Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 09.04.2015, Az.: 13 A 11333/14

Anerkennung; Dienstunfall; Polizeibeamter; Sport; außerdienstlicher Sport; Volleyballtraining

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
09.04.2015
Aktenzeichen
13 A 11333/14
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 44817
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Sportverletzung als Dienstunfall. Er ist als Polizeihauptmeister bei der Bundespolizeiinspektion Hannover tätig.

Unter dem 22.01.2003 erkannte die Beklagte „gemäß Sporterlass BMI - BGS I 4 - 653507/9 vom 24.06.1996 -“ an, dass für den außerdienstlichen Sport - Sportart: Volleyball beim D., in der E. beim Training mit dem Trainer F. jeweils mittwochs von 20 bis 22 Uhr für den Kläger Dienstunfallschutz besteht.

Am 18.01.2013 zeigte der Kläger einen am Freitag, den 14.09.2012, um 19:55 Uhr in G. erlittenen Unfall an. Danach hat er beim Volleyballtraining bei der neugegründeten VSG H. einen Bänderriss mit Knochenabsplitterung erlitten. Als Erläuterung führte der Kläger noch aus, der I. habe wegen Spielermangel die Spielgemeinschaft gründen müssen. Der Unfallmeldung waren Erklärungen der Zeugen J. (Spartenleiter des I.) und des Trainers K. sowie ein Attest des Facharztes für Orthopädie L. vom 28.11.2012 (Beiakte A Bl. 7) beigefügt.

Nach den vorgelegten Verwaltungsvorgängen hat der Kläger die Änderungen bei den Trainingszeiten, dem Trainingsort, in der Person des Trainers und des Veranstalters (Verein) zuvor nicht mitgeteilt.

Mit Bescheid vom 17.10.2013 der Bundespolizeidirektion Hannover lehnte die Beklagte die Anerkennung dieses beim außerdienstlichen Sport eingetretenen Ereignisses als Dienstunfall ab. Anerkannt sei der Dienstunfallschutz lediglich für außerdienstliches Volleyballtraining des I. in der E. jeweils wöchentlich am Mittwoch beim Trainer F.. Der Unfall sei jedoch an einem anderen Ort zu einer anderen Zeit unter einem anderen Trainer bei einem anderen Verein eingetreten.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er sei angehalten, Sport außerhalb der Dienstzeit zu betreiben. Die Sportart Volleyball sei als förderungswürdig anerkannt. Eine Ausübung des Sports an der ursprünglichen Trainingsstätte zu den ursprünglichen Zeiten sei nicht mehr möglich gewesen. Sein Sportverein habe sich mit einem anderen Verein zusammengeschlossen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Das Training der VSG H. in G. sei nicht als dienstliche Veranstaltung im Sinn des § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG anerkannt. Das Versäumnis, die geänderten Trainingsbedingungen anzuzeigen, gehe zu Lasten des Klägers. Der Widerspruchsbescheid wurde am 29. oder 30.07.2014 (es liegen unterschiedliche Empfangsbekenntnisse in der Akte vor) zugestellt.

Der Kläger hat am 21.08.2014 Klage erhoben.

Er trägt vor: Für den außerdienstlichen Volleyballsport sei Dienstunfallschutz zuerkannt worden. Durch den Zusammenschluss beider Vereine zu einer Sportgemeinschaft habe es zu den bisherigen Zeiten am bisherigen Ort kein Trainingsangebot mehr gegeben. Der Zusammenschluss beider Vereine habe in ihm, dem Kläger, zur Überzeugung geführt, dass eine Änderungsmitteilung unnötig sei. Aus § 31 BeamtVG ergebe sich nicht, dass eine Änderungsmitteilung erforderlich sei. Die Bundespolizeidirektion habe - wie sich aus den Dienstbucheinlegeblättern ergebe - das Volleyballtraining im Verein als Dienstzeit anerkannt. Der Unfall sei bei einem regulären Trainingsabend geschehen, ein Punktspiel habe nicht stattgefunden.

Der Kläger beantragt,

den Ausgangsbescheid der Beklagten vom 17.10.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2014 aufzuheben und den von ihm am 09.10.2013 gemeldeten Körperschaden als Folge eines Dienstunfalles anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Unfall sei nicht im Rahmen einer dienstlichen Veranstaltung eingetreten, sondern bei einer dem privaten Lebensbereich zuzuordnenden Freizeitbeschäftigung. Zwar würden Polizeibeamte zur Erhaltung der Polizeidienstfähigkeit angehalten, besonders viel und regelmäßig Sport zu treiben. Es fehle aber an der formellen Dienstbezogenheit. Zur Herstellung der formellen Dienstbezogenheit und des ggf. notwendig werdenden Nachweises des ursächlichen Zusammenhangs zwischen Unfall und dienstlicher Veranstaltung sei es notwendig, dass Trainingszeiten und Trainingsort dem Dienstvorgesetzten jeweils vorher schriftlich mitgeteilt werden. Das sei hier nicht geschehen. Von daher könne dahinstehen, inwieweit ein Punktspiel als Wettkampf gelte, und möglicherweise schon deshalb nicht als dienstliche Veranstaltung anerkannt werden könne. Das Volleyballtraining des Klägers sei auch nicht als Dienstzeit anerkannt worden.

Alle Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung und mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle der Kammer einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO durch den Berichterstatter und nach § 101 Abs. 2 VwGO weiterhin ohne mündliche Verhandlung.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Unfallereignisses am 14.09.2012 als Dienstunfall.

