Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 19.07.2010, Az.: 3 U 96/10

Pflichten eines Rechtsanwalts bei Vertretung des Mandanten gegenüber einer Versicherung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
19.07.2010
Aktenzeichen
3 U 96/10
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2010, 21761
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2010:0719.3U96.10.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - AZ: 20 O 277/09

Fundstellen

  • BRAK-Mitt 2010, 256
  • VRR 2011, 108

Amtlicher Leitsatz

1. Soweit nicht besondere Umstände gegeben sind, ist der mit einer Versicherungssache beauftragte Rechtsanwalt grundsätzlich gehalten, den Mandanten und Versicherungsnehmer auf die Möglichkeit der Leistungsfreiheit der Versicherung gemäß §§ 23, 25 VVG a.F. aufmerksam zu machen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Versicherung sich darauf beruft.

2. Zur am Ausgangsprozess orientierten Beweislast im Regressprozess und zur Beweiswürdigung bei der Frage der haftungsausfüllenden Kausalität.

In dem Rechtsstreit

Z. T., ...,

Klägerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwältin ...,

gegen

P. P., ...,

Beklagter und Berufungsbeklagter,

Prozessbevollmächtigte:

Anwaltsbüro ...,

Tenor:

beabsichtigt der Senat, die Berufung der Klägerin gegen das am 7. Juni 2010 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert.

Gründe

1

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einem anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

3

Der Sohn der Klägerin, D. T., erwarb am 17. April 2007 bei der X Niederlassung in H. einen gebrauchten Pkw X (Erstzulassung 7. Juni 2004) zum Kaufpreis von insgesamt 35.000 €, wobei er 10.000 € bar anzahlte und den Rest durch ein Darlehen finanzierte (vgl. Bl. 149 ff. GA I). Das Fahrzeug wurde nicht nur von D. T., sondern auch von seinen Eltern, der Klägerin und A. T. genutzt. Die Klägerin schloss als Versicherungsnehmerin mit der D. Versicherungen (im Folgenden nur Versicherung, KaskoVersicherung oder D.) eine Haftpflicht sowie Teil und Vollkaskoversicherung für das Fahrzeug ab (Anlage K 2, Bl. 22 ff. GA I). Wer Eigentümer des Fahrzeugs wurde ob die Klägerin oder ihr Sohn D. T. ist zwischen den Parteien streitig.

4

Am 1. September 2007 - die Klägerin befand sich zu diesem Zeitpunkt mit Ehemann und Sohn im Urlaub in B., woher die Familie stammt meldete die Klägerin bei der Polizei in V., einer Kleinstadt in der Nähe ihres Heimatortes, um 23:10 Uhr den Diebstahl des vorbezeichneten Fahrzeugs (Anlage K 1, Bl. 16 ff. GA Original und beglaubigte Übersetzung). Am 10. September 2007 zeigte die Klägerin den Verlust des Fahrzeugs der KaskoVersicherung an (Anlage K 8, Bl. 74 f. GA). Bereits im Jahr zuvor war der Familie ein von A. T. bei der ... Allgemeine Versicherung AG versicherter Pkw Y in T. in B., dem Herkunftsort der Familie, abhanden gekommen, wobei der Schaden in der Folge zu 50 % reguliert worden war. Bei einem aufgrund der neuen Schadensanzeige vereinbarten Hausbesuch bei der Familie T. am 5. Oktober 2007, der dazu diente, weitere Einzelheiten zum Schadensereignis und dem Fahrzeug zu klären, füllte der für die D. tätige Zeuge B. nach den Angaben der drei anwesenden Familienmitglieder einen für derartige Fälle vorformulierten Fragebogen aus (Anlage B 3, Bl. 76 ff. GA).

5

Da die D. im Folgenden die Regulierung des Schadens ablehnte, beauftragte die Klägerin den Beklagten mit der gerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche. Dieser erhob mit Schriftsatz vom 6. Februar 2008 gegen die Versicherung Klage vor dem Landgericht Hannover (Aktenzeichen 6 O 39/08) über eine Forderung in Höhe von 34.875,01 € nebst Zinsen und weiterer Nebenforderungen. Die D. verteidigte sich im Vorprozess damit, dass sie zum einen das Vorliegen eines Diebstahls u. a. mit Blick auf ein erstelltes Schlüsselgutachten, wonach Kopierspuren an einem der Autoschlüssel festgestellt worden waren, in Abrede nahm. Zum anderen machte sie geltend, sie sei schon deswegen leistungsfrei, weil die Klägerin sowie ihr Ehemann und Sohn den Fahrzeugschein, der sich am 1. September 2007 unstreitig in dem Fach in der Mittelkonsole des Fahrzeugs befunden hatte, dauerhaft im Wagen verwahrt und damit die Gefahr eines Diebstahls erhöht hätten. Den Klagerwiderungsschriftsatz, in dem sich die vorstehenden Ausführungen fanden, übersandte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 7. Mai 2008 (Anlage K 4, Bl. 42 GA I) mit der Bitte, zu den streitigen Punkten Stellung zu nehmen. Eine Unterredung mit A. und D. T. fand insoweit am 14. Mai 2008 in den Büroräumen des Beklagten statt, worüber dieser eine Aktennotiz (Anlage B 1, Bl. 127 ff. GA I) fertigte. Mit der Replik vom 27. Mai 2008 (Anlage K 4, Bl. 43 ff. GA I) machte der Beklagte zwar Rechtsausführungen zu der Frage, ob die Aufbewahrung des Versicherungsscheins in der Mittelkonsole des Pkw einen Gefahr erhöhenden Umstand darstellte, bestritt aber nicht den Umstand, dass der Fahrzeugschein an diesem Ort dauerhaft aufbewahrt worden war.

