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  • ab 01.01.2019 (aktuelle Fassung)

Anlage FlüRFördRdErl - Konzept des Landes Niedersachsen zur Förderung der freiwilligen Rückkehr von ausländischen Flüchtlingen (Drittstaatsangehörigen)

Bibliographie

Titel
Förderung der Rückkehr und Weiterwanderung von ausländischen Flüchtlingen
Redaktionelle Abkürzung
FlüRFördRdErl,NI
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
27100

Stand: 28. 11. 2019

I. Ausgangslage und Zielsetzung

Die Menschheitsgeschichte ist ohne Migration nicht denkbar. Von jeher haben Menschen vereinzelt, in Gruppen oder als ganze Völker ihr gewohntes Umfeld freiwillig oder unfreiwillig verlassen und sich auf den Weg in eine zumeist ungewisse Zukunft gemacht. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Rückblickend auf die letzten Jahrzehnte sind weltweit Kriege, Unterdrückung und Verfolgung, Armut sowie die Folgen des Klimawandels als Hauptursachen zu nennen. Dabei ist festzustellen, dass Migrationsbewegungen in der Regel nur bedingt vorhersehbar und kaum zu steuern sind.

So ist auch das gesellschaftliche Leben in der Bundesrepublik Deutschland seit Anbeginn von Migration geprägt. Deutschland war und ist Zielland von verschiedenen Migrationsgruppen, wobei seit 1989 - u. a. bedingt durch den Zerfall der Sowjetunion und des Vielvölkerstaates Jugoslawien - die Anzahl der Asylsuchenden und Bürgerkriegsflüchtige zunehmend die dominante Gruppe bilden. Seither stehen die Bereiche Aufnahme, Integration und Rückkehr von Flüchtlingen mit unterschiedlichen, sich verändernden Schwerpunkten im politischen und öffentlichen Fokus.

Eine wesentliche Rolle spielen dabei die Anzahl und die Herkunft der Schutzsuchenden. Während im Jahr 2001 noch 118 336 Asylanträge gestellt wurden, waren in den Folgejahren bis 2012 nur noch Antragszahlen zwischen 91 471 (2001) und 28 018 (2008) zu verzeichnen. Seit 2013 sind sie wieder gestiegen und haben in den Jahren 2015 mit 476 649 und 2016 mit 745 545 Asylanträgen einen Höhepunkt erreicht. Mit 222 683 Anträgen liegt der Jahreswert für 2017 zwar wieder erheblich unter den Werten der Jahre 2015 und 2016, aber im Vergleich mit den sonstigen Vorjahren noch über dem durchschnittlichen Niveau.

Die hohen Zuzugszahlen von Schutzsuchenden in den Jahren 2015 und 2016 haben dazu geführt, dass auch die Zahl der abgelehnten Asylanträge gestiegen ist. Dadurch ist in der Folge die Rückkehr von Personen ohne Aufenthaltsrecht zur politischen Priorität geworden. Sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene werden verstärkt Maßnahmen zur Beschränkung des Zuzugs und zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht gefordert und ergriffen.

Dazu gehört, dass die Europäische Kommission im März 2017 eine Empfehlung zur Anwendung der Rückführungsrichtlinie (2008/115/EG) erlassen hat, wonach die Spielräume der Richtlinie in wesentlichen Punkten so genutzt werden sollten, dass nur noch die Mindeststandards garantiert werden, z. B. bei der Länge der Frist zur freiwilligen Ausreise. Im September 2018 hat die Kommission weitere, strengere Vorschriften für die Rückführung irregulärer Migrantinnen und Migranten angekündigt und u. a. eine Neufassung der Rückführungsrichtlinie vorgeschlagen (COM [2018] 634 final). In diesem Zusammenhang sind die Mitgliedstaaten wiederholt aufgefordert worden, Maßnahmen zu ergreifen sowie spezielle und gezielte Programme zur finanziellen und praktischen Unterstützung zur Rückkehr dieser Personen einzurichten. In Deutschland wurden u. a. das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisefrist vom 29. 7. 2017 verabschiedet und mit dem Gemeinsamen Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) eine Einrichtung zur Verbesserung der operativen Abläufe geschaffen. Zudem wurden Programme zur Förderung der freiwilligen Rückkehr ausgebaut oder neu implementiert (StarthilfePlus, Perspektive Heimat).

