Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 30.05.1986, Az.: 8 U 200/85
Ausschluss der Wahrnehmung rechtlicher Interessen "im Zusammenhang mit einer selbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit"; Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Rechtschutzbegehrens; Hinweis- und Fristsetzungepflichten des Versicherers; Pflicht zur Herbeiführung eines anwaltlichen Stichentscheids
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 30.05.1986
- Aktenzeichen
- 8 U 200/85
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1986, 15918
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1986:0530.8U200.85.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 07.11.1985 - AZ: 2 O 245/85
Rechtsgrundlagen
- § 24 ARB
- § 26 ARB
- § 12 Abs. 3 VVG
Fundstellen
- VersR 1987, 1188-1189 (Volltext mit red. LS)
- VersR 1988, 398-400 (red. Leitsatz mit Anm.)
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
In der Familien- und Verkehrsrechtschutzversicherung im Sinne von § 26 ARB (Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung) können nur in abhängiger Stellung beschäftigte Arbeitnehmer versichert werden. Von der Deckung ist diejenige Interessenwahrnehmung ausgeschlossen, welche über § 24 ARB - Rechtschutz für Gewerbetreibende und freiberuflich Tätige - versicherbar ist.
- 2.
Obliegenheitsverletzungen aus einem Rechtsschutzversicherungsvertrag sind im Rechtsstreit nicht von Amts wegen zu berücksichtigen, sondern müssen vom Versicherer zu seiner Verteidigung geltend gemacht werden.
In dem Rechtsstreit
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 1986
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. ... und
der Richter am Oberlandesgericht ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Unter Zurückweisung der Berufung und der Anschlußberufung der Klägerin wird das am 7. November 1985 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 3.249,96 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Mai 1985 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte 56,5 % und die Klägerin 43,5 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsbeschwer für die Beklagte 3.249,96 DM, für die Klägerin 2.500,- DM.
Tatbestand
Die Klägerin war bei der Beklagten nach Maßgabe des Versicherungsscheins vom 15. April 1981 und der ARB unter Einschluß des allgemeinen Vertragsrisikos nach Maßgabe von § 26 ARB rechtschutzversichert.
Sie ist in einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht ... teilweise unterlegen und zur Tragung von 2/3 der Kosten verurteilt worden. Demgemäß hat sie 343,30 DM Gerichtskosten entrichtet und ihren Prozeßbevollmächtigten 1.765,86 DM gezahlt. Nach Klagerhebung im November 1984 hatte sie die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 15. Januar 1985 um Deckungszusage gebeten. Diese hatte die Beklagte nach längerer Korrespondenz mit Schreiben vom 3. April 1985 verweigert. Zwischenzeitlich hatte die Klägerin am 2. April 1985 gegen die arbeitsgerichtliche Entscheidung Berufung eingelegt; diese hat sie jedoch am 31. Mai 1985 nach Verlängerung der Begründungsfrist zurückgenommen.
Die Klägerin hat Erstattung der erstinstanzlichen Kosten des Arbeitsgerichtsrechtsstreits sowie Feststellung der Pflicht der Beklagten gefordert. Deckungsschutz für die Berufungsinstanz zu gewähren und Ersatz für einen aus der Nichtdurchführung der Berufung erwachsenden Schaden zu leisten. Sie hat die Anträge gestellt,
die Beklagte zur Zahlung von 2.109,16 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagzustellung am 6. Mai 1985, zur Gewährung von Deckungsschutz für die Berufung im Arbeitsgerichtsrechtsstreit sowie "hilfsweise" zum Ersatz des aus der Nichtdurchführung der Berufung entstehenden Schadens zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat erwidert: Für den Arbeitsgerichtsprozeß gelte der in § 26 Abs. 1 Satz 4 ARB vereinbarte Risikoausschluß. Jener Rechtsstreit gehe darauf zurück, daß die Arbeitgeberin der Klägerin den Arbeitsvertrag fristlos gekündigt habe, weil die Klägerin im Außendienst eines Konkurrenzunternehmens selbständig tätig geworden sei. Im übrigen sei sie auch nach § 17 ARB leistungsfrei, da sie die. Erfolgsaussicht der Klage verneint und die Klägerin aufgefordert habe, ihrerseits ein Gutachten über die Aussichten des Rechtsstreits beizubringen, ohne daß dies jedoch geschehen sei.
