Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 20.05.1985, Az.: 1 U 33/84

Rechtswidriger Eingriff wegen nicht ordnungsgemäßer Aufklärung; Honoraranspruch bei fehlender Belehrung und rechtswidrigem Eingriff; Durchführung einer Operationen zur Bauchdeckenstraffung ; Abweichung von der in der plastischen Chirurgie allgemein praktizierten Vorgehensweise; Anwendung einer Außenseitermethode in der plastischen Chirurgie; Anwendung der dienstvertraglichen Vorschriften bei einem Eingriff in den lebenden Organismus

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
20.05.1985
Aktenzeichen
1 U 33/84
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1985, 30700
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1985:0520.1U33.84.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Göttingen - 03.05.1984 - AZ: 2 O 331/83

Fundstellen

  • NJW 1987, 2304-2306 (Volltext mit amtl. LS)
  • VersR 1987, 1096 (red. Leitsatz)

In dem Rechtsstreit
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 22. April 1985
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 3. Mai 1984 teilweise geändert.

Der Kläger wird verurteilt, der Beklagten weitere 2.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24. Mai 1983 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Berufung des Klägers werden zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die gesamten Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wert der Beschwer:

für den Kläger 13.250 DM,

für die Beklagte 1.000 DM.

Entscheidungsgründe

1

Die Berufung der Beklagten ist im wesentlichen begründet; die des Klägers ist unbegründet.

2

I.

Der Eingriff, den der Kläger am 29. Oktober 1982 bei der Beklagten vorgenommen hat, war rechtswidrig und verpflichtet den Kläger, ohne daß dieser einen Honoraranspruch hat, zum Ersatz des der Beklagten entstandenen Schadens.

3

1.

Es ist davon auszugehen, daß der Eingriff nicht von der erforderlichen Einwilligung der Beklagten gedeckt war, weil der Kläger nicht bewiesen hat, daß er sie ordnungsgemäß aufgeklärt hat.

4

a)

Die Begutachtung durch die Sachverständige Professor Dr. S. hat ebenso wie die gutachtlichen Ausführungen der Sachverständigen, die in der Vorinstanz sowie in den anderen gegen den Beklagten anhängigen - jedenfalls ihm bekannten - Zivil- und Strafverfahren hinzugezogen worden sind, ergeben, daß die Art und Weise, wie er Operationen zur Bauchdeckenstraffung durchzuführen pflegt, von der heute durchweg üblichen Methode abweicht. Hiernach wird ein solcher Eingriff in einem einzigen, in Vollnarkose ausgeführten Operationsakt vorgenommen, bei dem von vornherein nur ein einziger Schnitt gelegt wird, der so tief wie möglich angesetzt wird, damit die dabei entstehende Narbe später jedenfalls durch einen Bikini und unter Umständen sogar schon durch die Schambehaarung verdeckt werden kann. Dagegen führt der Kläger die Operation in zwei Abschnitten aus, wobei er zunächst - unter Entfernung von Fettgewebe - einen Hautstreifen in Nabelhöhe wegschneidet und den Nabel neu einsetzt und erst in einem zweiten, späteren Akt die oberhalb der ersten Operationsnaht vorhandene Haut so weit wie möglich hinunterzieht und die nicht benötigte Bauchhaut unterhalb der ersten Naht entfernt; beide Teiloperationen nimmt der Kläger in aller Regel in Lokalanästhesie vor. Daß es sich dabei um eine von der "Schulmedizin", jedenfalls der in der plastischen Chirurgie allgemein praktizierten Vorgehensweise abweichende Außenseitermethode handelt, räumt der Kläger letztlich selbst ein; in einer persönlichen Stellungnahme vom 12. März 1983 zu dem in der Sache 2 O 78/83 LG Göttingen = 1 U 41/84 OLG Celle erstatteten Gutachten der Sachverständigen S. und N. hat er die von ihm gewählte Verfahrensweise als "eigenwilliges Vorgehen" bezeichnet (vgl. Bl. 104 jener Akten). Tatsächlich hat er, obwohl er in der mündlichen Berufungsverhandlung in Abrede genommen hat, sich in Widerspruch zur Schulmedizin zu setzen, außer dem Hinweis auf eigene, im wesentlichen mehr populärwissenschaftliche Veröffentlichungen keine Belegstellen im medizinischen Schrifttum benannt, an denen die von ihm angewandte Methode beschrieben worden wäre.

