Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 20.03.2003, Az.: 3 A 401/02

Beurteilerkonferenz; Beurteilung; Quotenbildung; Wertstufe

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
20.03.2003
Aktenzeichen
3 A 401/02
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 48002
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Die Bildung von Wertstufen und die Festlegung von Quoten führt zur Fehlerhaftigkeit der Beurteilung aus sonstigem Anlass eines Polizeibeamten ( A 9, geh. Dienst ) auf der Grundlage der Beurteilungsrichtlinie vom 29.12.1999.

Tatbestand:

1

I. Der Kläger wendet sich gegen eine Beurteilung.

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Der 1958 geborene Kläger ist Polizeikommissar (Besoldungsgruppe A 9 gehobener Dienst). Die Ernennung des Klägers erfolgte am 02.11.1999. Der Kläger hat den Dienstposten eines Sachbearbeiters im Polizeistationsdienst bei der Polizeistation K. inne. Diesen Dienstposten hatte er bereits vor seinem Laufbahnwechsel als Angehöriger des mittleren Dienstes ausgeübt.

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Als Polizeihauptmeister (Besoldungsgruppe A 9 mittlerer Dienst) war der Kläger unter dem 07.08.1998 für den Zeitraum vom 01.02.1996 bis zum 31.05.1998 beurteilt worden. Das Gesamtergebnis dieser Beurteilung schloss mit der Wertungsstufe 4 (gleich: entspricht voll den Anforderungen). Hiergegen hatte der Kläger Einwände erhoben und beantragt, das Gesamturteil dieser Beurteilung in die Wertungsstufe 5 abzuändern. Nach Ablehnung dieses Antrags durch die Beklagte und Durchführung des Widerspruchsverfahrens hatte der Kläger hiergegen vor der erkennenden Kammer Klage erhoben ( AZ 3 A 510/00 ). Das Klagverfahren war nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten mit Beschluss vom 05.04.2001 eingestellt worden, nachdem die Beklagte dem Kläger unter dem 19.03.2001 eine neue dienstliche Beurteilung erteilt hatte, die mit der Gesamtbewertung der Wertungsstufe 5 endete.

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Zum Stichtag 01.09.2000 wurde der Kläger für den Zeitraum 01.06.1998 bis 31.08.2000 erneut beurteilt. Die Beurteilung wurde dem Kläger am 22.12.2000 ausgehändigt und endet mit dem Gesamturteil Wertungsstufe 3 ( entspricht voll den Anforderungen ). Der Kläger erklärte sich mit dieser Beurteilung nicht einverstanden.

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Mit Schreiben vom 08.01.2001 begründete der Kläger seine Einwände. Er wies darauf hin, dass er bereits im Rahmen des Verfahrens gegen die Vorbeurteilung zum Ausdruck gebracht habe, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem damaligen wie jetzigen Erstbeurteiler nicht möglich sei und er diesen daher abgelehnt habe. Zudem sei der Erstbeurteiler über Art und Umfang seiner Tätigkeit offensichtlich nicht hinreichend informiert. Dies zeige sich etwa im Bereich der von ihm wahrgenommenen Verkehrserziehung. Gerade vor diesem Hintergrund sei unverständlich, dass einzelne Leistungs- und Bewertungsmerkmale schlechter beurteilt worden sind, obwohl nach mündlicher Aussage die Leistungen insgesamt deutliche Tendenzen nach oben aufweisen würden. Mit dieser Begründung beantragte der Kläger, die ergangene Beurteilung im Gesamtergebnis auf die Wertungsstufe 4 abzuändern. Nach Einholung von Stellungnahmen des Erstbeurteilers und des Zweitbeurteilers lehnte die Beklagte den Abänderungsantrag mit dem angegriffenen Bescheid vom 14.03.2001 ab. Hiergegen erhob der Kläger fristgerecht Widerspruch. Er wiederholte und vertiefte das Vorbringen aus seinem Abänderungsantrag und wies darauf hin, dass nach zwischenzeitlich erfolgter Heraufstufung der Vorbeurteilung mit der jetzigen Beurteilung ein Notensprung von zwei Noten nach unten vorgenommen worden sei.

