Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 07.03.2024, Az.: 1 ORs 49/23
Voraussetzungen eines Verbotsirrtums bei Information im Internet über die Strafbarkeit des Gebrauchs eines gefälschten Impfzertifikats
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 07.03.2024
- Aktenzeichen
- 1 ORs 49/23
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2024, 15543
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:2024:0307.1ORS49.23.00
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Braunschweig - 01.08.2023 - AZ: 5 Cs 305 Js 62114/21
Rechtsgrundlage
- § 17 Satz 1 StGB
Amtlicher Leitsatz
Geht ein Gericht auf der Grundlage einer Internetrecherche von einem Verbotsirrtum aus, hat es Feststellungen dazu zu treffen, auf welchen konkreten Inhalt der Angeklagte vertraut haben will.
In der Strafsache
gegen
A,
geboren am in ,
wohnhaft:
Verteidiger:
Rechtsanwalt
wegen Urkundenfälschung
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig in der Sitzung
vom 7. März 2024, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht X
als Vorsitzender
Richterin am Oberlandesgericht Y
als beisitzende Richterin
Richterin am Amtsgericht Z
als beisitzende Richterin
Staatsanwalt A
als Beamter der Generalstaatsanwaltschaft
Rechtsanwalt B
als Verteidiger
Justizhauptsekretärin C
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 1. August 2023 (5 Cs 305 Js 62114/21) mitsamt der Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Braunschweig zurückverwiesen.
Gründe
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Der Freispruch des Angeklagten kann keinen Bestand haben.
I.
Das Amtsgericht Braunschweig hat den Angeklagten am 1. August 2023 aus tatsächlichen Gründen vom Vorwurf der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) freigesprochen.
Ausweislich der Urteilsgründe hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig dem Angeklagten mit Strafbefehlsantrag vom 15. Februar 2022 zur Last gelegt, er habe am 25. Oktober 2021 in der Apotheke, ... Braunschweig einen auf seinen Namen ausgestellten Impfpass vorgelegt, der vermeintlich vom Impfzentrum Braunschweig - ... - ausgeführte Covid 19 Impfungen vom 10. September 2021 und 8. Oktober 2021 auswies, um ein digitales Impfzertifikat zu erhalten. Tatsächlich habe es sich aber - was der Angeklagte gewusst habe - um falsche Einträge gehandelt; der Angeklagte habe keine Covid-19 Schutzimpfung in dem genannten Impfzentrum erhalten gehabt.
Der Angeklagte hat den Urteilsfeststellungen zufolge die ihm vorgeworfene Handlung eingeräumt. Er habe zum damaligen Zeitpunkt Angst vor der neuartigen Impfung gehabt. Moralisch habe er zwar Bedenken gehabt, unter Vorlage eines falschen Impfeintrags ein digitales Zertifikat in der Apotheke zu erlangen. Allerdings sei er davon ausgegangen, dass dies nicht strafbar sei. Er habe im Internet von den ersten Entscheidungen zur Straflosigkeit gelesen und von dem Gesetzgebungsverfahren gehört, mit welchem die Strafbarkeitslücke geschlossen werden sollte. Das habe ihn darin bestärkt, nichts Unrechtes zu tun.
Auf der Basis dieser Einlassung gelangte das Amtsgericht zu der Überzeugung, der Angeklagte habe in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum gemäß § 17 Satz 1 StGB und somit ohne Schuld gehandelt. Zwar habe er seiner Erkundigungspflicht nicht genüge getan, weil es regelmäßig nicht ausreiche, lediglich - wie es der Angeklagte seiner Einlassung zufolge getan habe - auf Informationen aus dem Internet zu vertrauen. Vielmehr müsse die Auskunft einer rechtskundigen Person eingeholt werden. Dieses Unterlassen sei jedoch nicht kausal für seinen Irrtum gewesen. Denn bis zur Gesetzesänderung am 24. November 2021 sei "höchst zweifelhaft" gewesen, welche Rechtsauskunft er erhalten hätte.
Gegen diesen Freispruch wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrem am 3. August 2023 angebrachten Rechtsmittel, welches sie nach Urteilszustellung am 28. September 2023 mit Verfügung vom 9. Oktober 2023 als Revision bezeichnet und mit der Sachrüge begründet hat. Die Staatsanwaltschaft beantragt Aufhebung und Zurückverweisung.
Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Revision der Staatsanwaltschaft beigetreten. In der Revisionshauptverhandlung hat sie beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 1. August 2023 mit den dazugehörigen Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Braunschweig zurückzuverweisen.