6

Das Landgericht Hannover wies die Klage mit Urteil vom 12. November 2008 mit der Begründung ab, das dauerhafte Aufbewahren des Kfz-Scheins im Pkw stelle eine erhebliche Gefahrerhöhung i. S. d.§§ 23, 29 VVG a. F. dar. Die dagegen gerichtete Berufung zum Oberlandesgericht Celle, für deren Durchführung die Klägerin einen anderen Rechtsanwalt beauftragt hatte (vgl. Anlage K 6, Bl. 55 ff. GA I), blieb erfolglos. Der für Versicherungssachen zuständige 8. Zivilsenat wies nach Erteilung eines entsprechenden Hinweises am 9. Februar 2009 die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurück (Anlage K 6, Bl. 60 ff., 63 ff. GA I).

7

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten nunmehr Schadensersatz in Höhe der ihr entgangenen Versicherungsleistung, die sie - orientiert an dem streitigen Wert des Pkw im Zeitpunkt seines Verschwindens - mit 34.575,01 € beziffert sowie die Kosten des Vorprozesses in Höhe von 11.150,77 € (insgesamt 45.725,78 €9) - hilfsweise zu zahlen an ihren Sohn D.. Zudem begehrt sie Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des vorliegenden Verfahrens.

8

Sie hat behauptet, der Pkw X sei am 1. September 2007 in der Stadt V. in B. von einem Parkplatz am Straßenrand in der Nähe einer Apotheke gestohlen worden. Dort habe die Klägerin das Fahrzeug im Beisein ihres Ehemannes gegen 21:30 Uhr abgestellt. Anschließend hätten sie ihren Sohn in einem in der Nähe gelegenen Café getroffen. Bei ihrer Rückkehr gegen 23:00 Uhr sei das Fahrzeug verschwunden gewesen. Bei der Polizei hätten sie den genauen Abstellort nicht angeben können, da eine Beschilderung der Straßen gefehlt habe, weshalb sie dem Polizeibeamten den Abstellort lediglich bei einer Ortsbegehung hätten zeigen können. Die daraufhin eingeleiteten Ermittlungen seien erfolglos geblieben und das Fahrzeug sei auch in der Folgezeit nicht aufgefunden worden. Sie hat bestritten, dass der Kfz-Schein dauerhaft und generell in dem Pkw aufbewahrt worden sei. Vielmehr habe er sich nur ausnahmsweise gerade am Abend des Diebstahls in der Mittelkonsole des Fahrzeugs befunden. Der Beklagte - so hat sie behauptet - habe sie über die Bedeutung dieses Umstands nicht unterrichtet. Aus der viele Seiten umfassenden Klageerwiderung im Vorprozess hätten weder sie noch ihre Familie die streitentscheidende Bedeutung dieses Umstands erkennen können. Auch bei dem vorangegangenen Besprechungstermin mit dem Versicherungsmitarbeiter sei davon nicht die Rede gewesen. Sie hat bestritten, dass sie oder ihre Familiengehörigen gegenüber dem Zeugen B. angegeben hätten, den Fahrzeugschein ständig im Wagen aufzubewahren. Wäre im Vorprozess über diese Frage durch Vernehmung ihres Ehemanns und Sohnes sowie des Versicherungsmitarbeiters Beweis erhoben worden, hätte die beklagte Versicherung den ihr obliegenden Beweis nicht führen können. Die einmalige Verwahrung des Kfz-Scheins in dem Fahrzeug sei hingegen kein gefahrerhöhender Umstand. Soweit sich nach dem Schlüsselgutachten Kopierspuren an einem der Schlüssel befunden haben, hat sie bestritten, dass sie oder ihre Familie die Erstellung einer Schlüsselkopie veranlasst hätten. Möglicherweise hätten dies die Voreigentümer getan.