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Den so begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2002 zurück. Der Kläger sei nach seinem Laufbahnwechsel und damit zum 01.09.2000 zutreffend beurteilt worden. Im Rahmen dieser Beurteilung habe er sich mit 21 Kommissaren im Bereich der PI Verden und mit 190 Kommissaren im Bereich des Regierungsbezirks vergleichen lassen müssen. Unter Berücksichtigung dieser Vergleichsgruppen seien auch die einzelnen Merkmale zutreffend bewertet worden, zumal der Kläger insoweit in Einzelbereichen Noten aus dem Spitzenbereich erzielt habe

7

Hiergegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage, mit der der Kläger sein Vorbringen aus dem Vorverfahren wiederholt und vertieft. Der Kläger meint weiter, dass einzelne von ihm wahrgenommene Tätigkeiten sich nicht aus der Tätigkeitsbeschreibung ergeben, dementsprechend könnten diese nicht berücksichtigt worden sein, so dass die Beurteilung auf fehlerhafter Tatsachengrundlage erstellt sei. Offensichtlich sei auch eine Abordnung des Klägers vom 15.01.2001 bis zum 15.08.2001 nicht berücksichtigt worden. Fehlerhaft sei auch, dass der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers keinen Beurteilungsbeitrag erstellt habe. Auch sei die maßgebliche Vergleichsgruppe zahlenmäßig zu schwach gewesen. Schließlich würden die Beurteilungsrichtlinien die Einhaltung einer Quote für die Besoldungsgruppe des Klägers nicht fordern; wenn dies hier, wie sich aus der Stellungnahme des Zweitbeurteilers ergebe, dennoch erfolgt sei, erweise sich dies ebenfalls als fehlerhaft.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2001 und ihren Widerspruchsbescheid vom 05.02.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger zum Stichtag 01.09.2000 nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die ergangenen Bescheide.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie auf die Gerichtsakte zum Vorverfahren ( 3 A 510/00 ) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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II. Die zulässige Klage hat Erfolg. Die angegriffenen Bescheide erweisen sich als rechtswidrig und verletzten den Kläger daher in seinen Rechten, denn die Beklagte hat bei der den Bescheiden zugrunde liegenden Beurteilung gegen ihre Beurteilungsbestimmungen verstoßen.