Das Landgericht hat mit dem am 7. November 1985 verkündeten Urteil nach den Klaganträgen - jedoch unter Außerachtlassung des als Hilfsantrag gekennzeichneten Antrags - erkannt. Gegen diese ihr am 15. November 1985 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 19. November 1985 Berufung eingelegt, welche sie am 19. Dezember 1985 begründet hat. Die Klägerin hat sich der Berufung der Beklagten angeschlossen.
Die Beklagte bekräftigt ihre Rechtsauffassung zur Bedeutung des in § 26 Abs. 1 Satz 4 ARB vereinbarten Risikoausschlusses und meint weiter, jedenfalls für die Berufungsinstanz fehle es an einem der Klägerin günstigen anwaltlichen Stichentscheid nach § 17 Abs. 2 ARB. Im übrigen habe der Rechtsverfolgung der Klägerin in der Berufungsinstanz ohnehin jede Erfolgsaussicht gefehlt, was die Klägerin auch dazu veranlaßt habe, das Rechtsmittel zurückzunehmen. Unabhängig davon habe das Landgericht dem Feststellungsantrag nicht stattgeben dürfen, nachdem die Klägerin ihre Berufung gegen das arbeitsgerichtliche Urteil zurückgenommen habe. Der als Hilfsantrag bezeichnete Feststellungsantrag sei in Wahrheit ein Hauptantrag gewesen, was das Landgericht übersehen habe. Auch dieser Antrag sei jedoch sachlich nicht begründet, weil Deckungsschutz für die Berufungsinstanz bedingungsgemäß nicht habe gewährt werden müssen. Einen Anspruch auf Schadensersatz habe die Klägerin auch deshalb nicht, weil die Rücknahme der Berufung mit ihrer Leistungsverweigerung ursächlich nichts zu tun habe. Sofern die Klägerin nicht in der Lage gewesen sei, erforderliche Vorschüsse aus eigenen Mitteln aufzubringen, habe es ihr freigestanden, Prozeßkostenhilfe zu erbitten. Einen solchen Antrag habe die Klägerin jedoch vor dem Landesarbeitsgericht nicht gestellt.
Die Beklagte beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin stellt die Anträge,
unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten diese zur Zahlung weiterer 1.140,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Mai 1985 zu verurteilen und festzustellen, daß die Beklagte zum Ersatze des Schadens verpflichtet sei, welcher ihr aufgrund der Versagung von Deckungsschutz für die Berufung gegen das arbeitsgerichtliche Urteil entstanden sei.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, soweit darin die Beklagte zur Erstattung der erstinstanzlichen Kosten des Arbeitsgerichtsrechtsstreits verurteilt worden ist. Hinsichtlich der Kosten des Berufungsrechtszugs geht sie zur Leistungsklage über und fordert nunmehr ihr erwachsene Rechtsanwaltskosten von 1.140,80 DM. Mit der Anschlußberufung verfolgt sie den im ersten Rechtszug als Hilfsantrag bezeichneten Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für denjenigen Schaden weiter, welcher ihr dadurch entstanden sein soll, daß sie ihre nach ihrer Auffassung aussichtsreiche Berufung gegen das arbeitsgerichtliche Urteil zurückgenommen hat. Zur Begründung für die Berufungsrücknahme führt sie an, ein Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Berufung habe keine Aussicht auf Erfolg gehabt, weil sie damals Arbeitslosengeld von 2.000,- DM monatlich bezogen habe, dieses Einkommen jedoch nicht ausgereicht habe, um Vorschüsse aufzubringen. Jedenfalls sei die Beklagte verpflichtet gewesen, ihr vorläufigen Deckungsschutz zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlußberufung zurückzuweisen.
