Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 07.02.2023, Az.: 6 A 149/21

Absonderung; Arbeitsunfähigkeit; zuständige Behörde; Beliehener; Corona; COVID-19; Entschädigung; Ersatzleistung; Erstattung; Gesunheitsamt; Hausarzt; perpetuatio fori; Quarantäne; Rechtsweg

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
07.02.2023
Aktenzeichen
6 A 149/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 13062
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2023:0207.6A149.21.00

Amtlicher Leitsatz

Zur Zulässigkeit der Klage auf Leistungen nach dem IfSG wegen Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19. Zur Entscheidungsform im Verwaltungsverfahren.

Keine perpetuatio fori, wenn die Klage vor dem Amtsgericht nach einer Änderung der Rechtswegzuweisung zurückgenommen und eine neue Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben wurde. Die Verpflichtungsklage ist seit dem 19. November 2020 für Klagen auf Leistungen nach dem IfSG wegen Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 die richtige Klageart, soweit § 68 IfSG für die Streitigkeiten den Verwaltungsrechtsweg vorschreibt. Richtiger Anspruchsgegner ist die zuständige Behörde im Sinn des § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 NGöGD. Die Landkreise und kreisfreien Städte werden bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach dieser Vorschrift nicht als staatliche Stellen oder für das Land tätig.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über infektionsschutzrechtliche Entschädigungsleistungen.

Die Klägerin machte mit Schreiben vom 21. April 2020 am 22. April 2020 bei der H. eine Schadensersatzforderung über 653,50 Euro geltend. Dieser Schaden sei ihr entstanden, weil ihr Mitarbeiter I. infolge einer Quarantäneanordnung nicht habe eingesetzt werden können und aufgrund der ärztlichen Bescheinigungen zunächst im Zeitraum vom 17. März bis zum 20. März 2020 habe zuhause bleiben müssen. Die Klägerin berief sich dafür auf § 56 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Dem Schreiben war ein Formular für einen Antrag auf Erstattung gezahlter Verdienstausfallentschädigung "nach §§ 56 ff. Infektionsschutzgesetz (IfSG)" beigefügt, außerdem eine Bescheinigung zur Vorlage beim Arbeitgeber der Hausarztpraxis J. für den Herrn K. vom 20. März 2020. Diese lautet: "Der o.g. Patient wurde von uns vom 17.03.20 - 20.03.20 in häusliche Quarantäne laut Vorgaben des RKI gestellt." Außerdem waren zwei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen dieser Arztpraxis für Herrn K. beigefügt, eine Erstbescheinigung für die Zeit vom 17. bis zum 18. März 2020 und eine Folgebescheinigung für Zeit vom 17. bis zum 20. März 2020. Die L. wies darauf hin, dass sie nicht zuständig sei, weil Herr K. im Landkreis M. wohne.

Aus welchem Grund und wie der Antrag der Klägerin zum Beklagten gelangte, ist aus dem Verwaltungsvorgang nicht ersichtlich; in einer Email des Beklagten an die Klägerin vom 17. Juni 2020 ist die Rede davon, dass der Antrag von der "N." an den Beklagten "übersandt" worden sei - dafür ist aber nichts ersichtlich. Der Beklagte begann am 5. Mai 2020 den Antrag zu bearbeiten. Die Klägerin machte mit Schreiben vom 27. Mai 2020 geltend: Die Quarantäneanordnung "beinhalte" keine Arbeitsunfähigkeit, sondern eine reine Infektionsschutzmaßnahme nach den einschlägigen behördlichen Verfügungen. Die Klägerin habe gegenüber dem Mitarbeiter keine Zahlungsverpflichtung gehabt, sie hätte diesen auf den Erstattungsanspruch nach § 56 Absatz 2 IfSG verweisen können. Durch die Entgeltzahlung sei der Ersatzanspruch auf die Klägerin übergegangen und bestehe in Höhe des Bruttoentgelts, das die Klägerin aufgrund der Quarantänemaßnahme aufgewendet habe. Das seien 653,80 Euro.