9

Der Beklagte ist dem entgegen getreten und hat nicht nur die ihm vorgeworfene Pflichtverletzung, sondern auch deren Kausalität in Abrede genommen. Er habe sich auf die Richtigkeit der ihm von den Mandanten erteilten Informationen verlassen müssen. Er habe bei dem Gespräch vom 14. Mai 2008 den Vortrag der Versicherung aus der Klageerwiderung - auch in Bezug auf die Verwahrung des Kfz-Scheins - mit dem Sohn und Ehemann der Klägerin persönlich erörtert. Die ständige Aufbewahrung im Fahrzeug hätten A. und D. T. nicht in Abrede genommen. Dass das Fahrzeug in B. tatsächlich entwendet worden sei, hat der Beklagte mit Nichtwissen bestritten, ebenso den Umstand, dass es noch immer verschwunden sei. Die Erklärungen, die die Klägerin, ihr Ehemann und ihr Sohn gegenüber dem Zeugen B. abgegeben hätten, seien wahrheitsgemäß gewesen.

10

Das Landgericht hat zu der Frage, welche Angaben die Klägerin und ihre Familienangehörigen dem Zeugen B. gegenüber zum dauerhaften Aufbewahrungsort der Kfz-Scheins gemacht haben sowie zu der Frage der Anfertigung von Nachschlüsseln Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A. und D. T. sowie des Zeugen M. B.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 29. April 2010 (Bl. 186 ff. GA I) Bezug genommen. Das Landgericht hat daraufhin die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stünden Schadensersatzansprüche gem. §§ 675, 280 BGB gegen den Beklagten nicht zu, obgleich dieser seine vertraglichen Pflichten durch die mangelnde Erläuterung der rechtlichen Bedeutung der Aufbewahrung des Fahrzeugscheins im Pkw verletzt habe. Indessen sei die Pflichtverletzung für den Schaden der Klägerin nicht kausal geworden. Die dauerhafte Aufbewahrung des Fahrzeugscheins im Pkw stelle eine Gefahrerhöhung dar, die zu einer Leistungsfreiheit nach §§ 23, 25 VVG führe. Aufgrund der Beweisaufnahme stehe fest, dass es der Versicherung auch im Vorprozess gelungen wäre, den ihr obliegenden Beweis der erheblichen Gefahrerhöhung zu erbringen. Der Zeuge B. habe bekundet, dass er als Regulierungsbeauftragter der D. mit der Klägerin sowie ihrem Ehemann und Sohn ein ausführliches Gespräch geführt habe, bei dem die Schadensanzeige vom 5. Oktober 2007 aufgenommen worden sei. Dabei sei ihm mitgeteilt worden, dass der Fahrzeugschein ständig und nicht nur ausnahmsweise in dem Pkw X aufbewahrt worden sei, weil es sich um das Familienfahrzeug gehandelt habe, das von allen dreien gefahren worden sei. Zwar schlössen sich die Aussage des Zeuge B. und die Aussagen der Zeugen T., die Gegenteiliges bekundet hätten, gegenseitig aus. Die Kammer könne sich den Angaben der Zeugen T., die im Gegensatz zu dem Zeugen B. ein besonderes persönliches Interesse an dem Ausgang des Rechtsstreits gehabt hätten, aber nicht anschließen. ImÜbrigen hätten die beiden Zeugen T. - im Gegensatz zu dem Zeugen B. keine lebendige Darstellung des Gesprächs abgegeben, sondern sich darauf beschränkt zu bekunden, sie hätten dem Zeugen B. nicht gesagt, dass der Fahrzeugschein dauerhaft in dem Pkw aufbewahrt würde.

11

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klaganträge weiter verfolgt, wobei sie die Beweiswürdigung des Landgerichts angreift. Insbesondere mit Blick auf die schriftlichen Ausführungen in dem Schadensbericht vom 5. Oktober 2007, in dem - unstreitig - von einer dauerhaften Verwahrung des Fahrzeugscheins in dem Pkw nicht die Rede sei, obwohl aufgrund des Inhalts der abzuarbeitenden Fragen dazu Anlass bestanden hätte, sei die Aussage des Zeugen B. keineswegs glaubhaft. Soweit er seine Angaben auf den Inhalt eines seiner Aussage zufolge - fünf Monate nach dem Gespräch - am 10. März 2008 gefertigten internen Bericht gestützt habe, sei nicht erklärlich, weshalb er sich zu diesem Zeitpunkt noch an Einzelheiten des Gesprächs habe erinnern können. Darauf, ob die Zeugen T. eine lebendige Darstellung abgegeben hätten, komme es nicht an, zumal die Beweisfragen eng eingegrenzt gewesen seien und sich mit ´Ja´ oder ´Nein´ hätten beantworten lassen. Überdies seien die Zeugen auch nicht ermuntert worden, weitere Ausführungen zu machen. Es sei daher erforderlich, die Beweisaufnahme zu wiederholen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Berufungsschrift vom 21. Juni 2010, mit der die Berufung zugleich begründet worden ist, Bezug genommen.

