Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 16.02.2023, Az.: 1 B 85/23
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 16.02.2023
- Aktenzeichen
- 1 B 85/23
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2023, 11370
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:2023:0216.1B85.23.00
Tenor:
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 4.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins.
Dem Antragsteller wurde zuletzt am 10. Februar 2022 ein bis zum 31. März 2025 gültiger Jagdschein (Nr. G.) ausgestellt.
Außerdem war er Inhaber eines kleinen Waffenscheins (Nr. H.), mehrerer Waffenbesitzkarten (Nr. I., J., K., L., M., N., O.), einer Sammelwaffenbesitzkarte (Nr. P.), einer am 15. Juni 2001 erteilten Waffenhandelserlaubnis sowie einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis (Nr. Q.). Diese wurden mit gesonderten Bescheiden aufgehoben.
In einem Report vom 8. September 2022 führte die Polizeiinspektion R. u.a. das Folgende aus:
"Herr S.. krampft in seinem PKW auf einem Parkplatz, wo er von Passanten wahrgenommen wird. Im weiteren Verlauf wird Herr S.. mit seinem Rucksack mittels RTW ins T. verbracht. In dem Rucksack befindet sich der Revolver Smith & Wesson 63. Der Zustand des Revolvers ist entladen und entspannt. Munition befindet sich nicht im Rucksack. Der Rucksack ist nicht mit einem Schloss verschlossen".
Die Polizeiinspektion R. stellte den vorgenannten Revolver des Herstellers Smith & Wesson 63 mit der Hersteller-Nr. U. im Kaliber .22lr sicher und übergab ihn in der Folge an die Waffenbehörde des Landkreises R.. Die Waffenbehörde des Antragsgegners nahm diesen von dort am 19. September 2022 in Verwahrung.
Mit E-Mail vom 21. September 2022 erkundigte sich Antragsteller beim Antragsgegner nach dem Verbleib des Revolvers und teilte dazu u.a. das Folgende mit:
"Dieser wurde am Donnerstag den 08.09. morgens zum Zwecke der Fallenkontrolle mitgeführt im Holster und dieses wiederum im Rucksack nicht zugriffsbereit hinter meinem Fahrersitz obwohl ich ihn im Zusammenhang mit der Jagd auch am Gürtel hätte führen dürfen. Da ich auf dem Weg aber auch noch ein Rezept von meinem Augenarzt in V. abholen und vorab noch bei W. ein Brötchen kaufen wollte, hatte ich den Revolver lieber wie o.b. verstaut. Auf dem Parkplatz bei W. ereilte mich dann der Schlaganfall, dessen Symptome ich bereits von einem Anfall vor zwei Jahren kannte. Ich bin dann ausgestiegen und habe mich an der frischen Luft bewegt, was aber nicht geholfen sondern zusätzlich zu einem Sturz geführt hat. Daraufhin habe ich mich entschlossen einen Rettungswagen zu rufen. Um den Revolver nicht im unbeaufsichtigten PKW zu lassen, habe ich den Rucksack auf den Beifahrersitz gestellt und die Rettungssanitäter darum gebeten, den Revolver der Polizei zu übergeben".
[sic!]
Mit Schreiben vom 14. Oktober 2022 hörte der Antragsgegner den Antragsteller u.a. zur beabsichtigten Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins an. Der Antragsteller sei nicht mehr als zuverlässig anzusehen, da er am 8. September 2022 gegen die in § 36 WaffG in Verbindung mit § 13 AWaffV normierten Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen verstoßen habe. Den in Rede stehenden Revolver habe der Antragsteller an diesem Tag vor seiner Einlieferung ins Krankenhaus bei einem Bäckereibesuch und dem Abholen eines Rezeptes hinter dem Fahrersitz seines Autos nur in einem unverschlossenen Rucksack verwahrt. Damit sei der Revolver entgegen der Vorgaben in § 13 Abs. 9 AWaffV nicht gegen Abhandenkommen oder unbefugte Ansichnahme gesichert gewesen.
Mit Schreiben vom 20. Oktober 2022 trat der Antragsteller den Ausführungen im Anhörungsschreiben entgegen. Die rechtliche Lage sei ihm ausreichend bekannt. Er sei 41 Jahre im Waffenhandel beschäftigt und sei seit 1973 Jäger. Seit 1977 sei er auch Waffensammler. In den vergangenen 25 Jahren sei er Mitglied der Jägerprüferkommission im Fachgebiet Jagdwaffen und Fanggeräte und 22 Jahre stellvertretender Hegeringleiter des Hegerings X. gewesen. Daneben sei er noch Jagdpächter und bestätigter Jagdaufseher. Von daher sei er stets über die aktuellen Vorschriften informiert und habe sich daran auch immer gehalten. Am besagten Tag sei er frühmorgens mit ordnungsgemäß ungeladenem Revolver im Holster zur Fallenkontrolle ins Revier gefahren. Da in Fahrtrichtung auch sein Arzt liege, habe er unterwegs beschlossen, auf der Rückfahrt ein Rezept abzuholen. Die Praxis sei jedoch erst ab 8:00 Uhr geöffnet. Da er nicht zu Hause gefrühstückt habe, habe er vorher noch zum Bäcker gehen wollen, wozu es dann aber nicht mehr gekommen sei. Da ein Revolver, der unter der Jacke herausschaue, sowohl beim Bäcker als auch in einer Arztpraxis unter den Anwesenden Unwohlsein hervorrufe, habe er den nicht schussbereiten Revolver im Auto auf dem Parkplatz vor dem Bäcker vom Gürtel in den Rucksack gesteckt. Den Rucksack habe er dann hinter den Autositz gepackt. Damit sei der Revolver weder sichtbar noch zugriffsbereit gewesen. Beim Aussteigen aus dem Auto habe er ein Unwohlsein verspürt, in dessen Folge er gestürzt sei. Aufgrund der Schmerzen habe er sich wieder ins Auto gesetzt. Nachdem die Schmerzen zugenommen hätten und er rechtsseitig ein taubes Gefühl verspürt habe, was seinen Verdacht auf einen Schlaganfall gelenkt habe, habe er einen Rettungswagen gerufen. Er habe die Sanitäter auf den Rucksack aufmerksam gemacht und habe diese gebeten, den Rucksack bei der Polizei abzugeben. Der Rucksack sei dann jedoch im Krankenhaus gelandet. Der Revolver sei aber bis zu dem Unfall, der höhere Gewalt darstelle, unmittelbar unter seiner Kontrolle gewesen. Ein verschließbares Behältnis sei nicht erforderlich gewesen, da er sich auf dem Weg zur Jagdausübung und im Zusammenhang damit befunden habe.