Mit Schreiben vom 17. Juni 2020 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass Arbeitgeber Erstattungen für solche Arbeitnehmer erhielten, die sich aufgrund einer behördlichen Anordnung in vorsorglicher Quarantäne befunden hätten und während dieser Zeit keine Möglichkeit gehabt hätten zu arbeiten. Ohne eine behördliche Anordnung bestehe kein Entschädigungs- oder Erstattungsanspruch. Eine hausärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfülle die Voraussetzungen nicht. Für Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz sei der Beklagte zuständig. Der Beklagte habe keine häusliche Quarantäne für Herrn K. angeordnet.

Die Klägerin machte daraufhin geltend, dass die Quarantäneanordnung durch den Hausarzt "natürlich" die Anforderungen erfülle, denn der Hausarzt handele nach den "aufgrund des Infektionsschutzgesetztes Richtlinien der Gesundheitsämter" und sei einem Beliehenen gleichzusetzen.

Mit Schreiben vom 3. August 2020 führte der Beklagte noch einmal aus, dass Arbeitgeber Erstattungen für solche Arbeitnehmer erhielten, die sich aufgrund einer behördlichen Anordnung in vorsorglicher Quarantäne befunden hätten. Für Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz sei der Beklagte zuständig. Der Hausarzt habe nicht als Beliehener die Quarantäne anordnen können. Die Aufgaben des Gesundheitsamts seien nicht an Private übertragen worden. Der Hausarzt sei einem Beliehenen auch nicht gleichzusetzen. Für Herrn K. sei eine häusliche Quarantäne nicht behördlich angeordnet worden. Ohne eine behördliche Anordnung bestehe kein Entschädigungs- oder Erstattungsanspruch nach § 56 IfSG.

Die Klägerin erhob mit einem Schreiben vom 30. Oktober 2020 am 17. November 2020 vor dem Amtsgericht O. eine Zahlungsklage über 653,80 Euro gegen den Beklagten und fügte dieser unter anderem das Schreiben des Beklagten vom 3. August 2020 bei. Das Amtsgericht wies darauf hin, dass bei einer Anordnung nach § 56 IfSG der Verwaltungsrechtsweg gegeben sei, und fragte, ob die Klage zurückgenommen werde. Die Klägerin nahm daraufhin die Klage am 4. Dezember 2020 zurück. Eine Entscheidung zu der Rücknahme erfolgte bisher nicht.

Die Klägerin hat am 4. Dezember 2020 vor dem Verwaltungsgericht P. Klage erhoben; dafür hat sie das Schreiben vom 30. Oktober 2020 und dieselben Unterlagen verwendet wie für die Klage vor dem Amtsgericht.

Die Klägerin macht geltend, dass ihr Mitarbeiter Herr K. durch seinen Arzt unter Quarantäne gestellt worden sei. Das stelle eine Maßnahme nach § 56 IfSG dar. Den daraus entstandenen Schaden habe das Land zu tragen. Der Beklagte habe eine Zahlung abgelehnt. Die Auffassung des Beklagten sei falsch, dass alle Quarantänemaßnehmen durch das Gesundheitsamt anzuordnen seien. Das sei überhaupt nicht darstellbar und praktisch durchführbar. Tatsächlich seien die Ärzte verpflichtet, unter den Voraussetzungen, die die Gesundheitsämter und die politischen Stellen vorgäben, Quarantäne zu verhängen. So sei es auch hier gewesen, es habe keine Anordnung des Gesundheitsamts bedurft. Die Ärzte "funktionierten" im Hinblick auf die "Verordnung" der Quarantäne "bei der Befolgung der Infektionsschutzmaßnahmen als Beliehene". Der Anspruch bestehe normalerweise konkret durch den von der Quarantäne betroffenen Mitarbeiter an das Gesundheitsamt. Durch die Zahlung sei der Ersatzanspruch hier auf die Klägerin übergegangen. Das sei mit dem Schadensersatzanspruch für Lohnfortzahlungen bei der Verursachung eines körperlichen Schadens durch einen Dritten zu vergleichen.