12

II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Sache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu noch ist die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts geboten. Der Senat hält daher die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO für gegeben.

13

Zu Recht hat das Landgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag (§§ 611, 675 BGB) abgelehnt.

14

1. Offen bleiben kann, ob der Beklagte - wie das Landgericht angenommen hat - seine ihm gegenüber der Klägerin und ihren Familienangehörigen aus dem Anwaltsvertrag obliegenden Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hat. Jedenfalls hat sich eine etwaige Verletzung der anwaltlichen Pflichten auf das Ergebnis des Vorprozesses nicht ausgewirkt. Denn auch bei pflichtgemäßem Verhalten des Beklagten wäre der Prozess verloren gegangen (siehe dazu 2.).

15

a) Soweit der Mandant nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf, ist der Rechtsanwalt grundsätzlich zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. Unkundige muss erüber die Folgen ihrer Erklärungen belehren und vor Irrtümern bewahren. In den Grenzen des Mandats hat er dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziele zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist (BGHZ 171, 262 ff., zitiert nach Juris Rn. 9). Dazu gehört, dass der Anwalt sich über die Sach und Rechtslage klar werden und diese dem Auftraggeber verständlich darstellen muss. Der Mandant benötigt dabei nicht unbedingt eine vollständige rechtliche Analyse, sondern allein die Hinweise, die ihn im Hinblick auf die aktuelle Situation und sein konkretes Anliegen die notwendige Entscheidungsgrundlage liefern (BGHZ, aaO., Rn. 10).

16

b) Gemessen an diesen Grundsätzen ist eine Pflichtverletzung durch den Beklagten in Betracht zu ziehen, weil auch aus seinem eigenen Vortrag nicht deutlich wird, dass er die Klägerin bzw. ihre Angehörigen anlässlich des Beratungsgesprächs vom 14. Mai 2008, dessen Gegenstand die Erörterung der Klagerwiderung der Versicherung im Vorprozess war, auf die in Rede stehende Problematik der Leistungsfreiheit der Versicherung gemäß §§ 23, 25 VVG a. F. mit Blick auf die dauerhafte Verwahrung des Fahrzeugscheins in der Mittelkonsole des PKW X hingewiesen hat.