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Auf eine von ihm angewandte Außenseitermethode muß der Arzt den Patienten hinweisen, wenn sie unter Umständen mit größeren, jedenfalls aber mit erheblichen anderen Risiken verbunden ist als die herkömmliche Verfahrensweise. Letzteres ist hier schon deswegen der Fall, weil die Patientin anstatt einem einzigen insgesamt zwei nicht ganz geringfügigen Eingriffen ausgesetzt wird, die jeder für sich mit den typischen Gefahren einer jeden Operation, insbesondere dem allgemeinen Infektionsrisiko belastet sind. Vor allem aber schränkt der Kläger bei seiner Art des Vorgehens die Möglichkeiten, ein kosmetisch optimales Ergebnis zu erreichen, ein, wenn er durch die beim ersten Operationsabschnitt in Höhe des Nabels hinterlassene Narbe die unterhalb dieser Schnittlinie befindliche Haut, die bei der herkömmlichen Behandlungsmethode insgesamt für die letztlich angestrebte Bauchdeckenstraffung zur Verfügung steht, dafür unbrauchbar macht und darauf angewiesen ist, daß die oberhalb des Nabels vorhandene Haut ausreicht, um die gesamte Bauchpartie bis zur Schamhaargrenze abzudecken. Letzteres war gerade bei der Beklagten nicht der Fall; denn wie die Sachverständige Professor S. nach Untersuchung der Beklagten festgestellt hat, ließe sich der vom Kläger geplante zweite Teil der Operation nur mit dem Ergebnis durchführen, daß die endgültig verbleibende Narbe etwa auf halber Höhe zwischen Nabel und Schamhaargrenze verliefe. Der Kläger hat sich zwar angesichts dieses Gutachtenergebnisses darauf berufen, er hätte notfalls einen sogenannten T-Schnitt gesetzt, um so mehr Haut aus den Seitenbereichen zur Versorgung der insgesamt abzudeckenden Bauchpartien heranziehen zu können. Das macht die Sache indessen nicht besser, weil in diesem Fall eine weitere Narbe vorhanden wäre. Dementsprechend hat Professor C., der in einem wegen einer anderen Bauchstraffungsoperation gegen den Kläger anhängigen Strafverfahren ein Gutachten erstattet und dabei im übrigen zum Ausdruck gebracht hat, man könne die Schnittführung des Klägers nicht grundsätzlich als nicht lege artis bezeichnen, gleichwohl erklärt, sie sei kosmetisch ungünstiger als der übliche Schnitt unmittelbar oberhalb der Schambehaarung. Der Kläger versucht dem allen freilich letztlich mit der Behauptung zu begegnen, Art, Ausmaß und Anzahl der Narben spielten für ihn eine untergeordnete Rolle, weil er jede Narbe so abschleifen könne, daß man zum Schluß so gut wie nichts mehr davon sehe. Das ist aber jedenfalls in einer Hinsicht nicht richtig. Wie die Sachverständige Professor S. ausgeführt hat und dem Senat im übrigen aus gutachtlichen Äußerungen bekannt ist, die in früheren gegen den Kläger anhängig gewesenen Rechtsstreitigkeiten abgegeben worden sind, gibt es Patienten, die zu einer übermäßigen Keloidbildung neigen; in solchen Fällen lassen sich auch durch die vom Kläger ins Feld geführte Narbenabschleifung keine kosmetisch günstigen Ergebnisse erzielen.

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b)

Daß der Kläger die Beklagte auf diese gesamte Problematik hingewiesen hätte, behauptet er selbst nicht. Was die möglicherweise zurückbleibenden Narben betrifft, hat er im Gegenteil, wie der Aussage der Zeugin K. zu entnehmen ist, seinen Patientinnen und damit offenbar auch der Beklagten gesagt, sie würden am Ende kaum noch etwas sehen können; wie die Zeugin weiter bekundet hat, pflegt der Kläger nicht darauf hinzuweisen, daß es Patienten gibt, bei denen eine "absolute Narbenschleifung" nicht möglich ist.