Mit Schreiben vom 2. Dezember 2022 trat der seinerzeitige Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers der beabsichtigten Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins unter Wiederholung und Vertiefung der vorangegangenen Ausführungen entgegen. Ergänzend machte er u.a. das Folgende geltend: Der Antragsgegner habe die Regelung des § 13 Abs. 9 AWaffV, auf die sich der Antragsteller für die ordnungsgemäße Aufbewahrung des Revolvers berufen könne, nicht ausreichend berücksichtigt. Der Antragsteller sei auf dem Weg von der Jagdausübung nach Hause gewesen. Auf dieser Rückfahrt habe er Halt gemacht, um auf dem Weg liegende Besorgungen zu erledigen. Zu diesem Plan sei es jedoch nicht mehr gekommen. Tatsächlich habe der Antragsteller das Auto zu keinem Zeitpunkt verlassen und damit auch die Zugriffsmöglichkeit auf den Revolver nicht aufgegeben. Der Antragsteller habe den Revolver in einem blickdichten Rucksack verstaut, der für Dritte nicht einsehbar gewesen sei. Zudem seien die Scheiben seines Fahrzeugs getönt. Beim Eintreffen der von ihm angerufenen Rettungssanitäter habe der Antragsteller diese gebeten, den Rucksack bei der Polizei abzugeben. Andere Möglichkeiten hätten ihm unter Berücksichtigung seiner krankheitsbedingten Beeinträchtigungen nicht zur Verfügung gestanden. Die Prognose, dass der Antragsteller seine Waffen und Munition künftig nicht sorgfältig verwahren werde, sei daher nicht gerechtfertigt.
Mit Bescheid vom 6. Dezember 2022, zugestellt am 8. Dezember 2022, erklärte der Antragsgegner den Jagdschein des Antragstellers (Nr. G.) für ungültig und zog diesen ein (Ziffer 1.). Die Einziehung es Jagdscheins habe zur Folge, dass der Antragsteller ab sofort, auch nicht als Jagdpächter, zur Ausübung der Jagd berechtigt sei. Außerdem habe er innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Bescheides den Jagdschein abzugeben (Ziffer 2.). Für den Fall, dass der Jagdschein nicht fristgerecht abgegeben werde, drohte der Antragsgegner ein Zwangsgeld in Höhe von 150,00 Euro an (Ziffer 3.). Der Antragsgegner ordnete zudem im Hinblick auf die Verfügungen unter den Ziffern 1. und 2. die sofortige Vollziehung an (Ziffer 4.) und legte dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens in Höhe von 65,00 Euro auf (Ziffer 5.). Zur Begründung der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins wiederholte der Antragsgegner die Ausführungen im Anhörungsschreiben vom 14. Oktober 2022, wonach der Antragsteller am 8. September 2022 gegen Aufbewahrungsvorschriften verstoßen habe und deshalb nicht mehr als zuverlässig anzusehen sei. Der Antragsteller habe den Revolver bei der Aufnahme im Krankenhaus in einem unverschlossenen Rucksack aufbewahrt, sodass eine unberechtigte Person jederzeit Zugriff hierauf habe erlangen können. Soweit der Antragsteller mit E-Mail vom 21. September 2022 geltend gemacht habe, dass er den Revolver bereits bei einem Bäckereibesuch und dem Abholen eines Rezepts in V. im Rucksack hinter dem Fahrersitz seines Autos aufbewahrt hätte, da er diesen zum Zwecke der Fallenkontrolle im Jagdrevier Y., in dem er Jagdpächter sei, mitgeführt habe, sei zu berücksichtigen, dass sich die Wohnanschrift des Antragstellers im Jagdrevier Z. unter der Anschrift AA., Ortsteil Z. in. G. befinde. Dieses Jagdrevier sei das Nachbarjagdrevier zum Jagdrevier Y.. Um von seiner Wohnanschrift in das Jagdrevier Y. zu gelangen, müsse eine Wegstrecke von ca. 8 km zurückgelegt werden. Für die Fahrt in den Ort V., der sich im Jagdrevier AC. befinde und südwestlich des Jagdreviers Y. liege, sei vom Wohnort des Antragstellers eine Fahrstrecke von ca. 18 km aufzuwenden. Nach § 13 Abs. 6 Satz 1 WaffG dürfe ein Jäger Jagdwaffen zur befugten Jagdausübung einschließlich des Ein- und Anschießens im Revier, zur Ausbildung von Jagdhunden im Revier, zum Jagdschutz oder zum Forstschutz ohne Erlaubnis führen und mit ihnen schießen; er dürfe auch im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten die Jagdwaffen nicht schussbereit ohne Erlaubnis führen. Der Transport der Jagdwaffe sei aber nur auf dem direkten Weg zur Jagdausübung im Revier erlaubt. Kleinere "Umwege" (z.B. zum Kiosk) seien zulässig. Der vom Antragsteller eingeschlagene Weg nach V. liege nicht auf dem direkten Weg in das Jagdrevier Y. bzw. von dort zur Wohnanschrift des Antragstellers. Es handele sich auch nicht um einen kleinen "Umweg", da die Wegstrecke von der Wohnanschrift nach V. im Vergleich zur Strecke zwischen der Wohnanschrift und dem Jagdrevier Y. doppelt so lang sei. Um von Z. nach V. zu gelangen, müsse darüber hinaus mindestens ein weiterer Jagdbezirk durchfahren werden. Finde der Waffentransport daher, wie hier, ohne direkte jagdliche Verbindung statt, sei die Waffe aber mindestens in einem verschlossenen Behältnis, etwa einem Futteral mit Zahlen-/Vorhängeschloss, zu führen. Dagegen habe der Antragsteller verstoßen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 6. Dezember 2022 verwiesen.