Der Verteidiger hat in der Revisionshauptverhandlung beantragt, die Revision als unbegründet zu verwerfen. Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.
II.
Die gemäß § 335 StPO statthafte Sprungrevision der Staatsanwaltschaft ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 341 Abs. 1, 344, 345 Abs. 1 StPO).
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Der Freispruch hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand, denn die getroffenen Feststellungen tragen die Annahme eines die Schuld ausschließenden unvermeidbaren Verbotsirrtums im Sinne des § 17 Satz 1 StGB nicht.
1.
Im Ausgangspunkt hat das Amtsgericht seiner Entscheidung allerdings zutreffend zugrunde gelegt, dass der Vorwurf der Urkundenfälschung durch den Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 267 StGB) auch vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite (am 24. November 2021) strafbar war. Diesbezüglich hat der Bundesgerichtshof mit seiner grundlegenden Entscheidung vom 10. November 2022 (5 StR 283/22) klargestellt, dass das unbefugte Ausstellen von Gesundheitszeugnissen gemäß § 277 a. F. (d.h. in der Fassung vor dem 22. November 2021) zur Urkundenfälschung nicht im Verhältnis der privilegierenden Spezialität steht. Gleiches gilt für den Tatbestand des Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse im Sinne des § 279 StGB a. F. (BGH, Urteil vom 12. Juli 2023, 1 StR 260/22, juris; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26. Juni 2023, 1 OLG 2 Ss 33/22, juris). Dieser Auffassung hat sich der Senat bereits mit Urteil vom 11. Januar 2023 (1 Ss 35/22) angeschlossen; hieran wird festgehalten.
Ausgehend von der Annahme der Strafbarkeit der verfahrensgegenständlichen Tat hat das Amtsgericht ferner auch Feststellungen getroffenen, wonach der Angeklagte keinem Tatbestandsirrtum (§ 16 StGB) unterlag.
2.
Die Annahme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums (§ 17 StGB) des Angeklagten, der deshalb ohne Schuld gehandelt habe, hält indes der sachlich-rechtlichen Überprüfung durch den Senat nicht stand.
a.
Die diesbezügliche Beweiswürdigung ist lückenhaft, was bereits für sich genommen zur Aufhebung des angefochtenen Freispruchs führen muss.
Der Hinweis auf das Internet, das dem Angeklagten die Kenntnis von der Straflosigkeit vermittelt haben soll, ist nicht ausreichend unterlegt.
Geht ein Gericht auf der Grundlage von Rechtsprechung von einem Verbotsirrtum aus, hat es Feststellungen dazu zu treffen, auf welche konkrete Rechtsprechung der Angeklagte vertraut haben will (BGH, Urteil vom 18. November 2020, 2 StR 246/20, Rn. 17, juris; KG Berlin, Beschluss vom 21. Oktober 2021, (5) 121 Ss 61/21, Rn. 14, juris). Nichts Anderes kann bei der Annahme eines Verbotsirrtums auf der Basis einer bloßen Internetrecherche gelten. Das angefochtene Urteil bezeichnet indes weder Rechtsprechung noch andere konkrete Quellen im Internet, die dem Angeklagten die Kenntnis der Straflosigkeit vermittelt haben sollen. Auch zu dem Zeitpunkt und dem Umfang der - behaupteten - Information im Internet sowie den konkret erlangten Informationen verhält sich das Urteil lückenhaft nicht.
b.
Soweit der Angeklagte seiner - der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts zugrunde gelegten - Einlassung zufolge von den ersten Entscheidungen zur Straflosigkeit und daneben auch von einem Gesetzgebungsverfahren, mit welchem die Strafbarkeitslücke geschlossen werden sollte, gelesen haben will, ist hierzu im Übrigen Folgendes anzumerken:
Der Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, der zu der Neuregelung geführt hat, datiert vom 8. November 2021 (Drucksache 20/15). Der in dem angefochtenen Urteil erwähnte Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU (Drucksache 20/27) datiert sogar vom 10. November 2021; dort ist im Übrigen auch nur die Rede davon, dass die "überwiegende Auffassung in der Rechtswissenschaft" (Drs. 20/27, Seite 8) zu einer Strafbarkeitslücke gelange. Dem Angeklagten wird jedoch eine bereits am 25. Oktober 2021 begangene Tat vorgeworfen.
Auch die medienwirksame Entscheidung des Landgerichts Osnabrück (3 Qs 38/21), das am 26. Oktober 2021 (aufgrund angenommener Sperrwirkung der §§ 277 und 279 StGB a. F. im Verhältnis zu § 267 StGB) zur Straflosigkeit des Vorlegens eines gefälschten Impfausweises in einer Apotheke mit dem Ziel, ein digitales Impfzertifikat zu erhalten, gekommen ist, ist erst einen Tag nach der hier zur beurteilenden Tathandlung ergangen.