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Darüber hinaus ist auch nicht bewiesen, daß der Kläger der Beklagten seine zweistufige Vorgehensweise erläutert hat. Die vom Kläger in Fotokopie vorgelegte schriftliche Operationseinwilligung der Beklagten enthält zwar zur Bezeichnung der Operation den handschriftlich eingefügten Text "Bauchstraffung mit Nabelplastik in zwei Abschnitten"; auch die Klägerin hat in der mündlichen Berufungsverhandlung eine gleichlautende Kopie vorgelegt. Es ist aber unklar geblieben, ob das Formular jenen Text bereits enthielt, als die Beklagte es unterschrieb. Nach ihrer Behauptung ist ihr die jetzt in ihrem Besitz befindliche Ablichtung erst nach der Operation zugeschickt worden. Die Behauptung des Klägers, sie sei der Beklagten sogleich nach Unterzeichnung ausgehändigt worden, ist unbewiesen geblieben, zumal die Einwilligungserklärung das Datum vom 29. Oktober 1982 - dem Tag der Operation - trägt, obwohl die Beklagte sie nach dem Vortrag des Klägers bereits am 28. Oktober 1982 unterschrieben haben soll. Dafür, daß letzteres nicht stimmt, spricht sowohl die Bekundung der Zeugin K., die Beklagte habe die Erklärung am Operationstag im Behandlungszimmer des Klägers unterzeichnet, als auch die Aussage des ebenfalls als Zeugen vernommenen Ehemannes der Beklagten, diese habe ihm noch am 28. Oktober 1982 - er habe seine Frau damals begleitet und draußen auf sie gewartet - erzählt, daß der Kläger gar nicht anwesend gewesen und daß sie lediglich von dem Internisten Dr. M. untersucht worden sei. Das alles läßt es als nicht ausgeschlossen erscheinen, daß der das zweistufige Vorgehen betreffende Text erst nach Unterzeichnung des Formulars durch die Beklagte hinzugesetzt worden ist. Die Zweifel, ob die Urkunde in diesem Punkt echt ist, werden noch dadurch weiter genährt, daß die vom Kläger vorgelegten Krankenunterlagen in einer für ärztliche Krankenpapiere ganz unüblichen Form abgefaßt sind. Während das nach der Aussage der Zeugin K. grundsätzlich für jeden Patienten angelegte eigentliche Krankenblatt im Fall der Beklagten aus vom Kläger nicht dargelegten Gründen fehlt, besteht die Krankenakte hier aus einem in Schreibmaschinenschrift verfaßten ausführlichen Bericht, der insgesamt den Eindruck vermittelt, als sei er nachträglich im Hinblick auf den gegen die Beklagte zu führenden Prozeß im Zusammenhang niedergelegt worden.

8

Unabhängig von alledem ist die Aufklärungspflicht auch verletzt, wenn der Kläger die Beklagte zwar auf sein zweistufiges Vorgehen hingewiesen, ihr aber, wovon jedenfalls ausgegangen werden muß, die damit verbundenen Nachteile nicht erläutert hat. Wie oben im einzelnen ausgeführt worden ist, weicht die vom Kläger bevorzugte Methode nicht nur von dem bei derartigen Operationen allgemein üblichen Verfahren ab, sondern sie ist auch mit erheblichen ihr eigenen Risiken verbunden, über die mit der Beklagten ausführlich hätte gesprochen werden müssen. Sollte, wie der Kläger in der Berufungsverhandlung angedeutet hat, die von ihm gewählte Art der Operationsausführung u.a. auch von der Absicht getragen gewesen sein, dem Wunsch seiner Patientinnen nach einer möglichst kurzen Behandlungsdauer entgegenzukommen, so wäre das, wie im übrigen auch die Sachverständige Professor S. betont hat, nur zu billigen gewesen, wenn er dabei besonders deutlich auf die damit verbundenen Risiken hingewiesen und im Aufklärungsgespräch seinerseits darauf hingewirkt hätte, die Patientinnen von dem Zeitdruck, unter den sie sich mit einem solchen Wunsch setzten, nach Möglichkeit zu befreien. Darüber hinaus gibt der Wortlaut des Formulars, auf dem sich der Kläger die Operationseinwilligung erteilen ließ, Anlaß zu dem durch den sonstigen Prozeßstoff nicht ausgeräumten Verdacht, daß er, soweit er überhaupt die Notwendigkeit eines zweiten Eingriffs erwähnt hat, diesen in nicht zu billigender Weise bagatellisiert hat. In dem Vordruck ist davon die Rede, daß "in manchen Fällen ein zusätzlicher kleiner Eingriff erforderlich" sei, was, worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat, zu der handschriftlich eingefügten Operationsbezeichnung "Bauchstraffung ... in zwei Abschnitten" in einem offentsichtlichen Widerspruch steht.