17

Nach der Rechtsprechung des für das Versicherungsvertragsrecht zuständigen 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle stellt das dauerhafte Verwahren des Kfz-Scheins im Fahrzeug eine grob fahrlässige Gefahrerhöhung dar, die die Leistungsfreiheit des Versicherers gemäß §§ 23, 25 VVG a. F. zur Folge hat. Gemäß § 23 Abs. 1 VVG a. F. darf der Versicherungsnehmer nach dem Abschluss des Vertrages nicht ohne Einwilligung des Versicherers eine Erhöhung der Gefahr vornehmen, wobei gemäß § 29 Satz 1 VVG a. F. eine unerhebliche Gefahrerhöhung nicht in Betracht kommt. Dies hat den Hintergrund, dass aufgrund der vorvertraglichen Anzeigepflichten des Versicherungsnehmers der Versicherer in der Lage ist, das zu übernehmende Risiko zu definieren und die dafür erforderliche Prämie zu kalkulieren. Nachträglich Abweichungen können begrifflich eine Gefahrerhöhung darstellen (OLG Celle, VersR 2008, 204 ff., [OLG Celle 09.08.2007 - 8 U 62/07] zitiert nach Juris Rn. 38, 39). Dass ein Dieb mit der Entwendung des Fahrzeugs zugleich in den Besitz des Kfz-Scheins gelangt, bedeutet für ihn unabhängig von der Frage der Diebstahlskausalität als solcher eine gewisse Erleichterung und damit versicherungsrechtlich eine Verfestigung des Schadens (OLG Koblenz, RuS 2002, 448, zitiert nach Juris Rn. 7). Zwar wird bei der nur kurzzeitigen Verwahrung des Kfz-Scheins, dem anders als dem Kfz-Brief nur untergeordnete Bedeutung zukommt, eine erhebliche Gefahrerhöhung in der Regel nicht angenommen (OLG Koblenz, aaO., und VersR 1998, 233[OLG Koblenz 25.04.1997 - 10 U 1437/96]). Auch wenn der Kraftfahrzeugschein für die Verwertung des Fahrzeugs keine wesentliche Legitimationswirkung aufweist, kann ein Straftäter, der sich ein Fahrzeug beschafft und sich im Besitz des Kfz-Scheins befindet, aufgrund dessen aber unter Umständen dem Verdacht des Diebstahls oder einer gründlicheren Untersuchung oder Ermittlung entgehen. Mit dem 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle ist überdies davon auszugehen, dass allgemein bekannt ist, dass Fahrzeugpapiere nicht im Pkw aufgewahrt werden sollen. Eine Gefahrerhöhung, die die Erheblichkeitsgrenze des § 29 VVGüberschreitet, ist hiernach zu bejahen, wenn wegen des Zurücklassens des Fahrzeugscheins im Handschuhfach - und für die Mittelkonsole kann nichts anderes gelten - die dringende, zumindest erhöhte Gefahr eines Diebstahls des Fahrzeugs besteht, weil der vertragsmäßig vorausgesetzte Standard an Sicherheit erheblich herabgesetzt und damit unterschritten wird (OLG Celle, aaO., Juris Rn. 45). Die Mittelkonsole ist ebenso wie das Handschuhfach kein geeigneter Platz für die Aufbewahrung der Fahrzeugpapiere. Erfahrungsgemäß halten Diebe gerade dort Nachschau, weil sie mit der verbreiteten Unsitte rechnen, dass im Handschuhfach - ebenso wie in der Mittelkonsole - neben Wertsachen Kraftfahrzeugpapiere und Reserveschlüssel aufbewahrt werden (OLG Celle, aaO., Juris Rn. 45, 46). Das dauerhafte Verwahren des Kfz-Scheins im Handschuhfach oder überhaupt im PKW, mithin auch in der Mittelkonsole, stellt eine Änderung der Gefahrenlage dar, die sich nicht mehr innerhalb der Bandbreite des vom Versicherer mit Vertragsschluss übernommenen Durchschnittsrisikos hält. Es ist dem Versicherer nicht zuzumuten, dass dieses Risiko von vornherein in die Kfz-Kaskoversicherung einkalkuliert wird. Dies ginge im Ergebnis auch zu Lasten sämtlicher Versicherungsnehmer, weil die Versicherungsunternehmen das zusätzliche Risiko letztlich nur durch eine Erhöhung der Beiträge auffangen könnten (OLG Celle, aaO., Rn. 53).

18

Dieses Unterlassen des Beklagten wäre jedoch dann unbeachtlich, wenn es in dem in Rede stehenden Fall auf den regelmäßigen Verwahrungsort des Kfz-Scheins gar nicht entscheidend angekommen wäre, was aufgrund der besonderen Umstände des Fall durchaus nahe liegt. Eine besondere Gefahrerhöhung dürfte bereits darin gelegen haben, dass die Klägerin und ihre Familie den Kfz-Schein in dem Pkw X - einem Fahrzeug der Luxusklasse - in ihrem Urlaubsort bzw. in der Nähe ihres Heimatorts in B. zurückließen und das Fahrzeug auf einem unbewachten Parkplatz abstellten, obwohl in ihnen nicht weit entfernt im Jahr zuvor ebenfalls ein Fahrzeug - der Marke Y - entwendet worden war. Der Pkw X war, wenn auch nicht mehr neuwertig als Diebstahlsobjekt außerordentlich attraktiv, wobei insbesondere in den Ländern des früheren Ostblocks besonders gute Absatzmöglichkeiten für derartige Fahrzeuge bestanden haben dürften. Der im Wagen verbliebene Kfz-Schein dürfte dabei hilfreich gewesen sein. Dies musste auch der Klägerin und ihrer Familie klar sein.

19

2. Der Klägerin ist es vorliegend jedenfalls nicht gelungen, die Kausalität einer etwaigen Pflichtverletzung zu beweisen.

20

Besteht die dem Rechtsanwalt vorgeworfene Pflichtwidrigkeit - wie hier - in einer Unterlassung, muss untersucht werden, wie die Dinge verlaufen wären, wenn er die versäumte Handlung pflichtgemäß vorgenommen hätte. Mithin ist der hypothetische Tatsachenverlauf aufzuklären, der bei einem vertragsgerechten Verhalten des Rechtsanwalts eingetreten wäre. Die - gemäß § 287 Abs. 1 ZPO - erleichterte Beweislast obliegt insoweit dem Anspruchsteller, wobei ihm allerdings die Beweislastverteilung im aufgrund des Anwaltsfehlers ggf. falsch entschiedenen Vorprozess zugute kommen muss. Im Regressprozess ist dabei zu prüfen, wie der Vorprozess nach Auffassung des Regressgerichts richtigerweise hätte entschieden werden müssen (BGHZ 136, 144, 154 f. und ständig). Der Regressrichter hat für seine Beurteilung von dem Sachverhalt auszugehen, der dem Gericht bei pflichtgemäßem Verhalten des Anwalts unterbreitet worden wäre. Zugrunde zu legen ist die Rechtslage zu dem Zeitpunkt, zu dem die hypothetische Entscheidung ergangen wäre bzw. hätte ergehen müssen (Fischer in: Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Auflage, Rn. 1065 m. w. N.).