Schließlich hat die Generalstaatsanwaltschaft mit Recht hervorgehoben, dass veröffentlichte obergerichtliche Rechtsprechung, die die Rechtsansicht des Angeklagten von der Straflosigkeit seines Handeln hätte bestätigen können, zum Tatzeitpunkt am 25. Oktober 2021 - soweit ersichtlich - noch nicht vorhanden war. Insoweit hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 30. November 2023 zutreffend ausgeführt:
"Die veröffentlichten Entscheidungen der Gerichte, die §§ 277 ff. StGB a. F. gegenüber dem Delikt der Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB als umfassende Privilegierung im Fall des Umgangs mit gefälschten bzw. unrichtigen Gesundheitszeugnissen angesehen haben (vgl. BayObLG, Beschluss vom 3. Juni 2022 - 207 StRR 155/22, juris; OLG Bamberg, Beschluss vom 27. Januar 2022 - 1 Ws 732-733/21, NJW 2022, 556 [OLG Celle 06.10.2021 - 9 W 99/21]; LG Osnabrück, Beschluss vom 26. Oktober 2021 - 3 Qs 38/21, juris; LG Karlsruhe, Beschluss vom 26. November 2021 - 19 Qs 90/21, juris; LG Paderborn, Beschluss vom 1. Dezember 2021 - 5 Qs 33/21, juris; LG Hechingen, Beschluss vom 13. Dezember 2021 - 3 Qs 77/21, juris; LG Landau, Beschluss vom 13. Dezember 2021 - 5 Qs 93/21, juris; LG Lüneburg, Beschluss vom 16. Dezember 2021 - 111 Qs 76/21 , juris; LG Lüneburg, Beschluss vom 28. Januar 2022 - 111 Qs 5/22, juris; LG Kaiserslautern, Beschluss vom 23. Dezember 2021 - 5 Qs 107/21, juris; LG Würzburg, Beschluss vom 24. Januar 2022 - 1 Qs 18/22, juris; LG Offenburg, Beschluss vom 11. Mai 2022 - 3 Qs 9/22, juris; LG München l, Beschluss vom 29. März 2022 - 12 Qs 7/22, juris), sind allesamt nach dem vorliegenden Tattag ergangen."
c.
Auch wenn es hierauf nicht mehr tragend ankommt, ist zudem auf Folgendes hinzuweisen:
Der Angeklagte hat sich nach den getroffenen Feststellungen nur im Internet informiert, sich aber nicht bei einer rechtskundigen Auskunftsperson erkundigt. Damit hat er gegen seine Erkundigungspflicht verstoßen.
Soweit das Amtsgericht meint, der Verstoß gegen die Erkundigungspflicht sei nicht kausal geworden, greift diese Annahme zu kurz. Zwar ist nicht das Unterlassen der Erkundigung schlechthin vorwerfbar. Es bedarf vielmehr eines sogenannten Vermeidbarkeitszusammenhanges (Vogel/Bülte in: Leipziger Kommentar, StGB, 13. Aufl. § 17 Rn. 46). Gegenstand des Schuldvorwurfs ist der Verstoß gegen die Erkundigungspflicht daher nur dann, wenn er "zum Tragen gekommen wäre" (BGH, Urteil vom 21. Juni 1990, 1 StR 477/89, Rn. 32, juris; BGH, Urteil vom, 18. November 2020, 2 StR 246/20, Rn. 14 m.w.N., juris). An der erforderlichen Kausalität der unterlassenen Nachfrage bei einer rechtskundigen Person zur Behebung des Irrtums kann es daher zwar fehlen, wenn eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung das Verhalten als straflos ansieht (vgl. z.B. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 16. Mai 2011, 2 BvR 1230/10, Rn. 16, juris). Eine gefestigte Rechtsprechung lag zur Tatzeit indes gerade nicht vor. Dem Angeklagten wäre daher allenfalls die Auskunft erteilt worden, dass die Rechtslage ungeklärt ist. In solchen Fällen besteht jedoch eine Wartepflicht.