Der Beklagte hätte die Quarantäne verfolgen und bestätigen müssen, die der Hausarzt angeordnet gehabt habe. Der Mitarbeiter wäre ohne die behördliche Anordnung nicht in Quarantäne geschickt worden. Er wäre dann "für die Beklagte" (gemeint wohl: die Klägerin) verfügbar gewesen und ein Schaden wäre nicht entstanden. Dass ein Arzt die Quarantäne angeordnet habe sei unbeachtlich, weil der Erstattungsanspruch auf der hoheitlichen Quarantäneanordnung des Beklagten beruhe und der behandelnde Arzt insoweit lediglich den Infektionsschutz gewahrt habe. Genau zur Abgeltung der durch die Quarantäne entstandenen Aufwendungen sehe § 56 IfSG die Entschädigung vor.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 653,80 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hierauf seit dem 1. August 2020 zu zahlen und für den Fall des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen,

ein Anerkenntnis- oder Versäumnisurteil gegen den Beklagten zu erlassen.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte macht geltend, dass der Klägerin ein Anspruch nach § 56 Absatz 1 IfSG nicht zustehe, weil für Herrn K. keine behördlich angeordnete Quarantäne bestanden habe. Gemäß § 68 Absatz 1 IfSG sei für Zahlungsansprüche gegen das nach § 66 Absatz 1 Satz 1 IfSG zur Zahlung verpflichtete Land der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Die Klage sei daher gegen das Land Niedersachsen zu richten.

In der Sache macht der Beklagte geltend, dass es keine Veranlassung gegeben habe, eine Quarantäneanordnung für Herrn K. zu erlassen, denn dieser sei weder nachweislich mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert gewesen, noch sei er mit einer infizierten Person in Kontakt gekommen. Damit bestehe auch kein Anspruch auf Verdienstausfallentschädigung nach § 56 Absatz 1 Satz 1 IfSG. Es könne auch keine Entschädigung nach dem neu eingefügten § 56 Absatz 1 Satz 3 IfSG geleistet werden. Dafür fehle die Voraussetzung, dass es möglich gewesen sein müsse, gegen ihn eine Anordnung zu erlassen. Der Hausarzt habe keine Anordnungen treffen können, denn der Beklagte habe diesem keine Befugnisse übertragen und es beständen dazu auch keine gesetzlichen Regelungen.

Die Beigeladene trägt vor: Eine Entschädigung nach § 56 IfSG erhalte nicht, wer seiner Berufstätigkeit wegen einer Krankheit nicht habe nachkommen können - dann hätten die Entgeltfortzahlungsregeln für den Krankheitsfall Vorrang. Die Klägerin habe Herrn K. nach diesen Regeln den Lohn weiter zu zahlen gehabt: Für den Mitarbeiter K. der Klägerin habe dessen Hausarzt eine Arbeitsunfähigkeit vom 17. bis 20. März 2020 bescheinigt. Damit sei die Arbeitsunfähigkeit nachgewiesen. Daran ändere auch die ärztliche Bescheinigung nichts, mit der bestätigt worden sei, dass der Mitarbeiter "lt. Vorgaben des RKI in häusliche Quarantäne" gestellt worden sei.

Der Hausarzt habe auch keine Quarantäne im Sinn des § 30 IfSG anordnen können. Das obliege nur den zuständigen Behörden. Das Land werde im Rahmen von § 30 IfSG und von § 56 Absatz 11 IfSG nicht selbst tätig, sondern, wie dort bestimmt, durch die zuständige Behörde. Das seien die Landkreise und kreisfreien Städte. Eine Beleihung von Hausärzten habe es nie gegeben.

Es gebe auch keine Anhaltspunkte, dass zwischen der Klägerin und Herrn K. § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) arbeitsvertraglich abbedungen worden sei. § 616 BGB sei grundsätzlich anzuwenden, denn für einen Anspruch nach § 56 IfSG sei kein Raum, wenn der Arbeitsgeber gesetzlich verpflichtet sei, das Gehalt fortzuzahlen. Bei den vier Tagen, die Herr K. gehindert gewesen sei, seine Arbeitsleistung zu erbringen, handele es sich um einen nicht erheblichen Zeitraum im Sinn des § 616 BGB.

Das Verwaltungsgericht P. hat das Verfahren mit Beschluss vom 1. Februar 2021 an das Verwaltungsgericht Stade verwiesen.

Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte mit dem beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten, der Beiakte BA001, und der Verfahrensakte Q. des Amtsgerichts O. Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Das Gericht kann gemäß § 84 Absatz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) über die Klage nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist.

Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 Absatz 1 VwGO gegeben. Nach dieser Vorschrift ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Die Streitigkeit über einen Erstattungsanspruch nach § 56 IfSG ist eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Das Infektionsschutzgesetz trifft Regelungen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, und zwar des Gesundheitsrechts. Es spricht nichts dafür, dass die Erstattungs- und Entschädigungsansprüche, die im Infektionsschutzgesetz geregelt sind, nicht dem öffentlichen Recht zuzuordnen sein sollen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Zuweisung der Streitigkeiten über bestimmte dieser Ansprüche in § 68 IfSG auf andere Rechtswege als den Verwaltungsrechtsweg wäre unnötig, wenn ohne diese Zuweisung nicht ohnehin immer der Verwaltungsrechtsweg gegeben wäre. § 68 Absatz 1 IfSG ist für den Anspruch der Klägerin nicht als Sonderzuweisung anzuwenden. Bei Klageerhebung am 4. Dezember 2020 lautete § 68 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes folgendermaßen:

"Für Streitigkeiten über Ansprüche nach den §§ 56 bis 58 gegen das nach § 66 Absatz 1 Satz 1 zur Zahlung verpflichtete Land ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Für Streitigkeiten über Ansprüche nach § 65 ist der ordentliche Rechtsweg gegeben."

Dieser Regelung bezieht sich nur auf Ansprüche gegen das Land. Die Klägerin macht hier aber keinen Anspruch gegen das Land geltend, sondern hat den Beklagten verklagt. § 68 Absatz 1 IfSG kann nicht analog angewendet werden, weil es sich um eine Sonderregelung nur für den dort geregelten Fall handelt und eine Regelungslücke für die dort nicht geregelten Fälle nicht besteht.

Die angeführte Fassung hatte § 68 IfSG allerdings erst durch das Gesetz vom 18. November 2020 (BGBl. I S. 2397 ff.) mit Wirkung vom 19. November 2020 erhalten. Bis dahin hatte § 68 gelautet:

"Für Streitigkeiten über Entschädigungsansprüche nach den §§ 56 und 65 und für Streitigkeiten über Erstattungsansprüche nach § 56 Absatz 4 Satz 2, § 57 Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 sowie § 58 Satz 1 ist der ordentliche Rechtsweg gegeben."

Es wirkt sich auf die Klage vor dem Verwaltungsgericht aber nicht aus, dass bei Klageerhebung am 17. November 2020 bei dem Amtsgericht O. daher für die Klage der ordentliche Rechtsweg gegeben war und nach § 17 Absatz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) durch die Änderung ab dem 19. November 2020 wegen der sogenannten "perpetuatio fori" daran auch nichts mehr geändert werden konnte. Denn die Klägerin hat vor dem Verwaltungsgericht am 4. Dezember 2020 eine neue Klage erhoben und nicht die Klage vom 17. November 2020 weitergeführt - das Amtsgericht hatte die dort erhobene Klage entgegen § 17a Absatz 2 GVG nicht auf den von ihm für zutreffend gehaltenen Rechtsweg verwiesen, sondern gefragt, ob die Klage zurückgenommen werde, was dann auch geschah.

Das Gericht legt den Klageantrag nach § 88 VwGO dahin aus, dass die Klägerin eine Verpflichtung des Beklagten erreichen will, die verlangte Zahlung zu bewilligen. Ein anderer Antrag wäre nicht mehr sachgerecht.

Die Klage ist, so verstanden, als Untätigkeitsklage zulässig. Wegen der Änderung des § 68 IfSG ab dem 19. November 2020 war bei Klageerhebung vor dem Verwaltungsgericht am 4. Dezember 2020 eine Entscheidung durch Verwaltungsakt gesetzlich gefordert. Das ergibt sich daraus, dass in der Gesetzesbegründung zu § 68 IfSG (BT-Drs. 19/24334, S. 75) ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass für alle dort erfassten Ansprüche jetzt auch die §§ 68 ff. VwGO gelten. Die Regelungen der §§ 68 ff. VwGO betreffen das verwaltungsgerichtliche Vorverfahren. Sie können nur angewendet werden, wenn eine Ausgangsentscheidung durch Verwaltungsakt getroffen wurde. Das gilt unabhängig davon, wer diesen Verwaltungsakt erlassen hat, also hier unabhängig davon, ob es sich im Sinn des § 68 IfSG um eine Klage gegen das zur Zahlung verpflichtete Land oder gegen den Beklagten handelt. Daran ändert es auch nichts, dass die Klägerin bereits einmal auf dem ordentlichen Rechtsweg eine Klage vor dem Amtsgericht erhoben hatte, die zulässig war, auch wenn diese Zulässigkeit von allen Gerichten zu beachten gewesen wäre, an die jenes Verfahren verwiesen worden wäre. Denn jenes Verfahren ist vom Amtsgericht nicht an das Verwaltungsgericht verwiesen worden, sondern vor dem Verwaltungsgericht ist am 4. Dezember 2020 eine neue Klage erhoben worden.