Am 6. Januar 2023 gab der Antragsteller seinen Jagdschein beim Antragsgegner ab.
Am 6. Januar 2023 hat der Antragsteller Klage (Az. AD.) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 6. Dezember 2022 erhoben, über die noch nicht entschieden wurde, sowie den vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.
Zu dessen Begründung führt der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers in Ergänzung zum bisherigen Vorbringen u.a. das Folgende aus:
Die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins sei zu Unrecht erfolgt.
In tatsächlicher Hinsicht sei anzumerken, dass der Antragsteller, der seit 1988 Jäger/Pächter im Jagdrevier Y. sei, am 8. September 2022 gegen 6:00 Uhr morgens auf seinem Mobiltelefon eine elektronische Fangmeldung aus einer Lebendfangfalle in seinem Jagdrevier erhalten habe. Zur Prüfung und eventuellen Fangentnahme habe der Antragsteller sich vorbereitet, seinen Holster umgeschnallt, seinen ungeladenen Revolver eingesteckt und sei ins Revier gefahren. Im Anschluss habe der Antragsteller noch eine weitere Kontrollfahrt unternommen. An der Reviergrenze nach AE. habe der Antragsteller sich dann erinnert, dass er noch ein Rezept von seinem Arzt in V. benötige. Von dort bis zum Arzt sei es lediglich ein unerheblicher "Umweg". Beim Arzt sei er gegen 7:30 Uhr eingetroffen. Da die Arztpraxis erst um 8:00 Uhr öffne, habe der Antragsteller den Plan gefasst, vorab zum Bäcker zu fahren und sich etwas zum Frühstücken sowie einen Kaffee zu holen. Dort angekommen habe er den Revolver nebst Holster abgenommen. Er habe beides ohne Munition in den mitgeführten Rucksack gesteckt, diesen geschlossen und hinter den Fahrersitz gestellt. Dort sei der Rucksack vor Blicken anderer Personen geschützt gewesen. Zum einen seien die Scheiben des Kraftfahrzeugs stark getönt und zum anderen sei der Rucksack durch eine Hundedecke vor weiteren Blicken abgeschirmt. Hierzu werde auf beigefügte Lichtbilder verwiesen. Als der Antragsteller im Begriff gewesen sei, auszusteigen, habe er einen starken Schmerz und Atemnot verspürt. Um frische Luft einzuatmen, sei er langsam aus seinem Kraftfahrzeug ausgestiegen. Die Schmerzen hätten sich gesteigert und er habe ein Kribbeln und ein Taubheitsgefühl wahrgenommen. Der Antragsteller sei letztlich auf seinen Fahrersitz zurückgerutscht und habe einen Passanten gebeten, einen Krankenwagen zu rufen. Beim Einsteigen in diesen habe der Antragsteller den Sanitäter gebeten, den Rucksack mit der Waffe zu holen, um diesen auf dem Weg in das Krankenhaus bei der nächsten Polizeiwache abgeben zu können. Bis zu diesem Zeitpunkt sei der Revolver jederzeit unter seiner Kontrolle gewesen. Der Antragsteller habe selbst in diesem, für ihn subjektiv lebensbedrohlichen Moment ausschließlich an die ihm obliegenden Pflichten im Umgang mit seiner Waffe gedacht. Im Krankenwagen habe der Antragsteller dann eine "Betäubungsspritze" bekommen, sodass er nicht mehr ansprechbar gewesen sei. Er habe deshalb unverschuldet die Kontrolle über seine Waffe verloren, habe aber gleichwohl dafür gesorgt, dass diese nicht unbeaufsichtigt geblieben sei.
In rechtlicher Hinsicht bleibe unklar, ob und inwieweit der Antragsgegner der Auffassung sei, dass der Antragsteller (auch) gegen die Vorschrift des § 13 Abs. 6 WaffG verstoßen habe.