9

Zumindest aufgrund der Aussage des Zeugen B. bestehen auch Zweifel daran, daß der Kläger in angemessener Zeit vor der Operation ein Aufklärungsgespräch mit der Beklagten geführt hat. Für den Inhalt des ersten Gesprächs am 22. Oktober 1982, bei dem die Beklagte unstreitig die Operationseinwilligung noch nicht unterschrieben hat, hat der Kläger keinen Beweis angetreten. Daß er, wie er behauptet, der Beklagten eines der von ihm vorgelegten Merkblätter ausgehändigt hätte, ist durch die Aussage der Zeugin K. nicht bewiesen. Diese hat im Gegenteil bekundet, Merkblätter würden den Patientinnen im allgemeinen nicht mitgegeben; nur wenn noch besondere Fragen kämen, würde manchmal ein solches Merkblatt zugeschickt. Ist es richtig, daß, wie der Zeuge B. bekundet hat, die Beklagte den Kläger am 28. Oktober 1982 nicht angetroffen hat, dann könnte das eigentliche Aufklärungsgespräch erst am Morgen des 29. Oktober 1982 unmittelbar vor der Operation stattgefunden haben. Das wäre nicht nur, wie die Sachverständige Professor S. zum Ausdruck gebracht hat, unüblich, sondern auch unter rechtlichen Gesichtspunkten zu spät. Eine Patientin, die unmittelbar vor einer, im übrigen in keiner Weise dringenden Operation nur mit Slip und Bademantel bekleidet - so war es, wie der Aussage der Zeugin K. zu entnehmen ist und der Kläger im übrigen auch nicht bestritten hat, bei ihm üblich - im Behandlungszimmer des operierenden Arztes erscheint, um sich den die Operation vorbereitenden Maßnahmen zur Verfügung zu stellen, ist nicht mehr genügend frei, sich noch dafür entscheiden zu können, den Eingriff abzulehnen, auf ihr Zimmer zurückzugehen, sich anzuziehen und die Klinik zu verlassen. Das, was der Beklagten in diesem Zeitpunkt an Informationen gegeben worden sein sollte, könnte daher keine Grundlage für eine wirksame, den Eingriff rechtfertigende Einwilligung bilden.

10

Daß die Beklagte sich auch dann, wenn sie ordnungsgemäß aufgeklärt worden wäre, vom Kläger in der gleichen Weise hätte operieren lassen, behauptet dieser selbst nicht; es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich.

11

2.

Darüber hinaus spricht manches dafür, daß, wie das Landgericht angenommen hat, der Kläger einen Behandlungsfehler begangen hat, indem er eine Schnittführung wählte, die nicht nur ganz unüblich war, sondern, wie weiter oben näher dargelegt worden ist, mit der nicht gering einzuschätzenden Gefahr belastet war, zu einem kosmetisch minder guten Erfolg zu führen; ein Arzt ist grundsätzlich verpflichtet, von mehreren möglichen Behandlungsmethoden die am wenigsten riskante anzuwenden. Indessen kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits weder auf diese Frage noch darauf an, ob die vom Kläger gewählte Schnittführung dafür ursächlich ist, daß ein zufriedenstellendes Ergebnis bei der Beklagten nicht erreicht worden ist und, wie die Sachverständige Professor S. ausgeführt hat, auch nicht mehr herbeigeführt werden kann; die Sachverständige hat immerhin weiter dargelegt, daß die von der Beklagten gewünschte Bauchdeckenstraffung von vornherein problematisch war. Auch für die Bemessung des Schmerzensgeldes spielt es in diesem Falle keine Rolle, ob dem Kläger nur eine Verletzung der Aufklärungspflicht und damit des Selbstbestimmungsrechts seiner Patientin oder darüber hinaus auch noch ein Behandlungsfehler vorzuwerfen ist.

12

II.

Aus der durch das Fehlen einer wirksamen Einwilligung begründeten Rechtswidrigkeit des Eingriffs ergibt sich für die einzelnen mit der Klage und der Widerklage geltend gemachten Ansprüche folgendes:

13

1.