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Dienstliche Beurteilungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts von den Gerichten nur beschränkt überprüfbar (vgl. hierzu insbesondere Urteil vom 26. August 1993 - BVerwG 2 C 37.91 - <Buchholz 232.1 § 40 Nr. 15 mit umfangreichen Nachweisen>). Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich gegenüber der dem Dienstherrn gegebenen Beurteilungsermächtigung darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verwaltungsvorschriften (Richtlinien), die sie den Beurteilungen zugrunde legt, verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 24.11.1994 - 2 C 21/93 -, BVerwGE 97, 128 = ZBR 1995, 145 = DVBl. 1995, 625 = DÖV 1995, 999). Dabei bleibt es auch im Hinblick auf die zur Kontrolle berufsbezogener Prüfungsentscheidungen ergangenen Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 17. April 1991 (BVerfGE 84, 34 und 59) nach einem klarstellenden Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. März 1993 (- 2 B 25/93 -, DÖD 1993, 179 = ZBR 1993, 245 = DVBl. 1993, 956 = DÖV 1993, 1051) bei der ständigen Rechtsprechung, wonach die dienstliche Beurteilung eines Beamten ein persönlichkeitsbedingtes Werturteil der für den Dienstherrn handelnden Vorgesetzten darüber zum Inhalt hat, ob und inwieweit der Beamte den - ebenfalls vom Dienstherrn zu bestimmenden - zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen des konkreten Amtes und der Laufbahn entspricht und diese Wertung nicht in vollem Umfang durch Dritte nachvollzogen werden kann (vgl. BVerwGE 60, 245 f.). Dies schließt nach wie vor auch ein, dass die einer dienstlichen Beurteilung von Beamten zugrunde liegenden Tatsachen nur insoweit einer konkreten Darlegung und gerichtlichen Feststellung bedürfen, als der Dienstherr entweder historische Einzelvorgänge aus dem gesamten Verhalten des Beamten ausdrücklich in der dienstlichen Beurteilung erwähnt oder die dienstliche Beurteilung bzw. einzelne in ihr enthaltene wertende Schlussfolgerungen erkennbar auf bestimmte Tatsachen, insbesondere auf konkrete aus dem Gesamtverhalten im Beurteilungszeitraum herausgelöste Einzelvorkommnisse stützt; dagegen ist hinsichtlich der in dienstlichen Beurteilungen enthaltenen (reinen) Werturteile nicht die Darlegung und der Beweis der zugrunde liegenden unbestimmten Fülle von Einzeltatsachen (Vorkommnissen, Verhaltensweisen und Erscheinungen) erforderlich, sondern solche Werturteile sind lediglich so weit plausibel und nachvollziehbar zu machen, dass das Verwaltungsgericht sie im Rahmen der näher dargelegten Prüfungsmaßstäbe nachprüfen kann (vgl. BVerwGE 60, 245 <248 ff.>).

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Davon ausgehend liegen hier durchgreifende Beurteilungsfehler vor.

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Zutreffend sind allerdings der Beurteilungsanlass und der Beurteilungszeitraum bestimmt worden. Der Kläger ist am 02.11.1999 zum Polizeikommissar befördert worden und gehört seitdem der Laufbahngruppe des gehobenen Dienstes an. Beurteilungsstichtag für diesen ist nach der maßgeblichen Beurteilungsrichtlinie vom 29.12.1999 ( Nds. MBl. 2000, 127ff ) der 01.11.1999, den der Kläger nicht erfüllen konnte, weil er zu diesem Zeitpunkt noch im mittleren Dienst stand, der zum Stichtag 01.11.2000 zu beurteilen ist ( Ziffer 3.1 der Richtlinie ). Damit war er für den mittleren Dienst nicht mehr und für den gehobenen Dienst noch nicht regelzubeurteilen, so dass es sich richtigerweise um eine Beurteilung aus sonstigem Anlass ( hier: nach Aufstieg ) im Sinne der Ziffer 4.2.1 1. Spiegelstrich der Richtlinie handelt. Stichtag ist damit der 01.09.2000. Auch der Beurteilungszeitraum ist zutreffend, nämlich anschließend an die Vorbeurteilung bis zum maßgeblichen Stichtag

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( soweit die Beklagte im Verfahren 3 A 510/00 mit Schriftsatz vom 06.04.2001 mitgeteilt hat, die Vorbeurteilung sei zum Stichtag 01.06.2000 erstellt worden, handelt es sich offensichtlich, wie sich aus dem Vergleich mit dem dortigen Schriftsatz des Klägers vom 07.03.2001 ergibt, um einen Schreibfehler ).

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Einiges spricht jedoch dafür, dass die Tätigkeitsbeschreibung der streitigen Beurteilung bereits zu beanstanden ist.

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Die Ferienspaßaktion ist zwar unter der Ziffer 7 in der Beurteilung ausdrücklich erwähnt worden. Dass es sich nicht um eine Aktion des Landkreises handelt und der Kläger nicht offiziell beauftragt worden ist, wie er vorträgt, ändert nichts an einer diesbezüglichen inhaltlichen Tätigkeit des Klägers und führt damit nicht zur Fehlerhaftigkeit der Beurteilung. Allenfalls umgekehrt könnte dies denkbar sein, denn wenn der Kläger nicht nur für die Gemeinde Kirchlinteln, sondern tatsächlich für den gesamten Landkreis eine derartige Tätigkeit ausüben würde, könnte sich ein größerer zeitlicher Aufwand ergeben mit der Folge, dass dann die Tätigkeit in die Beschreibung aufzunehmen wäre.