Insoweit hat die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Stellungnahme vom 30. November 2023 ausgeführt:
"In Fällen, in denen zum Tatzeitpunkt eine widersprüchliche Rechtsprechung gleichrangiger Gerichte zur Unrechtsfrage vorliegt, ist es eine Frage der Zumutbarkeit, ob der Betroffene die - möglicherweise verbotene - Handlung unterlassen muss, bis die Rechtslage geklärt ist (vgl. Sternberg-Lieben/Schuster in: Schönke/Schröder, StGB 30. Auflage 2019, § 17 Rn. 21). Bei der Frage der Zumutbarkeit des Zuwartens sind das Interesse des Einzelnen an der Vornahme der fraglichen Handlung und das Interesse der Allgemeinheit am Unterlassen dieser Handlung gegeneinander abzuwägen (OLG Hamm, Beschluss vom 24. Juni 2009 - 3 Ss 235/09, BeckRS 2009, 27806). Dabei ist auch die von Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit zu berücksichtigen (Sternberg-Lieben/Schuster in: Schönke/Schröder, StGB 30. Auflage 2019, § 17 Rn. 21).
Die vorzunehmende Abwägung kann hier nur dazu führen, dass der Angeklagte auf die Vorlage seines mit falschen Einträgen versehenen Impfpasses zwecks Erlangung eines digitalen Impfzertifikats hätte verzichten müssen. Überall dort, wo der Täter wissentlich in Rechte Dritter eingreift, wird man im Zweifel seine allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG zurücktreten lassen, also von einer Vermeidbarkeit ausgehen können (Joecks/Kulhanek, Münchener Kommentar zum StGB, 4. Auflage 2020, S 17 Rn. 43). So liegt der Fall hier. Die Tat zielte ersichtlich darauf ab, mit den zu Unrecht ausgestellten digitalen Impfzertifikaten die zur damaligen Zeit geltenden Beschränkungen für nicht vollständig Geimpfte zu umgehen. Die Beschränkung des Zugangs zu bestimmten Einrichtungen und Veranstaltungen auf vollständig Geimpfte diente der Eindämmung der Corona-Pandemie und somit dem Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Die an Covid-19 Erkrankten mussten zur Tatzeit in einer nicht unerheblichen Anzahl von Fällen stationär und auch intensivmedizinisch behandelt werden; die Krankheit konnte und kann auch heute noch trotz Behandlung zum Tode führen. Zudem kann eine Infektion zu langfristigen Leiden führen. Die Beschränkungen erschienen zum damaligen Zeitpunkt geeignet und erforderlich, eine weitere Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern. Es wäre dem Angeklagten, wenn er sich damals nicht gegen Covid-19 impfen lassen wollte, ohne weiteres zuzumuten gewesen, auf den Besuch von Einrichtungen und Veranstaltungen, zu denen nur vollständig Geimpften Zutritt gewährt wurde, bis zur Klärung der Rechtslage zu verzichten."
Dem tritt der Senat bei.
3.
Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler ist das Urteil gemäß § 353 Abs. 1 StPO mitsamt den zugehörigen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) aufzuheben und die Sache gemäß § 354 Abs. 2 StPO zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Braunschweig zurückzuverweisen.
III.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens - einschließlich der dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen - war dem Amtsgericht vorzubehalten, weil der endgültige Erfolg des Rechtsmittels derzeit nicht absehbar ist.
IV.
Für das weitere Verfahren gibt der Senat vorsorglich Folgendes zu bedenken:
Die - bisherigen - Urteilsfeststellungen sind auch insoweit unzureichend, als dass nicht eindeutig mitgeteilt wird, ob der vorgelegte Impfnachweis tatsächlich vom Impfzentrum Braunschweig erstellt war - also (lediglich) eine schriftliche Lüge enthielt -, oder ob es sich dabei um eine Totalfälschung handelte, der Nachweis mithin entgegen dem äußeren Anschein gar nicht vom Impfzentrum Braunschweig herrührte. Zwar dürfte angesichts dessen, dass die im Impfpass verwendeten Chargenaufkleber nicht dem im Impfzentrum Braunschweig verwendetem Layout entsprochen haben sollen - so zumindest der in den Urteilsgründen dargestellte Vorwurf der Staatsanwaltschaft, den der Angeklagte "umfänglich eingeräumt" habe - die Annahme einer Totalfälschung naheliegen. Ausdrückliche - und eindeutige - Feststellungen enthalten die Urteilsgründe diesbezüglich indes nicht.
Sollte das neue Tatgericht nicht zu der Überzeugung gelangen, dass eine Totalfälschung vorlag, könnte eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 75a Abs. 2 Nr. 1 IfSG in der zur Tatzeit geltenden Fassung in Betracht kommen (vgl. OLG Celle, Urteil vom 31. Mai 2022 - 1 Ss 6/22, Rn. 34 f., juris).