Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 21.03.2012, Az.: 15 Qs 12/12 - 144 Js 82011/11

Gebührenfestsetzung der notwendigen Auslagen für die Tätigkeit eines Verteidigers in einem Bußgeldverfahren bzgl. des Vorwurfs des Überschreitens der Höchstgeschwindigkeit

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
21.03.2012
Aktenzeichen
15 Qs 12/12 - 144 Js 82011/11
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2012, 27414
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2012:0321.15QS12.12.144JS82.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Osnabrück - 24.01.2012 - AZ: 222 OWi 821/ 11

Fundstelle

  • JurBüro 2013, 86-87

In der Bußgeldsache
gegen
wegen Ordnungswidrigkeit

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 24.01.2012 (Az.: 222 OWi 821/ 11) wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe

1

(I)

Mit Urteil vom 01.12.2011 hat das Amtsgericht Osnabrück den Betroffenen vom Vorwurf des Überschreitens der Höchstgeschwindigkeit freigesprochen.

2

Mit Schriftsatz vom 06.12.2011 hat der Verteidiger des Betroffenen die Festsetzung der notwendigen Auslagen für das bisherige Verfahren auf einen Betrag in Höhe von 716,38 € beantragt, wobei er die Grundgebühr gemäß Nr. 5100 VV RVG mit 85,-- €, die Verfahrensgebühren nach Nr. 5103 und Nr. 5109 VV RVG mit 135,-- € und die Terminsgebühr gemäß Nr. 5110 VV RVG mit 215,-- € angesetzt hat. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Antrages wird auf den zur Akte gereichten Schriftsatz verwiesen. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24.01.2012 hat das Amtsgericht die zu erstattenden Auslagen auf insgesamt 454,58 € festgesetzt. In dem Beschluss, der dem Verteidiger am 13.02.2012 zugestellt worden ist, sind die Grundgebühr (Nr. 5100 VV RVG) auf 60,-- €, die Verfahrensgebühren gemäß Nr. 5103 auf 70,-- €, die Verfahrensgebühr gemäß 5109 VV RVG auf 80,-- € und die Terminsgebühr auf 140,-- € festgesetzt worden. Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Betroffene mit Verteidigerschriftsatz am 13.02.2012 sofortige Beschwerde eingelegt und diese begründet. Hinsichtlich der Begründung wird auf den Schriftsatz Bezug genommen. Der Bezirksrevisor ist gehört worden und beantragt, die sofortige Beschwerde zu verwerfen.

3

(II)

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

4

Mit dem Amtsgericht ist die Kammer der Auffassung, dass die geltend gemachten Gebühren im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 4 RVG unbillig hoch und damit unverbindlich sind. Die Gebühren waren jeweils höchstens in der vom Amtsgericht festgesetzten Höhe gerechtfertigt. Die Rahmengebühr nach § 14 RVG ist unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen.

5

Zunächst ist festzustellen, dass die Gebührenfestsetzung unabhängig von der Kostenstruktur und des Kostendeckungsgrades des Anwalts erfolgt. Das anwaltliche Gebührenrecht ist gerade so konzipiert, dass es Fälle geben kann, in denen die Vergütung nicht kostendeckend ist, was aber dadurch ausgeglichen wird, dass im Gegensatz dazu in anderen Fällen im Hinblick auf den Arbeitsaufwand eine unverhältnismäßig hohe Vergütung erfolgt.

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1)

Der vorgegebene Gebührenrahmen für die Grundgebühr gemäß Nr. 5100 VV RVG, mit der die Verteidigertätigkeit für die Ersteinarbeitung sowie die Beschaffung der Erstinformation vergütet wird, gilt für die Verteidigertätigkeit in allen Instanzen unabhängig von der Höhe der Geldbuße und der Art der Ordnungswidrigkeit. Vor diesem Hintergrund ist der vorliegende Fall als weit unterdurchschnittlich einzustufen. Verfahrensgegenstand war hier eine Verkehrsordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße in Höhe von 70,-- €. Es ist hier zu beachten, dass der vorgegebene Gebührenrahmen für die Verfahrensgebühr für Geldbußen zwischen 40,-- und 5.000,-- € mit bzw. ohne Verhängung eines Fahrverbots gilt und der vorliegende Fall einer Geldbuße in Höhe von 70,-- € angesichts dessen als unterdurchschnittlich anzusehen ist. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass sich Verkehrsordnungswidrigkeiten hinsichtlich der verhängten Geldbuße im unteren Bereich des hier möglichen Rahmens halten und Verkehrsordnungswidrigkeiten eine Vielzahl der Ordnungswidrigkeitenverfahren betreffen. Auch wenn Ordnungswidrigkeitenverfahren in einem hohen Anteil Verkehrsordnungswidrigkeiten zum Gegenstand haben, werden die Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren dadurch nicht bedeutsamer oder schwieriger. Dementsprechend steht nach ständiger Rechtsprechung des Landgerichts Osnabrück in Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren dem Verteidiger grundsätzlich nur ein Anspruch auf Gebühren unterhalb der so genannten Mittelgebühr zu (Vgl. dazu: Landgericht Osnabrück, Entscheidung vom 25.11.2005, 15 Qs 106/05; Landgericht Osnabrück, Entscheidung vom 21.04.2005, 2 Qs 27/05; Landgericht Osnabrück, Entscheidung vom 16.07.2008, 15 Qs 56/08; Landgericht Osnabrück vom 09.02.2009, 15 Qs 129/ 08; Landgericht Osnabrück vom 21.04.2010, 15 Qs 15/ 10; Landgericht Osnabrück vom 27.07.2010, 15 Qs 37/ 10; Landgericht Osnabrück vom 04.07.2011, 15 Qs 48/ 11). Die indirekte Heranziehung der Höhe der Geldbuße unter dem Gesichtspunkt der Bedeutung der Angelegenheit für den Betroffenen stellt auch keine unzulässige "Doppelverwertung" dar, da gerade die Höhe der finanziellen Belastung durch den Bußgeldbescheid eines der ausschlaggebenden Kriterien dafür ist, welche Bedeutung die Angelegenheit für den Betroffenen hat. Umfang als auch Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind hier als deutlich unterdurchschnittlich anzusehen. Die Akte umfasst bis zur Verteidigungsanzeige und zum Akteneinsichtsgesuch gerade einmal 22 Seiten und bis zum freisprechenden Urteil gerade einmal 58 Seiten, so dass die festgesetzten 60,-- € in keinem Falle zu gering angesetzt sind.