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Hinsichtlich der Verkehrserziehung weist der Kläger in seinem Schreiben vom 08.01.2001 selbst darauf hin, dass diese Tätigkeit „mittlerweile“ ( d.h., vorher war es weniger ) mehrere Wochen vor Schuljahresbeginn in Anspruch nehme. Damit ist auch diese Tätigkeit nicht so umfangreich, als dass sie „prägend“ im Sinne der Ziffer 5.2.2 der Richtlinie wäre oder ein besonderes Gewicht im Sinne der genannten Ziffer hätte. Diese Wertung ergibt sich, wenn in anderem Zusammenhang ein Zeitraum für Abordnungen von mehr als drei Monaten erst dazu führen soll, dass eine Beurteilungsnotiz der aufnehmenden Behörde einzuholen ist ( Ziffer 12.3 der Richtlinie ), wobei diese Tätigkeit auch im Zusammenhang erfolgt ( vgl. im übrigen auch Ziffer 4.2.2 der Richtlinie, wo hinsichtlich des beurteilungsfähigen Mindestzeitraumes ebenfalls auf drei Monate abgestellt wird ).

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Abweichendes dürfte aber hinsichtlich der vom Kläger angesprochenen Abordnungszeit gelten. Diese hat, wie in der mündlichen Verhandlung geklärt wurde, vom 26.01.2000 - 28.04.2000 angedauert. Mit diesen Daten hat die Abordnung allerdings einen zeitlichen Umfang erreicht, der 3 Monate übersteigt. Unabhängig davon, dass nach dem oben Gesagten damit das Erstellen einer Beurteilungsnotiz erforderlich wäre und unabhängig von der Frage, ob es sich um eine Abordnung in streng dienstlichem Sinne handelt oder nicht, wie der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht und hieraus die Konsequenz gezogen hat, dass eine entsprechende Notiz nicht erforderlich ist, bleibt es dabei, dass allein der genannte Zeitraum dafür spricht, diese Tätigkeit als prägend oder von besonderem Gewicht für den Beurteilungszeitraum anzusehen. Konsequenterweise spricht einiges dafür, dass dieser Zeitraum in der Tätigkeitsbeschreibung aufgeführt hätte werden müssen.

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Anzumerken ist ergänzend, dass dies entgegen der Auffassung des Klägers nicht für die Zeit des Aufstiegslehrganges gilt. Wie sich aus den Ziffern 5.2.1 und 5.2.2 der Richtlinie ergibt, geht es bei der Tätigkeitsbeschreibung offensichtlich darum, die zu beurteilenden Tätigkeiten des Beamten in die Beurteilung aufzunehmen. Wenn dem so ist, bleibt die Lehrgangszeit außer Betracht, denn die dort erbrachten Leistungen werden in der Lehrgangsnote, nicht jedoch in der folgenden Beurteilung berücksichtigt, denn dies führte zu einer Doppelbewertung von bestimmten Leistungen. Dementsprechend erweist sich auch die Auffassung des Klägers, seine Lehrgangsleistungen hätten unter dem Leistungskriterium „Persönliche Weiterentwicklung“ berücksichtigt werden müssen, bereits im Ansatz als verfehlt, ungeachtet der Tatsache, dass der Kläger insoweit seine eigene Bewertung an die Stelle der dafür Zuständigen setzt.

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Die Frage eines Fehlers im Zusammenhang mit der Tätigkeitsbeschreibung ist hier allerdings nicht abschließend zu klären, denn die Beklagte hat in anderem Zusammenhang gegen ihre Beurteilungsrichtlinie verstoßen. Dieses ist hinsichtlich der Differenzierung und des Richtwertes ( Ziffer 9 der Richtlinie ) der Fall.