Eine Entscheidung durch Verwaltungsakt ist bisher nicht ergangen. Der Beklagte hat der Klägerin mit den Schreiben vom 17. Juni 2020 und vom 3. August 2020 mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für eine Erstattung nach § 56 IfSG nicht vorliegen. Bei den Schreiben vom 17. Juni 2020 und vom 3. August 2020 handelt es sich nicht um Verwaltungsakte. Die Schreiben sind der Form nach keine Verwaltungsakte - sie sind nicht als Bescheid oder in anderer Weise als Verwaltungsakt bezeichnet, sie haben keinen Entscheidungsausspruch, lassen keine Gliederung in Sachverhalt und Rechtsgründe erkennen und es ist ihnen keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt. Die Schreiben sind aber auch inhaltlich nicht als Verwaltungsakte zu bewerten. Verwaltungsakt ist nach § 1 Absatz 1 des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes in Verbindung mit § 35 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Die Schreiben enthalten keine Regelungen, sondern nur rechtliche Erläuterungen, die auf inhaltsgleiche Erläuterungen Bezug nehmen, die bereits vorher telefonisch und schriftlich gegeben worden sein sollen. Schließlich bestand seinerzeit auch kein Anlass zu einer Regelung durch Verwaltungsakt. Denn, wie ausgeführt, war bis einschließlich dem 18. November 2020 der ordentliche Rechtsweg für Streitigkeiten über solche Ansprüche gegeben, wie sie die Klägerin beim Beklagten geltend gemacht hatte. Bei der Abwicklung von Verfahren, die im Streitfall auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen sind, ist es weder vorgeschrieben noch ist es rechtlich erforderlich noch ist es üblich, dass durch Verwaltungsakt entschieden wird.

Eine Untätigkeit im Sinn des § 75 VwGO liegt vor. Denn der Beklagte hat mit den Schreiben vom 17. Juni 2020 und vom 3. August 2020 zu erkennen gegeben, dass er endgültig nicht bereit ist, die Erstattung zu leisten, und die Frist von drei Monaten seit der Antragstellung war bei der Erhebung der Klage am 4. Dezember 2020 abgelaufen. Es ist nicht zu verlangen, dass die Klägerin den Beklagten auffordert, darüber noch einen Bescheid zu erlassen. Denn das wäre reine Förmelei.

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von 653,80 Euro zuzüglich Zinsen gegen den Beklagten.

Der Beklagte ist der richtige Anspruchsgegner für den geltend gemachten Anspruch aus § 56 IfSG. Nach § 56 Absatz 5 Satz 3 IfSG werden dem Arbeitgeber auf Antrag die Beträge erstattet, die er nach § 56 Absatz 5 Satz 1 für die zuständige Behörde an den Arbeitnehmer als Entschädigung gezahlt hat, weil der Arbeitnehmer im Sinn des § 56 Absatz 1 Satz 1 IfSG als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 IfSG Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterlag oder unterworfen war und dadurch einen Verdienstausfall erlitt. Zuständige Behörde in diesem Sinn ist nach § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Niedersächsischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst der Beklagte. Nach dieser Vorschrift obliegen den Landkreisen und kreisfreien Städten die Aufgaben des Gesundheitsamtes, der zuständigen Behörde oder der zuständigen Stelle nach dem Infektionsschutzgesetz oder einer aufgrund des Infektionsschutzgesetzes erlassenen Verordnung. Die Landkreise und kreisfreien Städte werden nach niedersächsischem Recht dabei nicht "für das Land", wie die Beigeladene meint, oder als staatliche Stellen tätig. An dieser Regelung hat sich seit der Klageerhebung am 4. Dezember 2020 nichts geändert. Aus § 68 Absatz 1 IfSG ergibt sich entgegen der Auffassung des Beklagten nichts Anderes. Denn § 68 IfSG ist eine Regelung über den Rechtsweg. Das wird aus seinem bereits angeführten Wortlaut ebenso deutlich wie aus seiner Überschrift "Rechtsweg". § 68 Absatz 1 IfSG regelt weder etwas über Anspruchsverpflichtungen oder Anspruchsverpflichtete noch etwas über Anspruchsinhalte, sondern setzt voraus, dass derartige Regelungen in anderen Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes getroffen worden sind.