7

2)

Aufgrund des Vorgenannten ist auch die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 5103 VV RVG (Verfahren vor der Verwaltungsbehörde) vom Amtsgericht mit 70,-- € angemessen festgesetzt worden. Auch insoweit ist die Tätigkeit des Verteidigers des Betroffenen lediglich als unterdurchschnittlich anzusehen. Die Sach- und Rechtslage ist vor dem Hintergrund, dass es lediglich um eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und die damit zusammenhängende Frage ging, ob der Betroffene der Führer des Pkw war, als einfach gelagert zu bezeichnen. Besondere tatsächliche bzw. rechtliche Schwierigkeiten sind insofern nicht ersichtlich. Der Verteidiger meldete sich erst nach Erlass des Bußgeldbescheides zur Akte, legte Einspruch gegen diesen ein und erbat Akteneinsicht. Nach der Akteneinsicht begründete er den Einspruch mit einer knapp halbseitigen Einlassung und ergänzte diese mit einem weiteren ebenso kurzen Schriftsatz.

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3)

Aufgrund des Vorgenannten ist auch die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 5109 VV RVG (Verfahren vor dem Amtsgericht) vom Amtsgericht mit 80,-- € angemessen festgesetzt worden. Auch insoweit ist die Tätigkeit des Verteidigers der Betroffenen als unterdurchschnittlich anzusehen. Die Sach- und Rechtslage ist wie bereits dargelegt, als einfach gelagert zu bezeichnen. Besondere tatsächliche bzw. rechtliche Schwierigkeiten sind - wie bereits dargelegt - insofern nicht ersichtlich. Der Verteidiger meldete sich nach Erlass des Bußgeldbescheides zur Akte, legte Einspruch gegen diesen ein und erbat Akteneinsicht. Nach der Akteneinsicht begründete er den Einspruch mit einer knapp halbseitigen Einlassung und ergänzte diese mit einem weiteren ebenso kurzen Schriftsatz.

9

4)

Schließlich war auch hinsichtlich der Terminsgebühr gemäß Nr. 5110 VV RVG von einem unterdurchschnittlichen Aufwand auszugehen, so dass diese vom Amtsgericht angemessen mit 140,-- € festgesetzt worden ist. Der Hauptverhandlungstermin am 01.12.2012, der ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls nur knapp 7 Minuten dauerte und damit eine weit unterdurchschnittliche Terminsdauer aufwies, war aus Sicht des Verteidigers weder tatsächlich noch rechtlich als schwierig zu bezeichnen. Unter Beachtung der Terminsdauer und des Umstands, dass außer der kurzen Einlassung des Betroffenen nur ein Zeuge und einige Lichtbilder in Augenschein genommen worden sind, ist die Festsetzung der Terminsgebühr durch das Amtsgericht als angemessen anzusehen. Dabei war auch hinsichtlich der Terminsgebühr wiederum zu bedenken, dass der vorgegebene Gebührenrahmen für Geldbußen zwischen 40,-- und 5000,-- € gilt und hier nur eine Geldbuße in Höhe von 70,-- € gegeben war. Auch die Vorbereitung auf den Termin rechtfertigt keine höhere Gebühr, da die Vorbereitung des Termins in den Abgeltungsbereich der Verfahrensgebühr fällt.

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5)

Unerheblich ist letztlich auch, ob von einer Unbilligkeit der geltend gemachten Gebühren erst dann ausgegangen werden kann, wenn diese die angemessenen um mehr als 20% überschreiten. Die ist vorliegend der Fall. Dies führt dann aber nicht dazu, dass der Rechtsanwalt die angemessenen Gebühren plus 20% erhält, da ansonsten derjenige, der von Anfang zu viel verlangt, gegenüber demjenigen privilegiert wird, der lediglich die angemessenen Gebühren verlangt. Aus diesem Grunde ist es auch unerheblich, dass im Schriftsatz vom 10.01.2012 als Reaktion auf die Stellungnahme des Bezirksrevisors die Höhe der festzusetzenden Terminsgebühr auf 167,-- € herabgesetzt worden ist.

11

(III)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit § 473 StPO.

Eichmeyer - Vorsitzender Richter am Landgericht
Schmidt - Richter am Landgericht
Kolbe - Richter am Landgericht