Staatsgerichtshof Niedersachsen
Beschl. v. 03.06.2022, Az.: StGH 2/21
Bibliographie
- Gericht
- StGH Niedersachsen
- Datum
- 03.06.2022
- Aktenzeichen
- StGH 2/21
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 61677
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Gemäß § 30 NStGHG i.V.m. § 64 Abs. 3 BVerfGG muss ein Antrag in einem Organstreitverfahren binnen sechs Monaten, nachdem die beanstandete Maßnahme dem Antragsteller bekannt geworden ist, gestellt werden. Richtet sich der Antrag gegen den Erlass eines Gesetzes, beginnt die Sechs-Monats-Frist mit der Verkündung des Gesetzes zu laufen. Wird eine Bestimmung der Geschäftsordnung beanstandet, beginnt die Frist erst zu dem Zeitpunkt, zu dem sie beim Antragsteller eine aktuelle rechtliche Betroffenheit auszulösen vermag. Richtet sich das Organstreitverfahren gegen ein (auch fortdauerndes) Unterlassen des Antragsgegners, wird die Frist spätestens dadurch in Lauf gesetzt, dass sich der Antragsgegner erkennbar eindeutig weigert, in der Weise tätig zu werden, die der Antragsteller zur Wahrung der Rechte aus seinem verfassungsrechtlichen Status für erforderlich hält.
Tenor:
Die Anträge werden verworfen.
Gründe
A.
Gegenstand des Organstreitverfahrens ist die Frage, ob die Antragsgegner gegen die Rechte der Antragsteller aus Art. 19 Abs. 2 NV verstoßen haben, weil die Bestimmungen des Niedersächsischen Abgeordnetengesetzes und der Geschäftsordnung des Antragsgegners zu 2. fraktionslosen Abgeordneten, insbesondere solchen, die sich zu einer Gruppe zusammengeschlossen haben, weder einen Finanzierungsanspruch noch weitere parlamentarische Rechte, unter anderem das Stimmrecht in Ausschüssen und weitere Befugnisse, zuerkennen.
Die Antragsteller sind Abgeordnete des Niedersächsischen Landtages und sehen sich durch das Fehlen entsprechender Regelungen in ihren Rechten als Abgeordnete auf Chancengleichheit im Parlament und auf hinreichende Ausstattung zur Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben aus Art. 19 Abs. 2 NV verletzt.
I.
Die Antragsteller wurden als Mitglieder der Partei Alternative für Deutschland (AfD) in den Niedersächsischen Landtag, den Antragsgegner zu 2., gewählt. Sie gehörten bis September 2020 der Fraktion der AfD im Niedersächsischen Landtag an. Nachdem am 22. September 2020 drei Abgeordnete aus der AfD-Landtagsfraktion ausgetreten waren, erklärte die Verwaltung des Antragsgegners zu 2. die Fraktion der AfD am 29. September 2020 für aufgelöst. Seitdem gehören die Antragsteller dem Antragsgegner zu 2. als fraktionslose Abgeordnete an.
Mit E-Mail vom 2. November 2020 zeigte der Abgeordnete C. der Antragsgegnerin zu 1. an, dass er mit den Abgeordneten A., D., E., B. und F. am selben Tage die „Gruppe der AfD im Niedersächsischen Landtag“ gegründet habe. Er regte zugleich an, die Gründung der Gruppe zum Anlass zu nehmen, über eine Schaffung entsprechender Vorschriften in der Geschäftsordnung des Antragsgegners zu 2. bzw. im Niedersächsischen Abgeordnetengesetz nachzudenken. Eine Behandlung der sechs Mitglieder der Gruppe als Einzelabgeordnete sei nicht angemessen.
Der Ältestenrat des Antragsgegners zu 2. lehnte es in seiner Sitzung am 4. November 2020 ab, sich für weitergehende Rechte von parlamentarischen Gruppen, die auch von den aus der früheren AFD-Fraktion ausgetretenen Abgeordneten G., H. und I. eingefordert worden waren, zu verwenden.