Sie hält das Vorbringen der Klägerin zur Begründung der Berufungsrücknahme im Arbeitsgerichtsprozeß für widersprüchlich.
Zur Ergänzung der Sachdarstellung wird im übrigen auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Akten 10 CA 6243/84 Arbeitsgericht ... haben zur Information vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin bleibt ebenso erfolglos wie das Anschlußrechtsmittel der Beklagten. Die teilweise Änderung des angefochtenen Urteils beruht zum einen darauf, daß die Klägerin hinsichtlich der von ihr verauslagten Kosten für die Berufung gegen das arbeitsgerichtliche Urteil von der Feststellungs- zur Leistungsklage übergegangen ist, und daß zum anderen über den vom Landgericht übergangenen Antrag auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten zu entscheiden ist, welchen die Klägerin mit der Anschlußberufung weiterverfolgt.
1.
Die Beklagte ist zutreffend verurteilt worden, der Klägerin die Kosten der erstinstanzlichen Rechtsverfolgung vor dem Arbeitsgericht ... in unstreitiger Höhe von 2.109,16 DM zu erstatten.
a)
Die Wahrnehmung von Rechtsangelegenheiten im Zusammenhang mit dem abhängigen Arbeitsverhältnis der Klägerin zu ihrer damaligen Arbeitgeberin gehörte grundsätzlich zu dem vom Versicherungsschutz erfaßten Bereich. Dies ist aus § 26 Abs. 3 c ARB zu ersehen und auch aus Sicht der Parteien nicht zweifelhaft.
b)
Daß die Notwendigkeit, die von ihrer Arbeitgeberin erklärte fristlose Kündigung vor dem Arbeitsgericht anzufechten, durch eine vertragswidrige selbständige Nebentätigkeit der Klägerin ausgelöst worden ist, erfüllt nicht den in § 26 Abs. 1 Satz 4 ARB beschriebenen Ausschluß der Wahrnehmung rechtlicher Interessen "im Zusammenhang mit einer selbständigen oder freiberuflichen Tätigkeit".
In der Familien- und Verkehrsrechtschutzversicherung im Sinne von § 26 ARB können nur in abhängiger Stellung beschäftigte Arbeitnehmer versichert werden. Von der Deckung ist diejenige Interessenwahrnehmung ausgeschlossen, welche über § 24 ARB - Rechtschutz für Gewerbetreibende und freiberuflich Tätige - versicherbar ist (vgl. etwa Harbauer, ARB, 2. Auflage, Rdnr. 2 zu § 26). Da der Versicherungsnehmer - anders als nach § 24 Abs. 1 ARB - Deckung nicht nur in seiner Eigenschaft als Lohn- oder Gehaltsempfänger erhält, also ohne Rücksicht darauf, ob die Notwendigkeit der Interessenwahrnehmung gerade aus seiner Eigenschaft als abhängiger Arbeitnehmer entsprungen ist, bedarf es im Hinblick darauf, daß nicht wenige Lohn- und Gehaltsempfänger sich zugleich selbständig oder freiberuflich im Erwerbsleben betätigen, des besonderen Ausschlusses in § 26 Abs. 1 Satz 4 ARB. Dessen Tragweite erschließt sich aus dem Vergleich mit dem in § 24 ARB beschriebenen Schutzbereich der Rechtschutzversicherung für Gewerbetreibende und freiberuflich Tätige. Damit ist zwar die Wahrnehmung rechtlicher Interessen "aus Arbeitsverhältnissen" versichert, aber nur insoweit, als der Versicherungsnehmer selbst an einem solchen Arbeitsverhältnis als Arbeitsgeber beteiligt ist (Harbauer a.a.O. Rdnr. 32 zu § 24). Soweit demnach die Klägerin sich selbständig betätigt hat, hätte ihr eine Rechtschutzversicherung nach Maßgabe von § 24 ARE keinen Schutz für das Arbeitsvertragsrisiko geboten. Wollte man demnach mit der Beklagten in der erörterten Klausel einen Ausschluß auch solcher Interessenwahrnehmungen im arbeitsvertraglichen Bereich sehen, die durch - anderweitige - selbständige Tätigkeit des Versicherungsnehmers ausgelöst worden sind, so bestünde eine systemwidrige Lücke im Deckungsschutz. Es muß daher bei einem Verständnis von § 26 ARE bewenden, nach welchem unabhängig von dem Anlaß der Rechtswahrnehmung in jedem Fall die arbeitsrechtliche Interessenwahrnehmung versichert ist. Dafür spricht im übrigen auch der Wortsinn der hier erörterten Vertragsregelung. Die Wendung bezeichnet anders als in den Fällen, in denen von Interessenwahrnehmung "aus" bestimmten Verträgen die Rede ist, nicht eine auch ursächliche Abhängigkeit, sondern sorgt lediglich für eine gegenständliche Abgrenzung. Auch der Wortlaut kann daher nicht mit Recht für eine Auslegung ins Feld geführt werden, welche die Worte "im Zusammenhang mit" als "verursacht durch" liest und es damit zum Ausschluß genügen läßt, daß ein Streitfall aus versicherten Bereichen ursächlich durch einen Verstoß in einem nicht versicherten Bereich herbeigeführt worden ist.
c)
Daß die Klägerin der Beklagten erst lange nach der in November 1984 geschehenen Klagerhebung vor dem Arbeitsgericht Schadensanzeige erstattet hat, nämlich mit Schreiben vom 15. Januar 1985, stellt zwar eine Obliegenheitsverletzung dar, welche grundsätzlich Leistungsfreiheit zur Folge haben könnte. Jedoch ist es nicht erforderlich, darauf näher einzugehen, da sich die Beklagte auf eine solche Obliegenheitsverletzung zur Begründung der von ihr in Anspruch genommenen Leistungsfreiheit nicht berufen hat. Obliegenheitsverletzungen jedoch im Rechtsstreit nicht von Amts wegen berücksichtigt werden, sondern vom Versicherer zu seiner Verteidigung geltend zu machen sind.
d)
Daß die Rechtsverteidigung der Klägerin vor dem Arbeitsgericht eine im Sinne von § 1 Abs. 1 ARB hinreichende Erfolgsaussicht geboten hat und nicht mutwillig gewesen ist, wird schon dadurch dokumentiert, daß die Klage einen nicht gänzlich unbedeutenden Teilerfolg gezeitigt hat. Deutlicher als durch den tatsächlichen Erfolg eines Rechtschutzbegehrens kann sich dessen Erfolgsaussicht nicht dokumentieren; es bleibt daher unverständlich, weshalb die Beklagte meint, den tatsächlichen Prozeßausgang vernachlässigen zu sollen. - Eine Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 17 Abs. 3 ARB kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte der Klägerin eine Frist, binnen der sie ihren Rechtsanwalt vollständig und wahrheitsgemäß über die Sachlage zu unterrichten und die Beweismittel anzugeben hatte, damit dieser eine Stellungnahme gemäß § 17 Abs. 2 abgeben konnte, nicht gesetzt hat, soweit dies ihrem Sachvortrag und dem in Ablichtung zu den Akten gebrachten vorgerichtlichen Schriftwechsel zu entnehmen ist. Unabhängig davon liegt auch in Gestalt des Schreibens der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin im Arbeitsgerichtsprozeß an die Beklagte vom 11. Februar 1985 eine der Klägerin günstige anwaltliche Stellungnahme zu den Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung im Sinne von § 17 Abs. 2 ARB vor. Dieser "Stichentscheid" ist auch für die Beklagte bindend, denn sie wich, wie der Prozeßausgang zeigt, von der wirklichen Sach- oder Rechtslage nicht erkennbar erheblich ab.
e)
Da die Aufwendungen der Klägerin für die Prozeßführung im ersten Rechtszug zu dem in § 2 ARB beschriebenen Leistungsumfang der Beklagten gehören, muß es bei deren Verurteilung zur Zahlung von 2.109,16 DM bewenden.