21

Es liegt nahe, dass sich die Klägerin und ihre Familienangehörigen im Ausgangsverfahren ebenso wie im vorliegenden Prozess dahin eingelassen hätten, dass sich der Fahrzeugschein nicht dauerhaft im Pkw befunden hat. Es ist daher anzunehmen, dass auch dort Beweis über die Behauptung des Versicherers zu den Gefahr erhöhenden Umständen erhoben worden wäre, mithin darüber, was für Angaben die Klägerin sowie die Zeugen A. und D. T. dem Zeugen B. gegenüber über ihre Gepflogenheiten hinsichtlich der Aufbewahrung des Kfz-Scheins gemacht haben.

22

Das Landgericht ist nach Anhörung der vorstehend genannten Zeugen zu der Überzeugung gelangt, dass es der Versicherung im Vorprozess gelungen wäre, eine fahrlässige Gefahrerhöhung durch die Klägerin und ihre Familienangehörigen zu beweisen. Es hat dabei der Aussage des Zeugen B. Glauben geschenkt, wohingegen es die dem entgegenstehenden Bekundungen der Zeugen T. als nicht glaubhaft erachtet hat. Diese Beweiswürdigung greift die Berufung vergeblich an.

23

Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung gemäß § 529 Nr. 1 ZPO diejenigen vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, die keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Dies kann dann der Fall sein, wenn die Beweisaufnahme nicht erschöpfend war oder die protokollierte Aussage im Widerspruch zu den Urteilsgründen steht. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachengrundlage des Erstgerichts bestehen vorliegend nicht. Insbesondere ist eine erkennbar falsche Glaubwürdigkeitsbeurteilung oder eine unzureichende Befragung der Zeugen T. durch das Erstgericht nicht ersichtlich. Auch im Übrigen zeigt die Berufung durchgreifende Zweifel an der Beweiswürdigung des Landgerichts, die die Richtigkeit der festgestellten Tatsachengrundlage in Zweifel stellen könnten, nicht auf. Einer Wiederholung der Beweisaufnahme bedarf es daher nicht. Insbesondere gibt es keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Aussagen der Zeugen T. glaubhafter waren als die Aussage des Zeugen B..

24

Der Zeuge B., der die Familie T. am 5. Oktober 2007 aufgesucht hat, um aufgrund ihrer Angaben den Fragebogen (Anlage B 3, Bl. 76 ff. GA.) auszufüllen, hat bekundet, die Frage, wo sich der Kfz-Schein im Zeitpunkt des Diebstahls befunden habe, sei ausführlich besprochen worden. Ihm sei dabei gesagt worden - was unstreitig ist, der Kfz-Schein habe sich bei dem Diebstahl im Auto befunden. Der Zeuge hat - was aufgrund der Umstände des Diebstahls in jeder Hinsicht nachvollziehbar ist - weiter erklärt, er habe insoweit noch einmal nachgefragt, weil er es persönlich nicht für richtig gehalten habe, dass der Kfz-Schein im Auto verblieben sei. Ihm sei daraufhin geantwortet worden, dass der Schein ständig im Auto aufbewahrt worden sei und nicht nur ausnahmsweise, denn es habe sich um ein Familienauto gehandelt, das von allen dreien gefahren worden sei. Letzteres steht mit dem Vortrag der Klägerin in Einklang. Dass das Landgericht dieser Aussage gefolgt ist und nicht den Aussagen der Zeugen T., die ihrerseits erklärt haben, gegenüber dem Zeugen B. sei nicht die Rede davon gewesen, dass der Kfz-Schein ständig im Fahrzeug aufbewahrt worden sei, ist nicht zu beanstanden. Konkrete Anhaltspunkte, die gegen die Richtigkeit des vom Landgericht von der Glaubwürdigkeit der Zeugen gewonnenen Eindrucks sprechen würden, gibt es nicht. Insbesondere hat das Landgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der Zeuge B. nach rechtskräftigem Abschluss des gegen die Versicherung geführten Vorprozesses kein eigenes Interesse am Ausgang des Regressprozesses gegen den Beklagten haben konnte und er daher kein Motiv hatte, die Unwahrheit zu sagen. Demgegenüber hatten die Zeugen T. sehr wohl ein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits, denn immerhin handelte es sich - unabhängig von den streitigen Eigentumsverhältnissen innerhalb der Familie - um das Familienfahrzeug, das der Zeuge D. T. erworben hatte, der nach wie vor dazu verpflichtet ist, den zur Finanzierung des Fahrzeugs aufgenommenen Darlehensvertrag zu bedienen. Im Ergebnis hatte den wirtschaftlichen Nachteil des Verlustes des Regressprozesses der Zeuge D. T. zu tragen. Soweit die Berufung dem Landgericht vorwirft, die Aussagen der Zeugen T. als wenig lebendig und umfassend gewürdigt zu haben, obgleich das Beweisthema weitgehend eingegrenzt gewesen und weitergehende Fragen in der Verhandlung nicht gestellt worden seien, trägt die Klägerin nicht vor, welche lebensnahen Details die Zeugen bei einer eingehenderen Befragung hätten bekunden können. Überdies hätte es aus Sicht der Zeugen nahe gelegen, auch ungefragt dazu Stellung zu nehmen, warum der Fahrzeugschein ausgerechnet am Abend des 1. September 2007 bei dem Aufenthalt in V. in B. im Fahrzeug verblieben ist und wie dieÜbergabe des Fahrzeugscheins bei der wechselnden Nutzung des Wagens durch die verschiedenen Fahrer gehandhabt worden ist. Hierzu hätte - die Zeugen sind erst nach Abschluss der Beweisaufnahme entlassen worden - auch nach Abgabe der Aussage des Zeugen B. noch Gelegenheit bestanden. Dem Beweisaufnahmeprotokoll ist indes nicht zu entnehmen, dass entweder die Zeugen oder die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hierzu Anlass gesehen hätten, obwohl alle Zeugen am Schluss der Beweisaufnahme auf die Aufforderung des Gerichts, die Aussagen, falls nötig, zu berichtigen, die Möglichkeit dazu hatten. Ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 396 Abs. 2 ZPO, wonach zur Aufklärung und Vervollständigung der Aussage nötigenfalls weitere Frage - die die Berufung indes nicht formuliert - zu stellen sind, ist nicht ersichtlich.

