Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 30.11.2004, Az.: 3 W 39/04

Selbstständige Tätigkeiten eines Notars und gesonderte Betreuungsgebühr

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
30.11.2004
Aktenzeichen
3 W 39/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 28046
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2004:1130.3W39.04.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Oldenburg - 11.10.2004 - AZ: 9 T 702/04

Fundstellen

  • JurBüro 2005, 460
  • MittBayNot 2005, 340-341
  • OLGReport Gerichtsort 2005, 119-120
  • ZNotP 2005, 358-359 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Die Kostenrechnungen des Notars H ... , O ... , vom ... und ...
(Urk.Nr. ... +...)

Prozessführer

1. Notar H ...

2. C ... und I ... A ... ,
3. P ...

Amtlicher Leitsatz

Die Überwachung der Kaufpreisfälligkeit, die Einholung der Bestätigung der finanzierenden Bank, dass sie den Sicherungsabreden der Grundschuldbestellungsurkunde entsprechend verfahren werde und die Überwachung der Kaufpreiszahlung stellen selbstständige Tätigkeiten des Notars i.S.v. § 147 Abs. 2 KostO dar, für die jeweils eine gesonderte Betreuungsgebühr anfällt.

In der Notarkostensache
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... ,
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Oberlandesgericht ...
am 30. November 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die weitere Beschwerde des Notars wird der Beschluss des Landgerichts Oldenburg vom 11. Oktober 2004 aufgehoben.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert beträgt 41,76 EUR.

Gründe

1

Der Notar beurkundete am 14. November 2003 zu seiner Urkundsrollennummer ... einen Grundstückskaufvertrag. Nach § 5 hatte der Notar den Eintritt der Fälligkeit zu überwachen und dem Käufer mitzuteilen. Durch § 9 wurde er angewiesen, die Eigentumsumschreibung erst zu beantragen, nachdem ihm die Kaufpreiszahlung nachgewiesen worden war. In § 13 wurden die Käufer bevollmächtigt, den Vertragsgegenstand schon vor Eigentumsumschreibung zu Finanzierungszwecken zu belasten. Von dieser Vollmacht konnte nur der beurkundende Notar Gebrauch machen. Er wurde angewiesen sicherzustellen, dass in den Bestellungsurkunden u.a. folgende Erklärungen abgegeben wurden:

a)
Der Grundschuldgläubiger darf die Grundschuld nur insoweit als Sicherheit verwerten oder behalten, als er tatsächlich Zahlungen mit Tilgungswirkung auf die Kaufpreisschuld der Käuferpartei geleistet hat...

b)
Die Käuferpartei tritt ihre Auszahlungsansprüche gegen das Kreditinstitut, dessen Kredite durch die einzutragenden Grundpfandrechte gesichert werden, in dem Umfang, in dem sie der Kaufpreisbelegung dienen, an die Verkäuferpartei ab und weist das Kreditinstitut unwiderruflich an, Zahlungen nur gemäß § 5 dieser Vereinbarung zu leisten.

2

Weiter heißt es:

Der Notar darf Ausfertigungen, Originale und beglaubigte Abschriften der Grundpfandrechtsbestellungserklärungen erst herausgeben, wenn die Kreditinstitute, deren Kredite durch die Grundpfandrechte gesichert werden, bestätigt haben, dass sie von den Erklärungen gemäß a) und b) Kenntnis genommen und entsprechend der Abtretung und unwiderruflichen Anweisung verfahren werden...

3

Am 17. November 2003 beurkundete der Notar zur Urkundsrollennummer ... die Bestellung einer Briefgrundschuld für die finanzierende Bank der Käufer, wobei die Regelungen des § 13 Abs. 3 a) und b) als Ziffer "8. Eingeschränkte Sicherungsabrede"übernommen wurden. Am Folgetag übersandte er der Bank eine Fotokopie der Grundschuldbestellungsurkunde mit der Bitte um Hergabe einer Bestätigung, dass sie von den Erklärungen gemäß Ziffer 8 Kenntnis genommen habe und entsprechend der Abtretung und unwiderruflichen Anweisung verfahren werde. Nachdem diese Bestätigung am 26. November 2003 eingetroffen war, stellte der Notar mit Schreiben vom selben Tage die sich aus der Grundschuldbestellungsurkunde ergebenden Anträge. Die Grundschuld wurde daraufhin am 1. Dezember 2003 eingetragen. Durch E-Mail vom 26. Dezember 2003 teilten die Verkäufer dem Notar mit, dass die Kaufpreiszahlung vollständig erfolgt sei und damit einer Eigentumsumschreibung nichts mehr im Wege stehe. Dieser erwiderte mit E-Mail vom 30. Dezember 2003, dass die E-Mail als Bestätigung nicht ausreiche und bat um Übersendung einer von beiden Verkäufern unterschriebenen Bestätigung. Nachdem er diese am 5. Januar 2004 erhalten hatte, stellte der Notar den Antrag auf Eigentumsumschreibung.

4

Für seine Bemühungen in dieser Angelegenheit hat der Notar u.a. drei Betreuungsgebühren gemäß § 147 Abs. 2 KostO berechnet, nämlich eine für die "Fälligkeitsüberwachung", eine für die "Einreichungsüberwachung" sowie eine für die "Einholung der Bestätigung auf Grund der Belastungsvollmacht".

5

Der P ... hat den Notar gemäß § 156 Abs. 5 KostO a.F. angewiesen, hinsichtlich der letzten beiden Positionen die Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen. Es handele sich zwar in beiden Fällen um gebührenpflichtige Geschäfte, gleichwohl sei aber nur eine Betreuungsgebühr anzusetzen, weil die in einer Urkunde niedergelegten Aufträge zur Einreichungsüberwachung und Einholung der Gläubigerbestätigung in untrennbarem Zusammenhang ständen, ausschließlich dem Interesse der Verkäufer dienten und beide die gleiche Zielsetzung hätten, nämlich eine ungesicherte Vorleistung zu verhindern.

6

Das Landgericht hat sich dieser Auffassung angeschlossen und die Kostenrechnung des Notars vom 18. November 2003 insoweit aufgehoben, als darin eine Gebühr nach § 147 Abs. 2 KostO für die Einholung der Bestätigung auf Grund der Belastungsvollmacht nach einem Geschäftswert von 18.000 EUR in Höhe von 36 EUR zzgl. Mehrwertsteuer festgesetzt worden ist. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat es die weitere Beschwerde gemäß § 156 Abs. 2 KostO zugelassen.

7

Die frist und formgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist zulässig und hat auch in Sache Erfolg.

8

Die vom Notar als "Einreichungsüberwachung" bezeichnete eigenverantwortliche Prüfung und Überwachung der Kaufpreiszahlung vor Einreichung des Umschreibungsantrages einerseits und die Einholung der Bestätigung der finanzierenden Bank, dass sie den Sicherungsabreden der Grundschuldbestellungsurkunde entsprechend verfahren werde andererseits, stellen jeweils Tätigkeiten des Notars i.S.v. § 147 Abs. 2 KostO dar. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass jede unter § 147 Abs. 2 KostO fallende Tätigkeit des Notars als selbstständiges Geschäft zu behandeln ist und deshalb jeweils eine gesonderte Betreuungsgebühr anfällt (Assenmacher/Mathias, KostO, 15.Aufl., S. 184 ff; Korintenberg/Bengel/ Tiedtke, KostO, 15. Aufl., § 147 Rn. 176 ff; Mümmler JB 1974, 974, 976). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt lediglich dann, wenn zwischen den verschiedenen Tätigkeiten ein so enger Zusammenhang besteht, dass sie als einheitliches Geschäft anzusehen sind. Hierfür nicht ausreichend ist der Umstand, dass die Aufträge in derselben Urkunde enthalten sind und die Tätigkeiten letztlich demselben wirtschaftlichen Zweck, hier der Abwicklung des Grundstückskaufvertrages, dienen. Es kommt vielmehr darauf an, ob es sich nach dem Gesamtbild um gleichwertige, von einander unabhängige Tätigkeiten handelt, oder ob die Tätigkeiten in einem solch unmittelbaren sachlichen Zusammenhang stehen, dass die eine die andere, quasi als unselbstständiges Nebengeschäft, lediglich vorbereitet oder fördert. Letzteres ist z.B. im Verhältnis von Erteilung einer Auszahlungsanweisung an Finanzierungsgläubiger und Überwachung der Kaufpreiszahlung der Fall (LG Köln MittRhNotK 1996, 109, 110), ersteres z.B. nach mittlerweile einhelliger Auffassung im Verhältnis von Überwachung der Kaufpreisfälligkeit und Überwachung der Kaufpreiszahlung (Assenmacher/ Mathias a.a.O. S. 185 m.w.N.; Korintenberg/Bengel/Tiedtke a.a.O. Rn. 177 m.w.N.).

9

Im zu entscheidenden Fall gliederte sich die Betreuungstätigkeit des Notars in drei Abschnitte. Zum einen hatte er die in § 5 des Vertrages im einzelnen aufgeführten Fälligkeitsvoraussetzungen herbeizuführen, insbesondere Löschungsbewilligungen einzuholen, und den Käufern sodann die Fälligkeitsmitteilung zu übersenden. Zum anderen hatte er zur Ermöglichung der Finanzierung durch die Käufer von der in § 13 vorgesehenen Belastungsvollmacht Gebrauch zu machen, allerdings erst nach Einholung einer Bestätigung der finanzierenden Bank, dass diese die in der Grundschuldbestellungsurkunde enthaltenen Sicherungsabreden akzeptierte. Schließlich hatte er sich gemäß § 9 die Kaufpreiszahlung nachweisen zu lassen, bevor er die Eigentumsumschreibung beantragen durfte. Bei allen drei Tätigkeitskomplexen handelt es sich nach Auffassung des Senats um selbstständige und deshalb nebeneinander zu vergütende Geschäfte (vgl. auch OLG Köln RNotZ 2003, 401, 402). Dass sowohl die Einholung der Gläubigerbestätigung als auch die Überwachung der Kaufpreiszahlung im Interesse des Verkäufers geschehen sind, gebietet keine einheitliche Betrachtung. Es handelt sich vielmehr um Tätigkeiten, die zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlicher Weise mit unterschiedlicher Zielrichtung auszuüben waren. Während die Einholung der Gläubigerbestätigung eine ungesicherte Belastung des Grundstücks des Verkäufers vor Eigentumsumschreibung verhindern sollte, diente - hiervon rechtlich unabhängig und, entgegen der Meinung des P ... , keineswegs untrennbar miteinander verbunden - die spätere Überwachung der Kaufpreiszahlung dazu, sicherzustellen, dass eine Eigentumsumschreibung erst nach Ablösung der vorhandenen Grundschuld und Zahlung des Restkaufpreises an die Verkäufer erfolgte.

10

Da die Kostenrechnungen des Notars somit rechtlich nicht zu beanstanden sind, war die Entscheidung des Landgerichts aufzuheben.

11

Die Kostenentscheidung beruht auf § 156 Abs. 5 S. 2, 131 Abs. 1 S. 2, Abs. 5 KostO

12

... ... ...

Streitwertbeschluss:

Der Beschwerdewert beträgt 41,76 EUR.