2.
Auch für die im Berufungsrechtszug entstandenen Kosten in gleichfalls unstreitiger Höhe hat die Beklagte auf Grund des Versicherungsvertrages aufzukommen, denn auch insoweit ist die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Sinne von § 1 Abs. 1 ARB notwendig gewesen. - Im Hinblick auf die Urteilsbegründung des Arbeitsgerichts ..., welches der Kündigungsschutzklage deshalb nicht stattgegeben hatte, weil es das Kündigungsschutzgesetz mit Rücksicht auf die von ihm angenommene Zahl von Arbeitnehmern der früheren Arbeitgeberin der Klägerin nicht für anwendbar hielt, war es weder aussichtslos noch gar mutwillig, daß die Beklagte mit der Berufung den Versuch unternehmen wollte, das Vorhandensein von insgesamt sechs Arbeitnehmern als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes zu beweisen, um vollen Umfangs zu obsiegen. Eine nicht ganz entfernte Möglichkeit des Erfolgs, welche - anders als bei der Frage, ob Prozeßkostenhilfe zu bewilligen sei - die Eintrittspflicht des Rechtschutzversicherers begründet, war in rechtlicher Hinsicht schon deshalb gegeben, weil das Arbeitsgericht zur Frage, ob eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt gewesen sei, zugunsten der Klägerin entschieden hatte. Leistungsfreiheit wegen Verletzung der in § 17 Abs. 3 statuierten Obliegenheit kommt hier ebensowenig in Betracht wie für den ersten Rechtszug; denn der Hinweis der Beklagten in ihrem Ablehnungsschreiben vom 3. April 1985 auf die "Möglichkeit einer Stellungnahme gemäß § 17 Abs. 2 ARB" enthielt keine Fristsetzung im Sinne der hier erörterten Vertragsbestimmung. Nachdem die Klägerin im zweiten Rechtszug zulässigerweise von der Feststellungs zur Leistungsklage übergegangen ist (§ 264 Nr. 3 ZPO), ist der feststellende Ausspruch des angefochtenen Urteils in eine Verurteilung zur Erstattung der unstreitig entstandenen und von der Klägerin vorgelegten Kosten der zweitinstanzlichen Rechtsverfolgung vor dem Arbeitsgericht umzuformen, so daß das Rechtsmittel der Beklagten auch in diesem Punkt erfolglos ist.
3.
Die Anschlußberufung der Klägerin ist gleichfalls unbegründet. Obwohl die Beklagte nach dem Obengesagten verpflichtet war, Deckungsschutz auch für die Berufung gegen das arbeitsgerichtliche Urteil zu gewähren, und obwohl nicht auszuschließen ist, daß die Klägerin bei Durchführung des Rechtsmittels ein besseres Prozeßergebnis erzielt hätte, so daß ihr ein Schaden entstanden sein könnte, müßte sie einen solchen doch selbst tragen. Durch ihre im Schreiben vom 3. April 1985 erklärte Weigerung, der Klägerin Deckungsschutz für die Berufungsinstanz zu gewähren, ist die Beklagte nämlich nicht in Schuldnerverzug geraten.
