Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 23.07.2012, Az.: 2 Qs 51/12
Bibliographie
- Gericht
- LG Osnabrück
- Datum
- 23.07.2012
- Aktenzeichen
- 2 Qs 51/12
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2012, 44382
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG - 27.03.2012 - AZ: XX
Dem Pflichtverteidiger stehen Gebührenansprüche gem. Ziff. 4143 VV RVG gegen die Landeskasse nur dann zu, wenn er ausdrücklich auch für das Adhäsionsverfahren beigeordnet worden ist.
Tenor:
1. Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors vom 19.06.2012 wird der Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 29.05.2012 aufgehoben und die Vergütung des Pflichtverteidigers Rechtsanwalt M. auf 706, 68 € festgesetzt.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Beschwerdewert beträgt 521,22 €.
Gründe
I.) Mit Beschluss vom 27.03.2012 bewilligte das Amtsgericht Osnabrück dem Neben- und Adhäsionskläger Prozesskostenhilfe für das Adhäsionsverfahren und ordnete ihm Rechtsanwalt S. zur Wahrnehmung seiner Rechte im Adhäsionsverfahren bei. Dem Verurteilten ordnete das Amtsgericht Osnabrück mit Beschluss vom (richtiger Weise) 03.04.2012 Rechtsanwalt M. als Pflichtverteidiger bei. Mit Schriftsatz vom 04.04.2012 begehrte Rechtsanwalt M. Vergütungsfestsetzung i.H.v. insgesamt 1.227,90 €. Er verlangte u.a. auch die Festsetzung der Gebühr für das Verfahren über vermögensrechtliche Ansprüche des Verletzten gem. Ziff. 4143 VV RVG i.H.v. 438,-- €. Am 27.04.2012 setzte das Amtsgericht Osnabrück die Vergütung auf 708,68 € fest. Hiergegen richtete sich die als Erinnerung zu wertende Eingabe des beigeordneten Rechtsanwalts M. vom 02.05.2012. Mit Beschluss vom 29.05.2012 änderte das Amtsgericht den Festsetzungsbeschluss vom 27.04.2012 dahingehend ab, dass dem Pflichtverteidiger auch die Gebühr gem. Ziff. 4143 VV RVG zu vergüten ist. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Bezirksrevisors vom 19.06.2012.
II.) Die gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde des Bezirksrevisors ist in der Sache begründet.
Rechtsanwalt M. hat durch seine Tätigkeit im Adhäsionsverfahren erster Instanz keinen Gebührenanspruch gegen die Landeskasse. Zur Begründung wird auf die Stellungnahmen des Bezirksrevisors vom 14.05.2012 und vom 19.06.2012 verwiesen, denen sich die Kammer anschließt. Erforderlich ist eine ausdrückliche Beiordnung des Rechtsanwalts auch für das Adhäsionsverfahren. Das folgt bereits aus dem Wortlaut des § 48 Abs. 4 S. 1 RVG. Ein Anspruch auf Erstattung der Gebühr gem. Ziff. 4143 VV RVGergibt sich auch nicht daraus, dass dem Verurteilten gem. § 140 Abs. 2 StPO ein Pflichtverteidiger bestellt worden ist. Eine derartige Rechtsauffassung steht im Widerspruch zu § 404 Abs. 5 StPO. Danach ist einem Angeklagten (Angeschuldigten), der bereits einen Verteidiger hat, ein Rechtsanwalt zur Abwehr des Adhäsionsanspruchs nur unter den Voraussetzungen der §§ 114 ff. ZPO beizuordnen. Dass das Amtsgericht die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten und die Erfolgsaussichten seiner Verteidigung gegen den geltend gemachten Adhäsionsanspruch geprüft hat, ist der Akte nicht zu entnehmen. Das wäre aber schon wegen der unterschiedlichen Zielsetzung der §§ 140 ff. StPO einerseits und der §§ 404 Abs. 5 StPO, 114 ff. ZPO andererseits geboten gewesen. Während die §§ 140 ff. StPO dem im öffentlichen Interesse liegenden Zweck dienen, eine ordnungsgemäße Verteidigung und einen ordnungsgemäßen Verfahrensablauf zu gewährleisten, liegt die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche im Strafverfahren im individuellen Interesse des Verletzten (OLG Stuttgart, Beschluss vom 22.04.2012, Az. 1 Ws 178/10, Rdrn. 14 ff., OLG Oldenburg, Beschluss vom 06.04.2009, Az. 1 Ws 38/09, Rdnrn. 10 ff., jeweils zitiert nach juris). Es ist deshalb notwendig, vor einer Beiordnung im Adhäsionsverfahren die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung und die persönlichen wie wirtschaftlichen Voraussetzungen der jeweiligen Partei zu prüfen.
Die Vergütung ist deshalb wie folgt festzusetzen:
1 | Grundgebühr gem. Ziff. 4100 VVRVG | 132,00 € |
---|---|---|
2 | Verfahrensgebühr für das Ermittlungsverfahren gem. Ziff. 4104 VV RVG | 112,00 € |
3 | Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug gem. Ziff. 4106 VV RVG | 112,00 € |
4 | Terminsgebühr gem. Ziff. 4108 VV RVG | 184,00 € |
6 | Post-/ Telekommunikationspauschale gem. Ziff. 7000 VV RVG | 20,00 € |
7 | Dokumentenpauschale gem. Ziff. 7008 VV RVG | 33,85 € |
8 | Mehrwertsteuer | 112,83 € |
9 | Gesamt: | 706,68 € |