Dabei besteht Einigkeit darüber, dass es zur Gewährleistung der Integrität der Einwanderungs- und Asylpolitik notwendig ist, dass Personen ohne Bleiberecht ihrer damit einhergehenden Ausreisepflicht nachkommen. Geschieht das nicht freiwillig innerhalb einer bestimmten Frist, hat die erzwungene Rückkehr (Abschiebung) zu folgen. Die Möglichkeit abzuschieben, ist grundlegende Bedingung dafür, dass der Rechtstaatlichkeit Geltung verschafft und eine humane Flüchtlingspolitik gesellschaftlich akzeptiert wird.

Es besteht ebenso Konsens, der freiwilligen Rückkehr weiterhin grundsätzlich Vorrang vor einer zwangsweisen Rückführung einzuräumen (vgl. Erwägungsgrund [10] der Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG, ebenso Erwägungsgrund [13] der vorgeschlagenen Neufassung). Sie wird allgemein nicht nur als die humanere und in der Regel auch als die kostengünstigere Variante der Rückkehr angesehen, sondern ist auch häufig die einzige Möglichkeit der Aufenthaltsbeendigung (z. B. bei ungeklärter Identität, fehlender Heimreisedokumenten, mangelnde Mitwirkungsbereitschaft der Herkunftsländer bei der Rückübernahme ihrer Staatsangehörigen, insbesondere im Bereich der Passersatzbeschaffung oder bei Flugabschiebungen).

Die Zahl der in der EU ankommenden Schutzsuchenden und irregulären Migrantinnen und Migranten ist seit dem Höhepunkt der sog. Flüchtlingskrise wieder deutlich gesunken. Das gilt auch für Deutschland, das aber weiterhin bevorzugtes Zielland ist. Laut Jahresbericht 2017 des UNHCR ist Deutschland das sechstgrößte Aufnahmeland für Flüchtlinge weltweit. Realistisch betrachtet wird sich hieran in absehbarer Zeit nichts grundlegend ändern. Fluchtursachen können - wenn überhaupt - nicht kurzfristig beseitigt werden. Nach den Analyseberichten der EU-Kommission (ISAA Situation Reports) haben sich aktuell nur die Fluchtrouten verlagert. Unabhängig davon sind sinkende Zugangszahlen nicht gleichbedeutend mit weniger Hindernissen bei der Durchsetzung der Ausreisepflicht.

Unter Berücksichtigung der Erkenntnis, dass sich Migrationsströme oft unerwartet ergeben und angesichts der Tatsache, dass es trotz wichtiger Gesetz- und Verfahrensänderungen nach wie vor vielfältige Probleme beim Vollzug von Aufenthaltsbeendigungen gibt, ist es notwendig, im Rahmen des vom Land Niedersachsen verfolgten Ansatzes eines integrierten Rückkehrmanagements die Ausgestaltung des Aufgabenbereichs "Freiwillige Rückkehr" verlässlich festzulegen. Im Gegensatz zur zwangsweisen Rückkehr ist die freiwillige Rückkehr bzw. Ausreise in Deutschland gesetzlich nicht explizit geregelt. Bezüge finden sich lediglich punktuell im Aufenthaltsgesetz (§ 61 Abs. 2 Satz 2 Beratung in Ausreiseeinrichtungen, § 75 Nr. 7 Koordinierung und Mitwirkung des BAMF an Maßnahmen zur Rückkehrförderung einschließlich Mittelauszahlung) und im Asylbewerberleistungsgesetz (§ 11 Abs. 1 Verpflichtung der Behörden, Leistungsberechtigte auf Förderprogramme hinzuweisen).