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Insoweit hat der Kläger die zu geringe zahlenmäßigen Größe der Vergleichsgruppe gerügt. Mit dieser Erwägung kann der Kläger zwar nicht durchdringen. Auf die Vergleichsgruppe kommt es hier nicht an, weil die Bildung einer Vergleichsgruppe nach Ziffer 9.2 der Richtlinie nur für Regelbeurteilungen und nicht die hier vorgenommene Anlassbeurteilung vorgesehen ist. Der Vertreter der Beklagten hat allerdings in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass die Bildung einer Vergleichsgruppe aus den zum jeweiligen Stichtag zu beurteilenden Beamten ständige Praxis ist. Dieses muss der Kläger in diesem Zusammenhang hinnehmen, denn die Beklagte darf in ständiger Praxis von ihren Richtlinien als eigenen Willenserklärungen abweichen. Maßgeblich ist hierfür die folgende Erwägung:

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„Für die Rechtmäßigkeit einer dienstlichen Beurteilung kommt es unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht entscheidend auf den Wortlaut der Richtlinie an. Verwaltungsvorschriften sind keine Rechtsnormen, sondern sollen eine einheitliche Verwaltungspraxis sicherstellen.“ ( so BVerwG, Urteil vom 2. März 2000, Az: 2 C 7/99, NVwZ-RR 2000, 621-622 ). Dementsprechend sind die Richtlinien nicht wie Rechtsvorschriften, sondern nach den Grundsätzen auszulegen, die für Willenserklärungen gelten, wobei der tatsächlichen Verwaltungspraxis eine modifizierende, den Gleichheitsgrundsatz wahrende Bedeutung zukommt ( vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 26.05.2000, AZ. 5 L 3298/99 )

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Wenn hiernach Vergleichsgruppen gebildet werden, kommt es auf deren Größe nicht an, wie sich aus Ziffer 9.2.3 der Richtlinie ergibt. Auch die Konsequenz der Bildung einer Vergleichsgruppe, nämlich der Vergleich innerhalb der Gruppe der Beamten mit der Besoldungsstufe A 9, ist hier nicht schwerwiegend, denn unter der Voraussetzung eines idealen Beurteilers dürfte ein abweichendes Ergebnis zu einer Beurteilung aus sonstigem Anlass, bei der auf die Anforderungen des jeweiligen Amtes abzustellen ist ( Ziffer 4.2.1 letzter Satz der Richtlinie ), nicht eintreten. Damit liegt insoweit ein Beurteilungsfehler nicht vor.

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Etwas anderes gilt aber hinsichtlich der Quotenbildung. Aus dem Protokoll der 2. Erstbeurteilerkonferenz für diesen Beurteilungsstichtag ergibt sich, dass das Ergebnis einer ersten Konferenz aufgehoben wurde, weil, wie der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, die zunächst vorgesehenen Noten zu gut waren; dem Kläger war hiernach die Notenstufe 4 zuerkannt worden. Aus dem Protokoll der zweiten Konferenz vom 22.11.00 ergibt sich weiter, dass bei 22 Beamten einmal die Notenstufe 5, fünfmal die Notenstufe 4 und im übrigen die Notenstufe 3 vergeben wurde, wobei insoweit für die letztgenannte Notenstufe ein Prozentsatz von 72,73% errechnet wurde. Die damit vorgenommene Bildung von Richtwerten auch unterhalb der Notenstufe 5 hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

