und ggf. erforderlich, die Schutzmaßnahmen in Trockenperioden vorsehen.

3 - nutzbare GW-Dargebotsreserve für mittlere Verhältnisse fast vollständig erschöpft

Überschreitungen nur im Einzelfall möglich, z. B. nicht berücksichtigte unterirdische Zuflüsse

Geobericht 15

Trockenperioden sind zu berücksichtigen
Regelungen über Schutzmaßnahmen in Trockenperioden erforderlich.

3.2.2 Relevanz im Wasserrechtsverfahren

Für künftige zusätzliche Entnahmen, über die zugelassenen hinaus (siehe Anlage 2 Spalte G), ergeben sich anhand der Klassifizierung zusätzlich Hinweise, die bei den Wasserrechtsverfahren zu beachten sind.

Bei der Klassifizierung 2 sind nach der mittleren Spalte der vorstehenden Tabelle im Wasserrechtsverfahren Trockenperioden besonders zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang wird auf die ökologischen Auswirkungen der Nutzung abgestellt. Das heißt, dass bezüglich ökologischer Auswirkungen (insbesondere auf Biotope oder Oberflächengewässer) ein Prüfbedarf besonders nahe liegt.

Bei einer Einordnung in die Klasse 2 sind Regelungen im Zulassungsbescheid für zusätzliche Entnahmen, über die zugelassenen hinaus (siehe Anlage 2 Spalte G), möglich und ggf. erforderlich, die Schutzmaßnahmen in Trockenperioden vorsehen. Im Rahmen des Monitorings wird die Festlegung von Wasserständen an Beobachtungsbrunnen empfohlen, die im Fall einer Trockenperiode die Nutzung begrenzen.

Bei mit Klasse 3 bewerteten Grundwasserkörpern ist das nutzbare Grundwasserdargebot für mittlere Verhältnisse fast vollständig erschöpft. Nach Bewertung gemäß der WRRL für den Bewirtschaftungsplan 2021 bis 2027 befinden sich alle Grundwasserkörper in Niedersachsen in einem mengenmäßig guten Zustand. Deshalb wird im Rahmen dieses RdErl. grundsätzlich davon ausgegangen, dass die derzeit zugelassenen Entnahmemengen auch in den mit Klasse 3 bewerteten Grundwasserkörpern keine negativen Auswirkungen auf den Zustand des Grundwasserkörpers haben und die Grundwasserressource vermutlich aus unterirdischen Zuströmen aus anderen Grundwasserkörpern oder aus Zuflüssen aus Oberflächengewässern gestützt wird.

Weitere Entnahmen sind in diesen Grundwasserkörpern nur dann zulassungsfähig, sofern eine Darlegung entsprechend Nummer 4 vorgelegt wird. Bei einer solchen Einzelfallprüfung gelten die Hinweise zu Wasserentnahmen aus Grundwasserkörpern der Klasse 2 entsprechend.

Außerdem ist insbesondere für Grundwasserkörper, die in Klasse 2 oder 3 eingeordnet sind, in Fällen, in denen ein Entnahmerecht endet und über die entsprechende Menge neu verfügt werden soll, Folgendes zu beachten:

Bei sich ändernder Nutzungsart soll geprüft werden, wie sich die Änderung auf das Gesamtsystem des Wasserhaushalts auswirkt. Eine sich ändernde Nutzungsart in diesem Sinne liegt etwa vor, wenn in der Vergangenheit eine Entnahme mit Einleitung in Fließgewässer erfolgte (z. B. bei den Nutzungsarten Trinkwasser und Kühlwasser) und künftig eine Entnahme ohne Wiedereinleitung (z. B. bei der landwirtschaftlichen Feldberegnung) in Rede steht oder wenn eine Veränderung betreffend die kontinuierliche oder diskontinuierliche Durchführung der Grundwasserentnahme erfolgt.

3.2.3 Allgemeine Hinweise zum Wassermanagement

Ein Wassermanagement soll die Resilienz des Wasserhaushaltes gegen klimatische Einflüsse stärken und kann auch Pläne und Maßnahmen enthalten, um in Trockenperioden darauf angepasst das Wasser zu bewirtschaften. Das Spektrum möglicher Maßnahmen ist vielfältig und kann insbesondere in Grundwasserkörpern der Klassen 2 und 3 die Spielräume zur Gewässerbewirtschaftung vergrößern. Geeignete Maßnahmen können sowohl der direkten Stützung der Wasserressource dienen als auch Nutzungen verändern (Brauchwassernutzung) oder sogar einschränken.

Bis zu einem Mittelwert < 1,5 nach Aggregation der Rasterzellen (siehe Spalte I der Anlage 2) ist eine nutzbare Dargebotsreserve bei trockenen Verhältnissen überwiegend vorhanden.

Außer Kraft am 1. Januar 2030 durch Nummer 8 des RdErl. vom 23. April 2024 (Nds. MBl. 2024 Nr. 223)