Im Einzelnen:

II. Förderung der freiwilligen Rückkehr

Das Land Niedersachsen setzt sich für eine verantwortliche und humane Migrationspolitik ein. Daraus folgt, dass die freiwilligen Rückkehr der Rückführung stets vorzuziehen ist, soweit keine Veranlassung zu der Annahme besteht, das Rückkehrverfahren könne dadurch gefährdet werden. Hierzu ist grundsätzlich eine Frist für die freiwillige Ausreise zu setzen, die verlängert werden kann, wenn dies aufgrund der besonderen Umstände eines Einzelfalles als erforderlich erachtet wird.

Um dem Grundsatz des Vorrangs der freiwilligen Rückkehr Geltung zu verschaffen, hält das Land entsprechende Strukturen der Rückkehrberatung vor und beteiligt sich an Maßnahmen zur Rückkehrförderung bzw. liegt diese selbst auf. Es gilt, sowohl ausreisepflichtigen unter Berücksichtigung der Umstände ihres Einzelfalles bezogen auf ihre aufenthaltsrechtlichen Situation im Bundesgebiet - als auch aus eigenem Entschluss ausreisewilligen Drittstaatsangehörigen Wege für eine selbstbestimmte Ausreise sowie mögliche Unterstützungen aufzuzeigen, damit sie für die Zukunft eigenverantwortlich Perspektiven entwickeln können.

Eine besondere Bedeutung kommt hierbei einer frühzeitigen neutralen und ergebnisoffenen Rückkehrberatung zu. Diese basiert auf den von der AG "Freiwillige Rückkehr" der Bund-Länder-Koordinierungsstelle "Integriertes Rückkehrmanagement (BLK IRM)" erarbeiteten "Leitlinien für eine bundesweite Rückkehrberatung" (Fassung 2015). Sie gelten für die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI) als landesweites Kompetenzzentrum zur Förderung der freiwilligen Rückkehr und für die vom Land im Rahmen der Zuwendungsrichtlinie Rückkehrberatung vom 8. 5. 2018 (Nds. MBl. S. 380) geförderten Projektträger unmittelbar, sofern nicht etwas anderes bestimmt wird.

III. Zielgruppe

Zielgruppe der Rückkehrberatung - und ggf. der Förderung - sind folgende in Niedersachsen aufhältige Drittstaatsangehörige, die zur Rückkehr in ihr Heimatland aus eigenem Entschluss bereit oder rechtlich verpflichtet sind:

  • Vollziehbar ausreisepflichtige Personen (einschließlich Personen, die nach § 60a AufenthG geduldet sind).

  • Personen mit einer Aufenthaltsgestattung, unabhängig von den Erfolgsaussichten des Asylantrags.

  • Personen, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen sind und laufende öffentliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen.

  • Unerlaubt eingereiste Ausländerinnen und Ausländer, die nach Maßgabe des § 15a AufenthG verteilt worden sind (sog. ViLA-Fälle)

Nicht zur Zielgruppe gehören insbesondere Personen, die zum Zweck der Arbeitsaufnahme, des Studiums, einer Tätigkeit als Au Pair, der Eheschließung mit einer oder einem deutschen Staatsangehörigen oder als Touristin oder Tourist in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind.

IV. Rückkehrberatungsstellen

Rückkehrberatungsstellen müssen in der Lage sein, individuell, umfassend und qualifiziert zu allen Fragen zu beraten, die im Zusammenhang mit der Rückkehr und Reintegration in das Heimatland oder der Weiterwanderung in ein aufnahmebereites Drittland bestehen. Diese kann durch staatliche oder nichtstaatliche Stellen erfolgen.

In Niedersachsen hat sich ein Verbund aus staatlicher und nichtstaatlicher Rückkehrberatung bewährt. Dieser Ansatz wird weiter verfolgt, um möglichst ein breitflächiges und -gefächertes Beratungsangebot vorhalten zu können.