25

Dass demgegenüber der Zeuge B. die Umstände der Befragung anlässlich der Ausführung des Fragebogens am 5. Oktober 2007 in Erinnerung behalten hat, ist angesichts der nicht ganz gewöhnlichen Umstände des Diebstahls - insbesondere aufgrund dessen, dass es der zweite Diebstahl eines Fahrzeugs innerhalb eines Jahres war - nachvollziehbar, auch wenn anzunehmen ist, dass der Zeuge B. als Versicherungsmitarbeiter häufig mit ähnlichen Sachverhalten zu tun haben wird. Der Beurteilung seiner Aussage durch das Landgericht als glaubhaft steht nicht entgegen, dass sich in dem am 5. Oktober 2007 ausgefüllten Fragebogen keine Angaben zu der dauerhaften Verwahrung des Fahrzeugscheins in dem Pkw finden. Zwar ging es bei Frage zu Ziffer V Nr. 9. neben anderen Punkten darum, ob der Fahrzeugschein ausnahmsweise oder ständig und aus welchen Grund im Fahrzeug aufbewahrt worden ist, wozu schriftlich - anders bei der Frage zu Ziffer I Nr. 11, bei der niedergelegt ist, der Fahrzeugschein habe sich im geschlossenen Fach der Mittelkonsole befunden - nichts ausgeführt worden ist. Dies lässt jedoch nicht den zwingenden Rückschluss darauf zu, die Aussage des Zeugen B. sei deshalb falsch. Der Berufung ist zwar zuzugeben, dass der Zeuge B. durchaus Anlass gehabt hätte, Angaben der Familie T. zum dauerhaften Aufbewahrungsort des Kfz-Scheins in den Fragebogen aufzunehmen. Dass dies im Einzelfall - gerade in Anbetracht der Vielzahl der zu beantwortenden Fragen - unterbleiben kann, ist indes ebenso denkbar, wobei vorliegend hinzu kommt, dass das vorgesehene Antwortkästchen bereits vollständig ausgefüllt war, denn es handelte sich um eine mehrteilige Frage. Auch wenn der Fragebogen als Privaturkunde gemäß § 416 ZPO die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit in sich trägt, erbringt die echte Privaturkunde vollen Beweis nur in formeller Hinsicht, nicht auch bezüglich des materiellen Inhalts. Letzterer ist der freien Beweiswürdigung zugänglich (Zöller/Geimer, ZPO, 26. Auflage,§ 416 Rn. 9 und 10). Die Unvollständigkeit der Urkunde kann daher - wie geschehen - durch Zeugenbeweis belegt werden. Das Landgericht hat in Kenntnis dieses Umstands Zweifel an der Richtigkeit der Aussage des Zeugen B. nicht gehabt. Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge lediglich das wiedergegeben hat, was sich aus einem internen - 5 Monate nach dem Gespräch mit der Familie T. gefertigten - Bericht vom 10. März 2008 ergab, ohne noch eigene Erinnerungen an das Gespräch vom 5. Oktober 2007 gehabt zu haben, lässt sich dem Beweisaufnahmeprotokoll nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Im Übrigen gibt es auch keinen Hinweis, der darauf hindeutet, der Zeuge könnte sich an den - auch für einen Versicherungsmitarbeiter nicht ganz alltäglichen - Sachverhalt bei Abfassen des Berichts nicht mehr erinnert haben. Dass der Zeuge B. indessen bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht Einzelheiten des Aufbaus des - unstreitig häufig abgeänderten Schadensformulars - im Oktober 2007 nicht mehr zuverlässig gewusst hat und seine Aussage auf Vorhalt des verwendeten Formulars dahin korrigieren musste, dass seine zunächst abgegebene Erklärung, die Frage nach der dauernden Aufbewahrung des Kfz-Scheins im Wagen sei damals noch nicht Bestandteil des Fragebogens gewesen, nicht zutreffend war, ist demgegenüber nachvollziehbar. Bei dem Aufbau des Fragebogens handelte es sich aus seiner Sicht um einen Punkt von geringer Bedeutung, weshalb es nicht verwundert, dass er dieses Detail nicht im Gedächtnis behalten hat. Dass ein Versicherungsmitarbeiter nicht jegliche Aktualisierungen der verwendeten Fragebögen im Blick behalten kann, ist verständlich. Auf die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen B. imÜbrigen wirkt sich dies nicht aus. Wie ausgeführt, hatte der Zeuge keinen Grund, vor Gericht die Unwahrheit zu sagen. Ebenfalls keinen Widerspruch stellt es dar, dass der Zeuge B. ausgesagt hat, die streitentscheidende Frage ausführlich mit der Familie diskutiert zu haben, wohingegen der Zeuge D. T. bekundet hat, der Zeuge B. sei die Fragen schnell durchgegangen. Das eine schließt das andere nicht aus, denn einerseits enthielt der Fragebogen eine Vielzahl von Punkten, die abgefragt werden mussten, andererseits konnten die einzelnen Fragen vielfach nicht lediglich mit "ja" oder "nein" beantwortet worden sind, weshalb eine nähere Erörterung schon aus diesem Grund erforderlich war. Dass man gleichwohl versucht hat, die Gesamtheit der Fragen zügig abzuhandeln, steht dem nicht entgegen.

26

Hinzu kommt, dass - worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat - zumindest indiziell für die Richtigkeit der Aussage des Zeugen B. hinsichtlich des gewöhnlichen Aufbewahrungsorts des Kfz-Scheins in der Mittelkonsole des von der Familie T. genutzten Fahrzeugs schon der im Übrigen unstreitig gebliebene Umstand spricht, dass der Familie bereits im Jahr zuvor ein Fahrzeug abhanden gekommen ist, in dem sich ebenfalls der Kfz-Schein befunden hatte. Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt dies durchaus Rückschlüsse auf die Gewohnheiten der Familie zu. Denn es dürfte unwahrscheinlich sein, dass sich beide Kfz-Scheine ausgerechnet in den jeweiligen Zeitpunkten, zu denen die Fahrzeuge abhanden gekommen sind, in den Wagen befunden haben. Dass die Klägerin und ihre Familienangehörigen, die das Fahrzeug unstreitig allesamt gefahren haben, den Kfz-Schein im Wagen liegen hatten, erscheint hingegen angesichts des Umstandes, dass sie gemäß § 24 Satz 2 StVZO dazu verpflichtet waren, den Kraftfahrzeugschein bei jeder Fahrt mitzuführen und es mit Blick auf die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Pflicht "bequemer" gewesen sein dürfte, den Fahrzeugschein zentral zu verwahren, anstatt regelmäßig für einen regelmäßigen Austausch innerhalb der Familienangehörigen zu sorgen, nahe liegend. Einen Grund dafür, warum und seit wann sich der Fahrzeugschein in dem Fach in der Mittelkonsole befunden hat, hat die Klägerin auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht angeben, ebenso wenig hat sie Tatsachen dafür, wie der Austausch der Urkunde im Übrigen bewerkstelligt worden ist, vorgetragen.

27

Im Ergebnis versucht die Berufung daher lediglich, ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des Landgerichts zu setzen.

28

III. Die Klägerin erhält Gelegenheit, zur beabsichtigten Zurückweisung ihres Rechtsmittels binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zugang des Beschlusses Stellung zu nehmen oder auch, insbesondere zur Vermeidung weiterer Gerichtskosten, ihre Berufung zurückzunehmen.