a)
Dem Versicherer ist vertraglich das Recht eingeräumt, sich über die Erfolgsaussichten der Wahrnehmung rechtlicher Interessen des Versicherungsnehmers zunächst aufgrund eigener Sachprüfung eine Auffassung zu bilden. Bei negativem Ergebnis dieser Prüfung darf er seine Leistungspflicht verneinen, also erklären, daß er Deckungsschutz nicht gewähre (§ 17 Abs. 1 Satz 1 ARB).
b)
Eine solche ablehnende Erklärung des Rechtschutzversicherers hat nach dem weiteren Vertragsinhalt keine andere rechtliche Bedeutung als die, daß der Versicherungsnehmer sie durch Stichentscheid eines Rechtsanwalts aus dem Wege räumen kann (§ 17 Abs. 2 ARB). Solange der Versicherungsnehmer diese Möglichkeit nicht genutzt hat, erzeugt die ablehnende Erklärung des Versicherers keine diesem nachteiligen Rechtswirkungen, sofern der Versicherer nicht etwa vorab erklärt hat, er werde bei seiner Leistungsverweigerung auch im Falle eines dem Versicherungsnehmer günstigen Stichentscheids beharren.
c)
Da die Klägerin unstreitig einen anwaltlichen Stichentscheid im Sinne von § 17 Abs. 2 ARB hinsichtlich der Erfolgsaussichten des zweiten Rechtszugs nach der ablehnenden Äußerung der Beklagten vom 3. April 1985 nicht herbeigeführt hat, könnte daher Verzug der Beklagten mit der nach dem obengesagten geschuldeten Versicherungsleistung nur entstanden sein, wenn ihre Leistungsverweigerung erkennbar ohne Rücksicht auf einen noch beizubringenden Stichentscheid erklärt worden wäre. Solches aber ist dem erwähnten Ablehnungsschreiben vom 3. April 1985 nicht sicher zu entnehmen. Wenn auch am Schluß die Beklagte auf § 12 Abs. 3 VVG hingewiesen und erklärt hat, der Anspruch auf die Versicherungsleistung erlösche, wenn er nicht innerhalb von sechs Monaten nach Zugang geltend gemacht werde, so hatte sie doch zuvor eine frühere Äußerung zitiert, in welcher sie auf die "Möglichkeit einer Stellungnahme gemäß § 17 Abs. 2 ARB hingewiesen" hat. Dem Zusammenhang kann daher nicht mehr entnommen werden, als daß die ablehnende Erklärung vorbehaltlich eines anwaltlichen Stichentscheids nach § 17 Abs. 2 ABB geschehe. Dann aber lag es bei der Klägerin, einen solchen Stichentscheid herbeizuführen. Daß sie davon keinen Gebrauch gemacht, vielmehr ihr Rechtsmittel zurückgenommen hat, ist daher ebenso wie die Folgen dieses Schritts von ihr selbst und nicht von der Beklagten zu verantworten. Durch die nicht vertragswidrige, sondern ausdrücklich gestattete Leistungsverweigerung entstand auch keine Pflicht der Beklagten, "vorläufig" für die Kosten der Berufung einzutreten, zumal die Klägerin eine solche "vorläufige" Kostenübernahme auch nicht erbeten hatte.
d)
Es bedarf danach keines Eingehens auf die Frage, ob nicht dasselbe Ergebnis auch daraus folgen müßte, daß die Klägerin nach ihrer Sachdarstellung trotz eines Einkommens, welches die Inanspruchnahme von Prozeßkostenhilfe nicht gestattete, die nach ihrer Wertung aussichtsreiche Berufung zurückgenommen hat, ohne erforderliche Vorschüsse aus eigenen Mitteln zu leisten, welche dazu ausgereicht haben müßten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 ZPO, die weiteren Nebenentscheidungen gründen sich auf §§ 546 Abs. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO, denn ein Rechtsmittel gegen das Urteil findet unzweifelhaft nicht statt.
Streitwertbeschluss:
Entscheidungsbeschwer für die Beklagte 3.249,96 DM, für die Klägerin 2.500,- DM.