Mit der LAB NI verfügt das Land einerseits über eine staatliche qualifizierte Rückkehrberatungsstelle, die - unabhängig von den Zugangszahlen - verlässlich einen vorzuhaltenden Grundbedarf abdeckt, während andererseits mit nichtstaatlichen Stellen auf den Bedarf in der Fläche flexibel reagiert werden kann. Mit diesen z. T. unterschiedlichen, sich ergänzenden Kompetenzen und Verbindungen können unterschiedliche Personengruppen erreicht und ggf. komplexe Fälle gemeinsam gelöst werden.

IV.1 Landesaufnahmebehörde Niedersachsen (LAB NI)

Gemäß Organisationserlass des MI vom 13. 8. 2019 (Nds. MBl. S. 1207) ist die LAB NI zum einen Aufnahmeeinrichtung nach § 44 Asylgesetz (AsylG) für Asylsuchende sowie für eingereiste Personen i. S. der §§ 15a und 24 AufenthG, zum anderen landesweites Kompetenzzentrum zur Förderung der freiwilligen Rückkehr.

Daraus ergeben sich Unterschiede bei der Beratung und Unterstützung zwischen den in der Erstaufnahmeeinrichtung untergebrachten und den auf die Kommunen verteilten Personen.

  • Beratung in der Aufnahmeeinrichtung

    Als Ausländer- und Leistungsbehörde obliegt es der LAB NI, die dort untergebrachten Personen auf bestehende Rückkehrprogramme hinzuweisen und in geeigneten Fällen auf ihre Inanspruchnahme hinzuwirken. Bereits beim Erstgespräch mit dem sozialen Dienst in Einrichtungen der Erstaufnahme erfolgt eine Erstinformation über die Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr an alle aufgenommenen Personen. Sie sind darin zu unterstützen, dass sie das Verfahren und die eventuell zu erwartenden oder getroffenen Entscheidungen einschätzen können. Bei Interesse soll die Vermittlung an eine qualifizierte Beratungsstelle erfolgen. Dies ist in der Regel das Kompetenzzentrum der LAB NI, kann aber auch auf Wunsch eine nichtstaatliche Beratungsstelle sein.

    Personen, die keine oder nur eine geringe Aussicht auf einen positiven Asylbescheid haben und die zumindest bis zum Abschluss des Asylverfahrens in der Erstaufnahmeeinrichtung verbleiben müssen, müssen aktiv und wiederholt auf das Beratungsangebot angesprochen werden.

    Die geführten Beratungsgespräche sind zu dokumentieren (Datum, Beratungsinhalt).

  • Beratung und Unterstützung von Kommunen und dort untergebrachten Personen

    Grundsätzlich ist es Aufgabe der Kommunen als Ausländer- und Leistungsbehörden, über Angebote der Rückkehrberatung zu informieren und bei einfach gelagerten Sachverhalten organisatorische Hilfen anzubieten (z. B. REAG/GARP-Antrag).

    Häufig handelt es sich jedoch um komplexe Sachverhalte, die entsprechend geschultes Personal und individuelle Unterstützungsmöglichkeiten voraussetzen. Als landesweites Kompetenzzentrum zur Förderung der freiwilligen Rückkehr ist es Aufgabe der LAB NI, Kommunen und die dort zur Aufnahme und Unterbringung zugewiesenen Personen entsprechend zu unterstützen. Dies geschieht entweder in der LAB NI, telefonisch oder direkt vor Ort in der Kommune durch mobile Beratungsteams der LAB NI.

    Damit die Ausländer- und Leistungsbehörden auf die Möglichkeit und die Vermittlung zur qualifizierten Beratung hinwirken können, können die Kommunen die Unterstützung und Beratung der LAB NI jederzeit in Anspruch nehmen.

    Als Unterstützungsleistungen kommen z. B. in Betracht:

    • die Beschaffung von Reisedokumenten oder Passersatzpapieren,

    • in Einzelfällen die Hilfestellung bei Förderanträgen,

    • in Einzelfällen die Organisation der Ausreise einschließlich der Anreise zum Abreiseort von sowie

    • in Einzelfällen die temporäre Unterbringung in der LAB NI (zur Vermeidung von Nachtfahrten oder Sammelanreise zum Abfahrtsort).

  • Struktur der qualifizierten Rückkehrberatung in der LAB NI

    Die Aufgaben eines landesweiten Kompetenzzentrums für die freiwillige Rückkehr werden - unter regionaler Aufteilung - gleichberechtigt in den Standorten Braunschweig und Osnabrück wahrgenommen.

    Hierbei handelt es sich jeweils um eine eigenständige, vom Bereich "Ausländerrecht" unabhängige Einrichtung, die zur Verdeutlichung und besseren Akzeptanz räumlich vom Bereich "Ausländerrecht" zu trennen ist.

    Grundlage für die Ausgestaltung des Aufgabenbereichs "Freiwillige Rückkehr" in der LAB NI ist das mit dem MI abgestimmte "Konzept der Freiwilligen Rückkehr im Rahmen eines Integrierten Rückkehr- und Rückführungsmanagements" vom 19. 9. 2017, das bei Änderungen der Rahmenbedingungen entsprechend anzupassen ist.

    Für eine ausreichende Personalausstattung ist zu sorgen. Der Mindeststandard beträgt je Standort fünf Vollzeiteinheiten, damit unter Berücksichtigung von Urlaubs- und Krankheitszeiten die Funktionalität des Zentrums aufrechterhalten werden kann (Personalbedarfskonzept vom 20. 12. 2017).

IV.2 Nichtstaatliche Rückkehrberatungsstellen (NGOs)

Um möglichst eine flächendeckende Beratungsstruktur vorhalten zu können, ist es notwendig, die qualifizierte Beratung durch NGOs auszubauen. Hierzu ist die Zuwendungsrichtlinie Rückkehrberatung vom 8. 5. 2018 (Nds. MBl. S. 380) erlassen worden mit der Zielsetzung, die Anzahl von bisher zwei nichtstaatlichen Trägern einer qualifizierten Rückkehrberatungsstelle deutlich zu erhöhen. Für das Jahr 2019 konnten zehn Projektanträge positiv beschieden werden; davon sind neun tätig geworden. Inwieweit sich die Träger bewähren und weiter gefördert werden können, ist zu evaluieren.

Als Arbeitshilfe wird auf das Praxishandbuch Rückkehr- und Reintegrationsberatung von Coming Home ausdrücklich hingewiesen: http://www.muenchen.info/soz/pub/pdf/607_coming_home_praxishandbuch.pdf.

V. Qualifizierung der Beraterinnen und Berater

Eine qualitativ hochwertige Rückkehrberatung setzt entsprechend ausgebildetes Personal voraus. Für eine erfolgreiche Tätigkeit im Bereich "Freiwillige Rückkehr/Ausreise" sind gute Rechtskenntnisse, eine hohe Sozialkompetenz, Kenntnisse über die Situation in den Herkunftsländern und Kenntnisse über bestehende und zu nutzende Beratungsstrukturen sowie Rückkehrunterstützungsprogramme in Deutschland und in den Herkunftsländern erforderlich.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LAB NI sind daher durch interne oder externe Angebote entsprechend fortzubilden. Ihnen wird die Teilnahme an regelmäßigen Fortbildungen wie Seminaren und Workshops zum Thema Rückkehrberatung, aber auch zu damit verbundenen Themen wie Länderkunde, Asyl- und Ausländerrecht ermöglicht. Unterstützende Maßnahmen wie Supervision und Teamentwicklung können bei Bedarf in Anspruch genommen werden. Der fachliche Austausch und die Vernetzung durch die Teilnahme an Fachtagungen und kollegialen Austauschforen werden ebenfalls unterstützt.

Das gilt entsprechend für die vom Land geförderten nichtstaatlichen Beratungsstellen. Ihnen wird in den Zuwendungsbescheiden jeweils die Verpflichtung für eine bedarfsgerechte Weiterbildung auferlegt.

Der LAB NI kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Als Kompetenzzentrum gehört es zu ihrer Aufgabe, für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ausländer- und Leistungsbehörden, NGOs und ehrenamtlich im Flüchtlingsbereich tätigen Personen Informations- und Weiterbildungsveranstalten - je nach Thema mit externer und ohne externe Beteiligung - anzubieten.

VI. Maßnahmen zur Förderung der freiwilligen Ausreise

Damit Personen Perspektiven für eine Zukunft um Herkunftsland oder die Weiterwanderung in ein aufnahmebereites Drittland entwickeln können, beteiligt sich das Land an gemeinsamen Programmen/Projekten vom Bund und den Bundesländern bzw. führt eigene Maßnahmen durch. Dazu gehören:

  • REAG/GARP

    Das Rückkehrförder- und Starthilfe-Programm (Reintegration and Emigration Program for Asylum-Seekers in Germany [REAG] und Government Assisted Repatriation Program [GARP]) ist ein humanitäres Hilfsprogramm. Es fördert die freiwillige Rückkehr oder Weiterwanderung, bietet Starthilfen und dient der Steuerung von Migrationsbewegungen. Das Programm wird von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) im Auftrag des Bundes und der Länder durchgeführt. Die Modalitäten werden vom Bund und den Ländern jährlich festgelegt, von der IOM gegen Ende eines Jahres für das Folgejahr veröffentlicht und vom MI per Erlass jeweils umgesetzt.

  • ZIRF-Counselling

    Das Projekt "ZIRF-Counselling" ist darauf ausgerichtet, die freiwillige Rückkehr von Migrantinnen und Migranten durch ein verbessertes, individuelles Beratungsangebot in der Bundesrepublik Deutschland zu fördern. Das vom Bund und den Ländern finanzierte Projekt stellt Rückkehrberatungsstellen und anderen anfrageberechtigten Stellen neben Country-fact-Sheets (Bund) mittels Individualanfragen fallspezifische, rückkehrrelevante Informationen zur Verfügung, die direkt im jeweiligen Herkunftsland von IOM-Missionen recherchiert werden.

  • Kosovo-Rückkehrprojekt "URA - Die Brücke"

    Das Projekt "URA" wird seit Januar 2009 durchgeführt. Dazu haben sich der Bund und die Länder Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen mit dem Ziel zusammengeschlossen, zurückkehrenden Personen die Reintegration in der Republik Kosovo zu erleichtern und das Rückkehrmanagement insgesamt weiter zu verbessern. "URA" bietet Fördermöglichkeiten sowohl für Personen, die freiwillig zurückgekehrt sind, als auch für Personen, die abgeschoben worden sind.

  • Projekt "Integrierte Rückkehrberatung und Vernetzung (IntegPlan)"

    Das von den Bundesländern initiierte Projekt hat eine Sonderstellung, da es sich in erster Linie mit der Aus- und Weiterbildung von Personen befasst, zu deren hauptberuflichen Aufgaben die Rückkehrberatung gehört. Sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LAB NI als auch die der vom Land geförderten nichtstaatlichen Rückkehrberatungsstellen sind gehalten, diese - nachfrageabhängigen - Angebote in Anspruch zu nehmen. Spezielle Weiterbildungen für Niedersachsen können über das MI mit dem Projektträger Micado Migration gemn. GmbH vereinbart werden.

  • Individualhilfen des Landes

    Da die allgemeinen Hilfsprogramme in Art und Höhe begrenzt und zudem in der Regel zeitlich befristet sowie an bestimmte Voraussetzungen gebunden sind, gewährt das Land darüber hinaus notwendige, auf den Einzelfall abgestellte Unterstützungen (Individualhilfen). Ausreisepflichtigen bzw. ausreisewilligen Drittstaatsangehörigen soll damit ermöglicht werden, eine Perspektive für eine soziale und wirtschaftliche Reintegration bei einer Rückkehr in ihr Heimatland oder ihrer Weiterwanderung entwickeln zu können. Individualhilfen des Landes können aber grundsätzlich nur nachrangig oder ergänzend zu den Angeboten der allgemeinen Förderprogramme in Anspruch genommen werden.

    Ein Rechtsanspruch auf die Bewilligung von Individualhilfen besteht nicht.

    Individualhilfen werden grundsätzlich nicht geleistet für Personen, die aus einem europäischen Drittstaat (Herkunftsland) visumfrei eingereist sind; entsprechendes gilt für kosovarische Staatsangehörige. Von diesem Grundsatz kann abgewichen werden, wenn mit der Individualhilfe kurzfristig eine freiwillige Ausreise ermöglicht werden kann. Barmittel sind dabei auf maximal 100 EUR pro Person zu beschränken.

    Die Individualhilfen stellt das Land über die LAB NI oder den nichtstaatlichen, vom Land geförderten Beratungsstellen zur Verfügung.

    Als Individualhilfen kommen insbesondere in Betracht:

    • Übernahme von Reisekosten oder Starthilfen für Personen, die nicht unter das REAG/GARP-Programm fallen,

    • Aufstockung oder Ergänzung von REAG/GARP-Hilfen, Gewährung sonstiger individueller Bar- oder Sachmittel wie z. B. Medikamente, Übernahme von Medikamentenkosten im Heimatland für einen begrenzten Zeitraum, Hilfsmittel im Krankheitsfall oder bei Behinderungen, Gepäckkostenzuschuss, Transportkosten für Hausrat, Übernahme von Herrichtungskosten für Wohnraum, Beschaffung von handwerklichen oder technischen Geräten und von Materialien zum Aufbau einer beruflichen Existenz,

    • eine zielgerichtete (Berufs-)Qualifizierung durch Kurse oder Praktika vor der Ausreise oder im Herkunftsland, um mit dem erworbenen Wissen und neuen Fähigkeiten einen Neuanfang zu erleichtern; hierzu können auch Deutschkurse zählen.

    Bei der Förderung der freiwilligen Ausreise mit Individualhilfen des Landes ist zu beachten:

    • Barmittel und geldwerte Sachmittel sind im Einzelfall nach den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit festzulegen und sollen in der Regel 1 200 EUR/Person bzw. 6 000 EUR/Familie nicht überschreiten. Ausnahmen sind bei besonderen persönlichen oder humanitären Umständen möglich. Die Hilfen sind so zu gestalten, dass sie für sich gesehen keinen Anreiz für eine Wieder-/Einreise ins Bundesgebiet darstellen. Soweit wie möglich sollen die Hilfen erst nach Ausreise im Herkunftsland unter Einbeziehung einer dort tätigen Partnerschaftsorganisation bereitgestellt werden.

    • Die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen der Maßnahmen sind jeweils vor Ort mit den zu beteiligenden Behörden oder Organisationen abzuklären.

    • Für die freiwillige Ausreise ist ein Verfahren vorzusehen, anhand dessen die tatsächliche Ausreise nachgewiesen werden kann.

    • Ist keine Bereitstellung der Hilfen vor Ort angezeigt, soll die Aushändigung von Barmitteln oder geldwerten Sachleistungen erst in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Ausreise erfolgen (z. B. am Flughafen).

    • Die Bewilligung der Hilfen, Ausgaben und Auszahlung und die Bewirtschaftung entsprechender Haushaltsmittel ist zu dokumentieren.

    Empfängerinnen und Empfänger von Individualleistungen (Geldleistungen) müssen sich verpflichten, die erhaltenen Hilfen zu erstatten, wenn sie ihren Aufenthalt nicht nur vorübergehend nach Deutschland zurückverlegen. Personen, die nach ihrer Wiedereinreise als Asylberechtigte anerkannt werden oder denen der Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen gewährt worden ist sowie deren minderjährige Kinder und Ehegattinnen und Ehegatten sind nicht zur Rückerstattung verpflichtet.

    In besonderen Härtefällen (z. B. Krankheit) kann von einer Rückforderung abgesehen werden. Die Entscheidung ist zu dokumentieren.

  • Landesprogramme

    Wie die Vergangenheit gezeigt hat, kann es für bestimmte Personengruppen und Herkunftsstaaten Bedarfe geben, die nicht im Rahmen der allgemeinen Rückkehrprogramme und/oder durch Gewährung einer Individualhilfe abgedeckt werden können. Hier gilt es zu prüfen, inwieweit es im Interesse des Landes liegt, weitere Anreize für eine freiwillige Ausreize zu schaffen und ggf. ein eigenes, zeitlich befristetes Landesprogramm aufzulegen.

VII. Öffentlichkeitsarbeit und Zusammenarbeit mit anderen Stellen

Das MI unterrichtet die Ausländer- und Leistungsbehörden und weitere relevante Akteurinnen und Akteure über aktuelle Förderprogramme per Erlass, Veröffentlichung im Nds. MBl. sowie Einstellung auf der Homepage. Einseitige Landesmaßnahmen werden außerdem über das Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) - AG Freiwillige Rückkehr bundesweit bekannt gegeben bzw. auf der Internetseite https://www.returningfromgermany.de veröffentlicht.

Im Rahmen von Dienstbesprechungen mit der LAB NI, den Ausländer- und Leistungsbehörden wird die freiwillige Rückkehr regelmäßig thematisiert.

Das MI veranstaltet zweimal im Jahr ein Netzwerktreffen mit den Akteurinnen und Akteuren der Rückkehrberatung (LAB NI, vom Land geförderte nichtstaatliche Rückkehrberatungsstellen, anlassbezogen weitere Personen oder Einrichtungen).

Die LAB NI unterrichtet die Öffentlichkeit über die von ihr vorgehaltenen Hilfsmaßnahmen zur Förderung von freiwilligen Ausreisen durch geeignete Instrumente (z. B. Internet, Informationsbroschüren, Flyer) und strebt eine Zusammenarbeit mit den verschiedenen Organisationen der Rückkehrberatung und -förderung (nichtstaatliche Beratungsstellen, Behörden, Wohlfahrtsverbände, internationale Organisationen) an. Dabei soll dem Gedanken einer integrierten Rückkehrberatung und Vernetzung unter Nutzung der Strukturen im Herkunftsland besonders Rechnung getragen werden. Dieses geschieht beispielsweise auf der jährlichen "LAB-Rückkehr-Tagung in Niedersachsen" oder im von der LAB NI initiierten "informellen Rückkehrnetzwerk Niedersachsen" - das sich zweimal im Jahr trifft.

VIII. Integrierter Ansatz

Die Realisierung einer Aufenthaltsbeendigung unter dem Aspekt des Vorrangs der freiwilligen Ausreise setzt voraus, dass Ausländerbehörden und Rückkehrberatungsstellen diesem Ziel verpflichtet zusammen arbeiten. Dazu gehört insbesondere, dass Personen, die glaubhaft ihre Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise erklärt haben oder für die von der Beratungsstelle bereits entsprechende Schritte zur freiwilligen Ausreise eingeleitet wurden (z. B. REAG/GARP-Antrag) eine - im Rahmen der ausländerrechtlichen Vorgaben - angemessene Zeit (§ 59 Abs. 1 AufenthG) zur Durchführung eingeräumt wird.

IX. Berichtspflichten und Evaluation

Die LAB NI legt dem MI jeweils zum 1. März des Folgejahres (erstmalig im Jahr 2020 für 2019) einen Jahresbericht über die Maßnahmen zur Förderung der freiwilligen Rückkehr einschließlich besonderer Vorkommnisse und Erkenntnisse sowie statistischer Auswertungen vor. Dabei ist zwischen den Maßnahmen für die in der LAB NI untergebrachten Personen und denen für die Kommunen und den dort zugewiesenen Personen zu differenzieren.

Von den vom Land geförderten nichtstaatlichen Rückkehrberatungsstellen wird ein ausführlicher Bericht im Rahmen des vorzulegenden Verwendungsnachweises gefordert.

Das Konzept des Landes wird entsprechend der daraus und anderweitig erworbenen Erkenntnisse überprüft und weiterentwickelt.

Außer Kraft am 1. Januar 2026 durch Nummer 11 Satz 1 des RdErl. i.d.F. vom 16. November 2023 (Nds. MBl. S. 958)