Dienstunfall ist gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist.

Daran fehlt es hier. Die Worte "in Ausübung des Dienstes" in § 31 Abs. 1 BeamtVG besagen, dass der Unfall während der Erledigung dienstlicher Obliegenheiten eingetreten sein muss. Erforderlich ist das Bestehen eines örtlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und der Dienstausübung. Der Kläger war bei Ausübung des Volleyballsports am 14. September 2012 indessen nicht dienstlich tätig; vielmehr handelte es sich um eine Freizeitbeschäftigung, die zum privaten Lebensbereich des Klägers gehört.

Zwar gehören nach Satz 2 Nr. 2 dieser Vorschrift zum Dienst auch die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen. Das Volleyballtraining am 14.09.2012 in Sibbesse wurde jedoch nicht als dienstliche Veranstaltung in diesem Sinn anerkannt.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat zu der Frage der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG u.a. ausgeführt (Urteil vom 22.11.1994 - 5 L 5418/93 -):

„Diese Vorschrift kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann zur Anwendung, wenn der Beamte den Unfall bei einer Tätigkeit erleidet, die im engen natürlichen Zusammenhang mit seinen eigentlichen Dienstaufgaben oder dienstlich notwendigen Verrichtungen oder dem dienstlichen Über- oder Unterordnungsverhältnis steht, bei der also der Beamte gewissermaßen "im Banne" des Dienstes steht. Die Veranstaltung muss im Zusammenhang mit den eigentlichen Dienstaufgaben stehen, dienstlichen Interessen dienen und, sei es unmittelbar oder mittelbar, von der Autorität eines Dienstvorgesetzten getragen und damit in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen sein (BVerwG, Urt. v. 19.4.1967 - VI C 96.23 -, ZBR 1968, 84; Urt. v. 13.8.1973 - VI C 26.70 -, ZBR 1974, 23; Urt. v. 31.1.1974 - II C 7.73 -, ZBR 1974, 236; Urt. v. 23.2.1989 - 2 C 38.86 -, Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 8). Stichwortartig werden die Voraussetzungen dahingehend zusammengefasst, dass die Veranstaltung nur dann eine "dienstliche Veranstaltung" im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG ist, wenn sie materiell und formell dienstbezogen ist.“

Dem schließt sich das Gericht an. Es bedarf hier keiner weiteren Prüfung, ob überhaupt nach diesen Grundsätzen eine materielle Dienstbezogenheit vorliegt. Es fehlt jedenfalls an der formellen Dienstbezogenheit.

Nach der Konzeption „Polizeitraining in der Bundespolizei“ - Anlage 1 - Besondere Regelungen für den Dienstsport in der Bundespolizei Nr. 3.1 - in Verbindung mit dem RdErl. des BMI vom 17.06.2008 - B 2 - 653 000/0 - sind zur Herstellung der formellen Dienstbezogenheit die Trainingszeiten und der Trainingsort dem Dienstvorgesetzten jeweils vorher schriftlich anzugeben. Bei Änderung der genannten Voraussetzungen ist ein erneuter Antrag zu stellen.

Der Kläger hat es hier versäumt, die geänderten Trainingszeiten und den neuen Trainer sowie den neuen Trainingsort zuvor mitzuteilen und auch hierfür die Anerkennung des Bestehens eines Dienstunfallschutzes zu beantragen. Nach alledem fehlt es an der formellen Dienstbezogenheit.

Diese Mitteilungspflicht eines Beamten nach Nr. 3.1 der Anlage 1 zur Konzeption „Polizeitraining in der Bundespolizei“ ist auch keine zu vernachlässigende bloße Förmlichkeit.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat in dem o.g. Urteil dazu ausgeführt:

„Es genügt also nicht die allgemeine Anerkennung der Polizeiförderlichkeit des Tennissports durch Runderlass vom 15. September 1987; erforderlich ist vielmehr zusätzlich eine personenbezogene Anerkennung der Teilnahme an Übungen dieser Sportart als dienstliche Veranstaltung. Im Rahmen dieses personenbezogenen Anerkennungsverfahrens muss der Dienstvorgesetzte auch die Möglichkeit haben zu prüfen, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, z. B., ob der Sport mit einer gewissen Regelmäßigkeit und unter Aufsicht einer sachkundigen Person ausgeübt wird. Darüber hinaus wird der Dienstvorgesetzte weitere Gesichtspunkte in seine Prüfung einzubeziehen haben wie z. B. die örtlichen Verhältnisse und die Qualität der Sportstätte, die Länge des Weges dorthin, die Intensität und Nachhaltigkeit der sportlichen Betätigung und ihren Effekt für die körperliche Leistungsfähigkeit des Polizeibeamten. Hierfür ist eine Prüfung der konkreten Umstände des Einzelfalls erforderlich.“

Dem schließt sich das Gericht an.

Für eine konkludente Genehmigung des Sports an dem hier in Rede stehenden Ort und zu den hier in Rede stehenden Trainingszeiten durch Anerkennung der außerdienstlichen Trainingszeiten als Dienststunden liegen keine Anhaltspunkte vor. Die Beklagte tritt einer solchen Anerkennung entgegen. Sie ergibt sich auch nicht aus vom Kläger vorgelegten Dienstbucheinlegeblättern.

Gründe für die Zulassung der Berufung gem. §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.