Soweit dem Antragsteller ein Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften des § 36 WaffG in Verbindung mit § 13 AWaffV vorgehalten werde, liege ein solcher nicht vor. Die hier erfolgte Aufbewahrung der Waffe stehe im Einklang mit § 13 Abs. 9 AWaffV. Diesbezüglich sei auch auf die Vorgaben in Ziffer 36.2.15 WaffVwV zu verweisen. Eine Aufbewahrung im Sinne des § 13 Abs. 1 und 2 AWaffV sei dem Antragsteller zu diesem Zeitpunkt weder möglich noch zumutbar gewesen. Zum Zwecke der Jagd sei es dem Berechtigten erlaubt, seine Waffe in ungesicherten Behältnissen mit sich zu führen. Vorliegend habe der Antragsteller sich gerade auf dem Weg von der Jagdausübung in seinem Revier nach Hause befunden. Der hier vorliegende "Umweg" über die Arztpraxis stelle sich als unerheblich und damit zulässig dar. Der Begriff "Umweg" bezeichne allgemein eine unerwünschte Wegführung als Ersatz der möglichen Direktführung, die meist mit einem wesentlich längeren Weg verbunden sei. Daher gehe die Annahme des Antragsgegners fehl, dass ein "Umweg" bei einer mehr als nur kurzen Verlängerung der Wegführung ausgeschlossen sei. Im Übrigen stehe hier auch nur ein "Mehrweg" von ca. 4 km und 5 Minuten im Raum. Auch liege begrifflich kein "Abweg" vor. Als ein solcher werde in der Regel ein falscher Weg oder Irrweg bezeichnet. Die Betrachtung des Antragsgegners vernachlässige auch die örtlichen Gegebenheiten. Insbesondere sei zu beachten, dass in landwirtschaftlich geprägten Regionen in der Regel längere Fahrwege zu überwinden seien. Auf einen beigefügten Kartenauszug werde ergänzend verwiesen. Soweit der Antragsgegner dem Antragsteller vorwerfe, die Zugriffsmöglichkeit auf die Waffe aufgrund des plötzlich eintretenden Notfalls verloren zu haben, sei dieser Vorhalt nicht nachvollziehbar. Der Antragsteller habe ohne vorherige Anzeichen eine schlaganfallähnliche Schmerzattacke erlitten. Vor dem Abtransport mit dem Krankenwagen habe er alles Erforderliche und Zumutbare veranlasst, um ein Abhandenkommen der Waffe zu verhindern. Im Übrigen berücksichtige der Antragsgegner bei der von ihm im Rahmen des § 5 WaffG vorzunehmenden Prognoseentscheidung nicht die tadellose (waffenrechtliche) Vergangenheit des Antragstellers. Selbst wenn von einem einmaligen Verstoß des Antragstellers gegen Aufbewahrungsvorschriften auszugehen wäre, rechtfertige eine einmalige Verfehlung keine negative Prognose, die zur Unzuverlässigkeit des Antragstellers führe. Von einem rechtlichen Laien wie dem Antragsteller könne nicht erwartet werden, dass er die schwierige rechtliche Frage, wann ein zulässiger "Umweg" vorliege und wann nicht, beantworten könne. Der Antragsgegner habe auch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht hinreichend gewahrt. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige Härte darstelle, während für die Allgemeinheit im Falle eines verspäteten Vollzugs des in Frage stehenden Verwaltungsaktes keinerlei Nachteile entstünden.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins im Bescheid des Antragsgegners vom 6. Dezember 2022 wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen.
Er tritt dem Antrag unter Wiederholung und Vertiefung der Ausführungen im angegriffenen Bescheid entgegen. Ergänzend macht er u.a. das Folgende geltend:
Die Entscheidung über die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins, hinsichtlich derer ihm das Gesetz kein Ermessen einräume, sei nicht zu beanstanden.
Da der Antragsteller den Revolver am 8. September 2022 nicht ordnungsgemäß aufbewahrt habe, besitze er nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit. Auch eine nur kurzfristig ungesicherte Aufbewahrung rechtfertige im Regelfall die Prognose der fehlenden Zuverlässigkeit. Ein Restrisiko müsse nicht hingenommen werden. Dass es beim Antragsteller, wie er geltend gemacht habe, bisher keine Beanstandungen gegeben habe, rechtfertige keine andere Entscheidung.
Der Antragsteller hätte den Revolver am 8. September 2022 in einem fest verschlossenen Behältnis aufbewahren müssen, da er sich durch die Fahrt nach V. nicht mehr auf dem direkten Weg zwischen seinem Jagdbezirk und seiner Wohnanschrift befunden und es sich hierbei auch nicht nur um einen kleinen "Umweg" gehandelt habe. Von der Reviergrenze AE. bis zur Wohnanschrift des Antragstellers seien es ca. 11,8 km, für die man eine Fahrtzeit von ca. 14 Minuten benötige. Statt auf diesem Weg in nordöstliche Richtung nach Hause zu fahren, habe der Antragsteller sich an der Reviergrenze entschlossen, seinen privaten Angelegenheiten nachzugehen und sei zu diesem Zweck in die genau entgegengesetzte südliche Richtung nach V. gefahren. Diese Fahrt habe nicht mehr im Zusammenhang mit der Jagd, der Jagdausübung oder dem Jagdschutz gestanden. Die Vorschrift des § 13 Abs. 6 WaffG, gegen die der Antragsteller verstoßen habe, regele, dass der Jäger seine Jagdwaffe zur Jagdausübung ins Revier führen dürfe. Unter Führen der Waffe sei auch der Transport der Waffe ins Jagdrevier zu verstehen. Hiermit sei der direkte Weg in den Jagdbezirk von der Wohnanschrift und zurück gemeint. Der direkte Weg sei der kürzeste Weg zwischen diesen beiden Ausgangspunkten. Soweit davon abgewichen werde, handele es sich um einen "Umweg". Hier seien aber nur kleine "Umwege" zugelassen, die eine kurzfristige Unterbrechung von der Heimfahrt vorsähen. Dazu gehöre z.B. das Anhalten zum Tanken oder ein Halt vor einer Bank oder der Post. Als "Umweg" werde die Abweichung vom kürzesten, direkten Weg bezeichnet. Der "Umweg" sei ein Weg, der zwar in Richtung des Zieles führe, jedoch nicht die geographisch kürzeste Verbindung zu dem Ziel darstelle. Kleine "Umwege" seien "Umwege", die nur zu einer unbedeutenden Verlängerung des Weges führten. Eine Änderung der Wegrichtung hingegen bezeichne man nicht als "Umweg", sondern als "Abweg". Der hier vom Antragsteller eingeschlagene Weg nach V. könne weder in seiner Streckenlänge noch in seiner zeitlichen Länge als kurz bezeichnet werden. Die einfache Fahrt von AE. zum Augenarzt nach V. betrage 10,1 km und man benötige ca. 12 Minuten. Die Weiterfahrt zur Bäckerei belaufe sich auf weitere 1,6 km bei 5 Minuten Fahrtzeit. Die Rückkehr zum Augenarzt und die dann vorzunehmende Heimfahrt hätte weitere 18,1 km mit ca. 19 Minuten Fahrtzeit betragen. Mithin hätte der Antragsteller eine Wegstrecke von insgesamt 29,8 km zurücklegen müssen. Das bedeute, dass der Antragsteller im Vergleich zur direkten Fahrt nach Hause von der Reviergrenze eine mehr als doppelt so lange Wegestrecke mit einer mehr als doppelt so langen Fahrtzeit zuzüglich unbestimmter Wartezeiten in V. habe zurücklegen müssen. Der Antragsteller habe durch sein Verhalten das jagdrechtliche Bedürfnis in den Hintergrund gedrängt, sodass ein Zusammenhang mit der Jagdausübung nicht mehr ersichtlich sei. Erforderlich sei immer, dass das Führen der Waffe und die weniger gesicherte Aufbewahrung der Waffe einem jagdrechtlichen Bedürfnis entsprächen. Dies setze voraus, dass ein unmittelbarer und zeitlicher Zusammenhang mit der privilegierten Jagdausübung bestehe, dass das Führen und die Aufbewahrung diesem Zweck diene und der Zusammenhang nicht unterbrochen sei. Es sei außerdem auf die vom Antragsteller verletzte Vorschrift des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WaffG sowie die Vorgaben in Ziffer 13.6 WaffVwV zu verweisen. Schließlich könne der Antragsteller sich nicht darauf berufen, dass ihm als rechtlicher Laie die notwendige Kenntnis fehle, wann ein zulässiger "Umweg" vorliege und wann nicht. Der Antragsteller habe selbst aufgeführt, welche Positionen er innehabe bzw. gehabt habe. Vor diesem Hintergrund müsse er über rechtlich fundierte Kenntnisse verfügen.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage (Az. AD.) gegen die für sofort vollziehbar erklärte Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins im Bescheid des Antragsgegners vom 6. Dezember 2022 wiederherzustellen, ist unbegründet.
Die Anordnung des Sofortvollzuges genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, wonach das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO schriftlich zu begründen ist. Der Antragsgegner hat ein besonderes öffentliches Interesse im Sinne des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO in ausreichender Weise dargelegt, indem er darauf verwiesen hat, dass im Falle der Inanspruchnahme verwaltungsrechtlichen Rechtsschutzes und der damit verbundenen aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs die nicht hinnehmbare Gefahr bestehe, dass der aufgrund seiner Unzuverlässigkeit nicht mehr zur Ausübung der Jagd berechtigte Antragsteller weiterhin die Jagd ausübe. Um dies zu verhindern, sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung erforderlich.
Auch im Übrigen besteht keine Veranlassung, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO wiederherzustellen.
Dabei entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer Abwägung der widerstreitenden Interessen. Das sind hier das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes einerseits und das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers andererseits. Dabei fallen die Erfolgsaussichten der erhobenen Klage entscheidend mit ins Gewicht. Ergibt die Einschätzung, dass diese voraussichtlich erfolgreich sein wird, überwiegt das private Aussetzungsinteresse, da an dem Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes kein überwiegendes öffentliches Vollzugsinteresse bestehen kann. Ergibt die Bewertung hingegen, dass die Klage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird, besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit, soweit zusätzlich ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse vorliegt. Ist der Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache offen, ist aufgrund einer umfassenden Abwägung zu ermitteln, wessen Interesse für die Dauer des Hauptsacheverfahrens der Vorrang einzuräumen ist.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze fällt die Interessenabwägung hier zulasten des Antragstellers aus. Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist davon auszugehen, dass die vom Antragsteller erhobene Klage (Az. AD.) erfolglos bleiben wird, soweit sie sich gegen die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins richtet, da diese Entscheidung nicht zu beanstanden ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - 20 A 1881/07 -, Rn. 16, juris; VG München, Urteil vom 31. Juli 2019 - M 7 K 18.969 -, Rn. 19, juris). Hier ist daher auf den Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Bescheides am 6. Dezember 2022 abzustellen.
Rechtsgrundlage für die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins ist § 18 Satz 1 BJagdG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG und § 5 WaffG.
Nach § 18 Abs. 1 BJagdG ist die Behörde in den Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheines begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheines eintreten oder der Behörde, die den Jagdschein erteilt hat, bekanntwerden. Soweit es in § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG heißt, dass nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerjagdschein) erteilt werden darf, wenn die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung im Sinne von §§ 5 und 6 WaffG fehlen, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass bei fehlender Zuverlässigkeit oder persönlicher Eignung im Sinne der §§ 5 und 6 WaffG jeder andere Jagdschein zu versagen ist (vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. Februar 2014 - 16 A 2367/11 -, Rn. 31, juris).
Der Antragsgegner hat zu Recht angenommen, dass im Falle des Antragstellers nachträglich Tatsachen eingetreten sind, die zur Folge haben, dass er nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 WaffG besitzt, weshalb der ihm erteilte Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen war.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 b) WaffG besitzen u.a. Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.