Mit Schreiben vom 24. November 2020 wandte sich der Abgeordnete C. im Namen der „Gruppe der AfD im Niedersächsischen Landtag“ an die parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen im Niedersächsischen Landtag und verlangte unter Bezugnahme auf in den Landtagen von Brandenburg, Bremen, Hamburg, Berlin und Schleswig-Holstein bestehende Regelungen, parlamentarische Gruppen mit einem Finanzierungsanspruch in Höhe von einem Drittel der finanziellen Mittel, die einer Fraktion zustehen, auszustatten. Zudem schlug er vor, einer parlamentarischen Gruppe weitergehende parlamentarische Rechte, die über die Rechte fraktionsloser Abgeordneter hinausgehen, zuzugestehen. Hierzu sollten unter anderem das Recht zur Einbringung eines Entschließungsantrages und einer Gesetzesinitiative pro Plenarabschnitt, Rederechte, das Recht zu Kurzintervention und persönlichen Erklärungen sowie das Recht auf Mitgliedschaft in ständigen Ausschüssen gehören.
Der Ältestenrat des Antragsgegners zu 2. lehnte es in seiner Sitzung am 2. Dezember 2020 ab, ein Verfahren zur Änderung der Geschäftsordnung mit dem Ziel der Einführung der vorgeschlagenen Regelungen einzuleiten. Diese Ablehnung wurde dem Abgeordneten C. mit E-Mail vom 3. Dezember 2020 mitgeteilt.
II.
Mit am 22. September 2021 bei dem Staatsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage - zunächst nur gerichtet gegen die Antragsgegnerin zu 1. - haben die Antragsteller beantragt festzustellen, dass § 31 NAbgG gegen den streng formalen Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt und Art. 19 Abs. 2 NV nicht hinreichend berücksichtigt, da in ihm ein Finanzierungsanspruch lediglich für Fraktionen, nicht aber für parlamentarische Gruppen und fraktionslose Abgeordnete im Niedersächsischen Landtag vorgesehen ist, und weiter beantragt, dem Gesetzgeber aufzugeben, das Niedersächsische Abgeordnetengesetz und nachfolgend die Geschäftsordnung des Antragsgegners zu 2. insoweit anzupassen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechend berücksichtigt wird. Die Antragsteller haben mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2021 das Organstreitverfahren auf den Antragsgegner zu 2. erstreckt.
Zur Begründung tragen die Antragsteller im Wesentlichen vor, dass die Fraktionen und die Mitglieder des Antragsgegners zu 2., welche die Landesregierung nicht stützen, gemäß Art. 19 Abs. 2 NV das Recht auf Chancengleichheit in Parlament und Öffentlichkeit hätten. Ohne die Zuerkennung eines Gruppenstatus seien das Recht auf Ausübung des freien und gleichen Mandates durch die Abgeordneten gemäß Art. 12 NV und ihre Assoziationsfreiheit beeinträchtigt. Diese Rechte müssten es den Abgeordneten, welche die Fraktionsmindeststärke nicht oder nicht mehr erreichten, grundsätzlich ermöglichen, sich auch in anderen Formen von Zusammenschlüssen als Fraktionen, beispielsweise in entsprechend arbeitsfähig auszustattenden parlamentarischen Gruppen, zusammenzufinden.
Zudem finde die parlamentarische Willensbildung im Wesentlichen durch die Beschlussempfehlungen in den Ausschüssen statt. Das Stimmrecht im Ausschuss sei daher ein wesentliches Teilhaberecht des Abgeordneten. Dessen Versagung für fraktionslose Abgeordnete sei deshalb ein Eingriff in das freie Mandat nach Art. 12 NV. Das Recht und die Pflicht des Abgeordneten, an der Arbeit des Landtages effektiv teilzunehmen, sei hierdurch beeinträchtigt.