Ein Vergütungsanspruch steht dem Kläger nicht zu; die von der Beklagten bereits geleisteten 3.000 DM muß er zurückzahlen. Es mag offen bleiben, ob dieses Ergebnis bereits daraus folgt, daß der Vertrag wegen der Rechtswidrigkeit des geplanten und dann ausgeführten Eingriffs als insgesamt unwirksam anzusehen ist. Der Kläger kann jedenfalls auch auf der Grundlage der hier anzuwendenden vertragsrechtlichen Vorschriften kein Honorar beanspruchen. Diese Bestimmungen sind freilich entgegen der Ansicht der Beklagten nicht diejenigen des Werkvertragsrechts, sondern die des Dienstvertrages. Mit einer kosmetischen Operation wird zwar ein bestimmter Erfolg - hier eine Bauchdeckenstraffung ohne Zurückbleiben entstellender Narben - angestrebt. Da es sich aber auch dabei um einen Eingriff in den lebenden Organismus handelt, wird auch in einem solchen Fall wie bei einer sonstigen Heilbehandlungsmaßnahme nur die den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechende Behandlung, nicht aber der Erfolg als solcher geschuldet.

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Darin, daß die Beklagte sich der weiteren Behandlung durch den Kläger entzogen hat, liegt eine bei Arztverträgen nach § 627 BGB grundsätzlich jederzeit zulässige Kündigung des Vertragsverhältnisses. Der Kläger hat damit nur Anspruch auf den seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der vereinbarten Vergütung (§ 628 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dem trägt er in der Berufungsinstanz dadurch Rechnung, daß er nicht mehr das gesamte vereinbarte Honorar von 7.000 DM, sondern nur noch 3/4 hiervon, also 5.250 DM (einschließlich der bereits gezahlten und mit der Widerklage zurückgeforderten 3.000 DM) verlangt. Es kommt nicht darauf an, ob damit die beiden Operationsabschnitte im Verhältnis zueinander entsprechend ihrer Bedeutung und dem jeweiligen Leistungsumfang richtig bewertet sind. Nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB entfällt jedenfalls der Vergütungsanspruch - auch hinsichtlich der bereits erbrachten Leistungen - insgesamt, wenn die Kündigung des Patienten durch ein vertragswidriges Verhalten des Arztes veranlaßt ist und dessen bereits erbrachte Leistung infolge der Kündigung für den Patienten ohne Interesse ist. Das ist hier der Fall. Die Beklagte hat die Behandlung abgebrochen, weil sie mit der Art und Weise des nicht durch eine wirksame Einwilligung gedeckten Operationsvorgehens des Klägers nicht einverstanden war. Das vom Kläger erzielte Ergebnis ist für sie ohne Interesse, weil es sich, wie bereits erwähnt, nicht zu dem von ihr gewünschten Endzustand weiterführen läßt und überdies ein anderweitig durchgeführter zweiter Eingriff voraussichtlich kaum einfacher und billiger wäre, als wenn die Beklagte sich von vornherein von einem anderen Arzt nach der allgemein üblichen Methode hätte operieren lassen.

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2.

Das der Beklagten zu zahlende Schmerzensgeld ist mit den vom Landgericht zugesprochenen 6.000 DM zu knapp bemessen. Die Beklagte, die sich eine Verbesserung ihres Aussehens erhoffte, ist im Gegenteil durch den vom Kläger vorgenommenen rechtswidrigen Eingriff erheblich verunstaltet worden. Es steht darüber hinaus jetzt endgültig fest, daß sich der von der Klägerin gewünschte, damals vielleicht noch mögliche Erfolg nicht mehr erzielen läßt. Das dem Kläger zur Last fallende Verschulden ist beträchtlich; er ist den gerade bei kosmetischen Operationen zu stellenden besonders hohen Anforderungen an Umfang und Deutlichkeit der erforderlichen Aufklärung über die mit dem Eingriff verbundenen Risiken in keiner Weise gerecht geworden. Auf der anderen Seite darf freilich nicht außer Betracht gelassen werden, daß die Beklagte bei der Operation 41 Jahre alt und verheiratet war und daß die Verunstaltungen bei normaler Kleidung und auch in einem Badeanzug nicht zu sehen sind. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände erscheint ein Schmerzensgeld von 8.000 DM angemessen.

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III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 2 - die Schmerzensgeldmehrforderung ist unbedeutend -, § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, §§ 711 und 713 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Wert der Beschwer:

für den Kläger 13.250 DM,

für die Beklagte 1.000 DM.