Die Voraussetzungen des § 56 Absatz 5 Satz 3 IfSG für einen Erstattungsanspruch der Klägerin liegen nicht vor. Danach werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde diejenigen ausgezahlten Beträge erstattet, die er einem Arbeitnehmer für die zuständige Behörde als Entschädigung nach Absatz 1 Satz 1 ausgezahlt hat. Voraussetzung für den Erstattungsanspruch ist, dass dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf die Entschädigung nach § 56 Absatz 1 Satz 1 IfSG zustand.

Die Voraussetzungen des § 56 Absatz 1 Satz 1 IfSG für einen solchen Anspruch des Mitarbeiters der Klägerin liegen nicht vor. Voraussetzung ist es nach § 56 Absatz 1 IfSG, dass jemand Verboten im Sinn des § 31 IfSG in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird. Herr K. unterlag keinen Verboten im Sinn des § 31 IfSG und war auch keinen Verboten im Sinn des § 31 IfSG unterworfen. Nach § 31 IfSG kann die zuständige Behörde Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagen. Das gilt auch für sonstige Personen, die Krankheitserreger so in oder an sich tragen, dass im Einzelfall die Gefahr einer Weiterverbreitung besteht. Zuständige Behörde in diesem Sinn ist der Beklagte. Der Beklagte hat gegenüber Herrn K. keine Verbote ausgesprochen. Er hat gegenüber Herrn K. überhaupt keine Regelungen getroffen. Dass der Hausarzt des Klägers als Beliehener für den Beklagten solche Maßnahmen getroffen hätte, dass Regelungen über Beliehene auf den Hausarzt entsprechend anzuwenden seien oder dass der Hausarzt öffentlich-rechtliche Maßnahmen des Infektionsschutzes getroffen hätte, ist offensichtlich unzutreffend und findet keinen Anhalt im Sachverhalt oder im deutschen Recht. Der Kläger hat vom 17. bis zum 20. März 2020 nicht gearbeitet, weil der Hausarzt ihm vom 17. bis zum 20. März 2020 die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hat, das heißt, ihn krankgeschrieben hat. Es erlaubt keine andere Bewertung, dass der Hausarzt am 20. März 2020 bescheinigt hat, Herr K. sei von ihm vom 17. bis zum 20. März 2929 "in häusliche Quarantäne laut Vorgaben des RKI" gestellt worden. Denn der Hausarzt hat offensichtlich keine rechtliche Befugnis, eine Quarantäne oder andere Absonderung anzuordnen. Eine solche Befugnis könnte ihm auch nicht das Robert-Koch-Institut verschaffen, denn dem Robert-Koch-Institut fehlte dazu offensichtlich die Regelungskompetenz.

Selbständig tragend ist die eingereichte Gehaltsabrechnung nicht geeignet, den geltend gemacht Anspruch zu belegen, weil sie nicht aussagekräftig ist, da alle relevanten Daten geschwärzt sind und lediglich die passenden Zahlen von Hand eingetragen sind, ohne dass erkennbar wäre, wer diese Eintragungen gemacht hat.

Es ist nach alledem auch nichts dafür ersichtlich, dass ein Anspruch des Herrn K. auf die Klägerin übergegangen sein könnte.

Für einen Zinsanspruch ab dem 1. August 2020 fehlt eine Rechtsgrundlage. Verzugszinsen sind im Infektionsschutzgesetz nicht vorgesehen. Prozesszinsen stehen der Klägerin nicht zu, weil ihr Hauptantrag ohne Erfolg bleibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 84 Absatz 1 Satz 3 und § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nummer 11 und § 711 der Zivilprozessordnung.

Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 124 Absatz 2 Nummer 3, 4 in Verbindung mit § 124a Absatz 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor.