Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 15.05.2015, Az.: L 1/4 KR 74/13

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
15.05.2015
Aktenzeichen
L 1/4 KR 74/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 18092
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2015:0515.L1.4KR74.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Oldenburg - 23.01.2013 - AZ: S 62 KR 183/12

Tenor:

Das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 22. Januar 2013 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.357,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 13. November 2009 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Der Streitwert wird auf 8.357,74 EUR festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Zahlung von weiteren 8.357,74 EUR für Krankenhausbehandlung. Allein streitig ist die Frage, ob der Kläger mit seiner Nachforderung 21 Monate nach der vorbehaltslosen Endabrechnung ausgeschlossen ist.

Der Kläger behandelte den am 26. Mai 1964 geborenen und am 8. Januar 2008 verstorbenen Versicherten der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der BKK A.T.U., J ... Dieser wurde am 29. Dezember 2007 notfallmäßig aus dem Reinhard-Nieter-Krankenhaus, K., in das Krankenhaus des Klägers verlegt und verstarb am 8. Januar 2008. Der Versicherte litt unter einer Subarachnoidalblutung und wurde intensivmedizinisch behandelt und beatmet. Aus den in der Patientenakte befindlichen Beatmungsprotokollen ergibt sich eine Beatmungszeit von (jedenfalls) 169 Stunden. Die am 6. Februar 2008 per Datenträgeraustausch übermittelte Behandlungsrechnung in Höhe von 12.198,53 EUR, die die Beklagte vertragsgemäß beglich, enthielt jedoch lediglich eine Beatmungszeit von 143 Stunden.

Am 12. November 2009 übersandte der Kläger der Beklagten dann eine korrigierte Rechnung über jetzt insgesamt 20.556,27 EUR unter Berücksichtigung einer Beatmungszeit von 169 Stunden.

Die Beklagte lehnte die Nachberechnung mit Schreiben vom 12. November 2009 ab, da das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 8. September 2009 - B 1 KR 11/09 entschieden habe, dass Nachberechnungen für ohne Vorbehalt endabgerechnete Fälle mehr als zwei Jahre später nicht mehr getätigt werden dürften. Nachforderungen seien nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen.

Am 21. Januar 2011 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben, die das SG mit Beschluss vom 9. Mai 2012 an das SG Oldenburg verwiesen hat. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, dass zwischen der Beendigung der Behandlung am 9. Januar 2008 und der Erstellung der korrigierten Rechnung am 10. November 2009 weniger als zwei Jahre lägen, sodass eine Nachberechnung nicht ausgeschlossen sei. Das zitierte Urteil sei nicht einschlägig.

Das SG hat mit Urteil vom 22. Januar 2013 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass ein Krankenhaus grundsätzlich auch noch nach Rechnungstellung zur Nachforderung einer offenen Vergütung berechtigt sei. Die Nachforderung stehe jedoch unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben, der über § 69 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) gemäß dem Rechtsgedanken des § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auch auf die Rechtsbeziehungen der Beteiligten einwirke. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Beteiligten aufgrund eines dauerhaften Vertragsrahmens ständig professionell zusammenarbeiteten. In diesem Rahmen sei eine gegenseitige Rücksichtnahme zu erwarten. Die Krankenkasse müsse darauf vertrauen können, dass eine vom Krankenhaus als "Schlussrechnung" bezeichnete Abrechnung auf einem ordnungsgemäßen Abrechnungsverfahren beruhe und grundsätzlich auf den endgültigen Abschluss des Abrechnungsverfahrens des jeweiligen Behandlungsfalles gerichtet sei. Ausgehend von diesen Grundsätzen sei der Kläger nach Erteilung der Schlussrechnung vom 6. Februar 2008 mit seiner Nachforderung vom 12. November 2009 nach Treu und Glauben ausgeschlossen. Er habe in seiner Rechnung vom 6. Februar 2008 keinen ausdrücklichen oder nur sinngemäßen Vorbehalt erklärt. Die Beklagte habe daher von einer Schlussrechnung ausgehen dürfen. Es habe sich auch nicht lediglich um die Korrektur eines offen zutage liegenden Fehlers der ersten Abrechnung gehandelt. Letztlich sei die korrigierte Nachforderung des Klägers auch nicht mehr zeitnah, sondern 21 Monate später und damit nicht mehr innerhalb des laufenden Haushaltsjahres der Krankenkasse erfolgt. Aus dem Urteil des BSG vom 8. September 2009 - B 1 KR 11/09 R - sei nicht der Schluss zu ziehen, dass eine Nachforderung eines Krankenhauses stets zu erfüllen sei, wenn sie innerhalb von zwei Jahren nach Übersendung und Bezahlung der ersten Rechnung geltend gemacht werde. Der Kläger könne daher nicht damit gehört werden, zwischen dem Zeitpunkt der Beendigung der Behandlung und der Erstellung der korrigierten Rechnung lägen weniger als zwei Jahre, sodass eine Nachberechnung zulässig sei.

Gegen das am 8. Februar 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. Februar 2013 Berufung vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen erhoben und zur Begründung auf die Rechtsprechung des BSG in den Urteilen vom 13. November 2012 - B 1 KR 6/12 R - und 22. November 2012 - B 3 KR 1/12 R - Bezug genommen. Eine Nachberechnung könne dann erfolgen, wenn diese nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoße. Eine Nachberechnung sei, abgesehen von offensichtlichen Schreib- und Rechenfehlern, bei zulässiger Zahlung unter Vorbehalt, solange das MDK-Prüfverfahren noch laufe und innerhalb von sechs Wochen seit Rechnungseingang bei der Krankenkasse nach Ablauf von sechs Wochen nur noch bei Überschreitung der Bagatellgrenze zulässig. Hier sei angesichts des Nachforderungsbetrages eine Bagatellgrenze überschritten. Die Nachberechnung sei damit prinzipiell bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist möglich. Auf das Kriterium des Rechnungsjahres komme es nicht entscheidend an. Unter einem vollständigen Geschäftsjahr könne nur verstanden werden, dass der Ablauf des Jahres abzuwarten sei, in dem die Rechnung tatsächlich gestellt worden sei sowie ein gesamtes zusätzliches Geschäftsjahr hinzuzurechnen sei. Dies bedeute für den vorliegenden Fall, dass die im Februar 2008 erstellte erste Rechnung eine Nachberechnung bis einschließlich 31. Dezember 2009 ermögliche. Da die Nachberechnung im November 2009 vorgenommen worden sei, sei dies zulässig. Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben könne nicht festgestellt werden.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 22. Januar 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 8.357,74 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 2 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem 13. November 2009 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Urteilsbegründung des SG Oldenburg und die Entscheidung des BSG vom 8. September 2009 - B 1 KR 11/09 R.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, der den Patienten L. betreffenden Patientenakte des Krankenhauses und die Gerichtsakte Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden.

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte über den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), weil sich die Beteiligten schriftsätzlich damit einverstanden erklärt haben.

Die gemäß §§ 143 f. SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist auch begründet. Der Kläger kann die Zahlung weiterer 8.357,74 EUR von der Beklagten verlangen. Die Nachforderung verstößt nicht gegen Treu und Glauben.

Rechtsgrundlage des zulässig mit der echten Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG verfolgten restlichen Vergütungsanspruch (vgl. dazu BSGE 90, 1 = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3 S. 18, BSGE 100, 164 = SozR 4-2500 § 39 Nr. 12; BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 13 Rdnr. 9) ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEG), § 17 b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und der Fallpauschalenvereinbarung für das Jahr 2008 sowie des Nds. Krankenhausvertrages.

Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Der Behandlungspflicht zugelassener Krankenhäuser im Sinne des § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in §§ 16, 17 KHG in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträger festgelegt wird (BSGE 86, 166, 168 [BSG 17.05.2000 - B 3 KR 33/99 R] = SozR 3-2500 § 112 Nr. 1 S. 3; BSGE 90, 1, 2). Durch eine mit den maßgeblichen Vorschriften im Einklang stehende Versorgung erwirbt das Krankenhaus einen gesetzlichen Vergütungsanspruch, dessen Höhe gemäß § 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V nach Maßgabe des Krankenhausgesetztes, des Krankenhausentgeltgesetzes und, sofern das Krankenhaus nicht in das DRG-Vergütungssystem einbezogen ist, der Bundespflegesatzverordnung, vertraglich abschließend festgelegt ist.

Hier besteht zwischen den Beteiligten in Hinblick auf die Erforderlichkeit der streitigen Behandlungsmaßnahme kein Streit (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 20. Juli 2012). Streitig ist allein, wie lange nach einer vorbehaltlosen Endabrechung eine Nachforderung noch möglich ist.

Grundsätzlich verjähren Vergütungsansprüche von Krankenhäusern in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind. Nach der Rechtsprechung des BSG dürfen Krankenhäuser diese Verjährungsfrist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aber nicht ohne weiteres für Rechnungskorrekturen und damit verbundenen Nachforderungen gegenüber den Krankenkassen ausnutzen (vgl. Bielitz, Nachträgliche Rechnungskorrektur durch Krankenhäuser, NZS 2013, 818 ff). Nach der Rechtsprechung des BSG kann die Krankenkasse auch nach Bezahlung der Krankenhausrechnung nachträgliche Korrekturen vornehmen (BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 16 Rdnr. 17 m.w.N.), ebenso ist das Krankenhaus noch nach Rechnungsstellung grundsätzlich zur Nachforderung einer offenen Vergütung berechtigt (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2009 - B 1 KR 11/09 R - SozR 4-2500 § 109 Nr. 19 Rdnr. 16).

Die Nachforderung eines restlichen Vergütungsanspruchs steht jedoch - ebenso wie die Einzelfallkorrektur einer bereits gezahlten Krankenhausrechnung durch die Krankenkasse- unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben, der über § 69 SGB V gemäß dem Rechtsgedanken des § 242 BGB auf die Rechtsbeziehungen der Beteiligten einwirkt. Die dauerhaften professionellen Vertragsbeziehungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen sind von einem systembedingten Beschleunigungsgebot geprägt und verpflichten zu gegenseitiger Rücksichtnahme. Diese Strukturmerkmale begrenzen die Befugnis der Krankenhäuser zur nachträglichen Rechnungskorrektur. Den Krankenhäusern ist bekannt, dass die Krankenkassen aufgrund des laufenden Ausgabenvolumens in Höhe ihrer Beiträge - grundsätzlich bezogen auf das Kalenderjahr- kalkulieren müssen. Sie sind dafür auf tragfähige Berechnungsgrundlagen angewiesen und müssen sich grundsätzlich auf die "Schlussrechnung" eines Krankenhauses verlassen können. Das Krankenhaus verfügt für die Erteilung einer ordnungsgemäßen, verlässlichen Abrechnung - anders als die Krankenkasse - umfassend über alle Informationen, die die stationäre Behandlung des Versicherten betreffen und ist regelmäßig in der Lage, professionell abzurechnen und sich ggf. stellende Abrechnungsprobleme zu erkennen oder bei Unsicherheiten über die Anwendung von Abrechnungsbestimmungen explizite Vorbehalte zu erklären (BSG, Urteil vom 8. September 2009 - B 1 KR 11/09 R Rdnr. 17, 18)

In seinem Urteil vom 8. September 2009 hat der 1. Senat des BSG, in einem Fall, in dem das Krankenhaus seine Schlussrechnung erst nach mehr als zwei Jahren korrigiert und durch eine zweite Schlussrechnung ersetzt hat, die Klage auf Zahlung des Differenzbetrages abgewiesen, weil die Schlussrechnung keinen zulässigen Nachforderungsvorbehalt enthielt und es auch nicht um die bloße Korrektur eines offen zutage liegenden und damit auf den ersten Blick erkennbaren Fehlers der ersten Abrechnung ging, sondern um die Korrektur eines verdeckten Fehlers. Die Nachforderung war nach dem Urteil des 1. Senats nach Treu und Glauben ausgeschlossen, weil sie "nicht mehr zeitnah, insbesondere nicht innerhalb des laufenden Haushaltsjahres der Beklagten, sondern mehr als zwei Jahre nach Übersendung und Bezahlung der ersten Rechnung erfolgt ist" (BSG, Urteil vom 8. September 2008 - B 1 KR 11/09 R Rdnr. 21). Die Krankenkassen müssten es nicht hinnehmen, dass Krankenhäuser innerhalb der Verjährungsfrist durch Nachforderungen trotz erteilter Schlussrechnung ihre Abrechnung noch nach Jahren ergänzten, obwohl sie bei normaler Sorgfalt dies von Anfang an hätten berücksichtigen können (BSG, aaO.).

In dieser Entscheidung wird dargelegt, wann eine auf der Korrektur eines verdeckten Fehlers beruhende Neuabrechnung einer Krankenhausbehandlung wegen Verspätung nicht mehr zulässig ist. Dabei hat der 1. Senat den Begriff der Zeitnähe nicht näher definiert, aber jedenfalls für Behandlungen, die im ersten Halbjahr eines Kalenderjahres abgerechnet worden sind, eine zeitliche Beschränkung bis zum Ende des jeweils laufenden Haushaltsjahres des Krankenhauses - das prinzipiell mit dem Kalenderjahr übereinstimmt (§ 67 SGB IV) - angenommen (vgl. so BSG, Urteil vom 22. November 2012 - B 3 KR 1/12 Rdnr. 14).

In einer weiteren Entscheidung des 1. Senats vom 13. November 2012 - B 1 KR 6/12 R - ging es um die Nachforderung einer die Bagatellgrenze überschreitenden restlichen Krankenhausvergütung mehr als vier Jahre nach Erteilung der Schlussrechnung, aber noch vor Eintritt der Verjährung. Der 1. Senat hat in Fortführung seines Urteils vom 8. September 2009 - B 1 KR 11/09 R entschieden, dass eine so späte Korrektur gegen Treu und Glauben verstößt und dabei zur Erläuterung hinzugefügt, die Krankenkassen könnten von den Krankenhäusern erwarten, dass sie - im Einklang mit ihren eigenen Interessen - jedenfalls innerhalb eines vollständigen Geschäftsjahres durch die Binnenkontrolle abklären, dass die erteilten Schlussrechnungen vollständig sind.

Daraus hat der 3. Senat geschlossen, dass der 1. Senat die aus der früheren Entscheidung zu entnehmende Korrekturfrist offensichtlich erweitert hat. Es ist für die Korrekturmöglichkeiten auch nicht mehr auf das laufende Haushaltsjahr abzustellen, sondern stets das Folgejahr einzubeziehen, weil für die Korrektur mindestens ein "vollständiges Geschäftsjahr" zur Verfügung stehen muss. Eine Rechnungskorrektur ist danach innerhalb von maximal 729 Tagen (für eine der Krankenkasse am 1. Januar zugegangene Schlussrechnung) und mindestens 365 Tagen (für eine am 31. Dezember zugegangene Schlussrechnung) zulässig (BSG, Urteil vom 22. November 2012 - B 3 KR 1/12 R Rdnr. 17). Der 3. Senat des BSG hat zudem ausgeführt, dass nach Ablauf der 6-Wochen-Frist und außerhalb eines laufenden Prüfverfahrens nach § 275 SGB V ein Krankenhaus eine als unrichtig erkannte vorbehaltlose Schlussrechnung - von offensichtlichen Schreib- und Rechenfehlern abgesehen - nach Treu und Glauben nur dann korrigieren kann, wenn die Nachforderung den Betrag von 100,00 EUR (bzw. 300,00 EUR für die Zeit ab 25. März 2009) überschreitet und zumindest 5 % des Ausgangsrechnungswertes erreicht (BSG, Urteil vom 22. November 2012 - B 3 KR 1/12 R Rdnr. 15; BSGE 105, 150 = SozR 4-2500 § 109 Nr. 20 Rdnr. 16). Dabei geht der 3. Senat davon aus, dass eine Nachberechnung prinzipiell bis zum Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist denkbar ist. Auf das Kriterium des Rechnungsjahres komme es nicht entscheidend an. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben könne erst angenommen werden, wenn die Krankenhäuser eine regelmäßige systematische Rechnungsoptimierung von mehr als 10 % des Erlösbudgets vornähmen.

Der Senat braucht hier nicht zu entscheiden, welcher Argumentation des BSG er folgt, ob sich die Begrenzung der Nachforderung auf ein vollständiges Geschäftsjahr aus dem Gesetz herleiten lässt und ob grundsätzlich in Fällen, in denen der Differenzbetrag einen erheblichen Teil des ursprünglichen Rechnungsbetrages ausmacht, das Interesse des Krankenhauses an der vollständigen Vergütung seiner Leistungen das Interesse der Krankenkasse an der Vermeidung zusätzlichen Verwaltungsaufwandes überwiegt (vgl. dazu Bielitz, NZS 2013, 818, 820).

Nach der Rechtsprechung beider Senate des BSG von November 2012 ergibt sich nämlich für den vorliegenden Fall, dass der Kläger mit der Nachberechnung nicht ausgeschlossen war. Die Bagatellgrenzen, die der 3. Senat aufgestellt hat, sind überschritten, denn der Nachforderungsbetrag beträgt mehr als 100 EUR bzw. 300,00 EUR und überschreitet mindestens 5 % des Ausgangsrechnungsbetrages. Anhaltspunkte für eine systematische Rechnungsoptimierung seitens des Klägers sind von der Beklagten nicht vorgetragen und aus den Akten nicht ersichtlich.

Da der 1. Senat ausgeführt hat, dass der Ablauf des Jahres abzuwarten ist, in dem die Rechnung tatsächlich erstellt wurde sowie ein gesamtes zusätzliches Geschäftsjahr, ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass bei erster Rechnungsstellung im Februar 2008 eine Nachberechnung bis einschließlich 31. Dezember 2009 durchführbar war.

Die Beklagte hat auch nach Kenntnis dieser Rechtsprechung des BSG nicht vorgetragen, was gegen die inhaltliche Richtigkeit der Nachforderung sprechen würde.

Der Zinsanspruch ergibt sich dem Grunde nach aus § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V iVm § 291 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch. Er beträgt nach § 13 Abs. 7 des Niedersächsischen Sicherstellungsvertrages 2 % über dem Basiszinssatz ab Fälligkeit (BSG, Urteil vom 8. September 2009 - B 1 KR 8/09 R). Die Fälligkeit folgt aus § 13 Abs. 6 des Niedersächsischen Sicherstellungsvertrages.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz.

Es hat kein gesetzlicher Grund vorgelegen, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG).