Abschnitt 6 GWBewRdErl - Weitergehende Regelungen für einzelne Wassernutzer
Bibliographie
- Titel
- Mengenmäßige Bewirtschaftung des Grundwassers
- Redaktionelle Abkürzung
- GWBewRdErl,NI
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 28200
Die zuständige Wasserbehörde hat im Rahmen der Prüfung eines Antrags auf Erteilung einer Erlaubnis oder Bewilligung zur Entnahme von Grundwasser u. a. zu prüfen, ob der mit der beantragten Nutzung verbundene Wasserbedarf mit der aus Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotenen sparsamen Verwendung des Wassers vereinbar ist.
Die besondere Bedeutung, die die öffentliche Wasserversorgung im Vergleich zu anderen Grundwassernutzern nach § 12 Abs. 1 i. V. m. § 3 Nr. 10 WHG sowie § 6 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 und 4 WHG besitzt, muss beachtet werden.
Die Entnahme muss wasserwirtschaftlich und ökologisch vertretbar sein.
6.1 Öffentliche Wasserversorgung
Wassergewinnungsanlagen dürfen nur nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a. a. R. d. T.) errichtet, unterhalten und betrieben werden (§ 50 Abs. 4 WHG). Das ist der zuständigen Wasserbehörde in geeigneter Weise nachzuweisen. Bei Wasserversorgungsunternehmen, die die Anforderungen an die Qualifikation und die Organisation von Trinkwasserversorgern gemäß DVGW Arbeitsblatt W 1000 erfüllen, kann davon ausgegangen werden, dass die a. a. R. d. T. eingehalten sind. Ein diesbezüglicher Nachweis eines Wasserversorgungsunternehmens, der freiwillig im Rahmen eines verbandlich organisierten Qualitätsmanagements erbracht wird, kann anerkannt werden. Es ist im Allgemeinen ausreichend, wenn die Einhaltung der a. a. R. d. T. der Wasserbehörde bei Antragstellung auf Erteilung einer Erlaubnis oder Bewilligung nachgewiesen wird.
Für den Bedarfsnachweis ist Folgendes zu berücksichtigen:
6.1.1 Derzeitiges Versorgungsgebiet
Als derzeitiger Bedarf ist im Allgemeinen die höchste Trinkwasserabgabe der letzten drei Jahre im Versorgungsgebiet, ergänzt um Wasserwerkseigenverbrauch und Rohrnetzverluste, anzusetzen, sofern nicht ein extremes Trockenjahr eingeschlossen ist.
Eine Analyse der Rohrnetzverluste sollte gemäß DVGW Arbeitsblatt W 392 (A) durchgeführt werden; künftige Rohrnetzverluste sind gering zu halten und sollen 6 % des derzeitigen Bedarfs nicht überschreiten.
Für den zukünftigen Bedarf sind Entwicklungen beim öffentlichen und gewerblichen Bedarf (verschiedene und besondere Verbrauchergruppen) ebenso zu berücksichtigen wie der Einfluss der demografischen Entwicklung.
Zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit darf der unter vorgenannten Rahmenbedingungen ermittelte Wasserbedarf durch einen Sicherheitszuschlag und einen Trockenwetterzuschlag erhöht werden.
Der Sicherheitszuschlag soll 7,5 % und der Trockenwetterzuschlag 5 % des ermittelten Wasserbedarfs - ohne den Wasserwerkseigenverbrauch und die Rohrnetzverluste - betragen.
6.1.2 Zusätzliches Versorgungsgebiet
Beabsichtigt ein Wasserversorger, sich eine Erweiterungsmenge für die geplante Versorgung eines noch nicht zu seinem Versorgungsgebiet gehörenden zusätzlichen benannten Gebietes zu sichern, so kann die dafür erforderliche Erweiterungsmenge beim Bedarfsnachweis für die gesamte beantragte Entnahme von Grundwasser berücksichtigt werden, wenn
die geplante Versorgung mit § 50 Abs. 2 WHG und § 88 NWG im Einklang steht,
eine Nutzung von Gewinnungsmöglichkeiten in dem Erweiterungsgebiet nicht möglich oder nach den vorgenannten Regelungen nicht geboten ist und
die Erweiterung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.
In die wasserrechtliche Erlaubnis oder Bewilligung ist die auflösende Bedingung aufzunehmen, dass der Wasserversorger die Versorgung des zusätzlichen Gebietes innerhalb einer gesetzten Frist begonnen hat. Diese soll zehn Jahre nicht überschreiten.
6.1.3 Verbundsysteme
Beim Antrag für eine Wassergewinnungsanlage eines Verbundsystems (Versorgung eines Gebietes über mehr als eine Wassergewinnungsanlage) ist in den Fällen der Nummern 6.1.1 und 6.1.2 der Bedarf des gesamten Verbundsystems im Rahmen einer Wasserbedarfsprognose nachzuweisen. Ein Verbundsystem umfasst dabei versorgungsspezifisch oder leitungshydraulisch zusammenhängende Systemabschnitte. Hierbei sind vom Antragsteller alle vorhandenen Entnahmerechte, Verpflichtungen zur Wasserlieferung in andere Versorgungsgebiete und vertraglich gesicherte Einspeisungen anderer Wasserversorgungsunternehmen in das Verbundsystem sowie deren mögliche Entwicklungen darzustellen.
6.1.4 Geeignete Maßnahmen, um auf einen sparsamen Umgang hinzuwirken
Angesichts der zunehmend angespannten Situation bei der Bewirtschaftung der Grundwasserressourcen soll vor der Erteilung einer Erlaubnis oder Bewilligung geprüft werden, wie das Unternehmen der öffentlichen Wasserversorgung seine Pflicht nach § 50 Abs. 3 WHG erfüllt. Hierfür kommen z. B. in Betracht
Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere im Sommer,
Maßnahmen zur Beratung und ggf. Unterstützung von Kunden, etwa im gewerblichen Bereich,
Vermeidung von Entgeltsystemen, durch die größere Verbrauchsmengen relativ günstiger sind.
6.2 Landwirtschaft und Eigenwasserversorgung der Industrie
Im Antrag für eine Grundwasserentnahme ist zu begründen, aus welchem Grundwasserstockwerk das Wasser entnommen werden soll. Hinweise zu den Kriterien, die insbesondere zum Schutz der Grundwasserressource bei der Prüfung der Entnahmetiefe zu würdigen sind, enthält Anlage 6 (Kriterien für die Entnahmetiefe von Grundwasser mittels Förderung in Brunnen). Zunächst ist eine Entnahme aus dem oberflächennahen Grundwasser zu prüfen.
Ist durch die Entnahme von oberflächennahem Grundwasser zu erwarten, dass die Anforderungen gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 GrwV nicht erfüllt werden können, kann das Wasser bei entsprechenden Nachweisen aus tieferen Grundwasserleitern entnommen werden.
Zum Schutz des Grundwassers ist der Fassungsbereich der Gewinnungsanlage vor Verunreinigungen zu schützen. Die zuständige Wasserbehörde hat den Schutz durch entsprechende Auflagen in der Erlaubnis oder Bewilligung sicherzustellen. Als Beispiel kommen Maßnahmen in Anlehnung an die betrieblichen Schutzmaßnahmen für die Schutzzone I gemäß Arbeitsblatt W 101 des DVGW sowie bauliche Maßnahmen beim Brunnenbau in Betracht.
6.2.1 Landwirtschaftliche Feldberegnung; Bedarfsnachweis, wasserrechtliche Erlaubnis
Der Wasserbedarf der Landwirtschaft für die Feldberegnung ist im Einzelfall (für Einzelbetriebe oder Beregnungsverbände) nachzuweisen. Dabei sind Möglichkeiten einer effizienten Wasserverwendung zu berücksichtigen. Das schließt auch den Einsatz sparsamer Beregnungstechnik, die den a. a. R. d. T. entspricht, ein (z. B. Tröpfchenbewässerung, Düsenwagen). Die Ermittlung des Zusatzwasserbedarfs soll sich am "Merkblatt DWA-M 590, Grundsätze und Richtwerte zur Beurteilung von Anträgen zur Entnahme von Wasser für die Bewässerung" orientieren.
Der Bedarf sollte auf dieser Grundlage demnach für das "Mittlere Trockenjahr" bezogen auf das Merkblatt, d. h. unter Berücksichtigung der Anbauplanung, ermittelt werden. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass auch mehrere aufeinander folgende Trockenjahre abgedeckt sind. Falls für einen solchen Bedarf keine ausreichenden Ressourcen verfügbar sind, ist die erlaubte Jahresentnahmemenge entsprechend zu reduzieren.
In der Erlaubnis soll geregelt werden, dass die festgelegte Jahresentnahmemenge um bis zu 25 % überschritten werden darf, wenn dadurch das Mittel der Entnahmen in fünf Jahren (unter Berücksichtigung der zurückliegenden vier Jahre) nicht größer wird als die festgelegte Jahresentnahmemenge.
Für einzelne Brunnen können zeitlich differenzierte Höchstwerte festgeschrieben werden. Für die Überwachung dieser Brunnen sind geeignete Messgeräte zu fordern, die jährlichen Entnahmemengen sind brunnenbezogen zu erfassen und zu dokumentieren.
Sofern eine wasserrechtliche Erlaubnis erstmals oder eine auslaufende Erlaubnis neu erteilt wird, soll sie mit einer Befristung erteilt werden, die - um das Interesse der Antragsteller an Planungssicherheit zu berücksichtigen - eine Geltungsdauer von bis zu 20 Jahren vorsieht. Dies gilt insbesondere für komplexe Wasserrechtsverfahren. Hierbei sind prognostische klimatische Entwicklungen angemessen in die Planungen einzubeziehen.
Die Wasserbehörde soll den Antragsteller auf eine sparsame Wasserverwendung hinweisen. Hierzu geben die "Hinweise zum Einsatz der Feldberegnung" des Fachverbandes Feldberegnung praktikable Hilfen. Im Rahmen des Erlaubnisverfahrens sollte die zuständige Wasserbehörde eine fachliche Stellungnahme der landwirtschaftlichen Fachbehörde zum Bedarfsnachweis einholen.
Die Winddrift von Beregnungswasser auf nicht für die Beregnung vorgesehene Flächen ist zu vermeiden.
Wird eine Erlaubnis für einen Beregnungsverband erteilt, der eine Nutzung durch Mitglieder vorgesehen hat, ist in der Erlaubnis festzulegen, dass die Pflichten des Erlaubnisinhabers durch interne Regelungen sinngemäß auf die tatsächlichen Nutzer weiterübertragen werden müssen (z. B. bezüglich der Mengenmessung und der Einhaltung von Mengenbeschränkungen).
6.2.2 Bedarfsnachweis der Industrie
Industriebetriebe mit eigener Wasserversorgung müssen für ihren Antrag ebenfalls den konkreten Bedarf, unter Beachtung des tatsächlichen Verbrauchs oder unter Darlegung der konkret geplanten Maßnahme, nachweisen. Möglichkeiten der rationellen Wasserverwendung wie z. B. Kreislaufführung sind dabei zu berücksichtigen.
Außer Kraft am 1. Januar 2030 durch Nummer 8 des RdErl. vom 23. April 2024 (Nds. MBl. 2024 Nr. 223)