Es sei notwendig, die Möglichkeit vorzusehen, auf entsprechenden Antrag hin einen Zusammenschluss von Abgeordneten zu einer Gruppe anzuerkennen sowie einzelne fraktionslose Abgeordnete mit gegenüber den einer Fraktion (zustehenden) Rechten abgestuften, jedoch materiell vergleichbaren Rechten auszustatten. Hierzu gehöre insbesondere das Stimmrecht in Ausschüssen und finanzielle Zuwendungen, um das in Art. 19 Abs. 2 NV verankerte Recht auf Chancengleichheit im Parlament und Öffentlichkeit zu gewährleisten. Hierbei seien einer parlamentarischen Gruppe umso mehr Rechte zuzuerkennen, je mehr Mitglieder sie habe, da sie vergleichbar zu den Fraktionen für den Landtag entlastend wirke und insoweit erheblich zur Steigerung der Funktionsfähigkeit des Landtages beitragen könne.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß festzustellen, dass
1. § 31 des Niedersächsischen Abgeordnetengesetzes gegen den streng formalen Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt und den Art. 19 Abs. 2 NV nicht hinreichend berücksichtigt, da in ihm ein Finanzierungsanspruch lediglich für Fraktionen im Niedersächsischen Landtag vorgesehen ist, während parlamentarische Gruppen und fraktionslose Abgeordnete in der gesetzlichen Regelung ohne zwingenden Grund keine Berücksichtigung finden,
2. der Antragsgegner zu 2. es in diesem Zusammenhang versäumt hat, das Niedersächsische Abgeordnetengesetz und nachfolgend seine Geschäftsordnung insoweit anzupassen, dass der streng formale Gleichheitsgrundsatz gewahrt wird.
Die Antragsgegnerin zu 1. und der Antragsgegner zu 2. beantragen,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin zu 1. ist der Auffassung, dass die gegen sie gerichteten Anträge unzulässig seien. Im Falle einer Rüge der Verfassungswidrigkeit einer landesgesetzlichen Vorschrift oder Geschäftsordnungsvorschrift könne sich das Organstreitverfahren ausschließlich gegen den Antragsgegner zu 2. richten, weil dieser sowohl das Niedersächsische Abgeordnetengesetz als auch die Geschäftsordnung beschlossen habe und ihm damit die streitgegenständlichen Maßnahmen zuzurechnen seien. Auch ein Anspruch auf Anerkennung als parlamentarische Gruppe könne nur gegenüber dem Antragsgegner zu 2. geltend gemacht werden.
Beide Antragsgegner erachten das Organstreitverfahren zudem als unzulässig, weil die gestellten Anträge nicht innerhalb der zwingenden gesetzlichen Frist des § 30 NStGHG i.V.m. § 64 Abs. 3 BVerfGG gestellt worden seien. Für den Fristbeginn sei in diesem Fall spätestens auf den Zeitpunkt des Eintritts der Fraktionslosigkeit der Antragsteller abzustellen, weil mit diesem Ereignis die von den Antragstellern gerügten und ihnen bekannten Rechtsnachteile eingetreten seien. Die AfD habe ihren Fraktionsstatus im Niedersächsischen Landtag spätestens am 29. September 2020 verloren, sodass die Sechsmonatsfrist mit Ablauf des 29. März 2021 abgelaufen sei.
Die Anträge seien zudem unbegründet. Es bestehe kein verfassungsrechtlicher Anspruch, den Zusammenschluss von fraktionslosen Abgeordneten als parlamentarische Gruppe anzuerkennen und mit eigenen Rechten auszustatten.
III.
Die Niedersächsische Landesregierung hat keine Stellungnahme abgegeben.
B.
Die Anträge haben keinen Erfolg.
I.
Der Rechtsweg zum Staatsgerichtshof ist eröffnet, weil es sich um eine verfassungsrechtliche Streitigkeit handelt. Streitgegenständlich ist die Frage, ob und inwieweit die Antragsgegner die Abgeordnetenrechte aus Art. 19 Abs. 2 NV verletzt haben.
II.
Die Anträge zu 1. und 2. sind unzulässig.
1. Offen kann bleiben, ob es sich bei dem Antrag zu 1. - mit dem jedenfalls dem Wortlaut nach die Verfassungswidrigkeit von § 31 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages [Niedersächsisches Abgeordnetengesetz - NAbgG] in der Fassung v. 20. Juni 2000 [Nds. GVBl. S. 129], zuletzt geändert durch Gesetz v. 11. November 2020 [Nds. GVBl. S. 393], geltend gemacht wird - nicht um einen Antrag in einem Organstreitverfahren nach Art. 54 Nr. 1 NV, § 8 Nr. 6 des Gesetzes über den Niedersächsischen Staatsgerichtshof - NStGHG - vom 1. Juli 1996 (Nds. GVBl. S. 342), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 26. Oktober 2016 (Nds. GVBl. S. 238), sondern um einen Normenkontrollantrag nach Art. 54 Nr. 3 NV i.V.m. § 8 Nr. 8 NStGHG handelt. Für einen Normenkontrollantrag fehlt es bereits an dem notwendigen Quorum nach Art. 54 Nr. 3 NV.
2. Versteht man die Anträge als solche im Organstreitverfahren, sind sie - soweit sie sich gegen die Antragsgegnerin zu 1. richten - schon deshalb unzulässig, weil die Antragsteller insoweit nicht antragsbefugt sind.
Im Organstreit kann der einzelne Abgeordnete die behauptete Verletzung oder unmittelbare Gefährdung jedes Rechts, das mit seinem Status verfassungsrechtlich verbunden ist, im eigenen Namen geltend machen. Für die Zulässigkeit eines Organstreitverfahrens erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass die von dem Antragsteller behauptete Verletzung oder unmittelbare Gefährdung seiner verfassungsmäßigen Rechte nach dem vorgetragenen Sachverhalt möglich erscheint (vgl. NdsStGH, Beschl. v. 27.9.2021 - StGH 6/20 -, NdsVBl 2021, 367, juris Rn. 21).
Diesen Voraussetzungen genügen die gegen die Antragsgegnerin zu 1. gerichteten Anträge nicht. Die Antragsteller legen nicht dar, durch eine Maßnahme oder ein Unterlassen der Antragsgegnerin zu 1. in ihren Rechten verletzt zu sein. Als Präsidentin des Antragsgegners zu 2. vertritt sie das Land in Angelegenheiten des Landtages, leitet dessen Verwaltung und übt die dienstrechtlichen Befugnisse aus (Art. 18 NV). Die Antragsteller machen indes die Verfassungswidrigkeit der landesgesetzlichen Vorschrift des § 31 NAbgG und der Geschäftsordnungsvorschriften des Landtages geltend. Bei den angegriffenen Vorschriften handelt es sich nicht um Maßnahmen oder Unterlassungen der Antragsgegnerin; vielmehr fallen diese in den Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners zu 2. (vgl. Art. 42 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1 NV).
3. Die gegen den Antragsgegner zu 2. gerichteten Anträge sind im Organstreitverfahren schon deshalb unzulässig, weil die Antragsteller die Antragsfrist des § 30 NStGHG i.V.m. § 64 Abs. 3 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht - Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) -, in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1724), nicht eingehalten haben.
Gemäß § 30 NStGHG i.V.m. § 64 Abs. 3 BVerfGG muss ein Antrag binnen sechs Monaten, nachdem die beanstandete Maßnahme dem Antragsteller bekannt geworden ist, gestellt werden. Mit dieser Ausschlussfrist sollen im Organstreitverfahren angreifbare Rechtsverletzungen nach einer bestimmten Zeit im Interesse der Rechtssicherheit außer Streit gestellt werden. Richtet sich der Antrag gegen den Erlass eines Gesetzes, beginnt die Sechs-Monats-Frist mit der Verkündung des Gesetzes zu laufen (vgl. NdsStGH, Beschl. v. 18.5.1998 - StGH 27/94 -, NdsStGHE 4, 2, juris Rn. 20 m.w.N.). Wird eine Bestimmung der Geschäftsordnung beanstandet, beginnt die Frist erst zu dem Zeitpunkt, zu dem sie beim Antragsteller eine aktuelle rechtliche Betroffenheit auszulösen vermag (vgl. BVerfG, Urt. v. 13.6.1989 - 2 BvE 1/88 -, BVerfGE 80, 188, juris Rn. 77). Richtet sich das Organstreitverfahren gegen ein (auch fortdauerndes) Unterlassen des Antragsgegners, wird die Frist spätestens dadurch in Lauf gesetzt, dass sich der Antragsgegner erkennbar eindeutig weigert, in der Weise tätig zu werden, die der Antragsteller zur Wahrung der Rechte aus seinem verfassungsrechtlichen Status für erforderlich hält (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.7.2015 - 2 BvE 4/12 -, BVerfGE 140, 1, juris Rn. 59 m.w.N.; stRspr).
Die Antragsteller beanstanden, dass § 31 NAbgG keinen Finanzierungsanspruch für parlamentarische Gruppen und fraktionslose Abgeordnete enthalte, und rügen, der Antragsgegner zu 2. habe es versäumt, das Niedersächsische Abgeordnetengesetz und die Geschäftsordnung des Landtages so anzupassen, dass parlamentarische Gruppen und fraktionslose Abgeordnete mit gegenüber einer Fraktion abgestuften parlamentarischen Rechten und finanziellen Zuwendungen ausgestattet würden. Insofern kann offenbleiben, ob sich die Antragsteller gegen Maßnahmen in Gestalt der die begehrten Rechte nicht vorsehenden Rechtsvorschriften oder gegen ein Unterlassen des Antragsgegners zu 2. wenden. Denn die Sechs-Monats-Frist ist nach jeder denkbaren Betrachtungsweise verstrichen.
Stellt man auf die Verkündung bzw. das Inkrafttreten der von den Antragstellern beanstandeten Regelungen ab, waren sowohl § 31 NAbgG als auch die besonderen Gruppenrechte nicht enthaltenden Bestimmungen der Geschäftsordnung des Antragsgegners zu 2. bereits weit mehr als sechs Monate vor Stellung der Anträge im Organstreitverfahren geltendes Recht. Gleiches gilt, wenn man auf den Zeitpunkt der Auflösung der AfD-Fraktion im September 2020 als denjenigen Zeitpunkt abstellt, seitdem die Antragsteller von den beanstandeten Bestimmungen rechtlich betroffen sind.
Kein anderes Ergebnis ergäbe sich schließlich bei Berücksichtigung des für die Antragsteller günstigsten Zeitpunktes der im Ergebnis ablehnenden Befassung des Ältestenrates des Antragsgegners zu 2. am 2. Dezember 2020 mit dem Begehren der Antragsteller. Dabei kann offenbleiben, ob Handlungen oder Unterlassungen des Ältestenrats überhaupt dem Antragsgegner zu 2. zuzurechnen sind. Denn die Frist zur Anbringung von Anträgen zu einem Organstreitverfahren hätte selbst in diesem Fall mit Kenntnis von der endgültigen, ablehnenden Haltung des Ältestenrats am 3. Dezember 2020 begonnen und mit Ablauf des 3. Juni 2021 geendet; beide Anträge gingen jedoch erst nach diesem Zeitpunkt beim Staatsgerichtshof ein.
Soweit die Antragsteller demgegenüber mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2021 vorgetragen haben, erst nach Kenntnisnahme eines Antrags vom 8. September 2021 und eines Beschlusses des Thüringer Landtages vom 9. September 2021 (Drs. 7/4039) sei ihnen bewusst geworden, dass eine etwa fehlende Regelung für (weitergehende) Rechte von parlamentarischen Gruppen und fraktionslosen Abgeordneten „ein verfassungsrechtlich zu beanstandender Zustand des Unterlassens“ sei, überzeugt das schon deshalb nicht, weil bereits in ihrem Schreiben vom 24. November 2020 von der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit von Änderungen die Rede ist. Hinzu kommt, dass es für den Fristbeginn auf die tatsächliche Weigerung des Antragsgegners zu 2. zum Tätigwerden und nicht auf die rechtliche Einordnung dieser Weigerung durch die Antragsteller selbst ankommt.
III.
Die Anträge werden nach § 12 Abs. 1 NStGHG in Verbindung mit § 24 Satz 1 BVerfGG ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss des Staatsgerichtshofs verworfen.
C.
Das Verfahren ist nach § 21 Abs. 1 NStGHG kostenfrei, Auslagen der Beteiligten werden gemäß § 21 Abs. 2 Satz 2 NStGHG nicht erstattet.