Die Prüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit ist anhand einer umfassenden Einbeziehung und Bewertung aller Tatsachen vorzunehmen, die für die zu treffende zukunftsbezogene Beurteilung bedeutsam sein können. Die erforderliche Prognose hat sich insbesondere am ordnungsrechtlichen Zweck des Waffengesetzes zu orientieren (vgl. § 1 Abs. 1 WaffG), nämlich die Allgemeinheit vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Dabei wird nicht der Nachweis verlangt, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird, sondern es genügt vielmehr eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen nicht ordnungsgemäßen Umgang mit Waffen oder Munition, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 2008 - 6 B 4.08 -, Rn. 5, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 26. April 2019 - 11 ME 135/19 -, Rn. 8, juris).
Dies zugrunde gelegt ist im Falle des Antragstellers die Prognose gerechtfertigt, dass er auch künftig Waffen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 b) WaffG nicht sorgfältig verwahren wird.
Dabei braucht im vorliegenden Eilverfahren nicht abschließend beurteilt zu werden, ob der Antragsteller tatsächlich, wie er geltend macht und was vom Antragsgegner (wohl) auch nicht bestritten wird (s. allerdings zu abweichenden Öffnungszeiten des Augenarztes in V. ["Öffnungszeiten ab 10.00 Uhr"] den Ausdruck auf Bl. 167 der Beiakte 003; s. dazu auch die Angaben im Internet unter AF., wonach dieser zumindest aktuell an Donnerstagen erst um 9:00 Uhr öffnet), am 8. September 2022 gegen 6:00 Uhr morgens auf seinem Mobiltelefon eine elektronische Fangmeldung aus einer Lebendfangfalle in seinem Jagdrevier Y. erhalten habe und anschließend zur Prüfung und eventuellen Fangentnahme mit einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe, namentlich dem Revolver des Herstellers Smith & Wesson 63 mit der Hersteller-Nr. U. im Kaliber .22lr, ins Revier gefahren sei, wo er danach noch eine (nicht näher spezifizierte) weitere Kontrollfahrt unternommen habe. Dasselbe gilt für das weitere Vorbringen des Antragstellers, wonach er gegen 7:30 Uhr zur Abholung eines Rezepts zu seinem Augenarzt in V. begeben habe, der jedoch erst um 8:00 Uhr geöffnet habe, weshalb er zunächst noch zum Frühstücken zu einer Bäckerei in V. gefahren sei, wo er (zu einer bislang unbekannten Uhrzeit) die schlaganfallähnliche Schmerzattacke erlitten und zuvor den von ihm mitgeführten Revolver in einen Rucksack gesteckt, diesen mittels Reißverschlusses geschlossen und unterhalb einer Hundedecke auf den Boden hinter dem Fahrersitz seines mit getönten Scheiben ausgestatteten Kraftfahrzeugs gestellt habe.
Selbst wenn dieses Vorbringen im vorliegenden Eilverfahren als zutreffend zugrunde gelegt wird und bisher nicht bekannte Umstände als nicht maßgeblich erachtet werden, bleibt festzustellen, dass der Antragsteller den besagten Revolver am 8. September 2022 nicht so verwahrt hat, wie dies nach den gesetzlichen Regelungen vorgeschrieben ist.
Die Anforderungen, die an die Aufbewahrung von Waffen zu stellen sind, ergeben sich aus § 36 WaffG. Danach hat ein Waffenbesitzer die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass Waffen abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Für erlaubnispflichtige Schusswaffen wird dies durch § 36 Abs. 5 WaffG in Verbindung mit § 13 Abs. 1 und 2 AWaffV dahingehend konkretisiert, dass diese grundsätzlich in besonders gesicherten Behältnissen - insbesondere in Waffenschränken in Gebäuden - aufzubewahren sind (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 22. März 2016 - 11 ME 35/16 -, Rn. 7, juris).
Diesen Anforderungen entsprach die Aufbewahrung des Revolvers am 8. September 2022 im Kraftfahrzeug des Antragstellers in einem lediglich mit einem Reißverschluss verschlossenen Rucksack nicht. Da der Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften bereits zeitlich vorgelagert stattgefunden hat, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob dem Antragsteller (auch) der Kontrollverlust über den Revolver im Zeitpunkt des Erleidens der schlaganfallähnlichen Schmerzattacke bzw. im Nachgang hierzu vorgeworfen kann oder ob dies für sich genommen eine negative Prognose rechtfertigen würde.
Anders als der Antragsteller meint, kann er sich für die von ihm gewählte Art der Aufbewahrung des Revolvers nicht mit Erfolg auf die (Ausnahme-)Vorschrift des § 13 Abs. 9 AWaffV berufen. Danach hat der Verpflichtete bei der vorübergehenden Aufbewahrung von erlaubnispflichtigen Schusswaffen außerhalb der Wohnung, insbesondere im Zusammenhang mit der Jagd oder dem sportlichen Schießen, diese unter angemessener Aufsicht aufzubewahren oder durch sonstige erforderliche Vorkehrungen gegen Abhandenkommen oder unbefugte Ansichnahme zu sichern, wenn die Aufbewahrung gemäß den Anforderungen des § 13 Abs. 1 und 2 AWaffV nicht möglich ist. Diese Vorschrift will (nur) diejenigen Fälle erfassen, bei denen die Einhaltung der grundsätzlich bestehenden waffenrechtlichen Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen/Munition in der Wohnung ausnahmsweise deshalb vorübergehend nicht möglich ist, weil eine solche aus Gründen scheitert, die im direkten Zusammenhang mit einer Ausübung des waffenrechtlichen Bedürfnisses des Betroffenen stehen. Exemplarisch wird hier der "Zusammenhang mit der Jagd oder dem sportlichen Schießen" angeführt. Damit wird deutlich, dass von der Ausnahmevorschrift nur der Fall erfasst werden soll, bei dem der Waffenbesitzer die Waffen/Munition "anlässlich" der Ausübung etwa des Schießsports oder der Jagd von dem sicheren Aufbewahrungsort in der Wohnung in eine weniger sichere Aufbewahrungssituation verbringt. Insoweit muss ein unmittelbarer - auch zeitlicher und räumlicher - Zusammenhang zwischen dem Wechsel der Aufbewahrungssituation und der Ausübung etwa der Jagd/des Schießsports bestehen. Der Transport und die Aufbewahrung der Waffe/Munition müssen diesem Zweck dienen und der Zusammenhang hiermit darf nicht wesentlich unterbrochen worden sein (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 10. Mai 2013 - 22 K 7560/11 -, Rn. 30, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 22. März 2016 - 11 ME 35/16 -, Leitsatz 1 und Rn. 6 ff., juris; s. auch Gade, WaffG, 3. Auflage, 2022, § 13 WaffG, Rn. 31 betreffend § 13 Abs. 6 Satz 1 Hs. 2 WaffG).