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Mit dieser Vorgehensweise ist die Beklagte in mehrfacher Hinsicht von ihrer Beurteilungsrichtlinie abgewichen. Sie hat zunächst, wie dargestellt, eine Vergleichsgruppe gebildet und sodann innerhalb dieser Vergleichsgruppe Wertungsstufen vorgesehen, obwohl die Richtlinie dieses für eine Beurteilung aus sonstigem Anlass ebenfalls nicht vorsieht. Sie hat diese Vorgehensweise zudem für die hier zu beurteilenden Beamten der Besoldungsgruppe A 9 gewählt, obwohl die Richtlinie entsprechendes ausdrücklich nur für die Besoldungsgruppen A 11 und höher vorsieht. Schließlich sind auf der Beurteilerkonferenz Richtwerte auch für die Notenstufen unterhalb der Notenstufe „Hervorragend“ beschlossen worden, obwohl die Richtlinie die Festlegung eines Richtwertes ausdrücklich auf diese Notenstufe beschränkt.

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Diese Vorgehensweise ist durch eine ständige Praxis, auf die sich der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung insoweit berufen hat, nicht mehr gedeckt. Die Beurteilungsrichtlinie verlöre ihren Sinn als schriftlich niedergelegte Regelung für die Erstellung der Beurteilungen, wenn es auch im Falle derart erheblicher Abweichungen allein auf eine geübte Praxis ankäme, von Fragen einer erforderlichen Zustimmung des die Richtlinie erlassenen Innenministeriums oder der zuständigen Stufe der Personalvertretung ( zu dieser Erwägung vgl. bereits Urteil der Kammer vom 17.08.2000, 3 A 1420/99, zu Fragen einer Maßstabsverschiebung durch eine Beurteilerkonferenz bei Beurteilungen für Polizeibeamte des mittleren Dienstes ) einmal abgesehen. Dies gilt hier um so mehr, als die Beurteilungsrichtlinie etwa den Richtwert ausschließlich nur für die Wertungsstufe 5 ausdrücklich vorgesehen hat, und zwar in Abweichung zu der vorher maßgeblichen Richtlinie vom 04.01.1996, die in Ziffer 11 Richtwerte noch für die besten 3 der damals bestehenden 6 Notenstufen angeordnet hatte. Damit liegt ein zur Fehlerhaftigkeit der Beurteilung und damit zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Bescheide führender Beurteilungsfehler vor.

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Klarzustellen ist abschließend, dass in der vermeintlichen Rückstufung des Klägers um 2 Notenstufen kein Beurteilungsfehler liegt.

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Es entspricht der Rechtsprechung auch der Kammer, dass im Falle einer Beförderung bei gleichbleibender Leistung die nächste Beurteilung eine Stufe schlechter ausfällt, weil nunmehr ein Vergleich mit dem höheren Statusamt geboten ist. Diese Frage hat die Kammer ausdrücklich mit Urteil vom 09.01.2003 ( 3 A 269/02 ) auch für den Fall des hier gegebenen Laufbahnwechsels bejaht; das Urteil ist allerdings nicht rechtskräftig. Damit wäre eine Rückstufung um eine Note gerechtfertigt.

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Tatsächlich ist der Kläger auch nur um eine Stufe zurückgestuft worden. Grund hierfür ist das Inkrafttreten der neuen Richtlinie. Diese sieht im Gegensatz zu der früher gültigen vom 04.01.1996 nur 5 Wertungsstufen vor; die früheren Wertungsstufen „entspricht noch den Anforderung“ und „entspricht den Anforderungen“ sind in der neuen Richtlinie in der Wertungsstufe 2 „Entspricht im allgemeinen den Anforderungen“ zusammengefasst worden. Die Wertungsstufe 5, die der Kläger nach alter Richtlinie in der Vorbeurteilung erhalten hatte, lautet in der Definition „übertrifft erheblich die Anforderungen“ und wird bei erheblich herausragenden Leistungen vergeben; dies ist nach nunmehr gültiger Richtlinie wortgleich für die Beurteilungsstufe 4 der Fall. Damit liegt der Sache nach lediglich eine Rückstufung um eine Note aufgrund des Laufbahnwechsels vor.