Der - im Rahmen des § 13 Abs. 9 AWaffV erforderliche - unmittelbare Zusammenhang wurde hier wesentlich unterbrochen, als der Antragsteller sich nach Abschluss der Jagdausübung im Jagdrevier Y. in die Gemeinde V. begeben hat, um dort privaten Angelegenheiten nachzugehen, statt zurück zu seiner Wohnanschrift in AB. zu fahren, wo ihm eine den Anforderungen des § 13 Abs. 1 und 2 AWaffV entsprechende Aufbewahrung des Revolvers ohne weiteres möglich gewesen wäre (vgl. auch Bay. VGH, Beschluss vom 30. März 2010 - 21 CS 10.392 -, juris zu einem Fall, in dem der Zusammenhang zur Jagdausübung durch eine nachfolgende Fahrt zum Mittagessen statt direkt zum Waffenschrank als unterbrochen angesehen wurde). Ein unmittelbarer Zusammenhang zur Jagdausübung setzt zwar keinen materiell-inhaltlichen Bezug der Tätigkeit zur Jagdausübung voraus und ein unmittelbarer Zusammenhang zur Jagdausübung wird - auch im Rahmen der weiteren Privilegierungsvorschrift des § 13 Abs. 6 Satz 1 Hs. 2 WaffG ("im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten") - nicht nur auf den direkten Hin- und Rückwegen zur und von der Jagd, sondern beispielsweise auch bei mit der Jagdausübung einhergehenden Besorgungen angenommen wie bei Unterbrechungen auf der Wegstrecke zum Zwecke des Tankens, der Einnahme des Mittagessens etc. oder bei "Abstechern" zur Bank, zum Einkaufen, zur Post o.ä. (vgl. dazu die Ziffern 12.3.2.1, 13.6 und 36.2.15 der WaffVwV; Gade, WaffG, 3. Auflage, 2022, § 13 WaffG, Rn. 31; BT-Drs. 14/8886, S. 112). Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Privilegierungsvorschrift des § 13 Abs. 9 AWaffV sowie der erheblichen Gefahr, dass nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 1 und 2 AWaffV entsprechend aufbewahrte Waffen in die Hände nichtberechtigter Personen gelangen können, sind mit "Abstechern" aber nur Verlängerungen der Hin- und Rückwege zur und von der Jagd gemeint, die nicht wesentlich ins Gewicht fallen und für die ein rechtfertigender Grund ersichtlich ist, Waffen/Munition auch währenddessen vorübergehend außerhalb der Wohnung aufzubewahren. Anderenfalls kann nicht mehr die Rede davon sein, dass der Transport der Waffe und die weniger gesicherte Aufbewahrung der Waffe einem jagdrechtlichen Bedürfnis entsprechen (vgl. dazu auch VG Sigmaringen, Urteil vom 24. Januar 2019 - 10 K 335/18 -, Rn. 69, juris; VG Karlsruhe, Beschluss vom 14. Oktober 2014 - 4 K 2472/14 -, Rn. 29, juris). Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf den vom Antragsteller nach Abschluss der Jagdausübung zur Erledigung privater Besorgungen eingeschlagenen Weg nicht erfüllt. Der Antragsteller hat sich nach Abschluss der Jagdausübung im Jagdrevier Y. nicht zurück zu seiner in nordöstliche Richtung nur etwa 11,8 km entfernt liegenden und in ca. 14 Minuten Fahrtzeit zu erreichenden Wohnanschrift in AB. begeben, sondern ist stattdessen in die nahezu entgegengesetzte südwestliche Richtung zunächst zu seinem in V. ansässigen Augenarzt gefahren, um dort ein Rezept abzuholen, und ist dann gegen 7:30 Uhr, da der Augenarzt erst später öffnete, weiter zu einem Bäcker in V. gefahren, wo er frühstücken wollte und von wo aus er zu einem späteren Zeitpunkt nochmals zum Augenarzt und dann zurück zu seiner Wohnanschrift in AB. fahren wollte. Die hierzu insgesamt zurückzulegende Strecke beläuft sich auf ca. 29,8 km bei einer Fahrtzeit von 41 Minuten. Das stellt im Vergleich zum direkten Rückweg eine etwa 2,5-fache Verlängerung der Fahrstrecke sowie fast eine Verdreifachung der Fahrtzeit dar. Von einer nur unwesentlichen Verlängerung des Rückwegs kann unter diesen Umständen nicht die Rede sein. Daran vermag auch der Einwand des Antragstellers nichts zu ändern, dass in ländlichen Regionen häufiger längere Fahrwege zu überwinden seien. Es spricht auch nichts dafür, dass es dem Antragsteller unmöglich war, den Revolver zur sicheren Verwahrung zunächst zu seiner Wohnanschrift zurück zu bringen (und dort ggf. das Frühstück nachzuholen) und erst anschließend das Rezept bei seinem Augenarzt in V. abzuholen, der ohnehin erst später öffnete. Dem Antragsteller ist zwar zuzugeben, dass er hierbei zusätzliche Wege hätte in Kauf nehmen müssen. Ein Fall der Unmöglichkeit der generell verlangten sicheren Aufbewahrung, auf die § 13 Abs. 9 AWaffV abstellt, liegt hierbei jedoch nicht vor. Gründe der Bequemlichkeit und der Praktikabilität stehen einer Unmöglichkeit der sicheren Verwahrung nicht gleich und vermögen deshalb den erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang mit der Jagdausübung nicht herzustellen (vgl. VG Minden, Urteil vom 23. Juni 2015 - 8 K 2615/14 -, Rn. 29, juris).
Sollte das (insoweit widersprüchlich erscheinende) Vorbringen des Antragstellers dahingehend zu verstehen sein, dass er (doch) nicht von dem in seiner vorgelegten Karte (Bl. 13 d.A.) als "4" bezeichneten Punkt, sondern von dem als "2" bezeichneten Punkt den Weg nach V. angetreten ist, ergäbe sich nichts Abweichendes. Denn auch insoweit wäre ein rechtfertigender Grund für die Fahrt nach V. nicht ersichtlich und es stünde im Vergleich zum direkten Rückweg von dann etwa 16,7 km bei einer Fahrtzeit von etwa 18 Minuten eine etwa 2,1-fache Verlängerung der Fahrstrecke auf insgesamt 35,2 km sowie eine etwa 2,5-fache Verlängerung der Fahrtzeit auf insgesamt 46 Minuten im Raum. Wie der Antragsteller auf eine Verlängerung von nur ca. 4 km und 5 Minuten kommt, erschließt sich demgegenüber nicht.
Angesichts des überragenden Stellenwerts, welcher der Einhaltung von Aufbewahrungsvorschriften im Interesse der Sicherheit der Allgemeinheit beizumessen ist, ist die unterbliebene Aufbewahrung des Revolvers im Waffenschrank oder in einem anderen sicheren Behältnis als gravierendes Fehlverhalten des Antragstellers einzustufen, welches die Prognose rechtfertigt, dass er auch künftig Waffen nicht sorgfältig verwahren wird (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 22. März 2016 - 11 ME 35/16 -, Rn. 10, juris). Hieran ändert es nichts, dass es sich (nach Aktenlage) um ein einmaliges Fehlverhalten des Antragstellers gehandelt hat. Denn auch ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften kann die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 b) WaffG rechtfertigen (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 10. November 2020 - 24 CS 20.2370 -, Rn. 13, juris; Bay. VGH, Urteil vom 2. November 2022 - 24 BV 21.3213 -, Rn. 41, juris; Papsthart, in: Steindorf, Waffenrecht, 11. Auflage, 2022, Rn. 37). Hier kommt hinzu, dass der Antragsteller sich geradezu beharrlich auf den Standpunkt gestellt hat, sich bei dem Vorfall am 8. September 2022 in waffenrechtlicher Hinsicht einwandfrei verhalten zu haben (vgl. zum Aspekt der Unbelehrbarkeit auch: VG Sigmaringen, Urteil vom 24. Januar 2019 - 10 K 335/18 -, Rn. 74, juris). Dem kann der Antragsteller auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass von ihm als rechtlicher Laie nicht abverlangt werden könne, zu wissen, wann ein zulässiger "Umweg" vorliege und wann nicht. Als Jagdscheininhaber wäre es Sache des Antragstellers gewesen, sich über die insoweit geltenden Vorschriften zu informieren und im Zweifelsfall verlässlichen und sachkundigen Rechtsrat einzuholen. Im Übrigen weist der Antragsgegner zu Recht darauf hin, dass gerade vom Antragsteller angesichts der von ihm nach eigenen Angaben innegehabten Positionen sowie seiner langjährigen waffen- und jagdrechtlichen Erfahrungen rechtlich fundierte Kenntnisse zu erwarten gewesen wären.
Ist der Antragsteller demnach bereits nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 b) WaffG absolut unzuverlässig, muss nicht mehr vertieft werden, ob dem Antragsteller die Zuverlässigkeit auch nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG aufgrund eines gröblichen Verstoßes gegen Vorschriften des Waffengesetzes (etwa durch das Führen einer erlaubnispflichtigen Waffe ohne erforderliche Erlaubnis, vgl. § 13 Abs. 6 Satz 1 Hs. 2 und § 12 Abs. 3 Nr. 2 WaffG) abzusprechen ist (vgl. dazu Bay. VGH, Beschluss vom 7. Februar 2022 - 24 CS 21.2636 -, Rn. 19 ff., juris; Sächs. OVG, Beschluss vom 12. Juli 2022 - 6 B 159/22 -, Rn. 8 ff., juris).
Da dem Antragsgegner bei der von ihm getroffenen Entscheidung über die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins wegen fehlender Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 b) WaffG kein Ermessen eingeräumt ist, liegt, anders als der Antragsteller geltend macht, auf Rechtsfolgenseite kein Rechtsfehler, insbesondere kein Ermessensfehl- oder -nichtgebrauch vor.
An der sofortigen Vollziehbarkeit der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins besteht auch ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse, welches das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Das Gericht macht sich insoweit die zutreffenden Erwägungen des Antragsgegners im angegriffenen Bescheid zu eigen und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung erfolgt auf der Grundlage von §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Ziffern 1.5 Satz 1 und 20.3 des Streitwertkataloges der Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 31. Mai / 1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen (NordÖR 2014, 11), wonach 8.000,00 Euro zugrunde zu legen und wegen der Vorläufigkeit des hiesigen Rechtsschutzverfahrens zu halbieren sind (8.000,00 Euro / 2 = 4.000,00 Euro).